04/18 - Julia Krebs
Alumna Julia Krebs gehört zum Gründungsteam der GemüseAckerdemie. Das Bildungsprogramm will Schüler und Kindergartenkinder in Bodenkontakt mit der Landwirtschaft bringen. Marketing-Fachfrau Krebs hat zum großen Bekanntheitsgrad des Vereins beigetragen – und hat jetzt eine neue Zielgruppe im Visier.
Für Julia Krebs ist das Arbeitsjahr in drei Phasen unterteilt: Vor-Ackerzeit, Acker-Zeit und Nach-Ackerzeit. Doch auch an diesem regnerischen Märztag, der in die Vor-Ackerzeit fällt, herrscht Hochbetrieb bei der GemüseAckerdemie. „Wir müssen grade alles umräumen“, erklärt Julia Krebs fröhlich. Auf den Tischen des Babelsberger Vereinssitzes Ackerdemia e.V., der die GemüseAckerdemie verantwortet, stapeln sich Geschirr und Infomaterialien, Schränke werden geleert und in Umzugskartons verpackt. Der Grund für das Chaos ist der Erfolg: „Wir wachsen weiter und brauchen deshalb mehr Platz“, freut sich die 40-Jährige.
Vom Kindergarten auf den Acker
2014 wurde der Verein gegründet, mehr als 30 fest angestellte Mitarbeiter hat er inzwischen. Dazu gehören neun Regionalmanager, die die GemüseAckerdemie in ganz Deutschland, der Schweiz und Österreich vertreten. Sie alle verfolgen das Ziel „die Wertschätzung für Lebensmittel in der Gesellschaft zu steigern“ und der „Entfremdung von der Natur entgegen zu wirken“, wie es Ackerdemia formuliert. Praktisch gesehen tut der Verein vor allem eins: Er bringt Schul- und Kitakinder wieder in Bodenkontakt.
Das ganzjährige Bildungsprogramm will belebte Gärten an Bildungseinrichtungen bringen, um den Nachwuchs zu kleinen Ackerbauern auszubilden. Die Kinder sollen lernen, wie Gemüse angepflanzt wird und wie viel Mühe die Lebensmittelproduktion erfordert. Im Jahr 2018 nehmen mehr als 220 Schulen und Kitas in ganz Deutschland sowie in Österreich und der Schweiz am Programm teil. Bis zum Jahr 2020 sollen es 650 Schulen werden, so das Vereinsziel.
Beschäftigung für die Baby-Pause
Julia Krebs gehört zum Gründungsteam von Ackerdemia und ist für Kommunikation und Marketing zuständig. Dass aus der GemüseAckerdemie mal ein Vollzeitjob wird, hätte sie nie gedacht. Nach ihrem Studium der Sportökonomie an der Universität Potsdam hatte sie im Marketing bei Air Berlin gearbeitet und war gerade in Elternzeit, als der Gründer und Initiator Dr. Christoph Schmitz sie anheuerte. „Ich fand die Idee witzig und dachte, da habe ich mal ein bisschen Beschäftigung während das Baby schläft“, lacht Krebs.
Gutes Marketing für eine gute Idee, das trieb die 40-Jährige an. „Gerade im Non-Profit-Bereich gibt es so tolle Konzepte, die schlecht aufgearbeitet sind, so dass sie niemanden erreichen“, hatte sie beobachtet. Damit dass der GemüseAckerdemie nicht passiert, ziert eine bebrillte Karotte mit hohem Wiedererkennungswert alle professionell erstellten Publikationen aus Potsdam.
Eine Karotte als Türöffner
Ein Türöffner soll die schlaue Karotte sein, denn der Verein braucht engagierte Pädagogen für sein Konzept. „Wir erreichen die Kinder nicht ohne Lehrer und Erzieher“, weiß Krebs aus Erfahrung. „Und damit die sich auf das Projekt einlassen, wollen wir die perfekte Unterstützung anbieten.“ Das Angebot von Ackerdemia umfasst Infomaterial und Fortbildungen für Lehrer, Erzieher und Schüler, die Bestellung von Saat- und Pflanzgut, wöchentliche Newsletter und Info-Videos, Exkursionen und Unterrichtsmaterial. Auch auf dem Acker gibt es Beistand: Zu den wichtigen Anpflanzterminen kommen Ackerdemia-Mitarbeiter vorbei, um eine korrekte Einsaat zu garantieren. Das ganze Jahr über werden die Schulen und Kitas von freiwilligen Mentoren und Ackerhelfern unterstützt.
Trotz all der Förderung durch den Verein: „Ein eigener Garten erfordert Engagement von Schulen und Kitas“, weiß die Sportwissenschaftlerin. Dennoch lohnt es sich für die Einrichtungen, wie der Verein in seinem jährlichen Wirkungsbericht nachweist. Der Bericht listet viele Vorteile: Die Kinder lernten durch die Ackerarbeit neue Gemüse-Sorten und -Arten kennen und wollten diese auch ausprobieren, sie trügen Verantwortung, entwickelten mehr Wertschätzung gegenüber den Lebensmitteln, bewegten sich mehr und kooperierten besser.
Das nächste Ziel ist die Ackerfamilie
Stolz brächten die Kinder auch ihre Ernte nach Hause. Doch dort ergibt sich jedoch manchmal ein Problem, hat Krebs beobachtet: „In manchen Familien findet das Thema gar keinen Anklang, weil dort niemand weiß, was er mit der Ernte jetzt machen soll.“ Tatkräftig hat der Verein aus dieser Beobachtung neue Projekte entwickelt. Das Kochbuch „AckerKüche“ etwa, das familientaugliche Rezepte vorstellt. Oder ein Online-Programm, das „Ackerfamilie“ heißen soll, und Familien etwa beim Gärtnern auf der Fensterbank unterstützt.
Bei Julia Krebs sprießen ständig neue Ideen für die GemüseAckerdemie. Doch manchmal sind es die kleinen Momente, die ihr den Wert ihrer Arbeit am besten vermitteln. Sie erinnert sich an einen Schüler, der am Programm teilgenommen hat: „Zu Beginn stand der sehr ablehnend auf dem Acker und hat eigentlich nur Faxen gemacht“, berichtet die Gründerin. Die Wandlung während des Gartenjahres war enorm: „Zum Schluss hat er seinen Acker regelrecht verteidigt, wenn jemand auf ein Beet getreten ist“, blickt sie grinsend zurück.
Julia Krebs studierte von 1998 bis 2007 an der Universität Potsdam Diplom-Sportökonomie mit dem Schwerpunkt Marketing.
Text: Corinna Micha
Veröffentlicht: April 2018