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Geschichte der Jüdischen Gemeinde in Meseritz (Międzyrzecz)

Restaurierte Synagoge in Międzyrzecz
Photo: Anke Geißler-Grünberg
Restaurierte Synagoge in Międzyrzecz
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Photo: OLF1.1. FrankRuhlLibre

Es ist nicht bekannt, wann Juden zum ersten Mal in der Stadt erschienen. Die vorherrschende Meinung in der Literatur ist, dass sie bereits spätestens im 14. Jahrhundert in Meseritz [heute Międzyrzecz] waren und zusammen mit Deutschen eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Stadt spielten. Das jüdische Viertel befand sich im nordöstlichen Teil der Stadt. Sein Areal lag zwischen dem Oval der Stadtmauer und der Hohen Straße / Judenstraße [heute zwischen ul. 30 Stycznia, ul. ks. Skargi, ul. Murarska und ul. Ściegiennego].

Die Beziehungen zwischen Christen und Juden in Meseritz waren immer angespannt, und die Stadtchroniken erwähnen ständige Konflikte und Vertreibungen. Neben einer traditionellen religiösen Abneigung gab es auch wirtschaftliche Konflikte und Versuche, die Position der Juden gegenüber dem Starosten, der staatlichen Autorität, und der Stadt klar zu definieren. Entsprechend den allgemeinen königlichen Privilegien sollten die Juden der Staatsgewalt unterworfen sein und ihr Steuern zahlen. Die städtischen Behörden versuchten, dies zu ändern und die Juden zusätzlich ihrer Herrschaft zu unterstellen, sowie ihnen neue Steuern aufzuerlegen. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Meseritz ist bis zum Ende des 18. Jahrhunderts durch einen ständigen Konflikt mit der Stadt geprägt und dem Wunsch, die alleinige Abhängigkeit vom Starosten zu bewahren. Die Juden verfolgten diese Politik mit wechselndem Erfolg, wurden dreimal aus der Stadt vertrieben, kehrten aber jedes Mal zurück.

Das erste dieser ernsten Geschehnisse ergab sich 1520, als nach einem Brand in der Stadt und einer drohenden Abwanderung der Stadtbewohner König Sigismund I. der Alte der Ausweisung der Juden zustimmte. Die Bedingung war, dass nach einer zwölfjährigen Ermäßigung die Bürger die Abgaben der Juden an die königliche Schatzkammer übernehmen würden. Diese 10 Mark (Griwna) in Silber waren für die Stadtbewohner offenbar sehr belastend, denn die Juden kehrten in die Stadt zurück.

Es ist nicht bekannt, wann genau wieder Juden in Meseritz erschienen. Ein Privileg des brandenburgischen Markgrafen Joachim I. aus dem Jahr 1532, das polnischen Juden den Handel in der Mark erlaubte, erwähnte auch die Juden aus Meseritz. Auch eine Inspektion der königlichen Güter aus den Jahren 1564-1565, die auch die königliche Stadt Meseritz umfasste, erwähnt Juden. Demnach „gab es wieder 18 jüdische Häuser in Meseritz, von denen jedes 30 Groschen und zwei Pfund Pfeffer an die Burg zahlte. Außerdem zahlte ein Jude 15 Groschen und ein Pfund Pfeffer für eine Verkaufsstelle. Weiterhin versorgten alle Juden zusammen den Starosten jedes Jahr mit einem Krug Olivenöl und ½ Pfund Safran.“ Außerdem gab es noch eine jüdische Kopfsteuer, die die Gemeinde in Höhe von 30 Gulden zahlte. Dieses Geld wurde über den Vorstand der jüdischen Gemeinden in Gniezno an die königliche Schatzkammer abgeführt.

Zahlreiche Gebühren verlangten von den Juden Einfallsreichtum und die Fähigkeit, Geld zu verdienen. Dies führte häufig zu Konflikten mit der christlichen Konkurrenz, weil die zur Einkommenssuche gezwungenen Juden die von den Christen auferlegten Einschränkungen nicht respektierten. 1607 führte das zu einem weiteren königlichen Erlass, der ihnen befahl, die Stadt zu verlassen. Es ist nicht bekannt, ob das Dekret ausgeführt wurde, denn bereits 1611 kam es zu einem weiteren schweren Konflikt, diesmal religiöser Natur. Entgegen der weit verbreiteten Meinung über die polnische Toleranz zwangen die Katholiken den Andersgläubigen, einschließlich der Lutheraner und Juden, die Einhaltung ihrer Feiertage auf. Als 1611, am Himmelfahrtstag, die Juden beim Abriss eines Hauses arbeiteten, verlangte der Pfarrer von St. Johannes, dass sie die Arbeit einstellen. Als sie nicht gehorchten, wurde der Fall vor einem vom Bischof von Poznań einberufenen Gericht verhandelt. Der Fall endete mit einem weiteren, von König Sigismund III. Wasa unterzeichneten Dekret über eine weitere Vertreibung der Juden aus der Stadt (1613).

Dass in Meseritz wieder Juden auftauchten, begründete sich ausschließlich aus den Bedürfnissen der königlichen Schatzkammer. Letztendlich waren die jüdischen Gelder immer wichtiger, sogar als religiöse Phobien. Am 27. September 1633 sanktionierte König Władysław IV. ihre Stellung in der Stadt und ließ sie sogar eine Synagoge und eine Jeschiwa [eine Schule bzw. ein Lehrhaus] bauen. Der Frieden hielt jedoch nicht lange an. Im Jahr 1636 überfielen die Tuchmacher aus Meseritz, die die jüdische Konkurrenz nicht ertrugen, jüdische Häuser und zerstörten ihre Werkstätten und Werkzeuge. Als es so nicht gelang die Juden loszuwerden, beschlossen die Stadtbewohner schließlich ein Jahr später einen Kompromiss. Als Gegenleistung für die Duldung der Juden in Meseritz mussten sie sich den folgenden Bedingungen unterwerfen:

1.    Sie durften innerhalb des Stadtbezirks keine Tücher herstellen oder Strickwaren verkaufen, stattdessen stand es ihnen frei, fertige Tücher zu kaufen und zu verkaufen.
2.    Sie mussten der Stadt jährlich vier Mark in Silber und sechs Unzen Pfeffer zahlen.
3.    Für neu erworbene Häuser in der Hohen Straße mussten jährliche Steuern von 3 Mark und 1,5 Mark für solche in der Ziegenstraße gezahlt werden.
4.    Sie durften kein Hornvieh auf der Straße schlachten.

Der Abschluss des Vertrages bedeutete nicht, dass die Christen ihren Wunsch aufgaben, die Juden aus der Stadt zu vertreiben. Im Jahr 1645 wurden sie in einem Brief an König Władysław IV. der Beleidigung der katholischen Religion beschuldigt, und 1792 baten die Stadtbewohner in einer Beschwerde an König Stanisław August Poniatowski erneut um die Ausweisung der Juden aus Meseritz. Das Jahr 1656 war ein besonders tragischer Moment in der Geschichte des Meseritzer Judentums, als etwa 100 jüdische Familien von den Soldaten des Hetman Czarniecki in der Stadt ermordet wurden, weil sie zu Unrecht beschuldigt wurden, die Schweden zu unterstützen. Für eine gewisse Zeit hörte die Gemeinde auf zu existieren, um dann allmählich wieder aufzuerstehen.

Infolge der zweiten Teilung Polens im Jahr 1793 kam Meseritz unter preußische Herrschaft. Eine zu dieser Zeit durchgeführte Volkszählung (Indaganda) ergab, dass von 2.202 Einwohnern 700 Juden waren. Die Quellen enthalten Informationen über die Zeremonie vom 7. Mai 1793. An diesem Tag huldigten die Einwohner von Meseritz und seiner Umgebung dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. Die Juden aus Meseritz taten es ihnen gleich, und die Hauptfeier, zu der der preußische Kommandant und seine Offiziere eingeladen waren, fand in der Synagoge statt. „In der hell erleuchteten Synagoge versammelte sich die gesamte Gemeinde, und der Kantor sang, begleitet von Trompeten und Trommeln, ein Gebet für das Wohlergehen des gesamten Königshauses, was von allen Anwesenden mit großartigem Beifall belohnt wurde.“

Die Juden aus Meseritz verbanden gewisse Hoffnungen mit dem Übergang unter preußische Herrschaft. In Polen waren sie eine Gruppe, die keinerlei Rechte hatte und am unteren Ende der sozialen Hierarchie stand. Sie wurden mehr verachtet als Bauern, die nichts hatten, aber Christen waren. Die preußischen Könige hatten eine andere Philosophie des Denkens über ihre Untertanen. Dies übertrug sich auch auf ihre Haltung gegenüber Juden. Kurzfristig verbesserte sich die Lage der Juden deutlich, was nicht ohne Einfluss auf ihre Haltung gegenüber dem Staat blieb. Der Prozess der „Einbürgerung“ der Juden verlief nicht überall gleich. Obwohl Meseritz relativ weit westlich gelegen war, präsentierten die dort lebenden Juden einen eher östlichen Typus des Judentums. Heinrich Heine hinterließ ein interessantes Porträt der Juden der Region Meseritz aus dieser Zeit. In seinem Werk „Über Polen“ von 1823 beschreibt er sie wie folgt: „Das Äußere des polnischen Juden ist schrecklich. Mich überläuft ein Schauder, wenn ich daran denke, wie ich hinter Meseritz zuerst ein polnisches Dorf sah, meistens von Juden bewohnt. (...) Dennoch wurde der Ekel bald verdrängt von Mitleid, nachdem ich den Zustand dieser Menschen näher betrachtete und die schweinestallartigen Löcher sah, worin sie wohnen, mauscheln, beten, schachern und – elend sind. Ihre Sprache ist ein mit Hebräisch durchwirktes und mit Polnisch fassioniertes Deutsch.“ Auch wenn sich die zeitlichen Perspektiven und Rahmenbedingungen änderten, blieb in der Wahrnehmung der ehemaligen deutschen Einwohner von Meseritz ein starker ostjüdischer Einschlag in der Gemeinde mindestens bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sichtbar.

Die Gewährung der vollen staatsbürgerlichen Rechte an die Juden befreite ihre Tätigkeit, die bis dahin durch verschiedene Beschränkungen eingeschränkt war. Auch wenn ihr Einfluss und ihre Geschäfte weit über die Provinz Posen hinaus reichten, ließen sich im provinziellen Meseritz tatsächlich eher keine großen Geschäfte machen. Deshalb nahm, wie auch anderswo im deutschen Osten, die Zahl der jüdischen Einwohner ständig ab. Während es 1842 noch 1.190 Juden in der Stadt gab, waren es vor dem Ersten Weltkrieg zehnmal weniger. Im Jahr 1918 betrug die Liste der stimmberechtigten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Meseritz nur 28 Personen.

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Jüdische Gemeinde nicht einmal einen eigenen Rabbiner. Nach Meseritz kam Rabbi Artur Rosenzweig aus Schneidemühl [heute Piła]. Trotz der immer schwieriger werdenden Situation beschloss die Gemeinde, die Synagoge zu renovieren. Nach der Renovierung, am 30. September 1929, fand eine Zeremonie zur Einweihung des Gotteshauses statt. Im Archiv des Centrum Judaicum erhielt sich ein Artikel, der dieses Ereignis beschreibt:

„Am Sonntagnachmittag lud der Vorstand der örtlichen jüdischen Gemeinde zu einem feierlichen Gottesdienst anlässlich der Einweihung des renovierten Gotteshauses ein. Die Nachbargemeinde Schwerin (Warthe) [heute Skwierzyna] schickte ihre wichtigen Vertreter sowie einen Religionslehrer, der auch den Kindern der Gemeinde Meseritz Religionsunterricht erteilt. Eine große Menschenansammlung füllte die große Gebetshalle, die mit vielen Blumen geschmückt und mit hunderten von Kerzen festlich beleuchtet war. Das neue Dekor der Halle ist eine bewusste Anlehnung an den klassischen Altar. Der bescheiden bemalte Innenraum schafft (...) eine festliche und feierliche Atmosphäre.

Zur festgesetzten Zeit brachten Rabbiner Dr. Elsaß aus Landsberg (Warthe) [heute Gorzów Wielkopolski], der erste Vorsteher und ein weiteres Vorstandsmitglied die festlich geschmückte Thora in den Tempel, begrüßt vom Gemeindekantor mit einem dreifachen 'Sei gesegnet'. Das heilige Lied 'Höre, Israel, der Herr ist unser Gott - der Herr allein' erklingt. Die Thora-Rolle (...) wird in den Altarschrank gelegt. Nach einem Psalm, einem großen Halleluja, hält Dr. Elsaß seine Rede. In Anbetracht der Tatsache, dass zwei Jahre zuvor das 100-jährige Jubiläum gefeiert wurde (der Tempel in seiner jetzigen Gestalt wurde 1827 nach einem großen Brand erbaut), teilt er uns mit, dass die Reparatur notwendig geworden war und nur dank der aufopferungsvollen Großspenden der früheren Gemeindemitglieder, dank der finanziellen Unterstützung der hiesigen Gemeindemitglieder und in erster Linie dank der Hilfe des Preußischen Verbandes der jüdischen Gemeinden durchgeführt werden konnte. 'Die Pforten der Heiligkeit öffnen sich, wir treten ein, um Gott zu verherrlichen. Es ist ein Tor, das uns zu Gott führt.' Es sind diese Worte des Psalmisten, deren goldene Buchstaben den Eingang des Tempels zieren, die er als Grundlage für seine weiteren geistigen Überlegungen nimmt. Nicht für den Ewigen bauen wir die Häuser Gottes, denn seine Herrlichkeit und Macht umfasst Himmel und Erde, das ganze Universum. Wir bauen Tempel für Menschen. Auch das Gebet eines einzelnen Menschen aus einer stillen Zelle erreicht Gott. 'Ich werde zu dir kommen an jedem Ort, wo du an mich denkst, und ich werde dich segnen.' Aber das 'Gemeindehaus', wie Juden ihre Gebetshäuser nennen, soll die Gemeinde vereinen; hier lernen sie - im Volksmund spricht man zu Recht von jüdischen Gebetsschulen - die heiligen Lehren aus der Thora ein Leben lang. Die Gemeinde ist der Träger der Mission des Judentums: 'Ihr sollt ein auserwähltes Volk für mich sein.'

Die Rede des Predigers, voller heiligem Eifer, endete mit einem Gebet für das Wohlergehen des Vaterlandes, der Stadt und der Gemeinde. Sie hinterließ einen tiefen Eindruck nicht nur bei den Gemeindemitgliedern, sondern sicher auch bei den vielen Teilnehmern der Feier, die Anhänger anderer Glaubensrichtungen sind. Das Nachmittagsgebet und die allgemeine Schlusshymne beendeten die bescheidene Feier. Am Abend versammelten sich die Gemeindemitglieder im Veranstaltungssaal des Hotels Spielhagen, um eine angenehme Zeit miteinander zu verbringen. In guter Stimmung wurden in Versen die Verdienste des Vorstandes und der Vertreter zum Wohle der Gemeinde erwähnt.“

Obwohl die Nationalsozialisten in Meseritz nicht besonders beliebt waren, änderte sich die Situation, nachdem Hitler an die Macht kam. Man begann, die Juden für die schwierige wirtschaftliche Lage von Meseritz verantwortlich zu machen. Sie wurden auch beschuldigt, verdächtige Kontakte zu Polen zu haben und Brunnen vergiften zu wollen. Dies führte am 15. Juli 1933 zu Ausschreitungen, bei denen die Parole „Die Juden müssen nach Hammerstein, sonst schmeißen wir sie in die Obra rein!“ skandiert wurde. Mehrere jüdische Bewohner wurden kurzzeitig verhaftet.

Während der Reichspogromnacht wurde die Synagoge nicht niedergebrannt, jedoch geplündert. SA-Männer griffen jüdische Häuser und Geschäfte an. Die jüdische Bevölkerung wurde verhaftet und einige jüdische Männer wurden für kurze Zeit im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Laut der Encyclopedia of Jewish Life sollte die jüdische Bevölkerung von Meseritz im März 1940 in das Durchgangslager Bürgergarten bei Schneidemühl deportiert worden sein. Dies stimmt nicht mit den Berichten ehemaliger Bewohner des Kreises und der Stadt Meseritz aus der Zeit vor 1945 überein (Wanda Sróżczyńska, Martin Meissner), die besagen, dass noch 1942 Juden in der Gegend anwesend waren.

Andrzej Kirmiel  

 

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Photo: OLF1.1. FrankRuhlLibre

Literatur und Quellen

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