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Geschichte des Jüdischen Friedhofs in Biesenthal

Eingang zum Jüdischen Friedhof in Biesenthal direkt neben dem kommunalen Begräbnisort
Foto: Anke Geißler-Grünberg
Eingang zum Jüdischen Friedhof in Biesenthal direkt neben dem kommunalen Begräbnisort

Noch im 17. Jh., kurz nach ihrer Ankunft in Biesenthal, legten die Juden ihren eigenen Friedhof auf einem Hügel in der Nähe des städtischen Friedhofes an. Denn bereits 1696 ersuchte die Jüdische Gemeinde das Amt um Anstellung eines Totengräbers. Direkt an der Berliner Chaussee gelegen, befand sich der Begräbnisort damals vor den Toren der Stadt. Selbst die Juden aus Bernau und Eberswalde brachten ihre Toten hierher.  Für 1717 ist schließlich der konzessionierte Totengräber Markus Jakob, Sohn des verstorbenen Schutzjuden Jakob Marcus, überliefert und von 1730 bis zur Gemeindeauflösung 1758 David Joachim. Beide waren von Schutzgeldern befreit, beide wurden durch ihre Gemeinde bezahlt. Dennoch war ihr Einkommen so gering, das zumindest Markus Jacob einen Antrag auf Zuverdienst stellte.

Nach der Gemeindeauflösung infolge des großen Stadtbrandes erfolgten in Biesenthal auch keine jüdischen Bestattungen mehr. Das änderte sich erst 70 Jahre später, als sich Juden wieder für ein Leben in der Stadt entschieden. Der Friedhof wurde reaktiviert, wenn auch nur noch für wenige Beerdigungen. Als Eigentümerin des Grundstücks steht 1892 aber nicht die Jüdische Gemeinde im Grundbuch, sondern die politische Stadtgemeinde Biesenthal.  Umso zynischer ist die Entscheidung des Magistrats aus dem Jahr 1925 zu bewerten, den jüdischen Friedhof aufgrund seines angeblich illegalen Status zu schließen – und zwar dauerhaft.

Der Magistrat Biesenthals setzte mit der Schließung des jüdischen Friedhofs aber ein politisches Signal, das die folgende Entwicklung vorwegnahm. In der NS-Zeit gab es mehrere Zerstörungswellen, deren Ausmaß jedoch nicht bekannt ist. Nach dem Krieg pflegte eine kirchliche Kommission 20 erhalten gebliebene Grabsteine sowie ca. 30 erkennbare Grabstellen.  Offenbar war die Patenschaft nur von kurzer Dauer, denn schon bald dienten Grabsteine und Bruchstücke als Baumaterial für private Zwecke. Das Grundstück verwilderte und verwahrloste.

Im Zuge des DDR-weiten Gedenkens zum 50. Jahrestages der Pogromnacht kam es auch in Biesenthal endlich zu umfangreichen Aufräumarbeiten. Voraus gingen dem aber langwierige Bemühungen und Eingaben durch Eckehart Ruthenberg und Kai Uwe Schulenburg an höchste staatliche Stellen. Im September 1988 stellte man unter Beteiligung der evangelischen Jungen Gemeinde die wenig erhalten gebliebenen Grabsteine unter den alten Eichen im Halbkreis wieder auf und legte die Bruchstücke in einer Bodenvertiefung zusammen. Man pflanzte Immergrün und erneuerte den Weg zum Leichenhaus, das um einen Anbau erweitert inzwischen als Wohnhaus diente.  Im November 1988 erfolgte dann im vorderen Bereich des Friedhofs die Einweihung eines Gedenksteins.

1992/93 stellte das brandenburgische Kulturministerium Fördermittel zur Verfügung, mit denen dann eine Umschulungsfirma den inzwischen abermals verwilderten Friedhof in einen würdigen Zustand versetzte. Zur Einweihung kamen ein Rabbiner und ein Vertreter des Zentralrats der Juden. Allerdings blieb es auch diesmal bei einer einmaligen Aktion, eine kontinuierliche Pflege fehlte und der Friedhof verkümmerte abermals.  Heute sind nur noch fünf Grabsteine des vormals großen Friedhofs erhalten.

Vor einigen Jahren musste die größte und vermutlich aus der Gründungszeit des Friedhofs stammende Eiche aufgrund ihrer enormen Schädigungen gefällt werden. Im Mai 2023 pflanzte der Heimatverein Biesenthal e.V. an gleicher Stelle eine junge Eiche, die an die Jüdische Gemeinde Biesenthals erinnern soll. Dieses Bäumchen wurde am Wochenende um den 27. Januar 2024, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts, gezielt abgesägt. Der Heimatverein sowie die Jüdische Gemeinde Landkreis Barnim verurteilten diesen Akt am 29. Januar 2024 in einer öffentlichen Erklärung als antisemitischen Vorfall. Anfang März 2024 ersetzte der Verein dann das zerstörte Bäumchen durch eine Traubeneiche.

Anke Geißler-Grünberg