Raub, § 249 StGB
A. Einleitung
Der Raub zählt neben dem Diebstahl zu den wichtigsten Vermögensdelikten im Strafrecht. Es ist sinnvoll, sich zunächst mit dem Diebstahlstatbestand befasst zu haben, bevor man sich mit § 249 StGB befasst. In dem vorliegenden Beitrag beschäftigen wir uns mit dem Grundtatbestand des § 249 StGB. Qualifikationsmöglichkeiten bestehen über:
§ 250 I StGB, Schwerer Raub (Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren)
§ 250 II StGB, Schwerer Raub (Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren)
§ 251 StGB, Raub mit Todesfolge
I. Prüfungsaufbau zu dem § 249 StGB
I. Tatbestand 1. Fremde bewegliche Sache 2. Wegnahme 3. Qualifiziertes Nötigungsmittel 3. Vorsatz 4. Rechtswidrige Zueignungsabsicht II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Strafe |
II. Die Tatbestandsmerkmale des § 249 StGB (Grunddelikt)
Die Tathandlung des § 249 StGB setzt die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben voraus.
1. Fremde bewegliche Sache
Siehe hierzu den Prüfungspunkt Tatobjekt beim Diebstahl aus § 242 StGB.
2. Wegnahme
Siehe hierzu den Prüfungspunkt Wegnahme beim Diebstahl aus § 242 StGB.
3. Qualifiziertes Nötigungsmittel
Der Tatbestand des Raubs setzt eine Wegnahme unter Anwendung eines qualifizierten Nötigungsmittel voraus. Dies kann gem. § 249 StGB die Gewalt gegen eine Person oder die Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben sein.
a) Gewalt gegen eine Person
Unter der Gewalt gegen eine Person versteht man die physische Zufügung eines gegenwärtigen Übels, das auf den Körper des Genötigten wirkt, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.
Die Gewalt muss auf einer physischen Einwirkung des Täters beruhen und sich auf den Körper des Genötigten auswirken. Dabei muss es nicht zu einer unmittelbaren Einwirkung auf das Opfer in Form einer Berührung kommen, es reicht bereits, wenn eine Zwangswirkung vorliegt. Zudem ist es wichtig, dass sich die Gewalt auf die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache beziehen muss.
Beispiel: M zeigt dem A seinen neuen Laptop. A ist begeistert von dem Laptop und nutzt die Gelegenheit als M auf den Balkon geht, um seine Pflanzen zu gießen und sperrt ihn aus, um den Laptop von M wegzunehmen. M versucht verzweifelt die Tür des Balkons zu öffnen, jedoch ist A mit dem Laptop schon verschwunden.
A hat durch das Versperren der Balkontür mittelbar Gewalt auf den M ausgeübt, indem er M verwehrte den Balkon zu verlassen. So handelte A, um einen zu erwartenden Widerstand des M zu überwinden.
b) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben
Unter einer Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines Übels auf dessen Eintritt der Täter Einfluss hat oder zu haben vorgibt. Gegenwärtig ist die angedrohte Gefahr, wenn der Genötigte die Drohung dahin verstehen soll, dass ein Schadenseintritt sicher oder jedenfalls höchstwahrscheinlich ist, wenn keine Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.
Mit der Gefahr für Leib oder Leben wird gegenwärtig gedroht, wenn der Täter nicht unerhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität in Aussicht stellt.
Beispiel: P erklärt dem S in seiner Kneipe, dass er ihn unverzüglich zusammenschlagen würde, wenn er dem P nicht das in der Kasse befindliche Geld gibt.
4. Vorsatz
Die Tatbestandsmerkmale müssen seitens des Täters bzw. der Täterin vorsätzlich begangen worden sein, gem. § 15 StGB.
5. Finalzusammenhang
Der Raub setzt nach herrschender Ansicht einen Finalzusammenhang voraus. Dies bedeutet, dass der Täter bzw. die Täterin das Nötigungsmittel einsetzt, um die Wegnahme des Raubmittels zu ermöglichen oder zu erleichtern. Zu beachten ist ebenfalls der Zeitpunkt der Wegnahme, da hierbei der Raub gem. § 249 StGB vom räuberischen Diebstahl gem. § 252 StGB abzugrenzen ist. Wendet der Täter bzw. die Täterin das qualifizierte Nötigungsmittel vor der Vollendung der Wegnahme an, dann ist eine Strafbarkeit aus § 249 I StGB möglich. Wendet der Täter bzw. die Täterin das qualifizierte Nötigungsmittel nach der Vollendung der Wegnahme an, so ist eine Strafbarkeit aus § 252 StGB möglich.
6. Rechtswidrige Zueignungsabsicht
Siehe hierzu den Prüfungspunkt Rechtswidrige Zueignungsabsicht beim Diebstahl aus § 242 StGB.
7. Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit ist wie hier beschrieben, zu prüfen.
8. Schuld
Die Schuld ist wie hier beschrieben, zu prüfen.
B. Werkzeuge
Sache
| Unter einer Sache im Sinne des § 242 StGB versteht man jeden körperlichen Gegenstand. |
Beweglich | Beweglich ist eine Sache, wenn sie fortbewegt werden kann. |
Fremd | Eine Sache ist fremd, wenn sie dem Täter bzw. der Täterin nicht allein gehört und zumindest auch im Miteigentum einer anderen Person steht. |
Wegnahme | Die Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht unbedingt tätereigenen Gewahrsams. |
Bestehen fremden Gewahrsams | Unter Gewahrsam versteht man die tatsächliche Sachherrschaft an einer Sache, getragen von einem natürlichen Herrschaftswillen. |
Tatsächliche Sachherrschaft | Die tatsächliche Sachherrschaft liegt vor, wenn der unmittelbaren Verwirklichung des Einwirkungswillens auf die Sache keine Hindernisse entgegenstehen. Das bedeutet, die Täterin bzw. der Täter muss ohne jeglichen Herausforderungen auf die Sache einwirken können. |
Herrschaftswille | Der Herrschaftswille ist der Wille, mit einer Sache nach eigenem Belieben zu verfahren. |
Begründung neuen Gewahrsams | Eine Begründung neuen Gewahrsams liegt vor, wenn die Täterin bzw. der Täter die Sachherrschaft derart erlangt hat, dass er sie ohne Einschränkung durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser seinerseits ohne Beseitigung der Sachherrschaft des Täters nicht mehr über die Sache verfügen kann. |
Bruch des Gewahrsams | Bruch fremden Gewahrsams liegt vor, wenn die Gewahrsamsverschiebung ohne oder gegen den Willen des bisherigen Gewahrsamsinhabers erfolgt. |
Rechtswidrigkeit der Zueignung | Rechtswidrig ist die Zueignung, wenn kein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf die Übereignung der weggenommen Sache besteht. |
Finalzusammenhang | Der Finalzusammenhang setzt voraus, dass der Täter bzw. die Täterin das Nötigungsmittel einsetzt, um die Wegnahme des Raubmittels zu ermöglichen oder zu erleichtern. |
Drohung | Unter einer Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines Übels auf dessen Eintritt die Täterin bzw. der Täter Einfluss hat oder zu haben vorgibt. |
Gegenwärtig | Gegenwärtig ist die angedrohte Gefahr, wenn der Genötigte die Drohung dahin verstehen soll, dass ein Schadenseintritt sicher oder jedenfalls höchstwahrscheinlich ist, wenn keine Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. |
Gefahr für Leib oder Leben | Mit der Gefahr für Leib oder Leben wird gegenwärtig gedroht, wenn der Täter nicht unerhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität in Aussicht stellt. |
Gewalt gegen eine Person | Unter der Gewalt gegen eine Person versteht man die physische Zufügung eines gegenwärtigen Übels, das auf den Körper des Genötigten wirkt, um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. |
C.Widerholungsfragen