05/2024 - Niko Hildebrandt
Prof. Dr. Niko Hildebrandt hat ein Diplom in Medizinisch Physikalischer Technik und promovierte im Jahr 2007 in Physikalischer Chemie an der Universität Potsdam, wo er auch bis 2008 als Postdoktorand forschte. Von 2008 bis 2010 war er Gruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung in Potsdam. Zudem war er ordentlicher Professor an der Université Paris-Saclay in Orsay und der Université de Rouen Normandie in Rouen, Frankreich sowie Gastprofessor an der Seoul National University in Seoul, Südkorea. Seit September 2023 ist er nun an der McMaster University in Hamilton in Kanada tätig, wo er den Canada Excellence Research Chair (CERC) in Nano-Optical Biosensing and Molecular Diagnostics an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften übernommen hat.
Lieber Herr Prof. Dr. Hildebrandt, wie haben Sie Ihre Zeit an der UP in Erinnerung? Fühlen Sie sich auch heute noch mit Ihrer Alma Mater verbunden?
Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Zeit an der UP vermutlich die wichtigste Zeit meines Lebens war. Nicht nur, dass ich dort meine Liebe zur Wissenschaft entdeckt habe. Ich habe dort auch die Liebe meines Lebens kennengelernt und unserer Kinder sind während meiner Zeit an der UP zur Welt gekommen. Viele Mitarbeiter der UP, die heute noch aktiv sind, wie z.B. mein Doktorvater Hans-Gerd Löhmannsröben oder Kollegen wie Oliver Reich, Michael Kumke oder Gennadiy Ronis, hatten großen Einfluss auf mein Leben und meine Karriere und sind noch heute sehr gute Freunde. Ich komme immer wieder gern zurück an die UP und bin sehr froh, sie als Alma Mater zu haben.
Ihre beruflichen Stationen führten Sie von Potsdam über Frankreich und Südkorea nun nach Kanada. Was gefällt Ihnen vor Ort besonders? Gibt es etwas, das Ihnen im Vergleich zu Europa oder Deutschland fehlt?
Kanada ist ein sehr multikulturelles und weltoffenes Land mit extrem viel Land pro Einwohner (nur etwa 4 Einwohner pro km2 – Deutschland hat etwa 240 Einwohner pro km2) und die Kanadier, die ich bisher kennengelernt habe, sind alle sehr freundlich, hilfsbereit und entspannt. Da wir erst seit ein paar Monaten hier sind, haben wir leider noch nicht so viel von Kanada gesehen. Wir wohnen aber in Toronto direkt am Ontariosee und die Niagarafälle und Nationalparks vor Ort sind schon sehr beeindruckend (aber Kanada ist natürlich riesig und es gibt noch sehr viel zu entdecken). Und es gibt NBA (Raptors), NHL (Maple Leafs), und MBL (Blue Jays) Teams in Toronto. Generell gibt es in jedem Land sowohl positive als auch negative Erlebnisse und während Deutschland und Frankreich sehr ähnlich sind, sind Südkorea und Kanada doch ganz anders. Ich bin jemand, der sich eher auf die positiven Aspekte konzentriert und habe mich bisher überall sehr wohl gefühlt. Um es mal sehr klischeebehaftet zu sagen: in Deutschland gibt es gutes Bier, in Frankreich guten Wein, in Korea gutes Kimchi und in Kanada guten Ahornsirup. Und gute Freunde und Kollegen habe ich eigentlich an allen Orten gefunden.
Was schätzen Sie an Ihrer Arbeit an der McMaster University am meisten?
Neben den mir zur Verfügung stehenden Budgets des CERC (entspricht etwa 2 ERC Advanced Grants in Europa) und der McMaster University (Start-up package, Personal, Infrastruktur und vieles mehr), was natürlich extrem viele Möglichkeiten eröffnet, gefallen mir besonders die sehr kollegiale, kollaborative und optimistische Kultur, die technische und administrative Unterstützung und die einfache Bürokratie. Ich kann hier eine ganz neue Forschungsgruppe mit vielen jungen Leuten aus der ganzen Welt aufbauen. Das ist zwar einerseits viel Arbeit, macht aber auch extrem viel Spaß!
Welche sind die größten Herausforderungen, denen Sie in Ihrer neuen Position an der McMaster University begegnen?
Natürlich kommt mit so einer neuen Arbeitsgruppe und einem großen Forschungsprojekt auch sehr viel Verantwortung und Arbeit auf einen zu. Geräte kaufen, Leute einstellen, neue Kontakte knüpfen und Kollaborationen starten, die Kanadische Lehr-, Forschungs- und Förderungslandschaft kennenlernen, Vorlesungen halten, publizieren und vieles mehr. Und dann natürlich auch interessante und erfolgreiche Wissenschaft betreiben und neue und nützliche Biosensoren entwickeln, die der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem helfen und eventuell auch zu neuen Firmen führen, denn Wissenschaftstransfer und Unternehmergeist werden hier ganz großgeschrieben. Aber das habe ich mir ja so ausgesucht, insofern nehme ich diese und andere Herausforderungen gern an.
Welche Pläne und Ziele haben Sie für die Zukunft?
Rockstar, Milliardär, Nobelpreisträger. In der Reihenfolge… Da aber nichts davon klappen wird, dann also hier eine erfolgreiche Arbeitsgruppe aufbauen, viel Spaß an der Forschung haben, neue Technologien entwickeln und eventuell in sinnvolle Anwendungen überführen, das Leben genießen, Musik machen und Großvater werden. Da wir in den letzten 15 Jahren relativ häufig umgezogen sind, weiß ich noch nicht so genau, wo das ganze stattfinden soll. Aber in der nächsten Zukunft werden wir erstmal noch ein paar Jahre hier in Kanada bleiben.
Was würden Sie aktuellen Studierenden/Absolvent:innen mit auf den Weg geben?
Die Welt ändert sich so schnell, dass man fast gar keine Empfehlungen mehr geben mag. Aber ich denke, dass man immer versuchen sollte, ein guter Mensch zu sein und dann das zu tun, was man für richtig hält und was einen glücklich macht. Egal ob Wissenschaft, Wirtschaft oder ganz etwas anderes. Wenn es möglich ist, viel ausprobieren, keine Angst vor Veränderungen haben, viel kollaborieren und andere Länder und Kulturen erleben. Es ist immer ein wenig anstrengend, etwas Neues auszuprobieren, aber man kann so viel lernen und erleben, dass es die Anstrengung auf jeden Fall Wert ist. Für eine wissenschaftliche Karriere ist es sicher wichtig, dass man Spaß an der Arbeit hat und dass man motiviert ist, sein erlerntes Wissen mit viel Kreativität in neuen Ideen umzusetzen. Auf jeden Fall kann einem das Studium viele Türen öffnen und neue Wege erschließen.
Vielen Dank für dieses spannende Interview. Wir wünschen Ihnen für Ihren weiteren Weg alles Gute!
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Referentin Alumni- & Beziehungsmanagement
Juliane Seip
Campus Am Neuen Palais