Allgemeine Geschäftsbedingungen
A. Einleitung
Allgemeine Geschäftsbedingungen, kurz AGB, kennt so gut wieder jeder. Insbesondere im Internet ist jeder schon einmal bei der Registrierung auf einem Onlineportal, aber spätestens beim Kauf auf die Zustimmung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestoßen.
Allgemeine Geschäftsbedingungen lassen sich im Rahmen von Vertragsabschlüssen in jedem Bereich des alltäglichen Lebens wiederfinden.
Die Normierungen findet man in den §§ 305 ff. BGB.
Darin werden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nach § 305 I BGB als vorformulierte auf eine Vielzahl von Verträgen anwendbare Vertragsbestimmungen definiert, wobei die eine Vertragspartei (Verwender*innen) der anderen Vertragspartei diese bei Abschluss eines Vertrages stellt.
Durch derartig vorformulierte Vertragsbedingungen kann auf eventuelle Besonderheiten eines jeweiligen Vertrages eingegangen werden.
B. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen handelt es sich um vorformulierte, auf eine Vielzahl von Verträgen anwendbare Vertragsbestimmungen. Wirksamkeit entfalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erst dann, wenn sie Teil eines konkreten Vertrages geworden sind. Für die Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung müssen die Willenserklärungen der Vertragsparteien sich nicht nur auf den Vertrag per se, also z.B. den Kauf eines Paar Schuhes, sondern darüber hinaus auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beziehen. Der Verwender*in muss die gegenüberstehende Vertragspartei gem. § 305 II BGB auf die AGB hinweisen und dieser die Möglichkeit der Kenntnisnahme schaffen. Dabei muss die andere Partei mit der Geltung der AGB einverstanden sein. Es ist zu beachten, dass überraschende Klauseln nach § 305 c I BGB nicht Bestandteil des Vertrages werden.
Kommt es zu Individualabsprachen, welche im Widerspruch zu den AGBs stehen, haben die individuelle Vertragsabsprachen Vorrang (vgl. §305b BGB).
Im kaufmännischen Verkehr oder bei Verwendung der AGB gegenüber einer juristischen Person oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen reicht es aus, wenn die Parteien sich über die Einbeziehung der AGB einigen (vgl. § 310 I BGB).
Die Vorteile die sich aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben sind insbesondere der Schutz der Verbraucher*innen vor unangemessenen Vertragsklauseln, als auch eine gegebene Rechtssicherheit. Zudem dient es der Rationalisierung (Vereinfachung und Zeitersparnis) und Lückenschließung (Ausgestaltung bestimmter gesetzlich-vertraglicher Regelungen). Gleichzeitig können mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch etwaige Risiken einhergehen. Es kann zu Übervorteilung, als auch zur Beugung von unbekannten und unübersichtlichen Regelungen führen.
C. Werkzeuge
Die Regelungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen lassen sich im zweiten Buch des BGB (Schuldrecht) wiederfinden.
Einige wichtige Definitionen/ Erklärungen zu §305 BGB:
Unter Vertragsbestimmungen sind Bestimmungen zu verstehen, die Inhalt des Vertrages werden sollen. Dabei kann es sich um fast den ganzen Vertragsinhalt oder nur um einzelne Vertragsbestandteile handeln. Die Verwendung „Vielzahl“ setzt eine mindestens dreimalige Verwendung voraus. Konkrete Bestimmungen für „vorformulierte“ gibt es nicht, nach §305 I 2 BGB kommt es nicht darauf an, welche Form der Vertrag hat. Zudem ist nicht entscheidend, ob der Verwender*in die AGB verfasst hat oder eine dritte Person. Der Verwender*in muss bei Abschluss des Vertrages der anderen Vertragspartei die AGB stellen, dies ist nicht gegeben, wenn die Vertragsbedingungen zwischen den Parteien ausgehandelt werden (vgl. §305 I 3). |
D. Anwendung der AGB
I. Prüfung der AGB
Eine verbindliche Wirkung erhalten AGB erst, insoweit sie durch Einbeziehungsvereinbarung Inhalt eines einzelnen Vertrages geworden sind. Ob eine Einbeziehungsvereinbarung erfolgt ist, kann im Rahmen der Einbeziehungskontrolle geprüft werden.
Sofern die Wirksamkeit des Inhalts von AGB festgestellt werden soll, bedarf es der Inhaltskontrolle.
Prüfungsschema:
I. Anwendbarkeit der §305 ff. BGB II. Vorliegen von AGB (§305 I BGB) 1. Begriff der AGB (§305 I BGB): Vertragsbedingungen, die: a. vorformuliert sind b. für eine Vielzahl von Verträgen c. vom Verwender gestellt 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich (§310 I, II, IV BGB) III. Einbeziehungskontrolle (§§305 II-305c BGB) 1. Einbeziehungsvereinbarung (§305 II BGB) a. Hinweis des Verwenders b. Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den anderen Vertragsteil c. Einverständnis des anderen Vertragsteils mit der Geltung der AGB 2. Überraschungsverbot (§305c BGB) 3. Vorrang von Individualabreden (§305b BGB) IV. Inhaltskontrolle (§§307-309 BGB) 1. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit (§309 BGB) 2. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (§308 BGB) 3. Gebot der Klarheit und Verständlichkeit (§307 I 2 BGB) 4. Generalklausel (§307 I 1 BGB) V. Rechtsfolgen (§306 BGB) |
II. Beispielfall
K möchte sich anlässlich seines Geburtstages ein neues Designersofa kaufen. Dafür schaut er sich in dem Geschäft „Schön Wohnen“ von V um.
Im Geschäft fündig geworden erklärt V dem K, dass es sich bei dem Schrank um ein Ausstellungsstück handele und die Auslieferung neuer Möbelstücke einige Monate in Anspruch nehmen könne. Dennoch unterschreibt K den Kaufvertrag, und V versichert ihm, das Sofa werde unmittelbar nach der werkseitigen Auslieferung an K geliefert.
Fünf Monate später trifft das Sofa endlich ein, und K tauscht es zufrieden gegen sein altes aus.
Die beigefügte Rechnung beachtet er zunächst nicht. Als er einige Tage später den Rechnungsbetrag überweisen will, stellt er jedoch überraschenderweise fest, dass der Rechnungsbetrag 2.500,00 € beträgt, während im Kaufvertrag nur 2.100,00 € festgelegt waren. Am darauffolgenden Tag ruft K den V an und beschwert sich über den höheren Kaufpreis. V erklärt, daraufhin dem K, dass es sich bei dem Preis um den aktuellen Katalogpreis handele und verweist auf den Kaufvertrag. K schaut sich daraufhin erneut den Kaufvertrag an, indem eine Klausel enthalten ist in der steht:
„Bei Lieferungen, die nach drei Monaten nach Vertragsschluss erfolgen, ist der Verkäufer des Möbelgeschäfts „Schön Wohnen“ berechtigt, statt des vereinbarten Kaufpreises den bei ihm am Tage der Lieferung allgemein gültigen Preis zu verlangen, es sei denn, dass die Ware bei Vertragsschluss bereits vollständig bezahlt wurde.“
Kann V die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 2.500,00€ verlangen?
Lösung:
V könnte Zahlung des erhöhten Kaufpreises verlangen, insoweit der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis durch die Vertragsklausel angehoben wurde. Dies setzt voraus, dass V und K im Rahmen der Vertragsverhandlungen die Klausel entweder individuell vereinbart haben, oder aber die Klausel als AGB wirksamer Vertragsbestandteil geworden ist. Ein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K ist entstanden. I. Vorliegen von AGB Fraglich ist, ob es sich bei der Klausel um AGB im Sinne des §305 I BGB handelt. 1. Begriff der AGB Gem. §305 I BGB liegen AGB vor, wenn eine Vertragsbedingung für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist und von einer Vertragspartei der anderen Vertragspartei einseitig gestellt wird. a) „vorformuliert“ Die Klausel müsste vorformuliert gewesen sein. In dem zwischen K und V geschlossenen Kaufvertrag ist die Klausel enthalten, welche K bei späterer Ansicht bemerkt. Somit handelt es sich um eine vorformulierte Klausel. b) „Vielzahl von Verträgen“ Des Weiteren müsste die Klausel für eine Vielzahl von Verträgen anwendbar sein. In Möbelhäusern werden häufig einheitliche Verträge verwendet, welche nur noch um Kundendaten ergänzt werden. Es lässt sich davon ausgehen, dass das Möbelhaus „Schön Wohnen“ den Vertrag weiterhin verwenden wird und verwendet hat. Demnach ist die Klausel für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert. c) „vom Verwender gestellt“ Zudem müsste die Vertragsklausel einseitig vom Verwender gestellt worden sein. Die Klausel ist einseitig vom Verwender gestellt, insoweit sie ohne Einwirkungsmöglichkeit des Vertragspartners in den Vertrag eingeführt wird. K hatte keine Möglichkeit auf die Klausel einzuwirken, daher ist die Klausel einseitig vom Verwender gestellt. d) Zwischenergebnis Die Klausel stellt eine AGB im Sinne des § 305 I BGB dar. 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich Fraglich ist, ob eine Ausnahme vom Anwendungsbereich besteht. Eine Ausnahme nach §310 I, II, IV BGB ist nicht ersichtlich. II. Einbeziehungskontrolle (§§305 II-305 c BGB) 1. Einbeziehungsvereinbarung (§305 II BGB) Damit die AGB Vertragsbestandteil wird, müsste diese wirksam in den Vertrag einbezogen worden sein. a) Hinweis des Verwenders Zu klären ist, ob V den K bei Vertragsschluss ausdrücklich auf die AGB hingewiesen hat. Die Klausel war im Kaufvertrag enthalten und hätte somit von K bei sorgfältigem Lesen des Vertrages wahrgenommen werden können. Ein ausdrücklicher Hinweis ist demnach erfolgt. b) Möglichkeit der Kenntnisnahme durch den anderen Vertragsteil Fraglich ist, ob K die Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. Nachdem K seitens V erneut auf den Kaufvertrag hingewiesen wurde, konnte K die Klausel ohne Schwierigkeiten zur Kenntnis nehmen. Somit wäre ihm dies bereits bei Vertragsschluss möglich gewesen. Die Möglichkeit zur Kenntnisnahme ist somit gegeben. c) Einverständnis des anderen Vertragsteils mit der Geltung der AGB Zudem müsste K mit der Geltung der Klausel einverstanden gewesen sein. K hat durch Unterzeichnung des Vertrags zum Ausdruck gebracht, dass er mit der Geltung der Bedingungen einverstanden ist. Dass K die Bedingungen nicht gründlich gelesen hat, geht zu seinen Lasten. Das Einverständnis von K lag somit vor. d) Zwischenergebnis Die AGB wurde wirksam in den Vertrag einbezogen. 2. Überraschungsverbot (§305c BGB) Allerdings dürfte es sich nicht, um eine überraschende Klausel handeln gem. § 305 c BGB. Diese werden nicht Vertragsbestandteil. Das V bei größeren Zeitabständen die Möglichkeit haben möchte auf Preisschwankungen einzugehen erscheint nicht ungewöhnlich. Daher handelt es sich bei der Klausel um keine Überraschungsklausel. 3. Vorrang von Individualabreden (§305b BGB) Zudem dürfte die Preisanpassungsklausel nicht zwischen V und K individuell ausgehandelt worden sein. Hier handelt es sich um einen Formularvertrag seitens des V, wodurch nicht davon auszugehen ist, dass es zu individuellen Absprachen kam. Somit liegt keine Individualabsprache zwischen V und K vor. III. Inhaltskontrolle (§§ 307-309 BGB) Fraglich ist, ob die Klausel auch inhaltlich zulässig ist. 4. Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit (§ 309 BGB) Es könnte ein Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit einschlägig sein. Nach §309 Nr. 1 BGB ist eine Bestimmung unzulässig, welche eine Preiserhöhung für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden. Im vorliegenden Fall war bereits bei Vertragsschluss ersichtlich, dass zwischen Vertragsschluss und Lieferung mehr als vier Monate liegen werden. Das Klauselverbot greift daher nicht. 5. Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit (§308 BGB) Ein Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit nach §308 BGB ist nicht ersichtlich. 6. Gebot der Klarheit und Verständlichkeit (§307 I 2 BGB) Ein Verstoß gegen das Verbot von Klarheit und Verständlichkeit nach §307 I 2 BGB ist auch nicht ersichtlich. 7. Generalklausel (§307 I 1 BGB) Zu klären ist, ob die Klausel gegen die Generalklausel des §307 BGB verstößt. Hier könnte es zu einer unangemessenen Benachteiligung gekommen sein. Dabei sind die beiderseitigen Schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien gegeneinander abzuwägen. Der Verkäufer hat ein berechtigtes Interesse daran zwischenzeitliche Kostenveränderungen für sich geltend zu machen. Der Käufer muss diese Bedingungen grundsätzlich in Kauf nehmen. Besteht allerdings die Möglichkeit die Kosten ohne Grenzen auszuweiten, kann dies sich als Nachteil auf den Käufer auswirken. Der Verkäufer muss zum Schutz des Käufers daher einen Kostenrahmen bestimmen oder dem Verkäufer andere Möglichkeiten aufzeigen. V hat in seiner Klausel keine Angaben zu den eventuellen Preisunterschieden. K soll 400 Euro mehr bezahlen. Durch die Klausel kommt es zu einer einseitigen Belastung des Käufers, hier des K. Die Klausel ist demnach unwirksam. 8. Zwischenergebnis Die Klausel ist demnach inhaltlich unwirksam. IV. Ergebnis V kann die Zahlung der 2.500,00€ nicht verlangen, da die Klausel aus dem Kaufvertrag unwirksam ist. Der Vertrag zwischen V und K bleibt gem. §306 I BGB wirksam. |
E. Verbraucherschutz beim Vertragsschluss
Neben den Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die den Verbraucher schützen sollen, lassen sich noch weitere Reglungen finden. Eine dieser Reglungen stellt das Widerspruchsrecht dar.
F. Wiederholungsfragen