Geschichte des Jüdischen Friedhofs in Potsdam
Der Friedhof am Südhang des Potsdamer Pfingstberges ist das einzig noch sichtbare Zeugnis einstmals jüdischen Gemeindelebens in der Havelstadt.
Die Jüdische Gemeinde Potsdam erwarb das Areal hinter dem Weinberg des Stellmachers Heinicken am 28. Oktober 1743. Die Vorfinanzierung eines dazugehörigen Zaunes übernahm ein Anrainer, der königliche Hofmedikus Freve. Ein halbes Jahr zuvor hatte die Gemeinde bei der Stadt Potsdam einen Antrag auf einen eigenen Friedhof gestellt, um ihre Toten nicht mehr im fernen Berlin bestatten zu müssen.
Frau Edel war die erste nachweisbare Beerdigte auf dem Friedhof. Allerdings starb sie bereits vor seiner Eröffnung. Ob sie umgebettet oder zuvor dort beerdigt wurde, ist unklar. Fest steht indes, dass in der Folgezeit die Umzäunung mehrfach Grund juristischer Auseinandersetzungen war, vor allem mit den Erben des Hofmedikus. Schließlich beauftragte 1801 die Gemeinde trotz ihrer schwierigen Finanzlage einen Maurer zur Beseitigung des Streitobjektes. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die erste Trauerhalle errichtet. Zugleich kündigte eine polizeiliche Warntafel Strafgelder für all diejenigen an, die Friedhofsgebäude und Mauer beschädigen. Dennoch musste letztere wiederholt repariert und erneuert werden.
Die als Judenberg bezeichnete natürliche Erhebung wurde allerdings erst nach einem Besuch von Königin Luise im Jahr 1817 offiziell in Pfingstberg umbenannt. Die älteste bekannte Sicht auf den Jüdischen Friedhof zeigt ein Gemälde von Samuel Roesel aus dem Jahr 1823.
Die ältesten Grabsteine stehen zentral und leicht halbkreisförmig angeordnet. Anfang des 19. Jh. begann die Belegung in geraden Reihen. Platzmangel aufgrund der steigenden jüdischen Bevölkerung führte 1874, 1910 sowie 1920 zu drei Erweiterungen des Friedhofsgeländes. Die zu klein gewordene Trauerhalle erforderte Neubauten, die 1856 und 1881 hinzu kamen. Doch erst mit der 2. Erweiterung 1910 kam das Gelände hinzu, auf dem die Architekten Börnstein & Kopp dann im Stil des Neoklassizismus die große Trauerhalle sowie das Gärtnerhaus erbauen ließen. Hier zog die christliche Familie Mager ein, die seit Mitte der 1870er Jahre den Guten Ort pflegte und diese Aufgabe bis in die 1950er wahrnahm.
Der Friedhof überstand relativ unbeschadet die NS-Zeit. Die Nationalsozialisten schändeten ihn Ende 1938, plünderten die Trauerhalle und wollten gar das Gärtnerhaus anzünden. Von Grabanlagen wurden ab 1940 fast alle Metallteile als Reichsmetallspende demontiert. Und am 27. Mai 1941 erfolgte die Zwangseingliederung der Potsdamer Jüdischen Gemeinde mit ihrem Besitz in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland. Dennoch wurde weiterhin am Pfingstberg beerdigt – nach 1942 jedoch ohne Grabsteine. Ein am 17. Mai 1944 durch den Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg bestätigter Zwangsverkauf des Friedhofs an die Stadt Potsdam infolge der forcierten Abwicklung jüdischer Vermögenswerte blieb aufgrund seines mehrstufigen Prozesses und des Kriegsverlaufes unvollendet: Im Grundbuch wurde kein neuer Eigentümer eingetragen. Deshalb blieb die Synagogengemeinde Potsdam formell Eigentümerin.
Weil es jedoch nach dem Krieg 1945 keine Juden mehr in Potsdam gab, die diesen Begräbnisplatz hätten pflegen können, übernahm die städtische Friedhofsverwaltung seine Pflege. Trotzdem kam es zu DDR-Zeiten, teils auch durch sauren Regen, zur weiteren allmählichen Verwahrlosung. Es gab mehrfach Friedhofsschändungen und die Gebäude wurden zweckentfremdet. Die Trauerhalle sollte in den 1980ern aufgrund ihres Verfalls sogar abgerissen werden – obwohl der Friedhof am 20. Januar 1977 unter Denkmalschutz gestellt worden war. Systematische Arbeiten zur Pflege und Erhaltung begannen allerdings erst 1988, 50 Jahre nach der Pogromnacht.
Ab 1990 entstand ein Sanierungskonzept für den Friedhof. Seitdem erfolgten mit Hilfe öffentlicher Gelder verschiedene Restaurierungen. Zudem widmeten sich 1992/1993 internationale Studentenprojekte der Pflege des Terrains. Im Jahr 1999 wurde der Jüdische Friedhof als UNESCO-Welterbe anerkannt.
Ein Brandanschlag auf die Trauerhalle Anfang des Jahres 2001 veranlasste den ehemaligen Potsdamer John Gersman, eine Stiftung zu gründen, die sich die dauerhafte Pflege des Friedhofs zum Ziel setzt. Sie ist wie der Welterbetitel in Deutschland einmalig!
Wegen des ungeklärten Eigentumsverhältnisses verblieb der Friedhof per notariellem Überlassungsvertrag bis zur Wiedereröffnung seiner Trauerhalle im November 1995 bei der Jewish Claims Conference. Er wurde auf die Potsdamer Jüdische Gemeinde übertragen, die zugleich Stadt- und Landesverband war. 2011 ging er in das Eigentum des nunmehrigen Landesverbandes der Juden in Brandenburg über.
Paul Stodolny, Philipp Barna