Grundgesetz
A. Einführung
Das Grundgesetz ist die Verfassung der Deutschen Bundesrepublik. Als Verfassungsrecht steht es in der „Normenpyramide“ über allen anderen Rechtsnormen in Deutschland. Das Grundgesetz enthält nicht nur die den Einzelnen schützenden Grundrechte, sondern beinhaltet auch zahlreiche Regelungen, die den Aufbau und die Organisation des Staates ausgestalten. Insbesondere die einzelnen Abschnitte über das Bund-Länder-Verhältnis, die Verfassungsorgane, die Gesetzgebung und über die Ausführung der Bundesgesetze sind für ein grundlegendes Verständnis der Bundesrepublik Deutschland essenziell. Wie genau das Grundgesetz aufgebaut ist, soll im Folgenden näher erläutert werden.
B. Geschichte und Aufbau des Grundgesetzes
I. Geschichte des Grundgesetzes
1. Ausgangssituation
Um die unmittelbare Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes nachvollziehen zu können, ist ein kurzer Überblick über die Anfänge der Nachkriegszeit in Deutschland unabdingbar. Nach der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 lag das ehemalige Nazi-Deutschland am Boden. Hitler beging bereits am 30. April in Berlin Selbstmord, andere führende NS-Persönlichkeiten folgten. Die siegreichen Alliierten entschieden nun über das weitere Schicksal des verwüsteten Deutschlands. Parallel zu der (unterschiedlich praktizierten) Entnazifizierung und den Nürnberger Prozessen gegen ehemals führende Vertreter des Dritten Reiches beschäftigten sich die Siegermächte insbesondere mit der Aufteilung und dem Wiederaufbau Deutschlands. Josef Stalin (Sowjetunion), Winston Churchill (Großbritannien) und Franklin D. Roosevelt sowie nach dessen Tod Harry S. Truman (beide USA) standen vor der Aufgabe, einen zerstörten und politisch noch äußerst empfindlichen (bzw. nicht existenten) Staat aufzuteilen und aufzubauen. Es folgte eine Einteilung in eine französische, eine britische und eine US-amerikanische sowie eine sowjetische Besatzungszone. Innerhalb der einzelnen Zonen spiegelte sich der jeweilige Führungsstil der herrschenden Macht wider. Hier ergab sich hinsichtlich der politischen und wirtschaftlichen Ausrichtung ein nicht zu übersehender Gegensatz zwischen dem Osten (Sowjetunion, später DDR) und dem Westen (insbesondere USA). Dieser Gegensatz sollte dann später unter dem Stichwort „Kalter Krieg“ zu (indirekten) Konflikten insbesondere zwischen den USA und der Sowjetunion führen. Die Westmächte verfolgten eine politische und wirtschaftliche Angleichung ihrer Besatzungszonen und schufen so die Grundlage für einen (westdeutschen) Gesamtstaat. Demgegenüber schottete sich die sowjetische Führung zunehmend von den Westmächten ab, was dann später zur Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland) führte.
2. Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes
a) Die Vorstellungen der (westlichen) Besatzungsmächte
Aus der Entscheidung für einen westdeutschen Gesamtstaat folgte die Notwendigkeit einer Verfassung, um einen derartigen nachhaltigen Staat schaffen zu können. Hier bestand die Schwierigkeit, dass die Besatzungsmächte (noch) die herrschende Stellung in Deutschland innehatten. Die Westmächte hatten sich jedoch bereits früh grundlegend darauf verständigt, den deutschen Staat als Demokratie auszugestalten. Das setzt insbesondere voraus, dass das Volk an grundsätzlichen Entscheidungen beteiligt wird. Schwierigkeiten bereitete also der Umstand, dass eine demokratische Verfassung geschaffen werden sollte, dabei die Verfassung selbst jedoch nicht im Rahmen eines freien und eigenverantwortlichen Selbstbestimmungsaktes des deutschen Volkes vollzogen wurde. Vielmehr war die deutschen Politiker zu Beginn sogar gegen eine Verfassung: Ziel sei ein vereintes Deutschland und nicht etwa ein westdeutscher Gesamtstaat unter Ausschluss der sowjetischen Besatzungszone. Zudem befand sich Deutschland im Prozess des Wiederaufbaus, auch die aus der Berlin-Blockade resultierende Berliner Luftbrücke und die Währungsreform wirkten noch nach, sodass die Verfassungsgebung aus deutscher Sicht zunächst nachrangig war.
In Bezug auf die Errichtung eines deutschen Staates gab es auch zwischen den Vorstellungen der Westmächten zunächst Unterschiede: Insbesondere Frankreich fürchtete, dass eine allzu frühe Staatsgründung bzw. ein (politischer und wirtschaftlicher) Aufbau dem Nachbarn Deutschland erneut zu einer (über)mächtigen Stellung in Europa verhelfen könne. Frankreich plädierte also für ein möglichst schwaches Deutschland, das zunächst weiterhin der Kontrolle der Besatzungsmächte unterliegen sollte. Da sich die USA für einen dezentralen und föderalen Staat aussprachen und Großbritannien sich diesem Vorschlag anschloss, konnte sich der französische Ansatz letztlich nicht durchsetzen. Im Rahmen der Londoner-Sechs-Mächte-Konferenz im Frühjahr 1948 (an der neben den oben Genannten Länder auch die Niederlande, Belgien und Luxemburg teilnahmen) wurden die zunächst wagen Überlegungen in Bezug auf Deutschland konkretisiert und festgehalten: Die Besatzungszonen der Westmächte sollten zusammengeführt werden, ein demokratischer und föderaler Staat war das Ziel. Allerdings betonten die Westmächte ebenfalls, dass diese Lösung nicht abschließend sei, eine Einigung mit der sowjetischen Besatzungszone sei jederzeit möglich (war aber angesichts des an Schärfe zunehmenden Kalten Krieges in den nächsten Jahrzehnten mehr als unwahrscheinlich).
b) Die Frankfurter Dokumente
Die jeweiligen Militärgouverneure übergaben den Ministerpräsidenten der westdeutschen Bundesländer am ersten Juli 1948 die Ergebnisse ihrer bisherigen Überlegungen: Die Frankfurter Dokumente. Diese waren in drei Dokumente unterteilt: Das erste und für die Verfassung wichtigste Dokument beinhaltete die an die Ministerpräsidenten gerichtete Ermächtigung, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen. Um den Deutschen nicht das Gefühl zu vermitteln, die Besatzungsmächte würden die gesamte Verfassung oder doch zumindest deren hauptsächlichen Bestandteil diktieren, gestand man den Ministerpräsidenten eine relativ große Ausgestaltungsfreiheit zu. Vorgegeben war jedoch insbesondere, dass Deutschland ein demokratischer und föderaler Staat mit garantierten Grundrechten des einzelnen Bürgers sein sollte. Zudem musste die Endfassung der Verfassung von den Gouverneuren genehmigt werden.
Das zweite Dokument bezog sich auf die Einteilung der Bundesländer, das dritte Dokument stellte klar, dass es ein Besatzungsstatut geben werde (und dass die Militärgouverneure also weiterhin gewisse Vorgänge kontrollierten).
c) Die Koblenzer Beschlüsse
Die Frankfurter Dokumente wurden zwar im Rahmen der Koblenzer Beschlüsse (8. – 10. Juli 1948) von den Ministerpräsidenten angenommen. Dennoch rief besonders (neben dem Besatzungsstatut) ein Punkt erhebliche Kritik seitens der Deutschen hervor: Mit der Schaffung einer Verfassung, welche auch zwangsläufig zur Gründung eines westdeutschen Gesamtstaates führte, gehe die Teilung Deutschlands einher. Dies sei aus westdeutscher Sicht nicht hinnehmbar. Um diesem Vorbehalt Rechnung zu tragen, einigte man sich darauf, die Verfassung als „Grundgesetz“ zu bezeichnen, damit der provisorische Charakter dieser Regelung betont werde. Auch die Möglichkeit der Schaffung eines gesamtdeutschen Staates wurde aufgenommen (Art. 23 GG aF lautete: Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, […]. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.)
Die verfassungsgebende Versammlung wurde von nun an als „Parlamentarischer Rat“ bezeichnet. Dieser Parlamentarische Rat wurde nicht wie geplant vom Volk der westdeutschen Bundesländer gewählt, sondern nur von bestimmten Delegierten der Landtage. Zudem sollte die finale Abstimmung über das Grundgesetz nicht vom gesamten Volk (der westdeutschen Länder), sondern von den Landtagen vorgenommen werden.
d) Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee
Um dem Parlamentarischen Rat die Arbeit zu erleichtern, leistete der sog. Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee erhebliche Vorarbeit. Vom 10. bis zum 23. August 1948 tagten neben Politikern vor allem Beamte der Verwaltung im Auftrag der Ministerpräsidenten, um statt parteipolitischer Differenzen einen staatsrechtlichen Fokus des Konvents zu gewährleisten. Ergebnis dieses Verfassungskonvents war ein vollständiger Entwurf des Grundgesetzes.
e) Der Parlamentarische Rat
Der Parlamentarische Rat begann unter Zugrundelegung der vom Verfassungskonvent erarbeiteten Grundsätze der Bundesrepublik seine Arbeit im September 1948. Er bestand aus 65 stimmberechtigten Mitgliedern der Länder sowie fünf nicht stimmberechtigten Mitgliedern Berlins (deren nur beratender Status sich aus der besonderen Situation des geteilten Berlins ergab). Es waren Vertreter aller (westdeutschen) Länder und aller Parteien vertreten, wobei sich die Verteilung aus dem Bevölkerungsanteil der jeweiligen Bundesländer und aus dem Stärkeverhältnis der jeweiligen Parteien in den Landtagen ergab. Die CDU und die SPD stellten mit jeweils 27 Vertretern den Großteil der Mitglieder. Zwar spricht man im Zusammenhang mit den 65 (stimmberechtigten) Mitgliedern des Rates noch heute zumeist von den „Vätern des Grundgesetzes“, doch wird dabei häufig außer Acht gelassen, dass auch vier Frauen (als „Mütter des Grundgesetzes“) mitwirkten. So ist es auf das beharrliche Engagement von Elisabeth Selbert zurückzuführen, dass Art. 3 Abs. 2 GG (Gleichberechtigung von Mann und Frau) als Auftrag an den Gesetzgeber in das Grundgesetz aufgenommen wurde. Neben dem wichtigen Hauptausschuss wurden zu bestimmten Bereichen Fachausschüsse gebildet, etwa zu Fragen der Finanzen oder der Verfassungsgerichtsbarkeit.
Der Präsident des Rates war der spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU), während der Vorsitz des wichtigen Hauptausschusses Carlo Schmid (SPD) zufiel.
Grundsätzlich herrschte innerhalb des Parlamentarischen Rates Einigkeit hinsichtlich der Mehrzahl der Themen. Der Rat arbeitete in enger Abstimmung mit den Besatzungsmächten zusammen; hier kam es durchaus zu Differenzen, die aber letztlich nicht entscheidend waren, da den Besatzungsmächten eher grundsätzlich an der Schaffung eines stabilen westlichen Staates gelegen war als an einer perfekten Lösung (aus Sicht der Besatzungsmächte).
f) Ausfertigung des Grundgesetzes
Am 8. Mai 1949 wurde der Entwurf des Grundgesetzes schließlich vom Parlamentarischen Rat angenommen. 53 Mitglieder stimmten für und zwölf Mitglieder gegen den Entwurf. Der 8. Mai wurde als Jahrestag der Kapitulation im Zweiten Weltkrieg bewusst gewählt. Gem. Art. 144 Abs. 1 GG bedurfte es noch der Zustimmung von zwei Drittel der Bundesländer, in denen das Grundgesetz gelten sollte. Zehn der elf Bundesländer nahmen den Entwurf an, lediglich das von der CSU dominierte Bayern lehnte die Annahme ab (der CSU missfiel die starke Stellung des Bundes und forderte einen stärker auf dem Föderalismus basierenden Staat). Zugleich beschloss der bayerische Landtag jedoch, dass es die Verbindlichkeit des Grundgesetzes akzeptiert werde, sollten mindestens zwei Drittel der Länder den Entwurf annehmen. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz dann in einer Sitzung des Parlamentarischen Rates in Bonn endgültig ausgefertigt und verkündet. Dies findet sich auch in der Verkündungsformel des Grundgesetzes. Zugleich wurde mit der Unterzeichnung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Mit Ablauf dieses Tages trat das Grundgesetz dann in Kraft.
g) „Vorbilder“ des Grundgesetzes
Das Grundgesetz entstand vor allem vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Diktatur und die damit einhergehenden Schrecken. Einige der als Eingriffsabwehrrechte formulierten Grundrechte sind eine direkte Reaktion auf Taten, Behandlungen und auf das allgemein zugrunde gelegte Menschenbild des Nationalsozialismus. So kannte beispielsweise das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) keine Vorgänger in der Verfassungsgeschichte. Auch die Entscheidung, die unantastbare Menschenwürde an den Anfang des Grundgesetzes zu stellen, verdeutlicht ein neu gefasstes Menschenbild (in Abgrenzung zu dem Denken der Nationalsozialisten). Auch Art. 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz) steht in starkem Gegensatz zum Dritten Reich.
Aber auch die Weimarer Republik diente als (positives und negatives) Vorbild für die Väter und Mütter des Grundgesetzes. Grundlegende Organisationsstrukturen, welche als Errungenschaften angesehen wurden, haben Einzug in das Grundgesetz gefunden. Art. 140 GG verweist beispielsweise unmittelbar auf Art. 136 ff. WRV und spricht diesen (auf die Glaubensbestimmungen, die Kirchen und das Verhältnis zwischen Religionen und dem Staat abzielenden) Artikeln den gleichen Status wie dem übrigen Verfassungsrecht zu.
Häufig wird das Grundgesetz als optimierte und verbesserte Version der Weimarer Reichsverfassung (WRV) bezeichnet. Tatsächlich lernte man aus den Fehlern aus der WRV und veränderte das Grundgesetz in zahlreichen Fällen im Vergleich zur Weimarer Reichsverfassung.
Zwei Beispiele seien hier zur Veranschaulichung genannt:
Im Grundgesetz kommt dem Bundespräsidenten im Vergleich zum Reichspräsidenten der WRV eine erheblich abgeschwächte Rolle zu. Fungierte der Reichskanzler in der Weimarer Republik quasi noch als „Ersatzkaiser“, so dient der Bundespräsident vor allem der Repräsentation der Bundesrepublik. Im Gesetzgebungsverfahren kommt ihm die Rolle des „Gegenzeichners“ zu, Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG. Inwiefern er hier diese Gegenzeichnung verweigern kann, ist umstritten.
Innerhalb der Bundesrepublik hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine historisch unvergleichbar starke Position inne. Auch im internationalen Vergleich gibt es kaum derartige (in rechtlicher Hinsicht) einflussreiche Verfassungsgerichtsbarkeiten. In der Weimarer Republik gab es eine derartige Institution nicht. Zwar gab es mit dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich theoretisch eine Verfassungsgerichtsbarkeit, doch aufgrund mangelnder Effektivität und lückenhafter Zuständigkeiten reichte er nicht an die heutige Bedeutung des BVerfG heran. Für diese starke Position des BVerfG hatte man sich 1949 entschieden, um einen effektiven „Hüter der Verfassung“ zu schaffen. Insbesondere gibt es im Grundrecht einen Grundrechtsschutz, der Bürger kann also eine Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a) erheben mit der Behauptung, er sei in ihm zustehenden Grundrechen verletzt worden.
Weitere Beispiele sind die Ewigkeitsklausel des Grundgesetzes (Art. 79 Abs. 3 GG) oder die starke Stellung der Parteien innerhalb der Demokratie (Art. 21 GG, sog. Parteiendemokratie).
3. Die weitere Entwicklung des Grundgesetzes
Zwar sollte das Grundgesetz nur ein Provisorium bis zur Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland sein, doch bewährte es sich bis 1990 so gut, dass man das Grundgesetz nicht durch eine (neue) Verfassung ersetzen wollte und auch nicht ersetzt hat. Nach Art. 146 GG besteht jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, das Grundgesetz durch eine vom Volk in freier Entscheidung beschlossene Verfassung zu ersetzen. Das Grundgesetz zeichnet sich insbesondere durch seine Kontinuität aus: Im Laufe der Geschichte des Grundgesetzes hat es zwar einige Änderungen gegeben, diese waren jedoch nie auf die Struktur oder den Charakter des Grundgesetzes an sich gerichtet. Mit der Wiedervereinigung (und dem dazugehörigen Einigungsvertrag) gingen einige Änderungen (zB in der Präambel) einher, doch blieb das Grundgesetz erhalten. Relevante Neuerungen gab es im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte insbesondere in Bezug auf die Europäische Union (Neufassung des Art. 23 GG), die Finanzverfassung, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Aufnahme des Art. 20a GG ins Grundgesetz) und die Gesetzgebungskompetenzen (im Rahmen der Föderalismusreformen I und II). Bereits früher kamen Artikel zur Wehrverfassung hinzu, gegen Ende der 60er Jahre folgten die Notstandsgesetze.
II. Aufbau des Grundgesetzes
Zunächst kann das Grundgesetz unterteilt werden in die Präambel, den Grundrechtekatalog (Art. 1 – Art. 19 GG), den staatsorganisationsrechtlichen Teil (Art. 20 – Art. 115 GG) sowie weitere Bestimmungen für den Verteidigungsfall (Art. 115a – Art. 115l GG) und Übergangs- und Schlussbestimmungen (Art. 116 – Art. 146 GG). Im Anhang finden sich nach Art. 140 GG einige Bestimmungen der WRV (Art. 136 – Art. 141 GG), denen wohl ein gleichberechtigter Verfassungsrang zukommt.
Teilweise wird der staatsorganisatorische Teil auch weiter gefasst (Art. 20 – Art. 146 GG) und eine weitere Aufteilung innerhalb dieses Teils vorgenommen (s.u.).
1. Grundrechtekatalog
In Art. 1 – Art. 19 GG sind die Grundrechte geregelt (wobei nicht jeder Artikel ein Grundrecht ist, wohl aber einen Grundrechtsbezug aufweist). Zentral ist hier zunächst die Menschenwürde, welche nach Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG unantastbar ist. Dieser Artikel ist die Staatsfundamentalnorm und entfaltet Wirkung für alle Bereiche der Rechtsordnung.
Grundsätzlich lassen sich die Grundrechte in die Freiheits-, Gleichheits- und Justizgrundrechte unterteilen, wobei die Letztgenannten nicht in den Art. 1 – Art. 19 GG, sondern in den Art. 101 – Art. 104 GG geregelt sind.
2. Staatsorganisationsrechtlicher Teil
Der staatsorganisationsrechtliche Teil beginnt im zweiten Abschnitt des Grundgesetzes mit allgemeinen Bestimmungen zu dem Verhältnis zwischen Bund und Ländern (Art. 20 – Art. 37 GG). Dabei kommt dem Art. 20 GG eine entscheidende Bedeutung zu, da sich hieraus die Staatsstrukturprinzipien der Bundesrepublik ableiten lassen (Demokratie-, Rechtsstaatlichkeits-, Bundesstaatlichkeit- und Sozialstaatlichkeitsprinzip sowie die Republik). Zusammen mit Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) bildet Art. 20 GG den Rahmen des Grundgesetzes.
In den nächsten vier Abschnitten folgen einzelne Regelungen zu den Verfassungsorganen (Art. 38 – Art. 69 GG), namentlich zum Bundestag (Art. 39 – Art. 48 GG), zum Bundesrat (Art. 50 – Art. 53), zum Bundespräsidenten (Art. 54 – Art. 61 GG) und zur Bundesregierung (Art. 62 – Art. 69 GG). Zudem ist in Art. 53a GG der Gemeinsame Ausschuss geregelt.
Das Gesetzgebungsverfahren des Bundesrepublik Deutschland ist im siebten Abschnitt (Art. 70 – Art. 82 GG) geregelt und umfasst u.a. die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen, das Gesetzgebungsverfahren im engeren Sinne sowie die Verkündung und das Inkrafttreten eines Gesetzes.
Im achten Abschnitt sind die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung geregelt. Hier kann man unterscheiden zwischen der Ausführung der Bundesgesetze: Diese erfolgt grundsätzlich durch die Länder (Art. 83 und Art. 84 GG). Darüber hinaus kommen auch eine Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG, nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich) sowie die bundeseigene Verwaltung (Art. 86 und Art. 87 GG, ebenfalls nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich) in Betracht. Als „dritte Ebene“ ist die Gemeinschafts- bzw. Mischverwaltung in den Art. 91a – Art. 91e GG geregelt (VIIIa. Abschnitt).
Im neunten Abschnitt (Art. 92 – Art. 104) ist die Rechtsprechung näher ausgestaltet. Relevant ist hier insbesondere Art. 93 GG, der die Zuständigkeit des BVerfG regelt und für das Verfassungsprozessrecht regelmäßig der Ausgangspunkt einer Prüfung ist.
Das Finanzwesen ist im zehnten Abschnitt (Art. 104a – Art. 115 GG) geregelt. Hier finden sich Vorschriften zum Haushalt, zur Finanzverwaltung und zum Verhältnis zwischen Bund und Ländern bezüglich des Finanzwesens.
Befugnisse und abweichende Regelungen während des Verteidigungsfalles sind in den Art. 115a – Art. 115l GG (Xa. Abschnitt) geregelt.
Im letzten Abschnitt (Art. 116 – Art. 146 GG) sind weitere Übergangs- und Schlussbestimmungen zu finden. Hier ist beispielsweise der Begriff des „Deutschen“ geregelt (Art. 116 Abs. 1 GG) oder auch das Verhältnis von altem zu neuem Recht (Art. 123 ff. GG).
C. Anwendung – Wiederholungsfragen