Anlage des Jüdischen Friedhofs in Potsdam
Willkommen im Bet ha-kewarot (Haus der Gräber), im Bet ha-olam (Haus der Ewigkeit) oder im Guten Ort.
Jüdische Friedhöfe tragen nicht nur diese, sondern noch weitere Namen. So war und ist auch der Friedhof in Potsdam ein Ort der Besinnung, der Information sowie Zeugnis früheren jüdischen Lebens. Auch er wurde für die Ewigkeit angelegt – da Juden an die Auferstehung glauben. Weil Gräber deshalb nicht mehrfach belegt werden dürfen, war es schwer, überhaupt ein entsprechendes Gelände zu erwerben. Die Juden in Potsdam hatten Glück, weil der ihnen gewährte Begräbnisplatz Erweiterungen zuließ und sie so dem Platzmangel schnell begegnen konnten.
Nachdem die Jüdische Gemeinde Potsdam am 28. Oktober 1743 offiziell dieses große Gelände am Südhang des Pfingstbergs erhielt, kam es in den Jahren 1874, 1910 und 1920 zu Erweiterungen des Terrains. Somit beträgt heute die Gesamtgröße des Potsdamer Jüdischen Friedhofs 9.335 m²; sein Eingangstor befindet an der Puschkinallee [GPS: 52.416829, 13.057629].
Er war wie alle jüdischen Friedhöfe von Anfang an umzäunt. Später ersetzte den stets beschädigten Zaun eine Mauer, die zusätzlich durch die 38 Wandgrabanlagen reicher Potsdamer jüdischer Familien gestützt wurde.
Aufgrund der Regel, sich nach einem Friedhofsbesuch die Hände zu waschen, verfügt auch der Friedhof in Potsdam über einen Wasseranschluss. Die Pflicht zur rituellen Waschung der Toten sowie die Möglichkeit für die Angehörigen, feierlich ein letztes Mal Abschied nehmen zu können, ermöglichte die Potsdamer Gemeinde indes mit dem Bau eines Gebäudes auf dem Friedhof. Nachdem es zu Beginn des 19. Jh. in einfacher Art errichtet wurde, folgte ein Jahrhundert später ein moderner Neubau, der bis heute besteht und um ein Gärtnerhaus ergänzt wurde.
Die ältesten Grabsteine stehen im leichten Halbkreis im Mittelteil des Friedhofs und beweisen Begräbnisse in Familienverbänden. Ab dem 19. Jh. erfolgte dann in nördlicher Richtung eine chronologische Belegung in geraden Reihen und in fünf Feldern, wobei letztere durch ein Wegesystem miteinander verbunden sind. Darüber hinaus wurde es üblich, auch Ehepartner nebeneinander zu beerdigen und Familiengrabstätten anzulegen. Das lässt sich an der Mehrheit der insgesamt 532 Grabsteine und -anlagen erkennen. Deren Ausrichtung orientiert sich an den natürlichen Gegebenheiten. Stehen die ältesten Grabsteine mit der Front nach Süden, also ungefähr Richtung Jerusalem, so kehrt sich die Frontseite mit der Durchsetzung deutscher Inschriften in die Gegenrichtung.
Ein Feld für Rabbiner gibt es nicht in Potsdam. Es gibt aber ein großes Grabfeld für Kinder, das an die Ehrenreihe angrenzt und durch enormen Substanz-Verlust gekennzeichnet ist. Die Ehrenreihe mit 21 Grab-Anlagen läuft hangaufwärts parallel zur westlichen Friedhofsmauer. Hier fanden Persönlichkeiten Platz, die sich als Ärzte, Juristen, Kaufleute oder Stadträte, als Gemeindevorsitzende, Kantoren und Rabbiner um die Stadt bzw. Gemeinde verdient gemacht hatten und z.T. Opfer des Holocaust wurden.
Allerdings sind bei Juden Selbstmörder genau so wenig angesehen wie bei anderen Religionen, weshalb sie abseits begraben werden. War derjenige schwer krank, dann galten Ausnahmeregeln und die Beisetzung erfolgte bei der Familie. Eine andere Ausnahme galt für jene, die dem Hitler-Regime entkommen wollten.
An die Juden, die zwischen 1933 und 1943 aus Potsdam vertrieben wurden oder ihre Deportation in die Vernichtungslager nicht überlebten, erinnert im IV. Beerdigungsabschnitt ein großer Gedenkstein. An die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges erinnert indes eine Gedenktafel in der Trauerhalle.
Insgesamt stellt sich also die alte Jüdische Gemeinde Potsdam hinsichtlich der Anlage ihres Friedhofs als Einheitsgemeinde dar.
Emma Messerschmidt, Tatjana Schepers, Anke Geißler