Geschichte des Jüdischen Friedhofs in Zasieki
Aufgrund der Bestimmung des in Potsdam ansässigen Königlichen Allgemeinen Polizeidepartements vom 20. Mai 1814 waren jüdische Familien angehalten, die über eine Meile von einem jüdischen Gemeindeort entfernt wohnen, für einen Begräbnisplatz an Ort und Stelle zu sorgen. Im Zuge der Aufklärung artikulierte sich hier ein Mentalitätswandel im Umgang mit dem Tod, der auch eine neue Sensibilität für Hygiene beinhaltete. Die Behörden sahen sich veranlasst, gesundheitsgefährdenden Ausdünstungen und Infektionsherden zu begegnen und den Ausbruch von Epidemien zu verhindern. Leichentransporte sollten darum auf ein Mindestmaß reduziert werden.
Was für die Kurmark galt, kann auch auf den neumärkischen Regierungsbezirk Frankfurt (Oder) angewendet werden und am 26. Februar 1839 in einer adäquaten Verordnung für die Stadt Forst ihren Ausdruck fand. Der Aufforderung, einen jüdischen Friedhof anzulegen, verweigerte sich Samuel David mit dem Hinweis, dass er zur Jüdischen Gemeinde in Guben gehöre. Ohnehin waren er, seine Frau Sara und ihre zwei Kinder die einzigen Juden der Stadt.
Im Rahmen der Bestrebungen, eine eigene religiöse Infrastruktur aufzubauen, kauften die Forster Juden 1864 zwecks Anlegung eines Friedhofes dem Gärtner Dottke ein zwei Morgen (ca. 5.000 m²) großes Grundstück ab, das sich im östlichen Vorort Berge befand. Der Forster Magistrats befürwortete diese Pläne. Dennoch lehnte dies die Standesherrschaft Pförden (derer von Brühl), zu der das Grundstück gehörte, aufgrund hygienischer Bedenken ab. Die Toten mussten weiterhin in Guben begraben werden. Auch scheiterte 1869 ein Versuch, sich am geplanten kommunalen Friedhof zu beteiligen.
Erst mit der Konstituierung als Synagogengemeinde im Jahr 1894 gelang es den Forster Juden, ihren dringend benötigten Friedhof anzulegen, und zwar abermals in Berge. Er befand sich ganz in der Nähe des kommunalen Friedhofes der Stadt Forst, der inzwischen einem römisch-katholischen Friedhof weichen musste. Das Grundstück an der Teuplitzer Straße umfasste eine Fläche von 2.500 m². Seine Pflege, die Betreuung von Sterbenden und Verstorbenen und ihrer Angehörigen sowie die Vergabe von Grabstellen übernahm seit ihrer Gründung im Jahr 1898 die örtliche Chewra Kadischa. Im Jahr 1934 gehörten ihr 34 Mitglieder unter Leitung des Arztes, Sanitätsrat Dr. Felix Miodowski, an.
Infolge der Auslöschung der jüdischen Gemeinschaft in Forst durch das NS-Regime gab es auch keine jüdischen Beerdigungen mehr. Der jüdische Friedhof in Berge wurde nun „arisiert“. Am 25. Februar 1944 kaufte ihn die Stadt Forst für 1.300 Reichsmark vom Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburgs, der sich als Verwalter des „herrenlosen“ jüdischen Vermögens verstand.
Im Ergebnis der Kapitulation NS-Deutschlands wurde Berge und damit der jüdische Friedhof der Synagogengemeinde zu Forst Teil der Republik Polen. Noch im gleichen Jahr erfolgte die Umbenennung des Ortes in Zasieki. Der verwaiste jüdische Friedhof blieb bis Ende der 1980er Jahre weitestgehend sich selbst überlassen.
Im Rahmen der 1988 stattfindenden Gedenkveranstaltungen aus Anlass des 50. Jahrestages der Pogromnacht übernahm der damalige Forster Jugendpfarrer Ingolf Kschenka die Patenschaft für diesen Friedhof. Mit Unterstützung eines breiten Bündnisses organisierte er 1991 ein Sommercamp mit polnischen und deutschen Jugendlichen, um den Friedhof in einen würdigen Zustand zu versetzen und mit der Dokumentation seines Bestandes zu beginnen. 1992 folgte im Rahmen eines Einsatzes von Aktion Sühnezeichen abschließend die Reparatur des Friedhofszaunes. 2007 war der Friedhof wieder in einem sehr schlechten Zustand. Auf Initiative der evangelischen Kirche beseitigten Jugendliche aus Forst und aus der israelischen Stadt Lod abermals die Schäden. Während einer Gedenkveranstaltung im Jahr 2008 mit deutschen, israelischen und polnischen Schülern wurden zwei Gedenktafeln am Friedhof eingeweiht, die ein in Zasieki lebender Schmied angefertigt hatte.
Dieser symbolische Akt und die darin zum Ausdruck kommende Sensibilisierung für die Bewahrung dieses besonderen Kulturerbes konnte jedoch nicht verhindern, dass der Friedhof in der Folgezeit weitere Male geschändet wurde.
Anke Geißler-Grünberg