Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Friedland (Nierlausitz)
Mehreren Quellen zufolge kamen die ersten Juden ab 1665/66 aus der alten Handelsstadt Frankfurt (O.) und ihrer Umgebung nach Friedland, das als kursächsisches Eigentum an den Johanniterorden zu Lehen (zurück)gegeben worden war. Für 1673 ist die Ankunft einer Familie aus Müllrose belegt. Hierbei handelte es sich um meist junge jüdische Ehepaare, die bleiben und Familien gründen wollten. Ferner wird vermutet, dass sie als Angehörige von Schutzjuden ihre Herkunftsorte verlassen hatten, da sie dort keine Aufenthaltsbefugnis des Landesherrn besaßen. Gegen Zahlungen an das Ordensamt unter Fürst Nassau erwarben sie aber die Berechtigung zum Kleinhandel in der Herrschaft. Auf den jährlich in Friedland abgehaltenen Kram- und Pferdemärkten gehörten die jüdischen Händler zum festen Bestandteil. Mit Israel Loeser ist schließlich auch ein jüdischer Händler aus Friedland namentlich bekannt, der 1679 als Gast an der Leipziger Messe teilnahm.
Die nächsten Nachrichten über Juden in Friedland stammen aus dem Jahr 1709. Demnach genehmigte Herrenmeister Prinz Albrecht Friedrich Juden, sich gegen Gebühren in Friedland zum Zwecke des Hausierhandels in der Niederlausitz niederzulassen und sich durch den Landeshauptmann in Lübben entsprechende Pässe ausstellen zu lassen. 24 jüdische Familien kamen aus Beeskow, Storkow, Quilitz (heute Hardenberg), Meseritz und Breslau. Der in Friedland wirkende Amtmann Samuel Koch fertige zehn Jahre später eine Auflistung aller hier lebenden Juden, die er als „Specification der Juden, so dato im Städtlein Friedland wohnen“ betitelte: Aus diesem einmaligen Dokument geht hervor, dass man erstens zwischen Schutzjuden und nicht privilegierten Beiwohnern unterschied und dass zweitens 13 Männer und eine Frau Abgaben zahlten, die zu Trinitatis fällig wurden:
Ascher Salomon, Jacob und Marcus Friedmann, der Händler Michael Samuel, die beiden Knechte Moses Aron und Manasse Babrietz, sodann Jacob Marcus, Moses Israel, Moses Marcus, Moses Jacob, der Händler und Messebesucher Abraham David, Moses Salomon sowie sein ehemaliger Knecht Bendix Moses – der aktuelle Totengräber und Beauftragte für Krankenbesuche. Beachtlich ist, dass mit der ebenfalls aufgeführten Frau des Josua Samuel nicht nur eine Frau Gebühren zahlte, sondern dass es bereits in diesem frühen Stadium eine jüdische Lehrerin in der Region gab.
Vor 1719 konstituierten sich die Friedländer Juden bereits als Jüdische Gemeinde; die dafür notwendige Mindestanzahl von zehn Männern hatten sie also erreicht. Denn am 21. Januar baten sie in einem Schreiben den Herrenmeister Albrecht Friedrich um Genehmigung wesentlicher Einrichtungen zur Pflege ihrer Traditionen. An erster Stelle trugen sie vor, ihnen einen Ort anzuweisen, wo sie ihre Toten beerdigen konnten. Sodann baten sie um die gebührenfreie Zulassung eines Schulmeisters, eines Krankenbesuchers und eines Totengräbers. Außerdem wollten sie den Zuzug von weiteren Juden verhindert wissen, da es offenbar schon zu viele arme Glaubensbrüder in Friedland gab.
In seinem beigefügten Gutachten erklärte Amtmann Samuel Koch sowohl die Hintergründe als auch die Bedeutung der geäußerten Wünsche. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass er ihnen bei Bewilligung gern einen Platz in der nahe gelegenen Leißnitzschen Feldmark zuweisen wolle. Bezüglich des erbetenen Schulmeisters, Krankenbesuchers und Totengräbers empfahl Koch die Bestallung von ein oder zwei Personen, die dann nur dafür eine Arbeitserlaubnis erhalten würden. – Diese Personalia wurden zeitnah genehmigt und besetzt, wie die „Specification“ dann ja auch bescheinigte.
Im Mai 1725 bat dann der in Sonneburg (heute Słońsk) lebende Schutzjude Elias Marcus den Herrenmeister, die Juden „Moses Cantor und Salomon Jacob […] in Wendisch Friedland zu setzen, und daselbst Nahrung zu treiben gnädigsten Schutz angedeyhen lassen.“ Diese Fürbitte aus dem Hauptsitz der Ballei des Ordens wurde nicht nur als wichtiger Hinweis auf die dort lebende wendische Gemeinschaft und den Begriff „Wendisch-Friedland“ gewertet, sondern ist ein Beleg dafür, dass es mit Elias Marcus einen Parnas im Ordenssitz gab, der sich für jüdische Interessen einsetzte und die Ansiedlung von zwei Juden in Friedland befürwortete. – Nun zählte die jüdische Gemeinschaft des Städtchens 101 Personen, was für die Region Brandenburg und Sachsen zu diesem Zeitpunkt recht außergewöhnlich war: Sie setzte sich aus 23 Männern, 22 Frauen, 10 Knechten und 46 Kindern zusammen. Und diese lernten in einer eigenen Schule mit zwei Schulmeistern, von denen einer zugleich das Amt des Rabbiners ausübte. Wo diese Schule stand, ist allerdings unbekannt.
Gleichwohl durfte bleiben, wer halbjährlich beim Amt der Landeshauptmannschaft in Lübben den Pass gegen eine Gebühr von vier Taler erwarb oder verlängern ließ, die geforderten Schutzgelder und Gebühren für eine Handelserlaubnis zahlte sowie den Huldigungseid auf den Ordensmeister leistete. Verboten waren Hauserwerb und der auswärtige Bezug von Nahrungsmitteln. Das bedeutete in der Konsequenz, dass die ritterliche Obrigkeit den Juden nur erlaubte, in Friedland zur Miete zu wohnen und ihre Lebensmittel vor Ort zu kaufen.
Die Juden waren auch hier der Willkür ihrer Landesherren ausgeliefert, wollten sie unter ihrem Schutz stehen. Und dieser war notwendig, denn die christliche Mehrheitsgesellschaft witterte immer wieder Konkurrenz, Verrat und Vorteilnahme und stand der jüdischen Kultur reserviert gegenüber. In Sachsen waren Juden seit 1674 ohnehin nicht erwünscht, wie 1724 Amtmann Samuel Koch das Ersuchen von Herzog Moritz Wilhelm von Merseburg kommentierte, über die Juden in Friedland Auskunft zu erhalten. Denn aufgrund der Lehnsverhältnisse galt in der Lausitz formal sächsisches Recht, dessen ganz bewusste Nichtanwendung durch die Herrenmeister und die Landstände vom sächsischen Kurfürsten große Toleranz abverlangte. Vielmehr wollten sie ihr Konzept des inneren Friedens nicht gefährden und bestanden auf ihrer Unabhängigkeit: Sie beförderten die weitere Ansiedlung von Juden, da diese nachweislich dem Wohl von Region und Stadt dienten – seien es Steuern, Warenvertrieb oder eben die Lebensmittelversorgung.
Diese Unterstützung zeigte sich auch, als die Jüdische Gemeinde aufgrund ihrer Größe 1724 in Marktnähe, bei Witwe Fischer, einen großen Raum für Gottesdienste und Religionsunterricht anmietete, der über einem Stall liegend den Unwillen der christlichen Anwohner erregte. Da alle kirchlichen Angelegenheiten dem sächsischen Landesherrn unterstanden, waren jüdische Gottesdienste eigentlich verboten, weshalb sich auch das Konsistorium in Lübben einschaltete. Aufgrund der Bitten der Gemeinde erreichte der Amtmann schließlich eine Duldung, die offenbar auch die am Grundstück liegende Mikwe umfasste. Nach einem Brief des Gemeindevorstandes an den sächsischen Herzog am 14. Juni 1726, der nicht nur die Notwendigkeiten erklärte, sondern auch auf ein gewisses Gewohnheitsrecht anspielte, erlaubte die sächsische Regierung Gottesdienste im privaten (!) Rahmen. Gegen eine jährliche Gebühr von 87 ½ Talern [≈ 3.250 €], erlaubte der neue Herrenmeister Prinz Friedrich Karl Albrecht der Jüdischen Gemeinde fünf Jahre später offiziell, in dieser „Kammer“ ihre Gottesdienste abzuhalten. Nach fast 27 Jahren Nutzung sah sich die Jüdische Gemeinde aufgrund des schlechten Zustands des Gebäudes jedoch gezwungen, sich um neue Räumlichkeiten zu kümmern. Die Mikwe war davon nicht betroffen und bestand sogar bis weit ins 19. Jh.
1761 überließ der Friedländer Bürger Georg Krause der Gemeinde eine Fläche hinter seinem Haus an der Südseite des Marktplatzes als Erbpacht: Er blieb Grundstückseigentümer, während die Juden für alle Nutzungs- und Erhaltungsmaßnahmen selbst aufzukommen hatten. Bis 1762 sollte ein Gebäude entstehen, in dem ihre Schule sowie zwei Wohnungen, für den Schulmeister und den Totengräber, untergebracht sind. Die christliche Gemeinschaft betrachtete diesen Bau hingegen als unerlaubte Synagoge, die außerdem viel zu groß sei. Deshalb schloss man sich mit dem Ziel zusammen, mit einer Protestnote beim Konsistorium in Lübben den sofortigen Baustopp zu erwirken.
Um deeskalierend zu wirken, wandten sich Krause und die Jüdische Gemeinde deshalb an ihren neuen Herrenmeister Prinz August Ferdinand, der sich wiederum aus Dresden die Genehmigung zum Weiterbau einholte. Als die Beschwerdeführer 1766 abermals aktiv wurden, ließ der Herrenmeister über seinen Amtmann ausrichten, neben einer Synagoge „selbst Wohnungen für die dortigen Juden bauen [zu lassen], wenn die Friedländer ihren Widerstand nicht aufgäben.“ Im gleichen Jahr konnte die Bautätigkeit schließlich beendet werden – ein massiver Fachwerkbau mit Ziegeldach. Und selbstverständlich befand sich im Neubau dann die Synagoge. Außerdem richtete die Gemeinde eine Herberge für verarmte Glaubensgenossen ein, die sich vermutlich im Anbau untergebracht wurde. – Es war ein religiöses Zentrum entstanden, das sich im Volksmund in der „Judengasse“ befand.
Gleichzeitig führte das überproportionale Anwachsen der jüdischen Gemeinde im 18. Jh. zur Wortschöpfung „Jüdisch Friedland“, die damit analog zur Redensart für die wendische Gemeinschaft des Ortes üblich wurde. Während der Anteil der Juden an der gesamten Einwohnerzahl Friedlands in den Jahren 1724/25 ca. 20% betrug, so liegen für das letzte Drittel des 18. Jhs. genaue Zahlen vor: um 1780 lebten in Friedland 482 Menschen, von den 198 in 43 Familien dem jüdischen Ritus folgten. Um die religiöse Betreuung zu gewährleisten, bestallte die Gemeinde zudem drei Personen: einen Rabbiner, einen Kantor sowie einen Schulmeister, der zugleich auch die Funktion des Schächters übernahm. Um 1800 zählte man unter den 779 Einwohnern 185 Juden. Zehn Jahre später waren es noch 162, für deren Betreuung die Gemeinde zwei weitere Bedienstete bezahlte: einen Totengräber sowie einen Wirt.
Die meisten Juden lebten indes weiterhin vom Hausierhandel und wurden im Laufe der folgenden Jahrzehnte zu geachteten Mitbürgern, da sie in dieser ländlich geprägten Region wesentlich zur Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern und Lebensmitteln beitrugen und zugleich auch das kulturelle Leben bereicherten.
1807 fiel die gesamte Niederlausitz infolge der Niederlage Preußens gegen Napoleon ans Königreich Sachsen, womit Friedland sächsische Grenzstadt wurde. Und damit brach der für die Region so wichtige Grenzhandel zwischen Brandenburg und Sachsen weg. Beide Seiten hatten Kriegsschulden und Kontributionen zu zahlen; beide Könige ordneten zur Sanierung ihrer Staatsfinanzen die Säkularisation aller geistlichen Güter per Edikt an: Am 23. Januar 1811 war der gesamte Besitz des Johanniterordens verstaatlicht. Das Friedländer Modellprojekt endete abrupt; und die einsetzende Politik zerstörte gewachsene Strukturen und drängte die kulturellen Traditionen zurück. Die wendische Bevölkerung wurde einer gründlichen Germanisierungspolitik unterworfen; die Juden der Niederlausitz verloren ihre Handelsvorteile und Geschäftsgrundlagen.
Die nun einsetzende Abwanderungswelle blieb jedoch nicht die einzige. Denn Friedland verlor aufgrund der Beschlüsse des Wiener Kongresses von 1815 schnell ihre Bedeutung und Attraktivität: die Eingliederung der Niederlausitz ins Königreich Preußen und ihre Zuordnung zum Regierungsbezirk Frankfurt (O.) hatte nämlich den Abzug sämtlicher höherer Behörden, wie z.B. die in Lübben, zur Folge. Und auch der geforderte Bau einer schnellen Verkehrsanbindung nach Frankfurt (O.), Berlin und Leipzig wurde nicht umgesetzt.
Außerdem fand die 1812 im preußischen Emanzipationsedikt gewährte staatsbürgerliche Gleichstellung der Juden in Friedland keine Anwendung (analog zu allen anderen hinzugekommenen Gebieten). Sie erfolgte erst 1845. Gleichwohl führten die Behörden bereits 1817 Personenstandsregister ein, um sämtliche Geburten, Trauungen und Todesfälle innerhalb der Jüdischen Gemeinde Friedland und ab 1852 auch die der Juden der Umgebung akribisch zu dokumentieren. Das 1820 verabschiedete preußische Gewerbesteuergesetz untersagte fortan jeglichen Hausierhandel und kam damit einem regelrechten Berufsverbot gleich, das insbesondere die Juden betraf. Als Entgegenkommen gewährten ihnen die Behörden bemerkenswerterweise ein Jahr darauf, sich in anderen Städten der Niederlausitz zulassen.
Der Niedergang der Jüdischen Gemeinde Friedlands war damit unaufhaltsam geworden und erhielt durch den großen Stadtbrand, der am 7. Dezember 1822 fast die gesamte Stadt erfasste, einen weiteren Impuls. Ab Ende des Tages war nicht nur die Synagoge komplett zerstört. Unter den Todesopfern befanden sich zudem Ehefrau und Tochter des Rabbiners Aron Hirz Cohn, der in Friedland seit 1817 gewirkt hatte und kurz vor dieser Tragödie selbst gestorben war.
Und zu den vielen Friedländern, die nun kein Dach mehr über ihrem Kopf hatten, gehörten auch neun jüdische Familien. Sie erhielten zwar die Erlaubnis, zu ihren Verwandten nach Lübben, Beeskow, Lieberose, Pförten und Frankfurt zu ziehen, sie mussten sich aber zur Rückkehr binnen dreier Jahre verpflichten. Allerdings hielten sich nur die Familien der Witwe Mosis, des Mosis Ascher, des Jacob Loesers und der Rosa Meyer daran. Die fünf anderen nutzten die Gelegenheit eines Neuanfangs anderswo.
Trotz ihrer Verarmung gelang es den verbliebenen Gemeindemitgliedern durch ihre Netzwerke dennoch, innerhalb weniger Jahre am alten Standort eine neue Synagoge zu errichten: nun aber als eingeschossiger Massivbau mit einem Ziegeldach, der die gleiche Traufhöhe wie die benachbarten Häuser aufwies, an den sich rückseitig noch ein Hof anschloss. Das Grundstück selbst blieb weiterhin in nichtjüdischem Besitz; es gehörte dem Gastwirt Karl Hermann Oberstädt. 1824 erfolgte die Weihe „nach den mosaischen Gebräuchen förmlich mit Musik und einer deutschen Rede“. Im Gebäude befanden sich neben den Gebetsräumen auch wieder Unterrichtsräume und Wohnungen für Gemeindeangestellte, also wahrscheinlich für den Rabbiner und Kantor Aron Moses Löwenthal, den Ober-Kreis-Rabbiner Dr. Isaak Salomon Borchardt sowie den Vorsänger und Schächter Moses Daniel. Für 1849 ist überliefert, dass hier der Schächter Philipp Neumarck mit seiner Frau Johanne und den vier Kindern Rosalie, Moritz, Helene und Adolph sowie der Ortsarme Lamon Henschel lebten.
Das Ende der Eigenständigkeit der Jüdischen Gemeinde zu Friedland folgte zehn Jahre später. Fortan war sie nämlich eine Filiale der Synagogengemeinde zu Lübben, wie deren Statut vom 28. Februar 1859 in seinen §§ 1, 20 und 42 definiert. Vorausgegangen war diesem Schritt das Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 1847: Es ermöglichte einerseits Jüdischen Gemeinden, Körperschaften des öffentlichen Rechts zu werden. Andererseits garantierte es Einzelpersonen ihr Recht auf Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit; unterstellte sie aber dem Parochialzwang.
Nach fast 50 Jahren Nutzung fand im Jahr 1875 schließlich der letzte jüdische Gottesdienst in der Synagoge statt. Dieser Akt ist nicht nur ein Indiz für die inzwischen erreichte Bedeutungslosigkeit des Städtchens, sondern auch für die gravierenden Veränderungen der Arbeitswelt. Und die traf die jüdische Minderheit mit einer überhaupt geringen Personenzahl eben so sehr, dass noch nicht einmal mehr zehn jüdische Männer zusammenkamen um einen Minjan zu bilden. Stellten die 46 Juden im Jahr 1849 noch einen Anteil von ca. 4% an der Stadtbevölkerung, so erlosch das jüdische Leben in Friedland mit dem Tod von Simon Bass am 14. Januar 1888 endgültig – auch wenn hier 1905 noch einmal zwei Juden kurzzeitig leben sollten.
Da sich die Hauptgemeinde in Lübben außerstande sah, das ungenutzte Synagogengebäude in Friedland weiterhin zu unterhalten, kam es nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung 1895 zur Einigung mit dem Grundstücksbesitzer und Wirt Carl Oberstädt. Nach Zahlung ausstehender Pachtgebühren gingen die Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden in Lübben und Lieberose dann 1904 dazu über, das Inventar der Friedländer Synagoge auf andere jüdische Gotteshäuser zu verteilen und anschließend das Gebäude meistbietend zu verkaufen. Am 9. Januar 1905 kam es im Wirtshaus Oberstädt zum Verkauf der Immobilie für „250 Mark auf Abbruch“. Der Abriss erfolgte allerdings erst 1912, womit gleichzeitig auch das Erbbaurecht erlosch. Da Mauermeister Wilhelm Tietze im gleichen Jahr eine Schneidemühle im Ort errichtete, geht die Forschung davon aus, dass es sich bei diesem Herrn um den Käufer handelte. Nachdem die Stadtväter später auch die „Judengasse“ in „Mittelstraße“ umbenannten, verschwand „Jüdisch Friedland“ für lange Zeit aus dem kollektiven Gedächtnis.
Anke Geißler-Grünberg
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