01/2022 - Theresa König
Theresa König studierte von 2009-2015 an der Universität Potsdam den BA Politik und Verwaltung/ Französische Philologie und den MA Verwaltungswissenschaften. Direkt im Anschluss an ihr Studium begann Frau König bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Seit 2017 ist sie dort Programmmanagerin und verantwortlich für die EFRE-Programme Brandenburg und Berlin in dem für Deutschland zuständigen Referat in der Generaldirektion Regionalpolitik und Stadtentwicklung (DG REGIO). Wie Theresa König eine so bemerkenswerte Karriere gemeistert hat, erfuhren wir von ihr in folgendem Interview.
Frau König, wie erinnern Sie sich an Ihre Zeit an der Universität Potsdam?
Meine Studienzeit an der Universität Potsdam startete an einem Tag Mitte Oktober 2009 am Campus Griebnitzsee. Ich hatte knapp eine Stunde Anfahrt mit der S7 hinter mir und freute mich auf den Studienbeginn, die Erstiwoche und die anstehende Einführungsveranstaltung. Genau zwei Jahre zuvor wurde hier das Neue Hörsaal- und Seminargebäude der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen sowie der Juristischen Fakultät eingeweiht, das ich an diesem Tag betrat und in dem ich in den kommenden Jahren noch etliche Zeit verbringen sollte: Vorlesungen, Seminare, Gruppenarbeiten und natürlich Kaffeepausen in der ‚Bohne‘. Im Gebäude erblickte ich einen Hinweis auf Förderung durch die Europäische Union. Neben Landes- und Bundesgeldern wurden etliche Mittel der insgesamt 24 Millionen EUR für dieses Unigebäude aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert. Den Gedanken, dass die EU in meine neue Uni investierte, fand ich toll!
Sie haben also von Beginn an eine Verbindung zur Europäischen Union als Institution gehabt – wie genau sah Ihre praktische Anbindung an Brüssel aus und wie hat diese Sie beeinflusst?
Vor dem Studienbeginn war ich nach einem Europäischen Freiwilligendienst in Belgien gerade wieder zurück in Berlin. Ich verbrachte ein Jahr in Brüssel und arbeitete in einer Kleinstadt in der Wallonie in einem Europe Direct – EU Informationszentrum. Dort sprach ich mit Schulgruppen über die EU und die Aufgaben der Institutionen; gleichzeitig wurde mir der große Einfluss von Entscheidungen auf EU-Ebene auf uns alle und unser Leben bewusst. Ich war nun überzeugt, Politik und Verwaltung im Hauptfach zu studieren – mit dem Ziel, später selbst die EU-Politik mitzugestalten.
Und wie sahen Sie persönlich die Entscheidungen der EU vor Ort in Potsdam verwirklicht?
Natürlich wurde auch mein Blick für EU-Investitionen und Förderhinweise geschärft. In meinen ersten Semestern pendelte ich für mein Zweitfach Französische Philologie zwischen den Unistandorten Griebnitzsee und Golm hin und her. Hier liegt der Potsdam Science Park. Dieser wird seit über 25 Jahren aus EU-Mitteln kofinanziert, allein aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sind das über die Jahre mehr als 140 Millionen EUR. Was sich in meinen Augen damals noch als Wissenschaftspark Golm auf die ‚andere Seite des Bahnhofs‘ beschränkte, ist heute ein Standort, an dem die Universität Potsdam, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Innovationscentren mit verschieden Start-ups und Unternehmen noch stärker vereint sind. Hier wird zusammen studiert, geforscht und gelebt, wodurch sich mehr Möglichkeiten für Austausch, Kooperation und gemeinsame Innovationen bieten.
Und heute sind Sie es, die maßgeblich die Entwicklungen in Brandenburg durch EU-Förderungen betreut und begleitet. Wie konkret sieht Ihre aktuelle Rolle in der Europäischen Kommission aus?
Seit 2017 bin ich als Programmmanagerin in der Europäischen Kommission für das EFRE-Programm Brandenburg zuständig und damit in engem Austausch mit den KollegInnen des Brandenburger Wirtschaftsministeriums/EFRE-Verwaltungsbehörde zu den Förderinhalten und zum Fortschritt des Programms. Im Land Brandenburg werden seit 1991 Projekte aus dem europäischen Strukturfonds EFRE gefördert. Im Zeitraum 2014-2020 sind das rund 857 Millionen Euro der EU – ergänzt um nationale Eigenmittel, mit denen Projekte z.B. in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation, CO2-Reduzierung und Stadt- und Umlandentwicklung unterstützt werden. An der Universität Potsdam werden in diesem Zeitraum mit EU-Mitteln von ca. 35 Millionen EUR Projekte unterstützt, mit welchen der Dialog und die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gefördert werden, z.B. um Forschungsergebnisse aus der Universität für die Innovationsbestrebungen kleiner und mittlerer Unternehmen der Region Brandenburg nutzbar zu machen.
Mit Rückblick auf Ihr Studium: Haben Sie sich von der Universität Potsdam in der Entwicklung Ihrer Karriere unterstützt gefühlt?
Während meines Studiums habe ich insbesondere die Praxisnähe der Seminare und Vorlesungen sehr geschätzt, sei es etwa durch Fallstudien zu Verwaltungsmodernisierungen oder Gruppenarbeiten zur Gründung von Nonprofit Organisationen. Sowohl im Bachelor als auch im Master wählte ich für meine Abschlussarbeiten sehr praxisnahe Themen. So beschäftigte ich mich einerseits mit der Nachhaltigkeitsbewertung von Projektanträgen in der EFRE-Förderung Brandenburgs und andererseits mit ‚Open Innovation‘-Ansätzen in der Berliner Verwaltung. Ich bin damit schon früh in Kontakt mit verschiedenen Brandenburger und Berliner Verwaltungen gekommen, was mir beim Einstieg in die Praxis sehr geholfen hat. Außerdem habe ich vom Angebot des Sprachzentrums und des Career Service sehr profitiert; mein erstes Praktikum an einer Landesvertretung fand ich durch einen Aushang gegenüber den Hörsälen. Zudem schrieb ich Seminararbeiten soweit möglich zu EU-Themen, um mich hier von Beginn an zu spezialisieren. Ich bin mir sicher, dass dies einige der Puzzleteile waren, die mir den Übergang von der Uni in meinen Beruf erleichterten.
Hier traf also Ihr hohes persönliches Engagement und Ihre frühe Begeisterung für die Europäische Union auf offene Strukturen in Ihrem Studiengang, in denen Sie sich gut nach Ihren Interessen entwickeln konnten. Interessant wäre auch, wie genau Ihnen der Einstig in die Europäische Kommission gelungen ist und wie es Ihnen heute dort geht?
Der Einstieg in die Europäische Kommission gelang mir durch ein Traineeprogramm. Zwei Tage nach Abgabe meiner Masterarbeit ging es wieder nach Brüssel. Zunächst für eine Position im Bereich transeuropäischer Transportinfrastrukturen, nun schon seit einigen Jahren in der europäischen Regionalpolitik. Zwölf Jahre nach Studienbeginn blicke ich erstaunt auf meinen Weg zurück: Ich arbeite im Herzen Europäischer Politikgestaltung in Brüssel und bin wiederum inhaltlich ganz nah dran am Geschehen in Brandenburg. Gerade verhandle ich für die Europäische Kommission mit Brandenburg das EFRE-Programm für den Zeitraum 2021-2027 mit einem Fokus auf Forschung und Innovation. So fühle ich mich auch mit der Wissenschaftslandschaft und der Uni Potsdam noch sehr verbunden. Wer weiß, eventuell arbeiten wir in der Zukunft an einem gemeinsamen Projekt oder sehen uns in einem Praxisseminar? Ich freue mich darauf!
Das würde uns auch sehr freuen! Ich danke Ihnen sehr für das Interview und ich wünsche Ihnen alles Gute und weiterhin viel Erfolg!