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04/17 - Kathrin Thüring

Alumna Kathrin Thüring
Foto: rbb/Stefan Wieland
Kathrin Thüring mag die Spontaneität der Live-Sendungen.

Fast 300.000 Menschen hören täglich „Radio Fritz“, den Jugendsender des RBB. Eine der landesweit bekannten Moderatorinnen ist Kathrin Thüring. Die 35-Jährige hat an der Universität Potsdam Linguistik, Soziologie und Medienwissenschaften studiert. Dabei wollte sie eigentlich immer nur eins: ans Mikrofon.


Die Sache mit dem Abschlusszeugnis ist typisch für Kathrin Thüring. 2010 beendet sie ihr Studium an der Universität Potsdam, doch mit Formalitäten hält sie sich nicht auf. Das Abschlusszeugnis lässt die Journalistin sieben Jahre lang im Prüfungsamt liegen. Der Grund: „Ich habe es einfach nicht gebraucht.“ Im März 2017 hat Thüring die Bestätigung ihres akademischen Titels endlich abgeholt. Vor allem ihr Umfeld habe sie dazu gedrängt, erklärt sie. Jetzt liege das Magisterzeugnis „irgendwo im Auto“. Die Moderatorin seufzt: „Ich muss es wohl mal abheften.“

Dass das Papier ein Schattendasein fristet, lässt sich mit Thürings Berufsbiographie erklären. „Ich habe nie eine klassische Bewerbung geschrieben“, resümiert die 35-Jährige. Bereits zu Schulzeiten liebte sie Radio Fritz, den Jugendsender des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Und sie formulierte früh ein selbstbewusstes Ziel: „Da werde ich später mal arbeiten.“

Zielstrebig absolvierte Thüring das Pflicht-Praktikum des Grundstudiums beim RBB – und macht sofort Eindruck bei den „Radiofritzen“, wie diese sich selbst nennen. Im Anschluss an das Praktikum durfte sich Thüring ein halbes Jahr als rasende Außen-Reporterin für den RBB bewähren; ab 2007 saß sie erstmals am Studiomikrofon. Parallel zum Hauptstudium moderierte sie ihre ersten Sendungen bei Radio Fritz.

Vom ersten Auto bis hin zu Alltagsrassismus

Heute ist die Sachsen-Anhalterin für drei Sendungen verantwortlich: Beim Spiele-Format „Sonntagsfritzen“ misst sie sich in verschiedenen Spielen an Co-Moderator Jakob Lundt. Bei „High Noon“ und „Blue Moon“ rufen Zuschauer an, die zu vorgegeben Themen mit der Moderatorin sprechen. Auf der Agenda der Mittagssendung stehen Inhalte wie „Mein erstes Auto“ oder „Deine Lieblingsfigur bei Game of Thrones", aber auch tiefgründigere Fragen wie „Wie reagiert ihr auf Alltagsrassismus?“. Die Idee zu den Sendungen entwickelt die Moderatorin gemeinsam mit dem Redaktions-Team.

Manchmal liefert der Alltag die zündende Idee. „Auf die Idee mit dem ersten Auto bin ich beispielsweise auf der Fahrt zum Sender gekommen. Mich hat ein Golf Cabrio überholt und das hat nostalgische Gefühle bei mir ausgelöst“, gibt Thüring ein Beispiel. Darüber hinaus prüfe das Team die Nachrichtenlage und den Twitter-Stream auf Sendungstauglichkeit.

„Ich nehme mir Fehler nicht krumm“

Die Themen sind vielfältig, aber sie müssen ein Kriterium erfüllen: „Ich mache nur Geschichten, die mich auch selbst interessieren“, stellt die Journalistin klar. Schließlich will sie gute Gesprächspartnerin sein für die anrufenden Hörer. „Ich mag den direkten Kontakt und die Überraschungsmomente, die daraus entstehen“, erklärt die Moderatorin, die bei ihren Hobbies auch mal „Menschen“ angibt. Selbst wenn bei den Live-Sendungen nicht alles nach Plan läuft, bleibt sie gelassen. Der Grund:  „Ich nehme mir Fehler grundsätzlich nicht krumm. Beim nächsten Mal mache ich es eben anders.“

Eine Stunde dauert ihre Live-Sendung am Mittag, zwei Stunden das Talk-Format in der blauen Stunde. „Das ist eine sehr intensive Zeit, auch eine große Konzentrationsleistung“, berichtet Thüring. Innerhalb von Sekunden muss sie entscheiden, wie sie auf die Anrufer reagiert und weiter durch die Sendung führt. „Das macht für mich aber auch den Reiz aus, dass man nie genau weiß, was passiert.“

Nur für Erwachsene

Wenn Thüring von ihrem Job spricht, gerät sie ins Schwärmen: „Es fühlt sich gar nicht wie Arbeit an. Ich mache einfach etwas, das mir Spaß macht und wozu ich stehe.“ Die Moderatorin erzählt vom  beflügelnden Team-Spirit in den Redaktionsräumen: „Wir haben alle dieselben Visionen und das schweißt einfach zusammen.“

Doch bei aller Euphorie: Ewig wird die 35-Jährige nicht für den Jugendsender moderieren können. „Irgendwann steht ein Abschied an und der wird natürlich hart“, ahnt Thüring. Derzeit genieße sie das „Fritz-Gefühl“ noch in vollen Zügen. Und danach? „Würde ich gerne als Redakteurin arbeiten“, formuliert die Geisteswissenschaftlerin.

Die Arbeit am redaktionellen Schreibtisch kennt Thüring bereits: Seit einem Jahr arbeitet sie für radioeins, einen weiteren Sender des RBB. In der Redaktion der Sendung „radioZWEI“ legt sie Themen fest, erarbeitet einen Fahrplan für das Programm und bereitet die Fakten inhaltlich für die Moderatoren auf. Eine gute Rolle, wie sie findet: „Es macht mir großen Spaß, zu recherchieren und neue Ideen zu entwickeln.“ Und auch mit dem Älterwerden kollidiert die neue Aufgabe nicht. Der RBB bewirbt das Programm mit dem Slogan „Nur für Erwachsene“.

Text: Corinna Micha I Alumni-Team
Veröffentlicht: April 2017