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Obelisk

von Elisa Cazorla (28.09.2023)

Der Obelisk steht am Haupteingang des Parks Sanssouci in Richtung Potsdam am Ende der Ost-West Achse. Er wurde schon bei der ersten Planung des Parks vorgesehen und 1748 errichtet, drei Jahre nach dem Zweiten Schlesischen Krieg, nach welchem Schlesien preußisch wurde. Er ist knapp 20 Meter hoch, aus Sandsteinblöcken mit eingemeißelten Zeichen geschmückt, die Hieroglyphen nachahmen. (Das Rätsel der Hieroglyphen wurde erst am Anfang des 19. Jahrhunderts entschlüsselt.)

In Altägypten wurden die Obelisken ab dem 3. Jahrtausend vor Chr. aus einem einzigen Stück Stein gehauen und dienten dem Kult des Sonnengottes Ra. Zum Teil war auch die ruhmhafte Abstammung der Könige darauf eingraviert. Sie waren hauptsächlich im Süden des Landes vorhanden. Erst ab dem 6. Jh. vor Chr. brachte der damalige König Psametik II. einen Obelisken in den Norden Ägyptens. Er hatte das Land durch kriegerische Feldzüge vereint und legitimierte seine Macht mit der Aufstellung dieses Sonnensymbols der alten Könige. Spätere Dynastien, wie die Ptolemäer, folgten diesem Beispiel.

Schon die Altgriechen und die Römer waren von der Kulturleistung Altägyptens fasziniert. Herodot beschrieb es als das religiöseste aller Völker, das auf eine sehr alte Kultur zurückgreifen konnte. So war die religiöse Bedeutung der Obelisken in der antiken Welt bekannt. Aber die belesenen Eliten kannten die Geschichte Psametiks II. Die Bewunderung der pharaonischen Kultur wurde in der augusteischen Zeit noch stärker, um das zeitgenössische Ägypten der ptolemäischen Dynastie, zu der Kleopatra gehörte, abzuwerten. Kurz nach der Eroberung Ägyptens brachte Augustus in einem Triumphzug im Jahre 10 vor Chr. den ersten Obelisken nach Rom. Im 1. Jh. n. Chr. schrieb Plinius in seiner Naturgeschichte, die Obelisken seien als Machtsymbol zu verstehen. Achtzehn weitere altägyptische Obelisken wurden in den folgenden Jahrhunderten in das römische Reich abtransportiert, die meisten davon in die Hauptstadt Rom selbst.

Altägyptische Objekte waren auch in Rom am Anfang des ersten Jahrtausends nach Chr. eine Mode. In Gärten, die das soziale Prestige der Besitzer widerspiegelten, wurden Obelisken teilweise mit religiöser Anspielung als Dekoration-Stücke, zum Beispiel mit anderen Säulen, in Halbkreise als Darstellung des kosmischen Zyklus aufgestellt.

Obwohl Pilger der Frühen Neuzeit versuchten, den altägyptischen Monumenten biblische, oder wunderbare Deutungen zu geben, plante Friedrich II. den Obelisken in Sanssouci nach den römischen Vorstellungen. Der Obelisk steht Richtung Sonnenaufgang und stellt als eines der ältesten bekannten Symbole der Antike den Ursprung der Macht dar. Er sollte auf die Herkunft Friedrichs des Großen verweisen und so die Regierung und den Staat Preußen legitimieren. Schauen Sie nach ganz oben: Dort sehen Sie eine Krönungsszene. Sie imitiert die altägyptischen Inschriften, auf denen ein König in unterschiedlichen Positionen vor einem Gott dargestellt wird. Anstatt eines ägyptischen Gottes wird hier, erkennbar durch den Hut, eine Obrigkeit des Klerus dargestellt.
Ähnlich wie die antiken römischen Quellen bezog sich Friedrich II. mit dem Obelisken auf die pharaonische Zeit Ägyptens und blendete tausende folgende Jahre ägyptischer Geschichte, geprägt durch die arabisch-islamische Kultur, und ab dem 14. Jh. durch das Osmanische Reich aus. Möglicherweise war es eine bewusste Entscheidung, um den zeitgenössischen Feind abzuwerten. In der Tat verkörperte das muslimische Osmanische Reich in der Frühen Neuzeit den Feind des christlichen Europas.

Obelisken wurden im 19. Jahrhundert als Machtsymbole weiterverwendet. Original ägyptische Obelisken, Zeichen der Machtverhältnisse der Kolonialzeit, stehen in London, Paris und New York. Obwohl in vielen Städten Plätze mit nachgebauten Obelisken zu finden sind, ist die Symbolik dieser Monumente im 21. Jahrhundert nicht mehr nachvollziehbar. Übriggeblieben ist die Verbindung mit Mysterium und Religion, die zum Beispiel in Romanen, Comics oder Filmen beobachtbar ist.

In unserer Geschichtskultur bleibt die altägyptische Kultur wohl bekannt. Altägypten steht im Geschichtsrahmenlehrplan in der Grundschule und jeder weiß, wie ein Obelisk aussieht. Eine Suche des Wortes im Internet zeigt die vielfältige Verwendungsweise des Begriffs heute: Von Pflanzen-Rankhilfen über energieausgleichende Steine in Obeliskenform, und verschiedene Medien in Science Fiction und Fantasy - der Bezug zu Gartengestaltung auf der einen Seite und Relation zum Religiös-mysteriösen der altägyptischen Rezeption auf der anderen Seite bleibt bis in die Gegenwart erhalten.

 

 

Literatur:
Abbas, Amin : Ägyptomanie und Orientalismus. Ägypten in der deutschen Reiseliteratur (1175–1663). Mit einem kommentierten Verzeichnis der Reiseberichte (383–1845). (= Studien zur Deutschen Literatur. Bd. 202). Berlin / Boston 2013.
Colla, Elliott : Egytology, Egyptomania, Egyptian Modernity. Durham / London 2007.
Baud, Michel: The Old Kingdom. In: Lloyd / Alan B. (Hrsg.) : A Companion to Ancient Egypt. Volume I. Oxford  2010. S. 63 – 80.
Bellmann, Uta: »Orientierungen«. Über die Entstehung europäischer Bilder vom Orient und von Arabien in der Antike. Einflussfaktoren und stereotype Fortführungen im Mittelalter. (= Islamkundliche Untersuchungen. Bd. 295). Berlin 2021.
Engel, Eva-Maria: Come a Rheinsberg oder come a Rome? Der Obelisk am Parkeingang von Sanssouci. In: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (Hrsg.): Preußische Gärten in Europa. 300 Jahre Gartengeschichte. Leipzig 2007. S. 150 – 153. https://doi.org/10.11588/propylaeumdok.00005181. Letzter Zugang am 28.06.2023.
Kunst, Christiane: Garten und Park in der Antike. In: Granobs, Roland (Hrsg.): Antike in Potsdam-Sanssouci. Führungsblätter. Materialien für den Unterricht. Potsdam 2007. S. 9 – 19.
Pearson, Stephanie: The Triumph and Trade of Egyptian Objects in Rome. Collecting Art in the Ancient Mediterranean (= Image & Context. Bd. 20). Berlin / Boston 2021
Swetnam-Burland, Molly: 'Aegyptus Redacta': The Egyptian Obelisk in the Augustan Campus Martius. In: The Art Bulletin , September 2010, Vol. 92, No. 3. S. 135-153. https://www.jstor.org/stable/29546118 (Letzter Zugang am 28.06.2023).
Von Buttlar, Adrian / Köhler, Markus: Tod, Glück und Ruhm in Sanssouci: ein Führer durch die Gartenwelt Friedrichs des Großen. Hrsg. v. Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Ostfildern 2012.
Zietsman, J. C. : Crossing the Roman Frontier : Egypt in Rom (and Beyong). In: Acta Classica, 2009, Vol. 52. S. 1 – 21. https://www.jstor.org/stable/24592482 (Letzter Zugang am 28.06. 2023).

 

Quellen:
Herodot, Hist. 2, 58. Hrsg. v. Kai Brodersen. Stuttgart 2005.
Herodot . Hist. 2, 37, 1. Hrsg. v. Kai Brodersen. Stuttgart 2005.
Plinius, Nat. hist. 36 (13; 14; 15, 16). Hrsg. von Mayhoff, Karl. Boston 2002. https://doi.org/10.1515/9783110956306 (Letzter Zugang am 26. 09. 2023).

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