Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein fachübergreifender und -verbindender Bildungsansatz,der Lernende dazu befähigen möchte ihr, alltägliches Denken und Handeln in Beziehung zur Welt zu setzen und verantwortungsbewusste Entscheidungen für eine nachhaltige Zukunft zu treffen 1. Rund um das Konzept Bildung für nachhaltige Entwicklung gibt es eine breite wissenschaftliche Debatte. Im Jahr 2007 fassten Vare und Scott diese zu zwei Ansätzen der BNE zusammen:
- BNE 1: Lernen für nachhaltige Entwicklung oder auch instrumentelle BNE
In diesem Ansatz der BNE steht die Sensibilisierung von Lernenden für die Dringlichkeit einer nachhaltigen Entwicklung im Vordergrund. Durch die Vermittlung von Expertenwissen und bestimmten, als nachhaltig anerkannten Verhaltensweisen sollen sie dazu beitragen, die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen und ihren ökologischen Fußabdruck messbar verringern2,3. Hierzu zählen bspw. Maßnahmen wie das Lernen von Hintergrundwissen zum Klimawandel oder Strategien zur Abfallvermeidung. Diese Form der BNE steht jedoch in der Kritik, Lernende für politische Zwecke bzw. zur Erreichung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu instrumentalisieren4 und steht somit im Widerspruch zum Überwältigungsverbot5.
2. BNE 2: Lernen als nachhaltige Entwicklung oder auch kritisch-emanzipatorische BNE
Dieser Ansatz der BNE möchte Lernende dazu befähigen, kritisch und reflexiv vermeintliches Expertenwissen, Werte und Normen zu hinterfragen2. Es wird nicht vorgegeben, was nachhaltig ist, sondern Widersprüche, Möglichkeiten und Alternativen gesucht, diskutiert, abgewogen und hinterfragt3. Diese Form der BNE ist besonders wichtig, da Lernende zukünftig weniger die Fähigkeit brauchen, vorgegebene Verhaltensweisen umsetzen, sondern eher kritisch und selbstbestimmt Zukunft zu gestalten2.
Die Ansätze der BNE 1 und 2 sind jedoch nicht unabhängig zu betrachten, sondern als komplementär zu werten. Allerdings argumentieren Vare und Scott, dass BNE 2 der BNE 1 erst ihre Bedeutung verleiht. In den letzten Jahren sind diese Ansätze stetig weiterentwickelt worden. Insbesondere das Konzept der transformativen Bildung wurde zunehmend in den BNE integriert:
3. Transformative BNE
Diese Form der BNE reagiert auf die globalen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und das vorgeschlagene Gutachten zur großen Transformation der Gesellschaft des WBGU. Als „transformativ“ wird hier Bildung verstanden, in der es nicht nur um die Erweiterung von Wissen oder Fähigkeiten geht, sondern um eine grundlegende Veränderung von Selbst- und Weltbildern1. Zudem bezieht sich dieser Ansatz auf ein anderes Zukunftskonzept, welches die Zukunft als offen und gestaltbar ansieht3. Dieser Ansatz der BNE will Lernende dazu befähigen, produktiv mit lähmenden Widersprüchen angesichts unsicherer Zukünfte umzugehen.3 Dabei stehen Gefühle, Gedanken und der reflexive Umgang mit eigenen Weltsichten im Zentrum des Ansatzes.
Literatur:
1. Mayer, C. (2023). Bildung für nachhaltige Entwicklung. In E. Nöthen & V. Schreiber (Hrsg.). Transformative Geographische Bildung. Schlüsselprobleme, Theoriezugänge, Forschungsweisen, Vermittlungspraktiken. Springer Spektrum. doi.org/10.1007/978-3-662-66482-7
2. Vare, P. & Scott, W. R. (2007). Learning for a Change: Exploring the Relationship Between Education and Sustainable Development. Journal of Education for Sustainable Development, 1 (2), 191–198.
3.Pettig, F. & Ohl, U. (2023). Transformatives Lernen für einen sozial-ökologischen Wandel. Facetten eines zukunftsfähigen Geographieunterrichts. Praxis Geographie, 1, 4-9.
4.unter anderem: Singer-Brodowski (2016). Transformative Bildung durch transformatives Lernen. Zur Notwendigkeit der erziehungswissenschaftlichen Fundierung einer neuen Idee. Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik, 39(1), 13-17.
5.vergleich mit Wehling, H. G. (1977). Konsens à la Beutelsbach? Nachlese zu einem Expertengespräch. In B. Widmaier & P. Zorn (Hrsg.), Brauchen wir den Beutelsbacher Konsens? Eine Debatte der politischen Bildung. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.