Rückblick - Forum eLearning an der TH Wildau zum Thema Mobiles Lernen
Von Frederic Matthé
Das zweimal im Jahr an wechselnden Hochschulstandorten stattfindende Forum eLearning war am 12. Mai zu Gast an der Technischen Hochschule Wildau. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand das Thema „Mobiles Lernen“, zu dem Prof. Ulrike Lucke einen spannenden Vortrag hielt, der neben den Potentialen des Einsatzes mobiler Anwendungen in der Hochschullehre auch Praxisbeispiele aus der Universität Potsdam vorstellte.
Der Campus der TH Wildau ist immer eine Reise wert, nicht nur ob der spannenden Mischung von historischer Industrie- und moderner Lehrgebäudearchitektur. Kürzlich fand dort das nunmehr 14. Forum eLearning statt, dass von den E-Learning-Einrichtungen der Universität und der Fachhochschule Potsdam sowie der Technischen Hochschule Wildau gemeinsam organisiert wird und aktuelle und für die mediengestützte Hochschullehre relevante Themen aufgreift. Doch konnte man zu Beginn der Veranstaltung den Eindruck gewinnen, dass das Mobile am Lernen gar nicht so neu und aktuell ist, als Prof. Lucke auf die bereits in den 1990ern existierenden Personal Digital Assistants (PDAs) oder auf frühe Formen von Tablet-Computern verwies.
Über diese Endgeräte-Perspektive, die heute neben leistungsstarken Tablets natürlich auch Laptops und insbesondere Smartphones umfasst, sowie den Blick auf unterschiedliche Inhaltsformate wie responsive Homepages, E-Books, Videos und Apps, spannte sie schnell den Bogen hin zur Frage, welcher Mehrwert sich aus der Kombination mobiler Endgeräte und dem dafür aufbereiteten Content ergäben. Zunächst würden zwar oftmals noch die Defizite betrachtet und eingeschränkte Präsentations- und Interaktionsmöglichkeiten auf kleinen Geräten, deren begrenzte Rechenkapazitäten oder Betriebsdauer betont. Doch liegen aus Sicht Luckes deren technische Stärken gerade in der einfachen Handhabung, den flexiblen Einsatzmöglichkeiten der multifunktionalen und vielfältig vernetzten Endgeräte sowie in deren umfassender Sensorik.
Mehrwert für die Hochschullehre
Der sich daraus für den Einsatz in der Hochschullehre ergebende reale Mehrwert mobiler Endgeräte und Anwendungen besteht natürlich nicht allein in der orts- und zeitunabhängigen Nutzung von Smartphone & Co. Schaut man auf das klassische Format der Vorlesung im Hörsaal, so lässt sich die vorhandene Infrastruktur einer Hochschule durch Distribution von Vortragsvideos erweitern, die ihrerseits – sind sie zum Beispiel untertitelt – Zugangsbarrieren senken können. Die unidirektionale Inhaltsvermittlung kann durch den Einsatz mobiler Classroom Response Systeme (CRS) aufgebrochen und personalisierter und interaktiver gestaltet werden. Doch auch außerhalb der eigenen Hochschule ermöglichen und unterstützen spezifische Anwendungen Lernprozesse, wenn Dinge und Orte in der realen Umgebung durch digitale Informationen auf dem eigenen mobilen Endgerät ergänzt und sogenannte Augmented Field Trips möglich werden. Aus Sicht der Lernenden liegt ein weiterer Vorteil der Nutzung mobiler Technologien in der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse, denen sich Geräte mittlerweile sehr gut und teils auch automatisch anpassen lassen. Einerseits, so betonte Ulrike Lucke, darf man die Gefahr der Entmündigung der Nutzer*innen hier nicht gänzlich außer Acht lassen. Andererseits kann durch die Vernetzung zu unterschiedlichen Online-Diensten und die Einbindung persönlicher Daten und Werkzeuge eine individuell abgestimmte persönliche Lernumgebung entstehen.
Essentielle Vorteile von mobilem Lernen sieht Lucke im besseren Zugang zu Lernangeboten und in den erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Lehrenden und Lernenden. Der Hype um mobiles Lernen klinge jedoch langsam ab und die Attraktivität von technologisch unterstützten Lehr-Lernszenarien spiele als Motivationsfaktor für Lernende kaum noch eine Rolle. Zu selbstverständlich sei die Nutzung mobiler Endgeräte und Anwendungen für die Studierenden mittlerweile geworden. Dezidiert wies die CIO der Universität Potsdam aber auch auf die Risiken hin, die für sie in der Ablenkung von Lerninhalten und -prozessen, der Verschwendung von Ressourcen (denn App-Entwicklung ist teuer und aufwändig) sowie in potentieller Überforderung von Lehrenden liegt, die sich einer steigenden Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes von mobilem Lernen gegenüber sehen.
Studieneingangsphase und die "App für alles"
Im zweiten Teil gab die Referentin einen Einblick in mehrere Praxisbeispiele der Universität Potsdam. Neben einem in der Testphase befindlichen Abstimmungssystem (CRS), dass die Nutzung mobiler Endgeräte der Studierenden und Hardware-Clicker integrieren und die bisherige Trennung software- und hardwarbasierter Systeme aufheben könnte, stellte sie bereits erfolgreich in Nutzung befindliche mobile Anwendungen vor. Mit dem browserbasierten Quartettspiel „Fresh.UP“ können sich Erstsemestler*innen interaktiv in Spielgruppen das nötige Fakten-, Orientierungs-, Anwendungs- und Handlungswissen über ihre Hochschule und die Anforderungen im neu beginnenden Lebensabschnitt aneignen. Die ebenfalls die Studieneingangsphase erleichternde App „Reflect.UP“ verbindet im Rahmen von Lehrveranstaltungen die Verteilung relevanter Informationen (z. B. wichtiger Termine) mit sporadisch auf das eigene Smartphone gepushten Reflexionsfragen sowie einer Feedbackfunktion, mit der Studierende Kontakt zum Studienfachberater aufnehmen können. Ebenfalls vorrangig für Studierende wurde die App „Mobile.UP“ entwickelt. Sie wird jedoch, so Ulrike Lucke, auch von Lehrenden und Gästen der Universität Potsdam gerne genutzt. Die ehemals unabhängig von Studierenden programmierte und durch das eLiS-Projekt weiterentwickelte „App für alles“ integriert verschiedene Informationen und IT-Dienste der Uni Potsdam in einer Oberfläche. Vom Lageplan der Unistandorte, dem persönlichen Stundenplan und erbrachten Studienleistungen über aktuelle Veranstaltungen und einen ÖPNV-Plan bis hin zum Mensaplan ist alles dabei.
Mit dem Verweis auf den großen Aufwand, mit dem die Entwicklung mobiler Anwendungen verbunden ist, riet Ulrike Lucke, bestehende Lösungen in der Lehre zu nutzen, auch wenn diese nicht ganz passgenau seien und den eigenen Bedürfnissen nicht gänzlich entsprächen. Nach Vortragsende entspann sich noch eine interessante Diskussion, in der die spannende Frage nach Einsatzmöglichkeiten mobiler Anwendungen für die regelmäßige Lehrveranstaltungsevaluation gestellt wurde. Nach Ansicht vieler Teilnehmenden liegen hier noch ungenutzte Potenziale für die Qualitätsentwicklung der Lehre.