4. Oktober | Abschied von Burriana
Im Gegensatz zu den restlichen Tagen unseres Aufenthaltes in der „Escola de la Mar“ wurden wir an diesem Morgen nicht durch das liebgewonnene „Attención, Attención!“ zum Frühstück gerufen, sondern durch Musik. Grund dafür könnte eine Reisegruppe von Schülerinnen und Schülern gewesen sein, die am Vortag angekommen zu sein schien und dafür sorgte, dass der Speisesaal weit lebhafter war, als noch an den vorherigen Tagen.
Nach der morgendlichen Stärkung fanden wir uns draußen vor der Unterkunft ein, wo wir uns gegen die Sonne und die Mücken wappneten. Wie unser Dozent Herr Dr. Faber beim Herauskommen feststellte, ging dabei nichts über den zitronigen „Geruch von Mückenspray am Morgen.“ Die Autos unserer archäologischen Betreuerinnen und Betreuer brachten uns in Kleingruppen zur Ausgrabungsstätte, wo wir unsere Arbeit vom Vortag fortsetzen konnten.
Hatten wir an den ersten beiden Tagen noch mit Bürsten und Schaufeln gegen die oberste Erdschicht bestehen können, mussten für den zähen Lehmboden der zweiten Schicht nun härtere Geschütze aufgefahren werden. Mit Spitzhacken und kleineren Picken kämpften wir uns durch den unnachgiebigen Boden zu unseren neuen Fundstücken. Es wurden unzählige eingeschlossene Schneckenhäuser, zahlreiche kleinere Keramikscherben, besonders große Bruchstücke und sogar ein Teil, das zu einem Teller zu gehören schien, gefunden. Da die Arbeit noch erschöpfender als am Vortag war, arbeiteten viele Gruppen immer abwechselnd an der Erdschicht im Zentrum ihres Abteils und an den weit leichter freizulegenden Wänden. Somit waren auch deren Überreste gegen Mittag sehr viel deutlicher zu erkennen. Ärgerlich war nur die Situation eines riesigen Vasenstückes, das ganz am Rand der Fläche anfing, sichtbar zu werden: Ein vermutlich großer Teil der Vase lag außerhalb des Ausgrabungsbereiches auf dem Privatgrundstück, für das keine Grabberechtigung vorlag. Dementsprechend muss es wohl auch künftig an Ort und Stelle belassen werden.
Nach einem letzten Gruppenfoto auf dem Gelände ließen wir unsere Arbeit der letzten drei Tage im Vertrauen auf unsere französischen, italienischen und spanischen Kolleginnen und Kollegen, die noch einige Tage länger blieben, hinter uns zurück und begaben uns gegen 13:30 Uhr zum Mittagessen zurück zur Unterkunft. Nach einer kurzen Pause für die dringend notwendige Dusche wurden wir im Speisesaal mit Chicken Wings und Kartoffelecken versorgt und gingen anschließend zurück auf unsere Zimmer, um unsere letzten Vorbereitungen für die Abreise zu treffen.
Die für den Nachmittag angesetzten Vorträge zur Arbeit der Konservatorinnen und Konservatoren im Museum konnten leider nur noch Teile der Gruppe besuchen, da die anderen sich dank der verfrühten Ankunft unseres Taxis bereits schlagartig gegen 16:30 Uhr auf den Weg zum Bahnhof hatten machen müssen. Vor Ort wurde der Vortrag aber auch für diesen Teil noch einmal von unserem Übersetzer Luca zusammengefasst, sodass keine Informationen über die zahlreichen Interessenkonflikte der schichtenweise arbeitenden Archäologinnen und Archäologen bzw. der Konservatorinnen und Konservatoren, die ihrem Fundstück wochenlang bei der Belastung durch die Witterung zusehen müssen, verloren gingen. Der Kauf unseres Zugtickets gestaltete sich als große Herausforderung, da die Automaten nicht die gewünschten Einstellungen enthielten und sich die Kommunikation mit der Dame am Informationsschalter trotz ausreichender Spanisch-Kenntnisse schwierig gestaltete. Das Problem konnte glücklicherweise noch vor Ankunft des zweiten Taxis gelöst werden, wir hatten fortan mehrere Tickets auf einer einzigen Karte. Die folgenden Szenen vor den automatischen Türen gestalteten sich dementsprechend kurios.
Nahezu reibungslos verliefen dagegen die Zugfahrt nach Sagunt und unser Check-In im neuen Hotel. Auch wenn die Zimmer eigentlich zum Bleiben einluden, machten wir uns kurz nach 19:00 Uhr auf den Weg, die malerische Altstadt zu erkunden. Wir sahen neben den kunstvoll ausgestalteten Fassaden, Balkonen und Fallrohren auch den zentralen Platz, auf dem sich eine Statue des Generals Romeu befand, deren Bedeutung es zu entschlüsseln galt. Vor der Kirche wurden wir danach von einem Ortsansässigen über die Geschichte der „Bank der Lügner“ aufgeklärt... nun, mehr oder weniger: Wie wir erst am nächsten Tag auf Nachfrage bei einer Museumsangestellten erfahren sollten, kursiert in Sagunt eine Legende darüber, dass auf der Bank einst wohlhabende Bürger Armut vortäuschten und um Geld bettelten. Bis dahin hatten wir ein vages Konzept davon, dass es sich um eine Bank handelte, auf der Lügner gesessen und durch sie anschließend irgendwie Geld verloren hätten. Unsere unmittelbare Reaktion auf diese Information war selbstverständlich ein Gruppenfoto auf besagter Bank.
Zu 20:30 Uhr trafen wir uns am Hotel wieder mit den Dozenten, um nach einer Gaststätte zum Abendessen zu suchen, in der für unsere große Gruppe eine ausreichende Zahl an Plätzen verfügbar war. Die Wahl fiel, zum Leidwesen unserer erschöpften Beine, auf ein sephardisches Tapas-Restaurant an einem relativ hohen Punkt in der Stadt. Dort ließen wir den Abend in entspannter Atmosphäre bei leckerem Essen und guten Getränken ausklingen. Ganz im Geiste der Tapas-Gerichte wurden diese untereinander geteilt, sodass das Abendessen in familiärer Atmosphäre stattfand. Auch die Rechnung fiel im Vergleich zu deutschen Restaurants überaus billig aus, sodass die Freude auch nach der Bezahlung erhalten blieb.
Gegen 22:30 Uhr machten wir uns wieder auf den Weg zu unserem Hotel, wo wir uns von den Dozenten verabschiedeten und uns fertig zur Bettruhe machten, die wir angesichts der Härte der Arbeit auf der Ausgrabung und der Fülle an Besichtigungen am folgenden Tag auch bitter nötig hatten.
David Grehn und Jacob Werblow