Eigentumsfreiheit, Art. 14 GG (Eigentums- und Erbrechtsgarantie)
A. Einführung
Art. 14 GG verankert die Eigentums- und Erbrechtsgarantie in unserem Grundgesetz. Der Staat hat sich nicht nur iSd. Art. 14 I 1 GG verpflichtet, Normen zu schaffen, die den Bürger*innen den Erwerb und die Nutzung des Eigentums ermöglichen (Institutsgarantie) und die Rechtsstellung der Eigentümer*innen zu sichern (Bestandsgarantie). Art. 14 GG schützt dabei stets das „Erworbene“, während Art. 12 GG den „Erwerb“ schützt.
B. Art. 14 GG
I. Schutzbereich
1. Persönlicher Schutzbereich
Art. 14 GG enthält keine besonderen Regelungen über die Grundrechtsberechtigungen. Das Grundrecht stellt ein sog. „Jedermann-Grundrecht“ dar. Auch Juristische Personen des Privatrechts können sich auf Art. 14 GG beziehen, insoweit das mit Art. 19 III GG kompatibel scheint.
2. Sachlicher Schutzbereich
Unter Eigentum iSd. Art. 14 I GG wird jedes konkrete Vermögensrecht verstanden, das dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugewiesen wird, dass er die damit verbundenen Befugnisse in eigener Verantwortung zu seinem privaten Nutzen ausüben kann. Damit unterscheidet sich der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff deutlich von dem des Zivilrechts. Der Schutz des Eigentums durch das GG erstreckt sich weiter Bahnen. Erfasst werden ua. Bewegliche Sachen, aber auch Hypotheken, Aktien oder andere einzelne Vermögensrechte, nicht aber das Vermögen als Ganzes.
Zu Streitigkeiten führt immer wieder das „Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“. Man versteht darunter den gesamten Betrieb und dessen wirtschaftlichen Wert. Das BverfG hatte sich in einer Entscheidung dagegen entschieden, die Gesamtheit des Betriebes als Eigentum aufzufassen und sich dafür ausgesprochen, dass durchaus die einzelnen Rechtspositionen eines Betriebes als Eigentum zählen, wie zB. die Einrichtung oder der Bestand, nicht aber der Betrieb als solches. Weitere Problemfelder sind Steuern oder öffentlich-rechtliche Positionen. Kein Eigentums iSd. Art. 14 I GG hält man hingegen an Gewinnchancen, Erwerbsaussichten oder anderweitiger Verdienstmöglichkeiten (Stichwort: das Erworbene, nicht der Erwerb).
II. Eingriffe
Ein Eingriff in die Eigentumsrechte des Art. 14 I GG liegt dann vor, wenn die Nutzung oder Verfügung beschränkt ist. Darüber hinaus statuiert Art. 14 GG zwei besondere Formen der Eingriffe: Die Inhalts- und Schrankenbestimmungen iSd. Art. 14 I 2 GG und die Enteignung gem. Art. 14 III GG.
1. Inhalts- und Schrankenbestimmungen
Gem. Art. 14 I 2 GG werden Inhalte und Schranken durch Gesetze bestimmt. Erfasst davon sind rechtliche Regelungen, durch den Staat, durch welches Eigentum und Erbrecht eingeschränkt oder anderweitig definiert werden. Die nicht so einfach Abgrenzung beider führt dazu, dass stets gemeinsam von Inhalts- und Schrankenbestimmungen die Rede ist. Jede Regelung durch den Staat, welche die vergangene oder zukünftige Erscheinung des Eigentums beinhaltet, stellt eine sog. „Inhalts- und Schrankenbestimmung“ dar. Festzuhalten bleibt, dass die Regelungen dieser immer abstrakt-generell auf das Eigentum wirken, also nicht direkt und gezielte konkrete Eigentumspositionen entziehen sollen. Die Beschränkung einer Grundstücksnutzung durch einen Bebauungsplan stellt zB. eine solche Bestimmung dar.
2. Enteignungen
Eine andere Form des Eingriffes in das Eigentum sind die Enteignungen gem. Art. 14 III GG. Eine Enteignung ist der vollständige oder teilweise Entzug konkreter vermögenswerter Rechtspositionen durch einen gezielten hoheitlichen Rechtsakt zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Die Erfüllung jedes einzelnen Merkmals der Definition ist wichtig, hängen schließlich weitreichende Rechtsfolgen von einer Enteignung ab. Abgegrenzt werden kann die Enteignung durch ihr Ziel und ihre Form von einer Inhalts- und Schrankenbestimmung, dh. wenn der Staat zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, zB. den Hochwasserschutz, ein Grundstück teilweise entziehen muss, um einen Deich zu bauen, dann wäre dies eine Enteignung, während eine Verordnung, welche Regelungen zur Nutzung von den an Deichen gelegenen Grundstücke beinhaltet, lediglich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung.
III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
1. Inhalts- und Schrankenbestimmungen
Die Inhalts- und Schrankenbestimmungen gem. Art. 14 I 2 GG müssen formell und materiell verfassungskonform sein. Sie müssen außerdem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Zusammenhang mit Art. 14 II GG, der Sozialbindung und der Bestandsgarantie.
In ganz besonderen Fällen stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung einen solch große Eingriff in das Eigentum dar, dass dieser nur durch eine der Enteignung gleichkommenden Entschädigung gerechtfertigt werden kann. Dann handelt es sich um eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Eine „Klassiker-Entscheidung“ zum Nachlesen ist die „Pflichtexemplarentscheidung“: BVerfGE 58, 137 ff. (Pflichtexemplar).
2.Enteignungen
Ein Eingriff in Form einer Enteignung hat gem. Art. 14 III GG höhere Anforderungen an die Rechtfertigung zu erfüllen.
Gem. Art. 14 III 2 GG darf eine Enteignung nur „durch oder aufgrund eines Gesetzes“ erfolgen. Erste Voraussetzung eines Eingriffes in Form der Enteignung ist also, dass eine gesetzliche Grundlage dafür vorlag. Zweite Voraussetzung iSd. Art. 14 III 1 GG ist, dass die Enteignung „zum Wohle der Allgemeinheit“ stattfand. Es muss ein konkreter, öffentlicher, gemeinwohlorientierter Zweck mit der Enteignung verfolgt werden, wie beispielsweise die Gesundheit der Bevölkerung.
Zuletzt muss das Gesetz, welches die Enteignung regelt, auch eine Entschädigung für die Betroffenen iSv. Art. 14 III 2 GG vorbehalten. Diese sog. „Junktimklausel“ muss auch die Art und das Ausmaß der Entschädigung konkret regeln. Sind die Betroffenen mit der Entschädigung nicht zufrieden, so steht ihnen dagegen der Rechtsweg iSv. Art. 14 III 3 GG offen. Eine Enteignung ist also verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insoweit diese drei Punkte erfüllt sind:
Formelles Gesetz
Zweck: Das Wohl der Allgemeinheit
Junktimklausel: Regelung über Art und Ausmaß der Entschädigung
C. Anwendung