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07/2022 - Hans Gawendowicz

Hans Gawendowicz bekommt den Absolventenpreis für die beste Abschlussarbeit auf der zentralen Abschlussfeier 2022 von Prof. Dr. Wagner und Prof. Dr. Friedrich überreicht.

Vor wenigen Wochen hielt Hans Gawendowicz als Träger des diesjährigen Absolventenpreises der Universität Potsdam eine Rede auf der Bühne der zentralen Abschlussfeier. In einem Interview mit ihm als Alumnus des Monats Juli, berichtet der Absolvent mit herausragender Studien- und Studienabschlussleistung im Studienganges IT System Engineering am HPI über seinen Studiengang, über seine innovative und ausgezeichnete Abschlussarbeit und über seinen weiteren Weg in der Forschung an der Universität Potsdam.


Lieber Herr Gawendowicz, in Ihrer Rede als diesjähriger Absolventenpreisträger auf der zentralen Abschlussfeier erinnerten Sie sich gerne an Ihre Zeit des Studiums zurück. Sie berichten von stressigen Zeiten des hohen Arbeits- und Lernaufwandes, aber auch von Freundschaft und Zusammenhalt. Wie beurteilen Sie insgesamt den Studiengang IT System Engineering des HPI an der Uni Potsdam?

Das Studium am HPI war für mich definitiv die richtige Entscheidung. Ich lernte viel und hatte viel Kontakt zu Gleichgesinnten und häufig Spaß. Das HPI ist gut ausgestattet und die meisten Lehrveranstaltungen zeichnen sich durch eine gute Qualität aus. Natürlich ist auch am HPI nicht alles perfekt, aber ich würde das Studium insgesamt als sehr gut bewerten. Ich persönlich hätte mir insbesondere im Bachelor etwas mehr Mathematik und Theorie gewünscht. Das ist aber meine persönliche Sicht. Ich bin mir sicher, dass mir die Mehrheit der HPI-Studierenden da wiedersprechen würde. Im Master ist der Lehrplan dann so frei, dass man sich die Schwerpunkte nach Belieben aussuchen kann.

Gibt es etwas, was Sie den aktuell Studierenden und Studieninteressierten Ihres Studienganges mit auf den Weg geben möchten?

Genießt das Studium. Solltet ihr mal Schwierigkeiten haben, werdet ihr in der Regel mehr als genug Hilfe erhalten, ihr müsst nur danach fragen. Das ist zumindest die Erfahrung, die ich gemacht habe.

In Ihrem Studium erlebten Sie zwei Jahre Corona-Pandemie und die daraus resultierenden Einschränkungen beim Studieren – hat das HPI aus Ihrer Sicht gut und angemessen auf diese einschneidenden Veränderungen reagiert?

Die kurze Antwort: ja. Als Informatik-Institut hat man es da natürlich etwas einfacher als andere Disziplinen, da sowohl die Dozenten als auch die Studierenden sehr gut mit Technik und Computerprogrammen umgehen können und auch schon einiges an Infrastruktur vorhanden war. Trotzdem war die Umstellung auf Online-Lehre nicht einfach, sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden. Ich konnte das aus beiden Perspektiven miterleben, da ich neben meinem Masterstudium als Tutor gearbeitet habe. Am Wichtigsten war es aus meiner Sicht, die durch die Online-Lehre vergrößerte Distanz zwischen Studierenden und Lehrenden so klein wie möglich zu halten. Dafür haben wir Tutoren beispielsweise verschiedene Kanäle eingerichtet, über die wir einfach erreichbar waren. In unserer Lehrveranstaltung diente ein Discord-Server dabei als eine Art „Campus-Ersatz“, über den sich die Studierenden untereinander oder mit den Tutoren austauschen konnten. Außer mitten in der Nacht war auch außerhalb von Tutorien fast immer mindestens ein Tutor online.

Sie haben den diesjährigen Absolventenpreis für Ihre herausragende und innovative Abschlussarbeit bekommen. Was konkret behandeln Sie in dieser Abschlussarbeit und was macht ihren innovativen Charakter aus?

In meiner Arbeit analysiere ich mathematisch ein spieltheoretisches Modell zur Entstehung von Netzwerken. Das Modell besteht aus einer Menge von Spielelenden, die Verbindungen zwischen einander formen können. Dadurch entsteht ein Netzwerk zwischen den Spielenden. Jede/r Spielende versucht dabei, seinen/ihren eigenen Profit beziehungsweise Nutzen zu maximieren. Dieser Profit hängt von der Struktur des entstandenen Netzwerks ab. In den vergangen 20 Jahren wurden verschiedene Varianten betrachtet, die aber alle der gleichen grundsätzlichen Idee folgen: Das Formen einer Verbindung kostet den oder die Spielenden, der/die sie formt, etwas; gleichzeitig versuchen die Spielenden möglichst kurze Wege zu allen anderen Spielelenden zu haben. Als Beispiel hierfür könnte man ein Straßennetzwerk zwischen verschiedenen Städten betrachten. Um von einer Stadt eine andere zu erreichen, kann man entweder eine direkte Straße bauen oder Umwege über andere Städte in Kauf nehmen. Hier müssen die Städte zwischen Baukosten und längeren Fahrstrecken für ihre Einwohner und Einwohnerinnen abwägen. In meiner Arbeit habe ich dieses Prinzip umgedreht: Das Formen von Verbindungen kostet nun nichts mehr, sondern bringt einen direkten Nutzen. Gleichzeitig wollen die Spielenden aber große Abstände zu anderen Spielenden haben. Das ist ein bisschen von der Corona-Pandemie bzw. dem Social Distancing inspiriert. Die Menschen profitieren von sozialen Kontakten (Verbindungen), setzen sich damit aber einer Infektionsgefahr aus und möchten deshalb im entstehenden Netzwerk sozialer Kontakte möglichst weit von möglichst vielen Menschen entfernt sein.

Parallel zum Masterstudium am HPI haben Sie auch in Berlin Mathematik studiert. War das eine gelungene und gute Kombination für Sie?

Ja, das war es. Ich habe das Mathe-Studium zwar nicht abgeschlossen, aber viel gelernt, was mir jetzt während meiner Promotion hilft. Das liegt daran, dass theoretische Informatik und Mathematik sehr nah aneinander liegen. Ich würde theoretische Informatik sogar als Teilgebiet der Mathematik betrachten.

Nach dem Abschluss steht für Sie die Promotion an der Universität Potsdam bereits auf sicheren Füßen. Was wird Ihr Forschungsfeld während Ihrer Promotion sein?

Wie eben bereits angedeutet, werde ich mich mit der theoretischen Seite der Informatik beschäftigen. Das heißt konkret, dass ich Algorithmen entwickle und analysiere, was Computer überhaupt effizient berechnen können und was nicht. Mein genaues Thema steht dabei noch nicht ganz fest. Aktuell forsche ich (ähnlich wie in meiner Masterarbeit) weiter an Netzwerkerzeugungsspielen.

Nominierte Absolventenpreis 2022

Verleihung des Absolventenpreises
Photo: Sandra Scholz
Nominierte für den Absolventenpreis 2022

Armin Sauermann

Armin Sauermann schloss seinen Master in Soziologie mit einer Arbeit zum Thema „Sector-Level Immigration and Welfare Support“ sehr erfolgreich ab. Er untersuchte den Zusammenhang zwischen Einwanderung und Einstellungen zum Wohlfahrtsstaat. Die Arbeit überzeugt durch ihre vorbildliche Ausführung und ist in ihrem Ergebnis höchst relevant. Sie belegt, dass Einwanderung nicht automatisch zu einer geringeren Unterstützung für den Wohlfahrtsstaat in Europäischen Ländern führt, „wie es insbesondere US-Amerikanische Studien und Kommentator:innen befürchten“ und trägt insgesamt zur Versachlichung aktueller Debatten über die politische Instrumentalisierung von Einwanderung bei.

Julia Nauen

Ihren Master in Biochemistry and Molecular Biology beendete Julia Nauen mit ihrer anspruchsvollen Arbeit zum Thema „Dissecting the genetic architecture of metabolic traits in Capsicum spp. using biparental and association panels.“ Sie untersuchte dabei die biochemische Variation von gesundheitsrelevanten spezialisierten Stoffwechselprodukten innerhalb zweier Paprika-Populationen und folgerte daraufhin auf die genetische Grundlage, die diese Variation verursacht. „Die Kontrolle der Regulation von spezialisierten Metaboliten bei Paprika ist weitestgehend unerforscht, und Frau Nauen hat verschiedene Ansätze sehr geschickt kombiniert, um wichtige Einsichten auf dem Gebiet zu erzielen.“

Boris Zergibel

Boris Zergibel führte seinen Master in Unternehmens- und Steuerrecht mit seiner Arbeit „Künstliche Intelligenz in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung – Eine Analyse des Status Quo und künftigen Entwicklungen“ zu einem erfolgreichen Abschluss. Er stellte fest, dass in der Wirtschaftsprüfung im Gegensatz zur Steuerberatung häufig KI-Technologien eingesetzt werden und gab einen Ausblick auf die daraus resultierenden Auswirkungen auf Prozessabläufe. „Mit der Untersuchung konnten wertvolle Potenziale und Herausforderungen aufgezeigt werden, die wichtige Erkenntnisse zur Beantwortung aktueller betriebswirtschaftlicher, informationstechnologischer und juristischer (Forschungs-)Fragen geben.“

Nico Klausner

Seinen Master in Lehramt für die Sekundarstufe I und II schloss Nico Klausner mit einer Arbeit zum Thema „Brandenburgische Schulen in Wolken: Eine empirische Untersuchung zur Nutzung der HPI Schul-Cloud an weiterführenden Schulen in Potsdam und Potsdam Mittelmark für den Distanzunterricht“ ab. Er untersucht, inwiefern Brandenburger Lehrkräfte die Schul-Cloud während und nach den Corona-bedingten Schulschließungen nutzten und welche Bedeutung die Einstellungen der Lehrkräfte für die Nutzung der Cloud hatten. Die Arbeit ist „eine der fundiertesten und innovativsten Arbeiten, die es aktuell zu diesem Thema gibt“ und liefert auch Handlungsempfehlungen zur Verbesserung und Nutzung der Plattform.

Jan-Niklas Kniewel

Jan-Niklas Kniewel beendete seinen Master der Zeitgeschichte mit der Arbeit „‚Hard Times for the Africa Bureau‘: Henry Kissingers Afrikapolitik, 1969-1977“. Er untersucht darin die Politik des Diplomaten gegenüber dem Kontinent und wie afrikanische Staatsführer wie Mobutu Sese Seko oder Kenneth Kaunda diese beeinflussten. Kniewel kommt zu einer differenzierten Betrachtung der Außenpolitik Kissingers, die die Schwächen seiner Afrikapolitik aufweist und die Befangenheiten betrachtet, mit denen Kissinger auf den Kontinent blickte. Die Abschlussarbeit „füllt eine bestehende Forschungslücke bezüglich der Afrikapolitik Kissingers mit Bezug auf reichhaltige und informative Primärquellen“ und überzeugt mit „klarer Konzeption, starkem Argument und unabhängigem Urteil.“

Das war die zentrale Abschlussfeier 2022

Am 30. Juni 2022 fand die zentrale Abschlussfeier mit anschließender Graduation Party für die Absolventinnen und Absolventen des Jahrgangs 2021/2022 statt.