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07/2017 - Falk Bernau

Foto: Corinna Micha
Dr. Falk Bernau ist mit nur 43 Jahren Richter am Bundesgerichtshof geworden.

Alumnus Dr. Falk Bernau ist seit Januar 2017 Richter am Bundesgerichtshof. Doch der Weg ins höchste bundesdeutsche Gericht verlief für den 43-Jährigen nicht geradlinig. Nach seiner Mittleren Reife absolvierte er zunächst eine Lehre als Landmaschinenmechaniker. 


In seinem Karlsruher Büro ist Falk Bernau umgeben von Türmen. Überall auf dem Boden stapeln sich Akten, die der 43-jährige bearbeiten muss. Schnell wird das nicht gehen: „Was hier beim Bundesgerichtshof ankommt, ist inhaltlich schon ziemlich vertrackt“, erklärt der Jurist. Im März 2015 wurde er zum Richter am Bundesgerichtshof  gewählt und arbeitet seit Anfang 2017 im II. Zivilsenat, der für das Gesellschaftsrecht zuständig ist.

Das oberste Gericht der Bundesrepublik ist die letzte Instanz bei Zivil- und Strafverfahren. Fälle, die dort landen, haben schon mehrere Instanzen durchlaufen und bringen eine entsprechend umfangreiche Dokumentation mit sich. Das hat Auswirkungen auf den Arbeitsalltag: „Überwiegend ist es eine sehr einsame und konzentrierte Arbeit am Schreibtisch und in der Bibliothek“, beschreibt Bernau. Doch ihn stört das nicht, denn die Arbeit begeistert ihn: „Wir können hier das Recht weiterentwickeln.“

Nach der Werkstatt in die Abendschule

Beharrlichkeit zeichnet Bernau aus. Ohne sie hätte er es 1990 nicht einmal zum Abitur geschafft: Nach seiner mittleren Reife werden die Pläne des Sachsen-Anhaltiners durch die Wiedervereinigung durcheinander gebracht. Er entscheidet sich für eine Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker und besucht parallel die Abendschule, um das Abitur nachzuholen. Zwei Jahre lang geht es für ihn nach jedem Arbeitstag ins Klassenzimmer, oft bis 22 Uhr. „Das war wirklich hart. Ich weiß gar nicht mehr wie ich das geschafft habe“, blickt Bernau zurück.

An seine handwerkliche Ausbildung erinnert sich der Jurist hingegen gerne: „Diese Arbeit macht mir noch heute Spaß.“ Für das elterliche Grundstück in Lindau/Anhalt hat Bernau damals Tore und Türen geschweißt. „Jedes Mal wenn ich die sehe, freue ich mich. Die werden in 20 Jahren auch noch da sein und diese Gewissheit finde ich sehr befriedigend.“ Für ein ganzes Berufsleben reichte seine Begeisterung fürs Handwerk aber nicht aus: „Ich wusste, dass da noch mehr sein muss.“

1995 entscheidet sich der damals 21-Jährige fürs Studium. Er sucht eine Universität in der Nähe seiner Heimat, beim Fach ist er sich jedoch unsicher. Ein Professor rät: „Jura eignet sich für diejenigen, die sich auch für Geschichte und Politik interessieren und gerne viel lesen.“ Dieses Zitat führt Bernau zur Rechtswissenschaft. Er hat seine Wahl nie bereut: „Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich in diesem Fach wirklich gut aufgehoben bin.“

Mit Ausdauer und Beharrlichkeit zum Landesbesten

Dass seine Entscheidung richtig war, zeigt sich schnell am Erfolg. Das erste juristische Staatsexamen legt Bernau nach acht Semestern mit der Note „gut“ ab. Damit wird er der beste Jura-Absolvent des Landes Brandenburg. Ein Geheimnis steckt hinter diesem Ergebnis nicht, eher Ausdauer und Beharrlichkeit: „Ich habe vom ersten Semester an kontinuierlich mitgearbeitet und kein Semester schleifen lassen.“ Schwer sei ihm das nicht gefallen – im Gegenteil. An den Wochenenden arbeitet Bernau in seinem Ausbildungsberuf oder als Gerüstbauer. „Da haben mir am Montag oft alle Knochen wehgetan und ich war froh, dass ich wieder in die Uni konnte.“

Für das zweite Staatsexamen wechselt Bernau nach Magdeburg und schließt auch hier als Landesbester ab. Für die Promotion kehrt der Jurist zurück nach Potsdam. Bei Professor Detlev Belling schreibt er seine Arbeit über die „Aufsichtshaftung der Eltern  nach § 832 BGB“ – und liefert auch hier eine Spitzenleistung: Für die beste juristische Promotion im Jahr 2004 an der Universität Potsdam erhält er den Wolf-Rüdiger-Bub-Preis.

Doch als Überflieger sieht sich Bernau selbst nicht. „Bei den vielen Klausuren im Staatsexamen muss man manchmal auch einfach Glück mit dem Thema haben“, schränkt er ein. Und schließlich sei auch bei ihm nicht alles glatt gelaufen. Pech hat Bernau beispielsweise 2003 nach Abgabe seiner Doktorarbeit: Eigentlich will er in seiner Heimat bleiben und arbeiten, doch das Justizministerium in Sachsen-Anhalt stellt ihn nicht ein. „In diesen Jahren wurden einige Landeskinder nicht  berücksichtigt, obwohl sie Jahrgangsbeste waren“, wundert er sich noch heute. Doch diese Entscheidung hat auch den Grundstein für seinen Weg nach Karlsruhe gelegt. „Sonst wäre ich heute in der Justiz von Sachsen-Anhalt und dort hätte sich wohl nie die Chance auf eine Abordnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter nach Karlsruhe ergeben“, meint Bernau.

Komplexes gründlich aufarbeiten

Von 2003 bis 2008 arbeitet der Jurist als Richter auf Probe im Bezirk des Oberlandesgerichts Celle, wird nach verschiedenen Tätigkeiten als Richter und Staatsanwalt in der niedersächsischen Justiz 2008 am Landgericht Hildesheim zum Richter auf Lebenszeit ernannt. Dort erhält eine große Chance: Als wissenschaftlicher Mitarbeiter wird er zuerst an den Bundesgerichtshof, später an das Bundesverfassungsgericht abgeordnet. Die Arbeit dort beeindruckt ihn von Anfang an: „Es ist kein Massengeschäft wie am Amts- oder auch Landgericht. Man kann in die Tiefe gehen und komplexe Angelegenheiten gründlich aufarbeiten.“

Im März 2015 wählt der Richterwahlausschuss sechs neue Richter für den Bundesgerichtshof. Mit dabei: Falk Bernau. Seit Anfang 2017 arbeitet er nun an seinen Schreibtisch in Karlsruhe. Mit nur 43 Jahren ist der Potsdamer Alumnus einer der jüngsten unter den 128 Richtern des obersten bundesdeutschen Gerichts. Fachkollegen brechen ob dieses Lebenslaufes gerne in Begeisterung aus. Bernau bleibt bescheiden und lässt sich dann doch ein Lächeln entlocken: „Naja, sagen wir mal, die Personalentwicklung ist in meinem Fall abgeschlossen.“

Text und Foto: Corinna Micha I Alumni-Team
Veröffentlicht: Juli 2017