05/17 - Markus Humpert
Der Potsdamer Alumnus Markus Humpert ist seit einem Jahr Bereichsleiter für Digitale Transformation bei dem größten deutschen IT- und Telekommunikations-
verband Bitkom e.V. In einem Interview an seinem alten Campus in Griebnitzsee berichtet der 29-Jährige von den Herausforderungen der Digitalisierung.
Bereits zu Schulzeiten haben Sie sich mit IT beschäftigt und mit Klassenkameraden die Firma „jotima IT-Service” gegründet. Woher kamen die Begeisterung für IT und Ihr früher Unternehmergeist?
Früher haben junge Erwachsene an ihren Autos und Motorrädern geschraubt, wir haben Computer repariert. Viele im Familien- und Bekanntenkreis wollten Hilfe haben. Dann haben wir uns gesagt, warum diesen Service nicht auch für Externe anbieten und etwas Geld verdienen. Im Studium habe ich dann als Werksstudent bei Daimler gearbeitet und hatte eher weniger mit IT zu tun.
Nach Ihrem Bachelorabschluss haben Sie sich für den direkten Einstieg ins Familienunternehmen CEGEMA Maschinenhandel entschieden. Warum?
Durch meinen Job bei Daimler und durch mein Praktikum bei eBay habe ich gemerkt, dass es schwierig sein kann, in einem großen Unternehmen seine Ideen umzusetzen. Der Einstieg in unserem kleinen Familienbetrieb war deswegen die ideale Chance, neue Ideen zu entwickeln und auch schnell zu verwirklichen. Nach drei Jahren brauchte ich aber dann noch einmal eine akademische Herausforderung.
Sie haben sich für den Masterstudiengang „Business Administration“ an der Universität Potsdam entschieden. Warum?
Die örtliche Nähe hat eine Rolle gespielt, denn unsere Firma sitzt in Potsdam. Das war ideal, weiterhin arbeiten zu können und gleichzeitig den Master anzufangen. Außerdem haben mich das breite Studienangebot und die vielfältigen Wahlmöglichkeiten überzeugt.
Was haben Sie aus Ihrer Studienzeit mitgenommen?
Im Studium hat sich herauskristallisiert, dass mich die Schnittstelle IT und Business besonders interessiert. Diese Kombination lehrt man mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik super an der Uni Potsdam. Meine Masterarbeit über die Auswirkungen von Big Data auf etablierte Unternehmen habe ich bei dem Wirtschaftsinformatiker Professor Pousttchi geschrieben. Dieses Thema ist genau das, was uns derzeit umtreibt: Wie verändert Digitalisierung etablierte Branchen? Es freut mich, dass mit dem neuen Masterstudiengang „Digitale Transformation“ das Angebot in diesem Bereich an der Universität Potsdam noch ausgebaut wird.
Mit Ihrem Masterarbeitsthema im Hinterkopf haben Sie sich bei dem Bitkom e.V. beworben und sind nun seit einem Jahr Bereichsleiter „Digitale Transformation“. Was ist das?
Digitale Transformation umfasst die Veränderungen, die in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik durch Digitalisierung ausgelöst werden. Neue Technologien werden schneller adaptiert, Innovationzyklen werden kürzer, das Kundenverhalten verändert sich teilweise radikal. Bei Bitkom beschäftigen wir uns mit der Frage: Was heißt das für Unternehmen, Gesellschaft und Politik? Mein Thema ist vor allem der Einfluss auf die Anwenderbranchen.
Welche Rolle spielt der Bitkom e.V. bei der Digitalen Transformation?
Gestartet als Branchenverband der Informations- und Telekommunikationswirtschaft, hat sich der Bitkom zum Verband für das Thema Digitale Transformation entwickelt. Neben unseren Kernthemen wie IT-Sicherheit und Datenschutz haben wir auch Plattformen für die Digitalisierung der Landwirtschaft, Touristik, Mobilität, Banking und anderer Branchen etabliert. Insgesamt zählen wir 1600 Direktmitglieder, zu denen neben IT-Unternehmen auch Anwenderbranchen wie die Deutsche Bank, BMW oder Pfizer, sowie circa 300 Start-ups gehören. Wir setzen uns für innovationsfreundliche Rahmenbedingungen ein, vernetzen die Akteure aus Wirtschaft und Politik, führen Studien zum Thema Digitalisierung durch und veröffentlichen Leitfäden und Best Practices. Unser Ziel ist es, die Digitalisierung in Deutschland weiter voranzubringen.
Ihre politische Arbeit spiegelt sich unter anderem in Ihrem aktuellen Projekt „Digital Hubs Germany“ wieder, das der Bitkom gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium initiiert hat. Warum braucht Deutschland mehr digitale Vernetzung?
Kein Unternehmen wird die Digitalisierung alleine erfolgreich gestalten können. In Deutschland brauchen wir mehr physische Orte, an denen Unternehmen aller Größenklassen mit Forschung und Kapitalgebern zusammen kommen. Beispiele wie das Silicon Valley zeigen, dass man solche Orte benötigt, damit innovative Ökosysteme entstehen. In Deutschland sieht man die Digitalisierung häufig durch eine ingenieursorientierte Optimierungsbrille, bei der Prozessabläufe verbessert und dadurch Kosten und Ressourcen eingespart werden sollen. Heute geht es aber vor allem darum, mit neuen Technologien neue kreative Geschäftsmodelle zu entwickeln, neue Kunden anzusprechen und einen höheren Kundenutzen zu schaffen. Das geht am besten durch Kooperation und Co-Innovation in möglichst diversen Teams.
Seit Kurzem steht fest, dass Potsdam mit dem Schwerpunkt Medientechnologie einer der zwölf „Digital Hubs“ wird. Wie sieht die konkrete Umsetzung des Hub-Konzeptes aus?
Das Ziel ist, Start-ups, den Mittelstand aber auch die großen Konzerne, die Flaggschiffe dieser Industrie, in ein Ökosystem einzubetten, und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Produkte schnell ausprobiert werden können. Dabei soll es nicht einfach um Digitalisierung allgemein gehen, sondern um die Digitalisierung einer konkreten deutschen Leitindustrie. Die Hub-Standorte werden national vernetzt und ein enger Austausch wird gefördert. Weiterhin werden sie international vom Wirtschaftsministerium vermarktet. Ein Beispiel ist der „Mobility Hub München“, welcher bereits gestartet ist und in dem Partner wie Audi, BMW, Daimler und SAP gemeinsam an innovativen Lösungen der New Mobility arbeiten.
Wie kann man sich die Mobilität von morgen vorstellen?
Mobilität wird zukünftig vernetzt, autonom und elektrisch sein. Weiterhin wird sich das Nutzungsverhalten stark verändern. Bereits heute sehen wir mit verschiedenen Free-Floating-Sharing-Angeboten erste Effekte der Digitalisierung: weg vom Besitzen hin zum Nutzen von Autos, Rollern und Fahrrädern. Perspektivisch wird sich aber fast jede Branche durch die Digitalisierung verändern. Intensität und Zeitpunkt variieren jedoch. Die Finanzwelt ist beispielsweise bereits mitten im digitalen Wandel, die Versicherungswirtschaft wird folgen. Im Gesundheitswesen ist das Potential, vor allem für die Patienten, durch bessere Vernetzung und die Auswertung von Gesundheitsdaten riesig.
Das klingt nach großen Herausforderungen. Wie finden Sie einen Ausgleich zur Arbeit?
Das ist eine gute Frage. (lacht) Ich spiele Basketball, gehe gerne essen und nutze meine freie Zeit zum Reisen.
Was ist Ihr nächstes berufliches Ziel?
Eine eigene Unternehmensgründung. In welche Richtung diese geht, weiß ich noch nicht. Digitale Technologien werden aber auf jeden Fall eine Rolle spielen.
Danke für das Gespräch!
Text und Foto: Katharina Golze I Alumni-Team
Veröffentlicht: Dezember 2017