Ausgezeichnet mit dem E-Learning Award 2021
Erprobte Praxisbeispiele zu sozialem Online-Lehren an der Universität Potsdam
Ausgewählte Einreichungen für den E-Learning Award 2021
Russland und Deutschland: Gemeinsamkeiten und Unterschiede - Ein digitales Tandem-Projekt und Diskussionsklub
Natalia Ermakova (Philosophische Fakultät, Institut für Slavistik, Lektorat Russisch)
Angaben zum Praxisbeispiel
Das gesamte Kurskonzept stellt eine Antwort auf die Herausforderungen der Lehre unter Pandemie-Bedingungen dar. Der klassische Sprachaustausch, Studienreisen und Auslandspraktika – all dies konnte in den Jahren 2020 und 2021 nicht bzw. nur bedingt stattfinden. Die unvorbereitete und erzwungene Verlagerung des Spracherwerbs in den digitalen Raum hat in vielen Fällen zu einer Isolation der Studierenden geführt und die Dozierenden vor die Herausforderung gestellt, diese Distanz zu überwinden und soziale Nähe im digitalen Raum zu schaffen.
Die Lehrveranstaltung mit 15 Teilnehmenden der Universität Potsdam und 15 Teilnehmenden der Russischen Universität der Völkerfreundschaft (RUDN) verband drei Unterrichtsformate, die aufeinander aufbauten:
1) Asynchrones E-Learning per Moodle
2) Synchrones Sprachtandem zwischen einem:r russischen und einem:r deutschen Studierenden per Zoom
3) Synchrones E-Learning mit der Lehrkraft und der Potsdamer Gruppe per Zoom
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Das oberste Ziel des Tandem-Projekts bestand darin, den Studierenden eine attraktive E-Learning-Alternative für den pandemiebedingten Wegfall von klassischem Sprachaustausch, Studienreisen und Auslandspraktika anzubieten. Ein großes Anliegen der Lehrveranstaltung bestand darin, durch die Kombination unterschiedlicher Lehr- und Lernformen (Selbstlernaufgaben mit einem individuellen Feedback, Paar- und Gruppenarbeit) soziale Nähe im digitalen Raum zu schaffen, sodass die Teilnehmenden neben den sprachlichen auch ihre digitalen, sozialen und interkulturellen Kompetenzen stärken können. Zudem sollte die breite Auswahl der eingesetzten Medien (Texte, Videos, Audios, interaktive Aufgaben) die Diversität im Lernverhalten der Studierenden berücksichtigen und eine differenzierte und individualisierte Herangehensweise ermöglichen. Im Sinne der Chancengerechtigkeit sollten auch jene Studierende von dem Austausch im Rahmen des eTandems profitieren, für die eine reale Mobilität z.B. aus gesundheitlichen, finanziellen oder familiären Gründen nicht möglich ist. Auf der Ebene der Hochschulkooperation setzte sich die Lehrveranstaltung das Ziel, die Vernetzung von Studierenden und Dozierenden der ausrichtenden Universitäten zu fördern und bestehende Kooperationen durch den Aufbau von neuen virtuellen Kollaborationsformaten weiterzuentwickeln. Nicht zuletzt sollte der Austausch im Rahmen des eTandems zum zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen Russland und Deutschland beitragen.
Besondere Herausforderungen
In Bezug auf die inhaltliche Gestaltung der Lehrveranstaltung ist anzumerken, dass Russisch an staatlichen Schulen entweder als zweite oder dritte Fremdsprache unterrichtet wird. Gleichzeitig gibt es eine relativ große Gruppe an Studierenden mit russischsprachigem Hintergrund unterschiedlichen Niveaus. Diese Heterogenität der Lerngruppe erfordert von den Dozierenden eine differenzierte und individualisierte Herangehensweise, die durch die Kombination verschiedener Lehr-/Lernmethoden und eine breite Auswahl der eingesetzten Medien ermöglicht werden kann.
Eine weitere Herausforderung sind Berufs- und Tätigkeitsfelder, die sich durch „ständig wechselnde Anforderungen und eine erhöhte Komplexität“ kennzeichnen, weshalb neben „den fachlichen und methodischen auch kommunikative und persönliche Kompetenzen“ in den Lehrveranstaltungen vermittelt werden sollen (Leitbild Lehre der Universität Potsdam). Infolge der Politik von Sanktionen und Gegensanktionen kam es in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen Russland und Deutschland bzw. der EU. Vor diesem Hintergrund sieht Natalia Ermakova sich als Koordinatorin des Studiengangs Interdisziplinäre Russlandstudien, Lektorin für Russisch und Koordinatorin der Zusammenarbeit mit russischen Partner-Universitäten am Institut für Slavistik vor die Herausforderung gestellt, trotz schwieriger politischen Lage einen Beitrag zu dem zivilgesellschaftlichen Dialog zu leisten und ein Interesse für die russische Sprache und die russische Kultur bei Abiturient:innen und Studierenden zu wecken, damit sie eines Tages selbst als Vermittler:innen zwischen den Gesellschaften tätig sein können.
Umsetzung des Szenarios
Der Kurs gliederte sich in 5 thematische Blöcke:
1) Das Entstehen und Überwinden von Stereotypen über Deutsche und Russen,
2) Bildungssysteme beider Länder,
3) Karrierechancen für junge Akademiker:innen,
4) Generationsunterschiede und Chancen(un)gleichheit,
5) Gesellschaftliche Probleme und mögliche Lösungen in beiden Ländern.
Die Bearbeitung jedes Blocks verlief in drei Schritten:
1. Asynchrone Lehre (flipped classroom) auf Basis von Lernmaterialien, die von den beiden beteiligten Dozentinnen auf Deutsch und Russisch erstellt wurden. Jede:r Studierende absolvierte auf der E-Learning-Plattform der Heimatuniversität die interaktiven Selbstlernaufgaben zum behandelten Thema, die der sprachlichen und inhaltlichen Vorbereitung dienten. Am Ende dieser Lerneinheit erhielten die Studierenden eine Reihe von Fragen zu dem behandelten Thema, die sie mit ihrem:r Partner:in während des Online-Treffens besprechen mussten.
2. Online-Treffen mit dem:r Tandem Partner:in aus der Partneruniversität via Zoom. Dabei übernahmen die Studierenden abwechselnd die Expert:innen-Rolle in sprachlichen sowie landeskundlichen Fragen abhängig von ihrer Herkunftssprache und -kultur. Außerdem wurden von ihnen viele weitere Schlüsselkompetenzen gefordert, da sie dieses Treffen in der festgelegten Kalenderwoche selbst organisieren mussten.
3. Präsenz-Treffen mit der Lehrkraft an der jeweiligen Heimatuniversität. Dabei berichteten die Studierenden über die wichtigsten Ergebnisse ihres Treffens mit dem:r Partner:in und evaluierten dieses. Dazu stellte die Lehrkraft einleitende Fragen. Die Erfahrungen wurden mit der ganzen Gruppe geteilt, der Austausch darüber sollte den Studierenden helfen, mögliche Probleme in der nächsten Runde zu beheben oder, wenn nötig, ihren Fokus bei dem nächsten Treffen anders zu setzen. Außerdem wurden bei diesem Treffen weiterführende Reflexionsfragen zu dem behandelten Thema gemeinsam besprochen und eventuell verbliebene sprachliche und inhaltliche Fragen geklärt.
Erfahrungen
Regelmäßige Reflexionseinheiten (mündlich und schriftlich) mit den Studierenden und die Evaluation (PEP) der Lehrveranstaltung am Ende des Semesters haben gezeigt, dass die oben genannten Zielen größtenteils erreicht wurden. Die Verbindung unterschiedlicher Lehr-/Lernformen sowie die Art der Lernmaterialien und Fragestellungen ermöglichte eine individualisierte und zugleich handlungsorientierte Herangehensweise, sodass die Arbeit Lernenden-zentriert gestaltet werden konnte und die beiden Dozentinnen eher die Mentorinnen-Rolle übernahmen.
Im abschließenden Reflexionsgespräch gaben die Studierenden an, dass dieses Kursformat Ihnen in Zeiten der digitalen Lehre am besten zugesagt hat und sie sich solche virtuellen Kollaborationsprojekte auch für die postpandemische Lehre wünschen. Sie lernten am meisten durch die Interaktion mit dem:r Tandempartner:in, der Gruppe und der Dozierenden, was erneut die Bedeutung der sozialen Nähe im digitalen Zeitalter unterstreicht. Beide Studierenden-Gruppen empfanden die Lehrveranstaltung als eine gute Vorbereitung (inhaltlich, kulturell, sprachlich) auf die reale Mobilität. Auf beiden Seiten wurde das Interesse geweckt, die jeweilige Partneruniversität im Rahmen eines Auslandssemesters näher kennenzulernen. Nichtsdestotrotz haben die Dozierenden zum Ende des Semesters ein Absinken der Motivation in einigen Tandempaaren festgestellt. Das lag teilweise daran, dass es aufgrund unterschiedlicher Prüfungsphasen an der UP und der RUDN nicht möglich war, eine Abschlusssitzung/Abschlusspräsentation unter Beteiligung aller Teilnehmenden zu organisieren. Aus diesem Grund wurde das Kurskonzept weiterentwickelt und das eTandem um zwei fünftägigen Präsenzphasen mit einer gemeinsamen Abschlusssitzung erweitert. .
Nicht zuletzt stellt die Übertragbarkeit des Lehrkonzepts einen zusätzlichen Mehrwert dar. So können einerseits die Zielsprachen variieren und andererseits die Themenblöcke, die entweder eher breit (gesellschaftliche Themen) gestaltet oder auf das jeweilige Studienfach (Kultur, Soziologie, Politik, Wirtschaft etc.) zugeschnitten werden können.
Soziale Online-Lehre in sieben Schritten. Die Bewältigung eines komplexen studentischen Projektes mithilfe verschiedener digitaler Formen von sozialer ‚Einbettung‘
Prof. Dr. Katharina Philipowski, Dr. Inci Bozkaya (Philosophische Fakultät, Professur Germanistische Mediävistik)
Angaben zum Praxisbeispiel
Das Seminar „Einführung in die deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters“ ist verpflichtender Teil des Basismoduls „Literatur und Literaturgeschichte“ im Bachelor-Studium Germanistik und im Fach Deutsch für das Lehramt für die Sekundarstufen I und II (allgemeinbildende Fächer). Es richtet sich an Studienanfänger:innen. Das Lehrprojekt wurde in zwei Veranstaltungen mit jeweils 30 Studierenden durchgeführt. Nahezu alle Teilnehmenden kannten die Universität nur unter Corona-Bedingungen und waren daher nicht mit dem universitären Arbeiten in Präsenz vertraut. Coronabedingt fand die Veranstaltung rein digital statt, es war eine Synchronveranstaltung, die wöchentlichen Treffen fanden auf Zoom statt.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Studierende am Beginn ihres Bachelor-Studiums sollten in einer Einführungsveranstaltung ein komplexes studentisches Projekt bewältigen. Im Rahmen des Projektes sollten Studierende den Editionsprozess von der mittelalterlichen Handschrift, die den Text überliefert, zu einer im Netz abrufbaren, autorisierten Edition anhand eines eigenen Transkriptionsprojektes nachvollziehen. Um einen positiven und motivierenden Lernprozess zu garantieren, wurde die zentrale studentische Arbeit in verschiedene digitale Formen von sozialem Miteinander eingebettet. ‚Sozial‘ wird hierbei verstanden als ‚eine Gemeinschaft betreffend‘ bzw. ‚eine Gemeinschaft fördernd‘. Im Vordergrund des Projektes stand erstens die Lerngemeinschaft der Studierenden sowie zweitens die Lehr-/Lerngemeinschaft der Dozierenden – vertreten durch Dr. Inci Bozkaya sowie die studentische Hilfskraft Marcel Tobolski – und der Studierenden im Einführungsseminar in Sprache und Literatur des Mittelalters im Sommersemester 2021.
Durch sieben Formen der sozialen Einbettung sollten die Studierenden die Lernerfahrung machen, einerseits eine eigenständige Leistung zu absolvieren, die ursprünglich als sehr komplex eingestuft wurde, andererseits hierbei aber stets Teil einer Lerngemeinschaft zu sein, die verschiedene Formen der ‚Vergemeinschaftung‘ durchläuft.
1. Soziale Einbettung: Die curriculare Einbettung im Einführungsseminar
Das studentische Editionsprojekt wurde als neuer Themen- und Arbeitsbereich konzipiert und in die Einführung in Sprache und Literatur des Mittelalters integriert.
Die Lehr-/Lerngemeinschaft begründete sich insgesamt aus zwei Einführungsveranstaltungen mit jeweils 30 Studierenden. Das studentische Arbeitsprojekt fand von der 6. Woche (einführendes Tutorium) bis zur 11. Woche (endgültige Einreichung der digitalen Edition) statt. Die Studierenden lernten sich bereits in den sechs Wochen vor Start des Editionsprojektes kennen. Das Einführungsseminar wurde auf Zoom stets 15 Minuten vor dem offiziellen Beginn geöffnet und die vor dem offiziellen Beginn erscheinenden Studierenden persönlich begrüßt und jeweils in einen Breakout-Room mit bis zu fünf Studierenden weitergeleitet. Dies und die wiederholte Aufforderung, Lerngruppen außerhalb des Seminars zu bilden, führten nachweislich zu kleineren Gruppenbildungen. Diese ‚Lerngruppen‘ hatten auch nach dem Abschluss des studentischen Editionsprojektes Bestand und wurden auch für die Erarbeitung weiterer Studienleistungen genutzt.
2. Soziale Einbettung: Teilnahme am außeruniversitären Transkribathon der Faithful Transcriptions, dem digitalen Crowd-Sourcing-Projekt zu theologischen Handschriften des Mittelalters der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB Lab) (03.05.2021–01.07.2021) unter der Leitung von Dr. Nicole Eichenberger und Hedwig Suwelack
Die Studierenden nahmen aktiv an einem innovativen Forschungsprojekt teil und ermöglichten die Weiterentwicklung digitaler Editionsformate. Sie waren, so die Ausschreibung des Crowd–Sourcing–Projektes, „am Puls der Entwicklung neuer Arbeitsinstrumente“. Eines der Ziele des Transkribathons war der Versuch, erstmals die wissenschaftliche Anwendung von Digitalisierungsprogrammen mit einem ‚gemeinsamen Lernen‘ zu verbinden. „Der eingesetzte Mirador 3-Viewer wird in noch sehr basaler Form die Auszeichnung einzelner Stellen in Digitalisaten als Annotationen ermöglichen. Die Erfahrungen, Ideen und Anforderungen der Teilnehmenden sollen danach direkt in die Konzeption des weiteren Ausbaus von Annotationsfunktionalitäten im Handschriftenportal einfließen.“ Sie erfuhren sich somit als Teil einer größeren Forschungsgemeinschaft.
3. Soziale Einbettung: Besuch einer wissenschaftlichen Veranstaltung
Um die Erfahrung einer scientific community zu ermöglichen, bestand eine Teilaufgabe des Editionsprojektes darin, eine der zahlreichen Online-Veranstaltungen (Eröffnungs- und Ergebnisveranstaltung, Fachvorträge oder Podiumsdiskussionen) zu besuchen und eine kurze Mitschrift anzufertigen. Erstmals wurden so der wissenschaftliche Vortrag und die Podiumsdiskussion als Lehrformat in das Curriculum der Einführungsveranstaltung konzeptionell integriert.
4. soziale Einbettung: die studentische Projektgruppe
Das Transkriptionsprojekt war im Kern eine Einzelaufgabe (Bearbeitung von 24 Zeilen), die aber in eine Gruppenarbeit (fünf Studierende pro Gruppe) integriert war. Hierdurch wurden Team-Building-Kompetenzen von Studierenden zu forschungsorientierter Lehre gefördert. Die Gruppenkohäsion wurde gefördert, indem die Gruppe als Gruppe eine Sprechstunde bei der studentischen Hilfskraft wahrnehmen musste. Wie üblich bei Gruppenarbeiten funktionierten die meisten Gruppen sehr gut bzw. gut und die Studierenden konnten sich nachweislich gut unterstützen.
5. Soziale Einbettung: die engmaschige Betreuung durch die Dozierende und die studentische Hilfskraft
5.1. Das studentische Editionsprojekt wurde engmaschig von der Dozierenden und der studentischen Hilfskraft betreut. Dies geschah erstens durch selbst erstellte, umfangreiche Materialien, u. a. in Form von Erläuterungen und Arbeitshinweisen in einer zwölfseitigen Handreichung. Alle Materialien, Links und weitere hilfreiche Hinweise waren im Moodle-Kurs der Einführung abrufbar.
5.2. Individuelle Sprechstunden gaben ausreichend Raum für Fragen und Problemlösungen.
5.3. Es gab eine sehr intensive Korrekturschleife. Die Studierenden sollten bis zur 9. Woche das Editionsprojekt einreichen. Die Dozentin und die studentische Hilfskraft kontrollierten und korrigierten jede codierte Zeile und schickten an jede:n Studierende:n ein Word-Dokument, in dem die Korrekturen ersichtlich wurden.
5.4. Da Dr. Bozkaya und Herr Tobolski ebenfalls edierten und transkribierten und auch zum ersten Mal mit TEI und xml gearbeitet haben, waren wir auch Teil der Lerngemeinschaft. Dies hat die Hemmschwelle zwischen Dozierenden und Studierenden abgebaut.
6. soziale Einbettung: Eingliederung des Ergebnisses in einen größeren Zusammenhang
6.1. Da Herr Tobolski und Dr. Bozkaya an allen Veranstaltungen wie Vorträge und Tutorien des Transkribathons teilgenommen haben und die Studierenden an mindestens jeweils einer Veranstaltung, wurden das Seminar und die Dozierenden als Mitglieder der Universität Potsdam als interessierte Zuhörer:innen und Mitdiskutand:innen wahrgenommen und das Engagement – auch die Beteiligung von Studierenden als Zuhörer:innen – gewürdigt.
6.2. Seit dem 13.09.21 liegen die Ergebnisse der Editionsprojekte online vor: https://lab.sbb.berlin/datensets-transkribathon/ (letzter Zugriff am 23.10.21). Studierende können nun Ihre Ergebnisse ansehen und teilen. Dass die eigene Arbeit Teil eines größeren Projektes ist, ist somit augenfällig und intersubjektiv etwa auch durch das Teilen des Links mit Freunde, Familienmitglieder und der interessierten Öffentlichkeit vermittelbar.
7. Soziale Einbettung: Die ‚Transkriptionsabende‘
In unvorhersehbarer Weise wurde eine Form des sozialen Miteinanders besonders positiv aufgenommen: Zusammen mit Herrn Tobolski hat Dr. Bozkaya an fünf Abenden unter der Woche und am Wochenende für mehrere Stunden einen Zoom-Raum geöffnet. Jede:r Interessierte konnte sich bei Interesse einloggen und Fragen stellen oder auch einfach in dieser Runde arbeiten. Diese sog. ‚Transkriptionsabende‘ wurden rege besucht und als sehr arbeitsfördernd wahrgenommen. Die Studierenden erfuhren sich so zwanglos als Teil einer Arbeitsgemeinschaft. Wiewohl man alleine zuhause vor dem PC an seinen eigenen 24 Zeilen arbeitete, war man in einer Gruppe versammelt, in der alle mit dem gleichen Arbeitsablauf beschäftigt waren. Zu erleben, dass Andere die gleichen Fragen und Herausforderungen hatten, wirkte sich sehr beruhigend und positiv aus. Auch half dies, Zeitblöcke für die Studierenden zu schaffen, sodass diese eine Unterstützung im Zeitmanagement erfuhren.
Besondere Herausforderungen
Besondere Herausforderungen umfassten:
- ein komplexes Lernprojekt im Bereich studentisches Forschen auch durch Online-Lehre zu ermöglichen
- die Vermittlung der relevanten Kenntnisse und die engmaschige Betreuung
- die Förderung der Eigenermächtigung der Studierenden durch einen transparenten und durchdachten Projektablauf und die Ansprechbarkeit der Dozierenden
- die Integration der studentischen Arbeit in eine außeruniversitäre Veranstaltung
- der Vereinzelung der Studierenden vor dem PC alleine zuhause entgegenwirken!
Umsetzung des Szenarios
Der Versuch, bereits Studierende im ersten oder zweiten Fachsemester als Editor:innen tätig werden zu lassen, benötigte eine inhaltliche und formale Umstrukturierung der Einführungsveranstaltung sowie einen Mehraufwand an Betreuung. Die Vermittlung von Kenntnissen aus den Bereichen der mittelalterlichen Medienkunde, Medientheorie und Editionspraxis wurde ausgeweitet. Dies erfolgt sowohl über weitere synchrone Lehreinheiten im Seminar wie über digitale, asynchrone Lehreinheiten (Lehrvideos). Zusätzliche Sprechstunden und Kommunikationskanäle wie Foren auf der universitätseigenen Lernplattform Moodle wurden eingeplant.
Die Studierenden wurden durch das Tutorium und durch die Dozierende und die studentische Hilfskraft in der Erarbeitung einer neuen digitalen Plattform (‚Handschriftenportal‘) unterstützt.
Methoden: Einzel-, Gruppenarbeit, Tutorium, Sprechstunde, ‚Arbeiten in stiller Runde‘, wissenschaftlicher Vortrag, Podiumsdiskussion, Arbeitsportfolio.
In der Planung des Lehrprojektes wurde der Lernstand der Studierenden berücksichtigt. Es wurde von keinen Vorkenntnissen im Bereich der mittelhochdeutschen Sprache sowie im Bereich xml-Codierung ausgegangen. Durch die engmaschige Betreuung konnten Berührungsängste und Verständnisschwierigkeiten auf verschiedenen Ebenen abgebaut werden. Durch die zahlreichen Möglichkeiten, in einer Gemeinschaft wurden Diversitätsfaktoren wie Deutsch als Nicht-Muttersprachler:in, technische Hürden oder Zeitfaktoren wie Care-Aufgaben berücksichtigt.
An technischer Ausrüstung benötigte es lediglich einen durchschnittlichen Computer, wie er etwa auch für das Verfassen einer Hausarbeit benötigt wird. Die benutzte Software war entweder kostenlos – so WebEx für die Veranstaltungen im Rahmen des Transkribathons – oder Browser-Anwendungen wie das Handschriftenportal der Staatsbibliothek.
Erfahrungen
Die didaktische Vorüberlegung und Planung war von grundlegender Bedeutung und zeigte sehr gute Ergebnisse, so dass alle Lernziele erreicht werden konnten. Zu Beginn war intensive Arbeit nötig, um den Studierenden Hemmungen und Ängste zu nehmen. Am Ende gab es deutlich mehr positives als negatives Feedback. Die Bewältigung einer sehr anspruchsvollen Aufgabe war auch in der Online-Lehre möglich. Bereiche der Aufgabe umfassten: Textkenntnis (Bibeltexte), Sprachkompetenzen (ripuarisch; 15. Jhd.), Transkriptionskompetenzen, Annotationskompetenzen (xml, TEI), Technische Kompetenzen, Akademische Grundkompetenzen: Sorgfalt, Konzentrationsfähigkeit, eigenständige Organisation von Arbeitsprozessen, universitäres Arbeiten (gemeinsames Arbeiten an einem Gegenstand). Der Anspruch, valide Forschungsdaten zu erzeugen, erhöht den Druck auf den:die Dozierende:n!
Global History Dialogues
Prof. Dr. Marcia C. Schenck (Philosophische Fakultät, Professur Globalgeschichte)
Angaben zum Praxisbeispiel
Global History Dialogues (GHD) ist ein digitales Seminar, welches im Zuge der Pandemiejahre 2020/21 an der Professur für Globalgeschichte der Universität Potsdam auf Englisch und im Verbund mit 25 internationalen Partnerinstitutionen unterrichtet wurde und auch in kommenden Sommersemestern dort weitergeführt wird.
In den Dialog treten Studierende aus aller Welt, während sie gemeinsam Forschungsmethoden der Globalgeschichte erlernen und in einem eigenen Forschungsprojekt praktisch anwenden. Ziel des GHD ist es, Studierenden aus Potsdam, aber auch aus nicht-universitären Umfeldern, wie z.B. dem Flüchtlingscamp Kiryandongo, Zugang zu ausreichend methodischem Werkzeug zu ermöglichen, um selbst forschend aktiv zu werden und in einen forschungsbasierten Austausch zu treten. Das GHD fördert die Fähigkeit, selbst mit Oral History Ansätzen zu forschen. Hierzu vermittelt es Theoriekenntnisse der Geschichtswissenschaften und des wissenschaftlichen Arbeitens. Speziell gefördert werden mediale Kompetenzen: die digitale Informationsaufbereitung und -visualisierung der Forschungsergebnisse in Form eines Blogposts und einer Konferenzpräsentation und die Nutzung eines online Learning Management Systems. Darüber hinaus operiert das GHD in einem internationalen Raum, der durch das digitale Format erst möglich wird: interkultureller und wissenschaftlicher Austausch findet sowohl über geografische Grenzen als auch über Unterschiede in Bildung, Sprache, Kultur und Erfahrungshorizonte hinweg statt. Fremdsprachenkompetenzen und Teamwork werden hier ebenso geübt wie interkulturelle Kompetenzen.
Durch das GHD bekommen die Studierenden die Möglichkeit, ihre Forschungsprojekte auf einer internationalen Studierendenkonferenz (dieses Jahr mit über 80 Vortragenden) zu präsentieren und auf dem GHD Blog visuell ansprechend und öffentlichkeitswirksam zu publizieren. Resultat ist ein andauernder digitaler, interkultureller Dialog zu Themen der Globalgeschichte in dem Studierende aus Potsdam Seite an Seite mit Teilnehmenden aus Ländern wie Griechenland, Vietnam, Jordanien und Nigeria forschen und durch das gemeinsame Lernen und Arbeiten Verbundenheit und Austausch erfahren. Der Kurs ist zurzeit offen für BA Studierende der Studiengänge B2 Geschichte, BA Geschichte, Politik und Gesellschaft, BL Geschichte, und BA Volkswirtschaftslehre. Die internationalen Partnerorganisationen entscheiden selbst über die Rekrutierung für das GHD, weshalb sowohl MA- als auch BA-Studierende mit unterschiedlichsten disziplinären Hintergründen teilnehmen. Im SoSe 2021 hatte das GHD insgesamt 145 Studierende, wovon 6 aus Potsdam kamen.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Es ist erklärtes Ziel des GHD den Austausch über Grenzen hinweg zu ermöglichen. Im virtuellen Klassenzimmer des GHD Kurses treffen Teilnehmende aus unterschiedlichsten Teilen der Erde und mit unterschiedlichen akademischen Hintergründen zusammen und erlernen über historische Methoden hinaus auch ein wissenschaftliches Miteinander. Das digitale Format des GHD ermöglicht erst, dass ein historischer Methodenkurs diese außergewöhnliche soziale Dimension erlangt. Für die Potsdamer Studierenden wurde das GHD besonders in Zeiten der Pandemie zu einem wichtigen Anschlusspunkt. Im Kontext der Pandemie fiel der natürliche, informelle Austausch weg und führte zur Isolation vieler Studierender und vermehrten Studienabbrüchen. Das GHD setzte sich unter anderem das Ziel, einen digitalen Raum für den sozialen und auch informellen Austausch zu schaffen, in dem sich internationale, digitale Arbeitsgemeinschaften formen können. Sowohl in kleinen Seminargruppen als auch im digitalen Dialog mit internationalen Teilnehmenden erlernten die Studierenden sich gegenseitig Feedback zu geben, sich zu unterstützen und eigene Forschungserfahrungen zu teilen. Enge Betreuung auch über die Vorlesungszeit hinaus wirkte dem Gefühl der Isolation entgegen. Das Besondere am GHD ist die internationale Komponente, die durch das digitale Format ermöglicht wurde: Teilnehmende der verschiedenen Teams begegneten sich trotz unterschiedlichen Voraussetzungen gegenseitig als Forschende auf Augenhöhe im digitalen Klassenzimmer und auf der Studierendenkonferenz. Im digitalen Klassenzimmer trafen sich zum Beispiel Studierende aus Potsdam, die zu Flucht und Migration forschen, mit Studierenden aus dem Flüchtlingslager in Kiryandongo, Uganda. Dadurch entstanden ein Austausch und soziales Miteinander auch in Zeiten der Pandemie, welches von den Teilnehmenden als außerordentliche Bereicherung empfunden wurde. Dank der einfachen Handhabung der verwendeten digitalen Lernplattformen (z.B. Zoom, Canvas) und dem methodischen Fokus kann das GHD sehr gut auch fächerübergreifend übertragen werden.
Besondere Herausforderungen
Als Professorin für Globalgeschichte an der Universität Potsdam möchte Marcia C. Schenck mehr als nur Jahreszahlen vermitteln. Ihre Aufgabe ist es, Studierenden die Relevanz von geschichtlichen Zusammenhängen aufzuzeigen und sie zu ermächtigen, selbstständig nachzuforschen und evidenzbasierte Aussagen zu treffen, damit sie ihre Rolle als Weltbürger:innen reflektieren und ausgestalten können. Dabei geht es einerseits darum, kritisches, machtreflexives Denken zu fördern und andererseits Neugierde zu wecken und den Mut und das Selbstvertrauen aufzubauen, sich auch komplexes, (historisches) Wissen eigenständig aneignen zu können. Dafür sind nicht nur historische Kenntnisse von Bedeutung, sondern auch das Beherrschen von Methoden, durch die Studierende sich neue Zusammenhänge forschend erarbeiten, die Informationslast von z.B. Primärquellen synthetisieren und relevante Kontextdaten selektieren können. Hier gibt das GHD einen hands-on Einblick durch die Erstellung eigener Forschungsarbeiten.
Fundamental sind auch die Fähigkeiten, sowohl schriftlich als auch mündlich argumentieren und präsentieren zu können, welche ebenfalls im Rahmen des Blogposts und der Konferenzpräsentation eingeübt werden. Da sich die Welt zunehmend internationalisiert, sind sowohl die interkulturellen Kompetenzen als auch die Fremdsprachenkompetenzen, die in der globalgeschichtlichen Arbeit erworben werden können, für den weiteren Lebensweg der Studierenden wichtig.
Globalgeschichte wird bis heute überwiegend im globalen Norden geschrieben und konsumiert. Die Professur für Globalgeschichte der Universität Potsdam hat unter anderem das Ziel, die Geschichtswissenschaften zu diversifizieren, machtkritische Reflexion im Lehralltag der Globalgeschichte zu fördern und besonders bei Lehramtsstudierenden in Geschichte interkulturelle und sprachliche Kompetenzen auszubauen. Forschung zur Geschichte bestimmter Bevölkerungsgruppen (z.B. Geflüchteter) oder Regionen (z.B. sub-Saharisches Afrika oder südliches Asien) wird weiterhin größtenteils über, statt mit Menschen aus diesen Kontexten betrieben. Durch das digitale Lehrkonzept bereitet das GHD eine Plattform für internationale Studierende, ihre eigenen Geschichten zu schreiben und für akademische Diskurse zugänglich zu machen.
Das E-Learning Konzept des GHD ermöglicht ferner, dass erstens Teilnehmende mit traditionell privilegierten Finanzierung-, Bildungs- und Forschungsmöglichkeiten, eine stärkere Sensibilität ausbilden, was es bedeutet über Macht- und Sozialisierungsdifferenzen hinweg zu forschen. Zweitens ist es ein Ziel des GHD traditionell benachteiligten Forschenden durch den Einsatz von E-Learning Methoden, engmaschige Betreuung und das Teilen von wissenschaftlichen Ressourcen ein Angebot zu unterbreiten, das es ermöglicht, eigene historische Forschung zu betreiben und diese international zu veröffentlichen.
Die Digitalisierung umgeht viele Hürden wie Visa und finanzielle Hindernisse, die die Teilnahme einiger Studierender an einem Präsenzseminar in Potsdam sehr erschweren oder sogar unmöglich machen würden. Und doch kreiert auch dieser Raum wieder neue Ausschlusstendenzen, allen voran der Zugang zum Internet und zu Endgeräten, mit denen sinnvoll gearbeitet werden kann. Hier liegen die zentralen Herausforderungen des Kurses. Bis jetzt springt das Global History Lab (GHL) immer wieder finanziell ein, um unsere Partnerorganisationen bei ihrer Mission zu unterstützen, die Teilnahme am GHD einer Gruppe möglichst diverser und nicht traditioneller Studierender zu ermöglichen.
Umsetzung des Szenarios
Die Studierenden arbeiten in lokalen Teams zusammen, eng betreut von einer:m Teaching Assistant. In einer ersten Kursphase erarbeiten sich die Studierenden mithilfe von Vorlesungen, Literatur und wöchentlichen Reflexionsessays die theoretischen Inhalte auf der Onlineplattform Canvas. Parallel diskutieren sie in einem wöchentlichen Seminar den Transfer in die Praxis. Anschließend sammeln die Studierenden in einer Feldarbeitsphase Primärdaten, transkribieren und analysieren ihre Oral History Interviews und präsentieren ihre Ergebnisse schließlich in einer finalen Phase auf der digitalen GHD-Konferenz und publizieren sie in Form eines Blogposts auf der GHD-Webseite. Der Dialog, der dem Programm innewohnt, wird im Klassenraum angeregt, in die Forschungsphase hineingetragen und schließlich mit einer breiteren Öffentlichkeit auf der Konferenz und der Webseite fortgesetzt.
Für den Seminarteil wird das Learning Management System Canvas verwendet. Die Studierenden greifen dort auf sämtliche Kursmaterialen, wie digitale Vorlesungen und die Kurslektüre zu, verfassen interaktive Diskussionsforen Beiträge und reichen wöchentliche Reflexionsessays ein, die von den jeweiligen Tutor:innen in den Partnerteams und in Potsdam im Hinblick auf wissenschaftliche Ausdrucks- und Argumentationsweise und Sprachqualität kommentiert werden. Inhaltlich bearbeiten die 13 Module Themen wie “Oral History,” “Archival History,” “How to Structure the Research Process,” “Where and how to look for sources,” “Research ethics,” oder “The Politics of Storytelling.” Sie werden durch wöchentliche Zoom Seminare komplementiert, deren Aufbau einem Research Workshop gleicht und den Studierenden ermöglicht, die erlernten theoretischen Inhalte zu diskutieren und im Rahmen ihrer eigenen Forschungsprojekte anzuwenden.
Während der vorlesungsfreien Zeit erheben die Studierenden Primärdaten aus Archiv- und Interviewquellen und verfassen ihre Forschungsarbeit. Dabei stehen sie in engem Austausch mit der:dem Tutor:in und ihrer Lerngruppe und haben regelmäßig die Möglichkeit, ihre Fortschritte in einem Progress Report zu dokumentieren und Feedback zu erhalten. Außerdem liest und kommentiert der:die Tutor:in mindestens einen ausführlichen Entwurf der Abschlussarbeit. Zum Ende der vorlesungsfreien Zeit nehmen die Studierenden an der internationalen GHD Konferenz teil, wo sie im Format einer wissenschaftlichen Konferenz und vor einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit ihre Ergebnisse präsentierten. Erfolgreiche Seminararbeiten werden außerdem auf der Webseite des History Dialogues Project (HDP) im Blogformat visuell ansprechend aufbereitet und präsentiert.
Erfahrungen
Das Team des Seminars nutzte zum einen das standardisierte Evaluationsverfahren der Universität Potsdam, welches die Einschätzung der Studierenden zu Lehrqualität, Materialen, Atmosphäre und Umfeld abfragt. Darüber hinaus wurden ein eigener Fragebogen erstellt, der alle Studierenden des GHD weltweit einbindet. Durch beide Evaluationsmethoden ist das Feedback bisher überwältigend positiv. Zusätzlich finden mit den Tutor:innen monatliche Feedback- und Austauschtreffen während des Kurses statt. Zum Abschluss des Kurses füllen auch diese ein schriftliches Feedback aus und unterbreiten Vorschläge für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Programms. Aufgrund des Feedbacks und der Erfahrungen wird das GHD jedes Jahr adaptiert und verbessert. Die Organisation der digitalen internationalen Konferenz ist für die Studierenden und Lehrenden ein Highlight. Die Studierenden beschrieben 2021 die Konferenz z.B. als „very important because you feel more connected to your work.“ Die eigenen Forschungsprojekte vor einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit und neben internationalen Kommiliton:innen zu präsentieren, bedeutete für die Studierenden Anerkennung ihrer Arbeit über ihre Seminargruppe und Universität hinaus und eine wertvolle Erfahrung für zukünftige (wissenschaftliche) Laufbahnen. Auch die enge Betreuung der Studierenden während des Forschungsprozesses durch die (internationalen) peer-Gruppen und die Tutor:innen stieß immer wieder auf Resonanz, besonders bei den Potsdamer Studierenden, und ist ein nachhaltiger Erfolg des GHD.
Flipped Classroom-Vorlesung: Betriebssysteme I
Andreas Grapentin (Digital Engineering Fakultät, Betriebssysteme und Middleware)
Angaben zum Praxisbeispiel
Im Wintersemester 2020 / 2021 wurde die Grundvorlesung "Betriebssysteme I" an der Digital Engineering Fakultät der Universität Potsdam am Fachgebiet Betriebssysteme und Middleware (Hasso Plattner Institut, HPI) im IT-Systems Engineering Studiengang im Bachelor durchgeführt. Dabei haben 100 Studierende des HPI und wenige Studierende der Studiengänge Wirtschaftsinformatik und Informatik Lehramt der Universität Potsdam teilgenommen. In der Vorlesung werden die Grundlagen der Betriebssysteme, wie z.B. Prozesse, Nebenläufigkeit, Synchronisation und Speicherverwaltung am Beispiel Windows und Unix analysiert und Kompetenzen aus Anwender:innen-, Entwickler:innen- und Domänenexpert:innensicht vermittelt.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Ziel war es, die durch die Pandemiesituation erzwungene Online-Lehre als Gelegenheit zu nutzen, die eigene Lehre didaktisch zu modernisieren und durch neue Konzepte anzureichern. Dazu wurde das "Inverted Classroom" Konzept angewendet als Alternative zu synchronen klassischen Vorlesungsformaten über Streaming-Plattformen wie Zoom. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die Studierenden untereinander in Gruppenarbeiten in Kontakt kommen, um zum einen didaktische Modelle wie das Gruppen-Puzzle zu ermöglichen, und zum anderen im Semesterablauf einen Austausch über die vermittelten Konzepte anzuregen.
Besondere Herausforderungen
In der Vorbereitung der Lehrveranstaltung konnte auf umfangreiche Aufzeichnungen der vergangenen Jahre zurückgegriffen werden. Darüber hinaus war es ein Anliegen, auch in einem online durchgeführten Semester die Vorlesung durch eine von Tutoren angeleitete Übung anzureichern, die in kleinen Gruppen bearbeitet und besprochen werden sollten, weil diese Übungen in der Vergangenheit wichtig für den Lernerfolg waren. Es war im Vorfeld unklar, wie sich das Konzept der Gruppenarbeit mit der Pandemie vereinbaren ließ.
Umsetzung des Szenarios
Es wurden während der Vorbereitung der Lehrveranstaltung drei separate Komponenten identifiziert, die in großem Umfang neu strukturiert werden mussten, um eine gute Lehre im Online-Kontext zu ermöglichen. Diese Komponenten sind 1.) Die Trennung der Vermittlung der Inhalte in einen synchronen und asynchronen Teil durch Einführung des "Inverted Classroom"-Konzepts, 2.) Die Durchführung der Übung mit Hilfe der Tutor:innen und 3.) Die Durchführung der Klausur.
1) Die Anwendung des "Inverted Classroom"-Konzepts erfordert die Teilung der Lehrveranstaltung in einen asynchronen Teil, in dem die Studierenden in ihrer eigenen Zeit vorher aufbereitete Inhalte in Form von aufeinander abgestimmten Texten und Videomaterial konsumierten, sowie einen synchronen Teil, in dem die Inhalte anhand von Leitfragen in einer gemeinsamen Veranstaltung ausgewertet werden.
2) Während der Durchführung der Übungen wurden die Studierenden mit Hilfe der Plattform "Discord" angeleitet, Übungsgruppen zu bilden, in denen sie die mit dem Material gekoppelten Leitfragen bearbeiten sollten. Jeder Gruppe wurde dabei ein:e Tutor:in zugeordnet (typischerweise Absolvent:innen der Veranstaltung aus früheren Semestern). Die Gruppen trafen sich im Vorfeld der synchronen Veranstaltungen online mit ihren Tutor:innen, um in einem kleinen Rahmen die Inhalte sowie offene Fragen zu beantworten und hatten somit Gelegenheit, über konkrete Fragestellungen zu reden, oder auf grundsätzlichere Fragen zurückzukommen, ohne das Gefühl zu bekommen, den Ablauf der Veranstaltung zu stören. Die Übungsgruppen hatten über den gesamten Semesterverlauf bestand.
3) Zur Leistungserfassung am Ende des Semesters wurde eine Klausur in einem Open-Book Format geschrieben. Dabei haben die Studierenden die Klausur ausgedruckt per Einschreiben erhalten, mit einem beiliegenden frankierten Rückumschlag, den sie verwenden konnten, um nach Ende der Bearbeitungszeit die ausgefüllte Klausur zurückzusenden. Die Bearbeitungszeit der Klausur betrug eine Woche. Die Inhalte der Klausur folgten eng den vorher kommunizierten Lernzielen und Leitfragen, wurden aber auf höhere Lernstufen verschoben, mit reduziertem Fokus auf Wiedergabe von Wissen und verstärktem Fokus auf der Analyse, dem Vergleichen und der Synthese.
Erfahrungen
In der Evaluation der Veranstaltung wurde das Konzept von den Studierenden als richtungweisend gelobt. Insbesondere das Klausurformat wurde hervorgehoben als hervorragende Alternative zu Online-Klausuren über Zoom. Die Veranstaltungen und der Übungsbetrieb liefen problemlos, die Betreuung der Veranstaltungen durch den Lehrstuhl, sowie der Übung durch die Tutor:innen erwies sich als gelungenes Konzept, bei dem die Studierenden sowohl die Chance hatten, sich im großen Plenum hervorzutun, aber auch im kleinen Kreis über ihre Erfahrungen und konkrete Fragestellungen zu reden. Das Ergebnis der Lehrveranstaltung war sehr gut; die durchschnittliche Bewertung lag deutlich über den vorherigen Jahren, obwohl die Klausur durch Erhöhung der Lernstufen deutlich schwieriger gestellt war. Die Studierenden haben in der Evaluation geäußert, dass die längere Bearbeitungszeit der Klausur eine hervorragende Lerngelegenheit war, bei der sie ihre Kompetenzen und ihr Wissen noch einmal deutlich festigen konnten.
Eine umfangreichere Beschreibung insbesondere der Erfahrungen mit dem Open-Book Klausurformat findet sich außerdem auf der Webseite der Arbeitsgruppe.
Der Libyen-Konflikt im UN-Sicherheitsrat: Eine digitale Politiksimulation für Soziales Lernen im Online-Raum
Dr. Thomas Dörfler (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Politik- und Verwaltungswissenschaft, Lehrstuhl für Internationale Beziehungen)
Angaben zum Praxisbeispiel
Die Politiksimulation, die sich insgesamt über drei Online-Seminarsitzungen erstreckte, wurde für den Kurs Internationale Sicherheitspolitik im WS2020/21 entwickelt. Das Seminar richtete sich an Bachelorstudierende der Politik und Verwaltung, Politik und Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Organisation sowie Studierende anderer Fächer und deckt das Vertiefungsmodul Internationale Politik ab, welches im vierten Semester vorgesehen ist und die Vorlesung „Einführung in die internationalen Beziehungen“ vertieft.
Die Studierendengruppe setzte sich aus 30 Studierenden zusammen. Nach der strukturierten Moodle-Erwartungsabfrage zu Beginn des Semesters schätzen die Studierenden ihr Vorwissen zu internationaler Sicherheitspolitik eher gering, zu Theorien und Konzepten der Internationalen Beziehungen und auch zu aktuellen sicherheitspolitischen Nachrichten jedoch gut ein. Hinsichtlich des Interesses an konkreten Fällen und Themenfeldern der Sicherheitspolitik war die Gruppe sehr divers. Die Lernziele der Studierenden waren vielschichtig und gliedern sich in sicherheitspolitische Konzepte, Akteur:innen, Instrumente und methodische Kompetenzen.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Die Problematik, die mit der Politiksimulation bearbeitet wird, fokussiert auf die Entwicklung berufs- und überfachlicher Kompetenzen, und dabei insb. soziale Interaktion und Kommunikation im digitalen Raum. Diese Kompetenzen scheinen in zweierlei Hinsicht zentral. Zum einen zeichnet sich die Politikwissenschaft durch einen hohen individuellen Kommunikations- und Interaktionsbedarf aus. Diskussion und Kommunikation sind wichtig, da es oft keine klaren Antworten auf sozialwissenschaftliche Fragestellungen gibt, sondern verschiedene Perspektiven eingenommen werden können, die unterschiedliche Lösungen für Problemstellungen eröffnen. Zum anderen haben überfachliche Kompetenzen wie Kommunikations- und Präsentationskompetenzen, Kritikfähigkeit und Gesprächsführung, Teamfähigkeit und Aushandlungskompetenzen einen sehr hohen Stellenwert beim Einstieg in die vielfältigen Berufe, die sich an ein Studium der Politikwissenschaft anschließen können.
Besondere Herausforderungen
In den relevanten Studienordnungen werden soziale und personale Kompetenzen, Entscheidungs- und Handlungskompetenzen sowie interdisziplinäre Denk- und Lösungsansätze und Team- und Kommunikationsfähigkeiten als Lernziele genannt. Es ist jedoch nicht genau bestimmt, welche konkreten Kompetenzen gemeint sind und in welchem Studienabschnitt diese vermittelt werden sollen.
Eng damit verbunden ist die Problematik der Heterogenität des Sprechens im digitalen Raum. Grundsätzlich wird jede Art von Wissen, das auf aktiven Aneignungsprozessen beruht, besser behalten und erhält eine größere persönliche Bedeutung. Berufspraktische Kompetenzen zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie nicht theoretisch „gelernt“ werden können, sondern von den Studierenden in der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand entwickelt werden müssen. Digitale Lehre ist aber für Interaktion besonders herausfordernd. So zeigte sich, dass neben technischen Schwierigkeiten die Interaktion deutlich leiden kann. So geht etwa die soziale Interaktion vor und nach der Sitzung verloren und Teilnehmende können sich leichter „Ausklinken“. Daher müssen digitale Formate viel stärker durch die Lehrperson strukturiert und moderiert werden.
Umsetzung des Szenarios
Mit der digitalen Politiksimulation werden Lernziele in drei Kategorien verfolgt:
1) Anwendung bislang erworbenen Fachwissens
2) Entwicklung von sozial-kommunikativen Kompetenzen
3) Entwicklung von methodisch-strategischen Kompetenzen.
Für die Politiksimulation wurde ein realitätsgetreuer Fall gewählt, die Verhandlungen über die Frage, wie der Sicherheitsrat mit den Ergebnissen der Berliner Libyen Konferenz vom Dezember 2019 umgehen soll.
Die Studierenden vertraten in der Simulation Botschafter:innen im Weltsicherheitsrat. Die Rollennamen waren vorgegeben und entsprachen den Namen der Botschafter:innen, waren jedoch mit genderneutralen Vornamen versehen. Um allen Studierenden eine Rolle zuweisen zu können und gleichzeitig die unterschiedlichen personellen Kräfteverhältnisse abbilden zu können, arbeiteten Studierende teils in Teams.
Die Politiksimulation begann mit einer Vorbereitungsphase, in der die Studierendeneine detaillierte Szenario-Beschreibung mit Hinweisen zu Verhandlungsregeln und Ablauf, Rollenprofile, die für jedes Land Hintergründe und Positionen beinhalten sowie einen von der Originalvorlage ausgehenden Resolutionsentwurf erhielten. In einer Vorbereitungssitzung konnten die Studierenden “in die Rolle finden”.
Die Politiksimulation zum Libyen-Konflikt im Sicherheitsrat fand in insgesamt drei Stunden statt. . Die Simulation begann mit den bereits erarbeiteten Eingangsstatements der Ratsmitglieder, damit die Studierenden Ihre Positionen bereits anfangs kennen. Anschließend traten die Studierenden in Verhandlungen über den Resolutionstext ein. Der Verhandlungsverlauf war dabei offen und wurde von den Studierenden gesteuert. Abschließend wurde über den ggf. veränderten Resolutionsentwurf abgestimmt.
Für die Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung wurde die Simulation anschließend systematisch ausgewertet. Für die Überprüfung der Lernzielerreichung habe ich einen Fragebogen genutzt und in Moodle umgesetzt, der sowohl 1 Woche vor als auch 1 Woche nach der Simulation beantwortet werden sollte.
Erfahrungen
Nach anfänglicher Zurückhaltung kamen die Studierenden mit der Zeit immer besser „in die Rollen“, hielten dabei viele formelle Reden und stimmten Positionen in informellen Verhandlungen in Kleingruppen rege ab.
Drei Aspekte der Simulation verliefen nicht nach Plan: Auf der inhaltlichen Ebene war zu beobachten, dass es den Studierenden schwerfiel, die Komplexität des Verhandlungsgegenstands, der individuellen Positionen und die Handlungsoptionen zu verarbeiten. Dies zeigte sich insbesondere bei der Formulierung der Resolution in englischer Sprache. Bei anderen Punkten, bei denen konkrete Formulierungen im Rollenprofil vorgeschlagen wurden, hat dies besser funktioniert. An dieser Stelle wäre es hilfreich, mit den Studierenden in der Vorbereitung das Thema „Sprache im Sicherheitsrat“ zu erarbeiten.
Auch die technische Umsetzung war herausfordernd. So waren beispielsweise formale Abstimmungen aufgrund der Anordnung der Fenster auf Zoom schwierig umzusetzen, etwa weil die Abstimmungs-Icons schlecht zu erkennen sind oder viele Fenster nebeneinander schnell erfasst werden müssen.
Die dritte Herausforderung, Zeitmanagement, liegt in der Methode selbst begründet. Da die Methode bewusst so angelegt ist, dass die Verhandlung von den Studierenden selbst gesteuert wird, ist auch das Ende offen. Dies führte jedoch dazu, dass die Simulation nicht zum von mir vorgesehenen Zeitpunkt zum Ende gekommen ist und die Studierenden „nachverhandeln“ mussten.
Das Studierenden-Feedback aus der Reflexionsphase nach der Simulation weist darauf hin, dass der didaktische Ansatz hilfreich war. Insgesamt wurde die Politiksimulation als sehr positive Erfahrung rückgemeldet, die zugleich einen willkommenen Methodenwechsel darstellte. Die Studierenden bemerkten zu den sozial-kommunikativen Aspekten, dass die formellen Reden und informellen Verhandlungen wichtig waren und verschiedene Kommunikationsfunktionen erfüllten.
Letztlich bieten sich Simulationen als Antwort für didaktisch-methodische Herausforderungen in der sozialen Online-Lehre auch in anderen Teildisziplinen der Politik- und Verwaltungswissenschaft (etwa Koalitionsverhandlungen, Aushandlungsprozesse in der Kommunalverwaltung oder Verhandlungen von EU-Richtlinien) sowie auch in anderen Fächern (etwa der Soziologie, der BWL und der VWL) an, um sozial-kommunikative und strategisch-methodische Kompetenzen im digitalen Raum zu vermitteln.
Techniken des Studierens - Der Podcast
Sina Drews, Jannes Weicht (Philosophische Fakultät, Europäische Medienwissenschaft, Medienkulturgeschichte)
Angaben zum Praxisbeispiel
Als Studierende und studentische Hilfskräfte der Europäischen Medienwissenschaft (BA) teilten Sina Drews und Jannes Weicht im Wintersemester 20/21 einerseits die selbst erlebten Erfahrungen und Sorgen der Studierenden des vorangegangenen digitalen Sommersemesters, mussten sie aber aus Sicht von Dozierenden reflektieren, um angemessene Lösungen für Studierende im Erstsemester-Einstiegskurs "Techniken des Studierens" bereit zu stellen. Dazu suchten die beiden nach einer asynchronen Lösung zum synchronen Zoom-Unterricht, da durch die Einteilung der Studierenden in zwei Gruppen weniger Unterrichtszeit zur Verfügung stand. Die Entscheidung der Gruppierung basierte vor allem auf der Kritik von „überfüllten“ Zoom-Sitzungen aus anderen Seminaren und Vorlesungen und der dadurch gesteigerten Zurückhaltung, beispielsweise bei Wortmeldungen. Um also denselben Unterrichtsstoff in weniger Unterrichtszeit zu realisieren, wurde die fünfteilige Podcastreihe „Techniken des Studierens - Der Podcast“ produziert. Dieser stand den Studierenden jeweils in ihrer „Off-Week“, also der Woche in dem die jeweils andere Gruppe Online-Unterricht hatte, zur Verfügung.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Um die Vielschichtigkeit des wissenschaftlichen Arbeitens darzustellen, nutzten Sina Drews und Jannes Weicht in den vergangenen Jahren unter Präsenzbedingungen im Kurs „Techniken des Studierens“ die Möglichkeit, Dozierende des Studienganges zu bestimmten Themen als Expert:innen einzuladen. Nach einem kurzen Vortrag zum jeweiligen Sitzungsthema waren vor allem die anschließenden Fragerunden ein wichtiges Werkzeug, um die Studierenden mit ihren Dozierenden in eine Konversation zu bringen. So lernte man schließlich neben dem wissenschaftlichen Arbeiten auch seine Lehrenden kennen. Die Idee des Podcasts war davon geprägt, diese soziale Interaktion mit Hilfe des Mediums Podcast zu imitieren und festzuhalten, da die Unterrichtszeit im Coronawintersemester 2020/21 nicht für die Einladung von Dozierenden zu den Zoom-Sitzungen ausreichte. Ein besonderer Fokus lag dabei auch auf der Einbettung der Situation der Lehrenden im Coronasemester durch Fragen, wie sie es denn erleben würden. Davon wurde vor allem ein gesteigertes gegenseitiges Verständnis und eine erhöhte beiderseitige Wertschätzung erhofft, insofern Studierende und Dozierende pandemiebedingt „im selben Boot“ saßen.
Besondere Herausforderungen
Da die Produktion einer Podcastreihe mit enormem Zeitaufwand verbunden ist, war vor allem das Management der Vorbereitung, Produktion und Veröffentlichung, zusätzlich zum „normalen“ Unterrichtsaufwand der letzten Jahre, eine besondere Herausforderung. So mussten die Aufnahmetermine mit den Dozierenden so vereinbart werden, dass sie jeweils rechtzeitig zum jeweiligen Sitzungsthema hochgeladen werden konnten. Während die ersten Aufnahmetermine noch unter Präsenz produziert werden konnten, bedingten die zunehmenden Einschränkungen durch die Pandemie, dass die weiteren Podcasts online durchgeführt und aufgenommen werden mussten. Dabei kam es zu diversen softwarebedingten Aufnahmeschwierigkeiten und anderweitigen technischen Hürden wie beispielsweise die Stimmenbearbeitung, die es zu bewältigen gab.
Umsetzung des Szenarios
Die Podcastreihe „Techniken des Studierens” sollte dazu beitragen, aus dem „ungewöhnlichen“ zweiten Online-Semester kein „verlorenes“ entstehen zu lassen. Stattdessen konnte mithilfe des Podcast-Formates ein Angebot zur aktiven Unterstützung der Studierenden gemacht werden. Die Hürde, denselben Unterrichtsstoff der vergangenen Jahre in die, durch die Einteilung der Studierenden in zwei Gruppen entstandenen, Hälfte der Unterrichtszeit einzubringen, konnte durch das asynchrone Podcastformat gelöst werden, welches sowohl den zu kurz gekommenen Unterrichtsstoff aufholte als auch die Dozierenden zu Wort kommen ließ. Die Interviewform konnte zudem eine lockere Atmosphäre erzeugen, die sowohl das direkte Stellen von Rückfragen als auch das Teilen eigener Erfahrungen erlaubte. Die Gespräche wurden durch gezielte Fragen in bestimmte Richtungen gelenkt, von denen angenommen wurde, dass sie für die Studierenden im ersten Semester besonders interessant sein würden.
Erfahrungen
Besonders zu Zeiten der Corona-Pandemie können Podcasts als Lehrform dazu beitragen, eine Art von Normalität in den Studienalltag zu bringen, während die Augen geschont und die Beine vertreten werden können. Seitens der Studierenden erreichte uns in Hinblick auf die Podcastfolgen größtenteils positives Feedback. In der Evaluation unseres Kurses merkte ein:e Student:in beispielsweise an: „Die Podcasts sind sehr hilfreich, da sie auch bei späteren Fragen nochmal nachgehört werden können. Gleichzeitig wissen wir, welche Ansprechpartner:innen es zu den jeweiligen Themen gibt.“ Auch von Seiten der Dozierenden zeigte sich der Wille, den Podcast „Techniken des Studierens“ als ein asynchrones, den Unterrichtsstoff ergänzendes Lehrformat in Zukunft für Studierende sowohl zu Beginn des Studiums als auch in den höheren Semestern zugänglich zu machen. Denn trotzdem wir versucht haben, in den fünf Folgen auf die grundlegenden Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens (u.a. Exzerpieren, Zitieren, Hausarbeiten schreiben) einzugehen, gibt es gewiss noch weitere Themen, für die sich jeweils eigene Folgen lohnen würden.
Entrepreneurship Experience Lab
Anita Knappe (Startup Service, Potsdam Transfer)
Angaben zum Praxisbeispiel
Vom 10. August bis 13. August fand das 8. Potsdam Entrepreneurship Experience Lab (PEELx) als außercurriculare Summer School an der Universität Potsdam (UP) statt. Das „x“ in dieser Abkürzung symbolisiert die vielseitige Adaptierbarkeit der Summer School in Kooperation mit nationalen und internationalen Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die Zielgruppe umfasst nationale sowie internationale akademische Mitarbeitende, Studierende und Alumni der Universität Potsdam, sowie externe Gründungsinteressierte.
Der gründungspädagogische Grundgedanke des Workshops folgt dem Ansatz des „Learning Experience Designs“und kann wie folgt definiert werden: „Learning experience design (LX Design) is the process of creating learning experiences that enable the learner to achieve the desired learning outcome in a human centered and goal-oriented way“ (lxd.org). Ziel der Summer School PEELx ist neben der Befähigung zur Geschäftsmodellentwicklung auch die Gründungssensibilisierung in Wissenschaft und Forschung (Erlebnisziele der Lernerfahrung gemäß „Learning Experience Design“).
Basierend auf der internen Evaluation des Workshops im vergangenen Jahr (2020) wurde klar, dass die Workshop-Inhalte aus der Präsenzveranstaltung, aufgrund veränderter Anforderungen in der Online-Lehre (kürzere Aufmerksamkeitsspanne, digitale Erschöpfung, Entkopplung von der Kohorte etc.), neu aufbereitet werden müssen, da eine bloße digitale Transformation keinen ausreichenden Lernerfolg garantiert. Um auf diese Erkenntnis zu reagieren, wurde das diesjährige PEELx mittels eines „Blended Learning Konzeptes“ umgesetzt. Weiterhin wurde der Ansatz des „Design Thinkings“ angewendet, um aus wissenschaftlichen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen nutzer:innenzentrierte Geschäftsideen zu entwickeln.
Am Ende der vier Workshop-Tage wurden Geschäftsmodellskizzen fertiggestellt sowie erste Prototypen (MVP) erarbeitet (erforderliche Lernergebnisse gemäß „Learning Experience Design“). Zur Ergebnissicherung bildeten Teampräsentationen vor einer Jury mit anschließendem Feedback den Abschluss der Veranstaltung.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Das im Rahmen von PEELx angewendete „Learning Experience Design“ zielt auf die starke Einbindung der Teilnehmenden in die Ausgestaltung der Lernerfahrung unter Anleitung von Lehrpersonen ab und regt zu co-kreativem Arbeiten an, um das Denken in Lernprozessen zu fördern. Bei der Entwicklung einer „Learning Experience“ stehen das Lernen mit allen Sinnen und Emotionen im Vordergrund. Die Ergebnisse werden an Lernzielen und Lernergebnissen festgemacht.
Dabei regen die Lehrpersonen die Teilnehmenden zur direkten, gemeinsamen Anwendung und Austestung des vermittelten Wissens an, um eine nachhaltige Entwicklung der Handlungskompetenz zu fördern.
PEELx folgt dem übergeordneten Ziel der sozialen Antizipation des Gelernten, um sich erfolgreich für Studium und Berufstätigkeit, aber auch für die eigene Forschung weiterzubilden. Denn perspektivisch wird unser Studienalltag und Arbeitsleben weiterhin zu großen Teilen digital stattfinden, insbesondere in einer zunehmend globalisierten Welt. Zudem gewinnt die Relevanz projektbasierter Arbeit in virtuellen, interdisziplinären und diversifizierten Teams zunehmend an Bedeutung (in Anlehnung an Neuburger, 2020). Dies erfordert jedoch auch neue Kompetenzen, welche auch in der universitären Ausbildung Beachtung finden müssen.
Besondere Herausforderungen
Zunächst stellte die Corona-Pandemie und die daraus eingeschränkte Möglichkeit für Dienstreisen und Empfang von Gästen für die Summer School eine große Herausforderung dar. Schnell zeichnete sich jedoch ab, dass die vollumfängliche Digitalisierung des Arbeitsgeschehens ein deutlicher Zugewinn für die internationale Ausrichtung der Sensibilisierungs- und Qualifizierungsformate des Startup Service wie u.a. PEELx darstellt.
Zu beobachten war allerdings auch, dass Teilnehmende trotz „Log-In“ in den Gruppenarbeiten nicht aktiv mitgearbeitet haben oder verpasste Lehrinhalte nicht nachgeholt haben. Dies wurde jedoch durch eine Abschlussreflexion am Ende eines jeden Workshop-Tages durch den „Design Thinking“ Hauptcoach der Veranstaltung kompensiert. Um dieser Herausforderung zu begegnen, wird zukünftig zusätzlich zu den kurzen teaminternen Reflexionsrunden nach jeder thematischen Einheit ein kurzes Online-Quiz mit allen Teilnehmenden durchgeführt.
Weiterhin ergaben sich spezifische Herausforderungen, welche mit dem hohen Grad der Internationalisierung des Workshops einhergehen und durch die ortsunabhängige Teilnahme verstärkt werden. Beispielhaft anzuführen sind die technische Ausstattung von Teilnehmenden, die digitale, aber auch räumliche Infrastruktur in Entwicklungs- und Krisenländern sowie das Arbeiten in verschiedenen Zeitzonen zu benennen.
Eine weitere Besonderheit für die Gestaltung der digitalen Lernumgebung bestand darin, dass in digitalen Lernsettings kürzere Aufmerksamkeitsspannen seitens der Lernenden zur Verfügung stehen, andererseits aber auch eine inhaltliche Tiefe gewährleistet werden soll und erwartet wird.
Umsetzung des Szenarios
Um auf die neuen Anforderungen des Online-Lehrens einzugehen, wurde in diesem Jahr ein „Blended Learning“ Konzept zur Durchführung von PEELx implementiert. Dieses charakterisiert sich durch synchrones und asynchrones digitales Lernen mit den besonderen Fokusbereichen der Vernetzung zwischen den Teilnehmenden und dem sozialen Lernen.
Konkrete Maßnahmen waren:
- Online-Live-Workshop via „Zoom“ und unter Zuhilfenahme des digitalen Whiteboards „miro“ und analoger Lernmaterialien (bspw. Lean Canvas und „LEGO®“)
- zusätzliche Nutzung der Kommunikationstools „Slack“ und „wonder.me“ für Teilnehmende, Coaches und Planungsteam
- selbstorganisiertes Arbeiten in Gruppen inkl. Aufgaben zum nächsten Workshop-Tag (bspw. Interviewführung mit potenziellen Nutzer:innen)
- individuelles Lernen mittels E-Learning Videos via „Box.UP“, um eine gemeinsame Wissensbasis zu schaffen und Gelerntes zu wiederholen
- regelmäßige physische Aktivierung der Teilnehmenden durch kurze Übungen, wie bspw. Schreibtisch-Yoga, Mindfulness-Übungen, Clapping Hands oder „Go Get“
Um des Zusammengehörigkeitsgefühls der Kohorte und damit auch eine verminderte Qualität der Lernatmosphäre zu fördern, wurden zwei Team Building Einheiten durchgeführt. Gleichzeitig konnte durch gezielte Fragestellungen das Vertrauen der Teammitglieder untereinander gestärkt und somit ein starkes Teamgefühl etabliert werden. Durch den Fokus auf die starke Bindung der Teilnehmenden untereinander wird gleichwohl auch die Verbundenheit zur Summer School selbst durch die Anwendung von Kreativitätstechniken auch in der virtuellen Lernerfahrung gefördert.
Diese Mission wird durch den Ansatz des „Design Thinkings“ zusätzlich gefördert. Die verschiedenen Methoden und Übungen wurden mittels vorbereiteter Templates auf „miro“ erfolgreich vom analogen in ein digitales Format übersetzt. Hierbei wurde die gesamte Bandbreite der Softwarelösung genutzt: Abstimmungsprozesse können mit Hilfe von Stoppuhren, Emojis und in Echtzeit, in gemeinsam bearbeitbaren Templates durchgeführt werden, es können Bilder hochgeladen oder Grafiken erstellt werden und digitale Prototypen erstellt werden. Jedes Team erhielt ein „Team-Board“ zur Erarbeitung des „Lean Canvas“ und der sechs „Design Thinking“ Prozessschritte. Darüber hinaus wurde ein „Welcome Board“ für die gesamte Kohorte erstellt. In das „Welcome Board“ wurden nicht nur organisatorische Rahmenbedingungen, sondern auch die Inhalte der Impulsvorträge und weiterführende Literatur, aber auch Networking-Bereiche implementiert.
Aufgrund der hohen Diversität der Teilnehmenden und eingeschränkter Wahrnehmung nonverbaler Kommunikation im digitalen Lernraum ist die Verständigung in der Gruppe zum Teil herausfordernd. Um dem entgegenzuwirken, ist es bereits überaus zielführend gewesen, mehrere Einheiten des Teambuildings einzuführen und Kommunikationsübungen zu implementieren. Es ist festzustellen, dass für die Kreation eines langfristig funktionalen Arbeitsklimas unter den Teilnehmenden eine stärkere Moderation und Anleitung derer mittels einer sehr umfangreicher Methodenvielfalt notwendig wurde. Insgesamt wurde auf ein ausbalanciertes Verhältnis in Bezug auf Fachrichtung, Nationalität und Geschlecht innerhalb der Kleingruppen geachtet. Somit wurde ein inklusiver und chancengleicher Rahmen gesetzt, der die Teilnehmenden zum Erwerb interkultureller, sozialer und emotionaler Kompetenzen befähigen sollte.
Erfahrungen
Die Evaluation der Veranstaltung legt den Schluss nahe, dass sich die Anpassung des Programms auf die anhaltende digitale Lehre als überaus erfolgreich erwies. Seitens der Teilnehmenden gab es überwiegend positives Feedback. Weiterhin wurde die Methode „Design Thinking“ aufgrund des spielerischen Lernens, der guten Qualität der Arbeitsergebnisse durch die Methodenvielfalt, v. a. via „miro“, als positiv bewertet.
Das neue Tool „Lean Canvas“ wurde gut angenommen, jedoch wurden die Printarbeitsmaterialien zum Selbststudium wenig verwendet und als eher redundant zu den Templates auf „miro“ wahrgenommen.
Schwierigkeiten ergaben sich weiterhin bei der zuverlässigen Nutzung der E-Learning Videos, welche möglicherweise zu detailliert in die Themengebiete eingehen, insbesondere im Anschluss an einen sechsstündigen Workshop-Tag. Möglicherweise wäre die Nutzung des Tools “Education Puzzle” oder ein Lernquiz eine Alternative für den Workshop selbst. Wohingegen die E-Learning Videos eher als Vorbereitung auf den Workshop dienen könnten oder verstärkt im Workshop selbst abgespielt werden.
Weiterhin war festzustellen, dass die Arbeitsmaterialien, speziell der „Lean Canvas“, noch für den digitalen Gebrauch im Rahmen der Summer School angepasst werden sollten, um eine größere inhaltliche Tiefe der entwickelten Geschäftsmodelle zu erreichen.
Da die Summer School PEELx ohnehin für Interessierte aus allen Fachbereichen entwickelt wurde, ist die generelle Übertragbarkeit auf andere Fachbereiche durchaus möglich.
Auch wenn sich diese Maßnahmen als zeit- und ressourcenintensiv erwiesen, konnte festgestellt werden, dass sich diese überaus positiv auf die Lernerfahrungen ausgewirkt haben und einen langfristigen Wissenserwerb, aber auch die Pflege der neu gewonnenen Kontakte im Rahmen der Online-Lehre, gesichert haben. So konnte nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch ein positives Miteinander geschaffen werden.
Flipped Classroom-Seminar: Naturphänomene
Katja Würfl (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Grundschuldidaktik Sachunterricht)
Angaben zum Praxisbeispiel
Das Praxisbeispiel beinhaltet die Überführung des naturwissenschaftlich-praxisorientierten Seminars “Naturphänomene” vom analogen in den digitalen Raum sowie den Vergleich eines Flipped Classroom- und eines traditionellen Lehrveranstaltungskonzepts in Hinblick auf den fachinhaltlichen und fachmethodischen Kompetenzzuwachs auf Seiten der Studierenden.
Im Sommersemester 2021 wurde eine Evaluation der genannten Lehrkonzepte in Hinblick auf naturwissenschaftlich-praxisorientierte Lehr-Lerninhalte mit zwei Kohorten zu jeweils zwei Messzeitpunkten durchgeführt. Teilnehmende des quantitativen, empirischen Vergleichs waren Studierende aus dem Lehramtsstudiengangs Sachunterricht (Bachelor).
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Neben der Kompetenzentwicklung von fachinhaltlichen-, methodischen und didaktischen Kompetenzen stand zudem die Förderung und Etablierung der Kommunikation und des sozialen Lernens der Studierenden untereinander im Vordergrund. Daher wurden in beiden Gruppen synchrone Videokonferenzen durchgeführt, in denen die Studierenden zentrale Fragen und Problematiken in Bezug auf den Seminarinhalt diskutiert haben und / oder simultan verbunden über Zoom Versuche durchgeführt, diese beobachtet, analysiert und anhand dessen naturwissenschaftliche Phänomene erschlossen haben. Zudem wurden regelmäßig fakultative Online-Sprechstunden durchgeführt, in denen die Studierenden inhaltliche Fragen stellen und zentrale Probleme besprechen konnten. Weiterhin wurden unterrichtspraktische Anwendungen der Fachmethoden und Inhalte aufgezeigt und für die Studierenden erfahrbar gemacht.
Besondere Herausforderungen
Für das Seminar Naturphänomene ist eine obligatorische unbenotete Prüfungsleistung sowie eine fakultativ benotete Prüfungsleistung in Form einer Hausarbeit vorgesehen. Dieser Umstand musste bei der Planung des empirischen Vergleichs berücksichtigt werden. Zudem musste auch der Bearbeitungsaufwand zur Beantwortung der Fragebögen durch die Studierenden möglichst gering gehalten werden, sodass keine Verzerrungen und / oder Artefakte in der späteren Auswertung der Ergebnisse der Evaluationen auftreten.
Umsetzung des Szenarios
Das Seminar wurde im Sommersemester 2021 in zwei parallelen Gruppen durchgeführt, wobei eine Veranstaltungsreihe nach dem Lehrkonzept des traditionellen Unterrichts erfolgte, die zweite nach dem Lehrkonzept “Flipped Classroom”. Beide Lehrveranstaltungsreihen wurden quantitativ in Hinblick auf den Lernzuwachs der Studierenden evaluiert. Die Lehrveranstaltungsreihe gemäß des traditionellen Unterrichts gliederte sich in synchrone Veranstaltungen, in denen die Dozentin den Input präsentierte. Weiterhin wurden asynchrone Veranstaltungen durchgeführt, in denen die Studierenden gegebene handlungsorientierte Aufgaben in Selbststudium bearbeiteten. In der Veranstaltungsreihe nach dem Flipped Classroom-Lehrkonzept erfolgte die Erarbeitung des Inputs mit Hilfe von Lehrevideos asynchron im Selbststudium. Weiterhin wurden synchrone Veranstaltungen realisiert, in denen die Studierenden gemeinsam angeleitet von der Dozentin gegebene handlungsorientierte Aufgaben durchführten und sich dazu austauschten.
Erfahrungen
Die Auswertung des empirischen Vergleichs der beiden Lehrkonzepte zeigte, dass mit Hilfe des Lehrkonzepts Flipped Classroom ein höherer Lernzuwachs in Hinblick auf fachinhaltliche und fachmethodische Aspekte erzielt sowie die Bedürfnisse der sich veränderten altersheterogenen Studierendenschaft zufriedenstellender erfüllt werden können als im Rahmen des Lehrkonzepts des traditionellen Unterrichts. Daher wird im Folgenden ausschließlich zum Lehrkonzept Flipped Classroom Bezug genommen.
Das Seminar Naturphänomene hat innerhalb des Lehramtsstudiengangs Sachunterricht die Aufgabe, naturwissenschaftliche Inhalte und Fachmethoden zu vermitteln und erfahrbar zu machen. Aufgrund der Fülle von Informationen ist es unumgänglich, Input-Veranstaltungen zu realisieren, die einer Vorlesung ähneln und von Vertiefungsphasen begleitet werden. In Präsenzveranstaltungen gelingt es den Dozierenden, die Aufmerksamkeit und die Motivation der Studierenden aufrechtzuerhalten. In der digitalen Lehre ist dies ungleich komplizierter, da digitale Veranstaltungen von Teilnehmenden als anstrengender wahrgenommen werden als Präsenzveranstaltungen. Aus diesem Grund wurden die Phasen der Wissensvermittlung als asynchrone Veranstaltungen realisiert, in denen die Studierenden von der Dozentin produzierte Lehrevideos bekommen und diese bearbeiten. Demzufolge hatten die Studierenden auch die Möglichkeit, sich die Lehrevideos mehrmals anzuschauen sowie zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten. Weiterhin wurden regelmäßige Sprechstunden angeboten, in denen Fragen zu den Lehrvideos gestellt werden konnten. Dieses Angebot wurde von den Teilnehmenden rege angenommen. Die Vertiefungsphasen in den Flipped Classroom-Veranstaltungen fanden als synchrone Veranstaltung statt, sodass eine aktive Begleitung der Studierenden bei der Bearbeitung der Vertiefungsaufgaben möglich war. Es zeigte sich auch in der empirischen Erhebung, dass die Studierenden von diesen Veranstaltungen profitierten sowie auch miteinander fachinhaltliche und fachmethodische Aufgaben lösten und vorstellten. Die Studierenden haben in der mündlichen Evaluation zurückgemeldet, dass sie den zweiwöchigen Turnus von synchronen Veranstaltungen als angenehm und sehr bereichernd empfanden. Weiterhin gaben die Teilnehmenden an, dass sie die asynchronen Veranstaltungen gut in ihren Alltag integrieren konnten und somit in der Lage waren, in ihrem eigenen Tempo die Lerninhalte tiefgründig zu bearbeiten.
Auf der Basis der genannten Punkte konnte herausgestellt werden, dass ein naturwissenschaftlich-praxisorientiertes Seminar in Bezug auf fachinhaltliche und fachmethodische Aspekte erfolgreich im Rahmen einer Flipped Classroom Lehrveranstaltung durchgeführt werden kann. Nicht zuletzt darum, weil dieses Lehrveranstaltungskonzept Raum für die z.T. veränderte soziale Lebenssituation der immer altersheterogener werdenden Studierendenschaft lässt, ohne dabei den mannigfaltigen Kompetenzzuwachs der Studierenden zu schmälern.
Online-Workshop: Revisiting the Text
Dorothée Schulz-Budick (Zessko, Schreibberatung)
Angaben zum Praxisbeispiel
Es handelt sich um einen 4-stündigen Workshop mit dem Titel "Revisiting the Text: How to (re)write, edit, correct and finalise your paper" im Rahmen des englischsprachigen Workshopangebots der Schreibberatung. Im SoSe 2021 fanden alle Workshops dieser Reihe online statt. Die Anmeldung hierzu erfolgt freiwillig über das EES-Buchungssystem. Bachelor-, Master-, PhD- und internationale Studierende aus allen Fakultäten können gleichermaßen teilnehmen. Die Teilnehmer:innenzahl im SoSE 2021 lag bei 17.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Inhaltliches Ziel des Workshops war es, Studierende, egal welcher Fachrichtung und Studienabschnitts, theoretisch die Organisation und Planung des Schreibprozesses zu vermitteln. Zudem sollten Methoden und Techniken erarbeitet werden, die ihnen in den letzten zwei Schreibphasen (Feedback & Überarbeitung) helfen, ihren Text abgabereif zu bearbeiten. Soziale Online-Lehre-Ziele waren, die Studierenden in gemischten Gruppen selbstständig Methoden erarbeiten und ausprobieren zu lassen, diese dann in ihren Gruppen zu diskutieren und sich dann in der Großgruppe zu den Ergebnissen auszutauschen. Außerdem sollte eine kurze Online-Präsentation während der Gruppenarbeitszeit als Visualisierungshilfe für die anderen Gruppen erstellt werden.
Besondere Herausforderungen
Bei dem Workshopangebot gibt es grundsätzlich 3 Problemfelder:
1. Die Studierenden kommen aus allen Fakultäten und aus allen Studienabschnitten, sodass sie unterschiedliche (Schreib-)Kompetenzen mitbringen und sich in sehr unterschiedlichen Fachtraditionen bewegen.
2. Die Studierenden sind häufig keine Muttersprachler:innen – internationale und Potsdamer Studierende sind hier gemischt. Um Ergebnisse zu sichern und für alle verständlich zu formulieren, müssen Beiträge vor diesem Hintergrund häufiger und kleinschrittiger zusammengefasst werden.
3. Der Workshop beschäftigt sich am Ende des Semesters mit den letzten zwei Phasen des Schreibprozesses. Über das Semester verteilt fanden zuvor bereits Workshops statt, die sich mit früheren Phasen des Schreibprozesses beschäftigen. Da jeder Workshop für sich alleine angeboten wird, sind in jedem Workshop unterschiedliche Teilnehmer:innen dabei – es ist daher kaum möglich, auf bereits Besprochenes zu referieren, insofern jeder Workshop selbstständig stehen können muss. Wenn zwei Teilnehmer:innen bereits einen früheren Workshop besucht haben, dann muss die Einleitung des Workshops für sie trotzdem so konzipiert sein, dass sie Zusatzinformationen bekommen – für die 15 erstmaligen Teilnehmer:innen muss es gleichzeitig aber so verständlich sein, dass sie einen einfachen Einstieg in das Thema finden und schnell arbeitsbereit sind.
Umsetzung des Szenarios
Nach der Einführung in den Schreibprozess wurden zwei Bearbeitungsstufen mithilfe einer Eisbergmetapher vorgestellt, die den Studierenden dabei helfen, die Abschlussphase eines Textes erfolgreich zu strukturieren.
Im Anschluss daran wurden über die zufällige Breakout-Room-Funktion von Zoom drei Gruppen erstellt. Jede Gruppe bekam ein vorbereitetes PDF-Dokument, in dem unterschiedliche Techniken für die zwei Bearbeitungsstufen vorgestellt wurden. Jede Gruppe hatte 30 Minuten Zeit, um ihren Text anhand einer vorgegebenen Frage zu bearbeiten. Aufgabe war es, das Material so aufzubereiten, dass sie am Ende der Zeit den anderen zwei Gruppen erstens ihre Ergebnisse und Techniken vorstellen und zweitens die Erlebnisse beim Ausprobieren und die sich dazu anschließende Gruppendiskussion zusammenfassen konnten. Daher bekamen sie am Anschluss der 30-minütigen Textarbeit 20 Minuten Zeit, um ihre Ergebnisse/Diskussion zu visualisieren. Tools wie Flinga, Padlet oder Jamboard wurden im Rahmen der Workshop-Vorbereitung bereits vorbereitet und die jeweiligen Links geteilt. Alternativ durften die Studierenden aber auch Word oder PowerPoint nutzen. Die Präsentationszeit war auf 10 Minuten beschränkt. Alle Gruppen wählten sehr erfolgreich unterschiedliche Präsentationsformate, um das Erarbeitete vorzustellen und zu teilen. Im Anschluss an die Gruppenpräsentationen wurden durch Dorothée Schulz-Budick noch zwei allgemeinere Methoden vorgestellt und die Ergebnisse zusammengefasst. Während der gesamten Workshopzeit hatten alle ihre Kameras an, da am Anfang auch ein kurzes Kennenlernen stattfand, bei dem jede:r auf einer Weltkarte über Padlet den aktuellen Standort markieren konnte und etwas dazu sagte, sodass sichtbar wurde, wie weit die Teilnehmenden verteilt waren.
Erfahrungen
In der abschließenden Feedbackrunde erhielt dieser Workshop sehr positive Rückmeldungen. Eine Teilnehmerin sagte, dass sie sich wie in einer Gruppenarbeit 2019 gefühlt habe und sich trotz der begrenzten Zeit sehr mit ihrer Gruppe verbunden gefühlt hat. Die Motivation der Gruppen war sehr hoch, den eigenen Text so aufzubereiten, dass die anderen Gruppen wirklich davon profitieren konnten. Es liegt nahe, dass die Verantwortung für das Peer-Lernen hier einen großen Einfluss hatte. Nur eine Gruppe entschied sich für eine Präsentation durch zwei Mitglieder, die beiden anderen Gruppen hatten ihre Themen so verteilt, dass alle etwas sagten – ein sehr starkes Zeichen von Teamarbeit.
Eine positive Rückmeldung war außerdem, dass die Studienfach- und Abschlussgrenzen während der Gruppenarbeit keine Rolle spielten.
Das in diesem Workshop genau angegebene Zeitfenster, die genaue Frage als Hintergrund für den kurzen Gruppentext und die Verantwortung für das Präsentationsformat sowie ausreichend Zeit für Fragen und eine anschließende Diskussion brachten sehr gute Ergebnisse hervor. Anhand dieser Ergebnisse kann auch der Lernerfolg der Studierenden als sehr gut bewertet werden.
Online-Seminar: Functional and Creative Writing for Spanish as a second language
Zutoia Rios Mugarra (Didaktik der romanischen Sprachen, Literaturen und Kulturen)
Angaben zum Praxisbeispiel
The title of the online seminar was "Escritura functional y escritura creativa en clase de ELE" ("Functional and Creative Writing for Spanish as a second language"). The participants were 14 students of Lehramt Spanisch (future teachers of Spanish in the Sekundarstufe I and Sekundarstufe II). The seminar was held in Spanish.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
The goal of the seminar was to enable students, who are future teachers of Spanish as a foreign language, to develop the writing skills of their future pupils in a collaborative and creative way. With this purpose the seminar was organized in such a way that the students themselves had to work in a permanent collaborative way in order to complete the seminar successfully.
Besondere Herausforderungen
The main challenge of the seminar was to achieve and maintain a high level of teamwork and participation during the whole seminar. In overall terms there were no problems during the course since the learnings from the first online Semester facilitated to apply the most successful tools and methods according to previous experience.
Perhaps, the main challenge was to optimize the way teams were working at the Breakout rooms during the videoconferences, so the plenum discussion that was held after, was interesting and "rich" enough to legitimate the social approach of the teaching during the seminar. To achieve this and avoid losing precious time "because the students did not understand the minitask" sufficiently and "realize about it once they are at the Breakout session", specific instructions were downloadable in Moodle for every task from the very first videoconference.
Umsetzung des Szenarios
The 14 participants created 5 teams by using the tool "Freie Gruppierungen" at Moodle, which enables to freely join a group to work in.
The course had two phases:
1) The first phase followed the concept "Task-based learning". From week 1 to week 5 the students had to solve, working in teams, different minitasks that capacitate them for the main task. Some instruments that were applied to enable teamwork were, for example, the breakout rooms of Zoom during videoconferences or collecting answers in real time using digital tools like ZUMpad.
The teamwork at the breakout rooms was always followed by a later discussion of the minitasks "in Plenum".
From week 6 to week 10 the students had to keep working in teams on the main task (during videoconferences as well as self-organized in private Zoom group sessions). The main task was specially linked to the Prüfungsnebenleistung. It consisted of the adaptation and expansion of a previously existing task which was originally focused on the individual development of writing skills. The original task had to be expanded by the students so that it could be used in Spanish class under collaborative educational practices. With that purpose the teams proposed either analogue methods as well as digital ones following didactic principles covered during the seminar (for example, "drawing a collaborative mind-map" to support the pre-writing phase or "exchanging your text with your partner" to amplify the post-writing phase). The teams presented their work to the rest of the participants during a videoconference.
In order to increase the motivation of the teamwork during the main task and to make the students keep attention of the oral presentations of their fellow students, the teacher organized a contest, by which the best digital activity proposed by the students had to be elected by the students themselves following an evaluation chart provided by the teacher. The winning digital activity was: https://learningapps.org/watch?v=pmdks8gf321
The winning team received a pack of teaching materials for Spanish as a second language.
It is important to highlight that the team members remained the same during the minitasks and the main task, so they could get to know each other and solve the main task aware of the strengths and weaknesses of the other team members. New groups were created to work the last part of the seminar, which consisted of the following.
2) The second phase of the seminar was held from week 11 to week 15. The seminar focused on creative writing based on the concept "Learning by doing". The students experienced with different techniques that stimulate writing in a creative and collaborative way. For example, each group wrote a new version of "Caperucita Roja" (Rotkäppchen) associating the fairy tale with different colors (one group wrote "Caperucita Verde" -Grünkäppchen-, another "Caperucita Rosa" – Rosakäppchen- usw.), using ZUMpad. All students could read the creations of their fellow students afterwards.
Erfahrungen
Again, since this course was held during the second semester under COVID19 circumstances, we could say it all worked very successfully.
INTERFACE: INTERcultural proFiciency and orAl Competence in English
Dr. David James Prickett, Karen Abel (Zessko & Beit Berl College, Israel)
Angaben zum Praxisbeispiel
INTERFACE (INTERcultural proFiciency and orAl Competence in English) is a model project of social online teaching and learning. It has brought together a total of 100 B.A. English and B.Ed. English students from the University of Potsdam and Beit Berl College (Israel) and provides these students with opportunities to experience virtual collaboration. Since the curricula of both institutions require a focus on students’ oral proficiency in English (accuracy, fluency, pronunciation), the essential project aim is to provide the students with extra practice in this skill. Not only during the shared lessons but also in the out-of-class group meetings and recordings are students able to attain a high proficiency in the main communicative language competences as outlined in the CEFR.
What is more, INTERFACE presents a form of didactic modeling, which is especially important for future educators. Student participants are encouraged to take an active role in this online project and thus have a degree of autonomy (cf. UP Mission Statement for Teaching and Learning, “4. Target group-specific teaching”). They can select which digital tools work best for them, reflect on alternative assessment models (tasks and rubrics), and decide what constitutes authentic learning and a safe online learning environment. In doing so, they grow to understand the importance of collaboration and innovation. By working in English with Arabic, Hebrew, Russian, and German speakers, the students question their ideas of the “Other” and grow to embrace diversity. Furthermore, the project also prepares the students with skills for life and the workforce, such as flexibility and adaptability, social and cross-cultural skills, and accountability and responsibility (cf. UP Mission Statement for Teaching and Learning, “2. Career orientation and personal development”).
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Building a global learning community has been a central project goal; a goal which we believe to have achieved based on the learners’ collaborative output and feedback. As a first step in building this community, the students are asked to reflect on what type of “animal learner” they are (Salmon 2013: 180). Are they a wolf (independent; prefers to work alone)? An elephant (steady and reliable)? Or perhaps a dolphin (playful and a good communicator)? This gateway activity allows students a playful, “low risk” opportunity to introduce themselves to students from their own and from their partner institution in their project team. In addition, students learn about their own learning preferences and those of their peers--and by sharing this information, they are open to cooperate and experience a feeling of togetherness.
As a result of the varied and collaborative aspects of this project, the students have been highly motivated during the lessons, as evidenced by their active participation in the course and in the group tasks. One student writes: “The course gave me the feeling that I was going abroad without going abroad. I had a lot of fun in this course, especially because we got to know a new culture not only by reading about it but also by really having them face to face with us. Overall, I was very happy with this course and it made me look forward to Monday mornings :).”
While developing the course, we believed that the historical narrative between our countries would provide students with an additional level of reflection on the subjects of stereotypes and “breaking barriers.” Indeed, the students from both countries have varied and rich intercultural and personal histories that cannot be easily categorized as “German” or “Israeli.” Sharing personal histories through an academic lens has led to fascinating responses in the group discussions. Some students reported that after their group had completed their assigned online project task, they continued the group discussions on a more personal level.
Besondere Herausforderungen
The historical narrative of our countries framed the project at once with opportunity and possible prejudices and stereotypes. And, in some project teams, the heterogeneity not just between but also within the German and Israeli student groups slowed the development of trust. We had anticipated that this might pose a challenge and tried to assist the students (and ourselves) by collaboraftively developing a code of online conduct, to which all project participants can refer in cases of conflict. With our focus on the danger of “single stories” (Adichie 2009), we try to illustrate to the students that blending different cultural approaches (e. g., language learning, teacher education) can lead to exciting possibilities.
On a micro-level, students have noticed a cultural difference in their approach to group work. There have been minor issues in terms of time (e. g., planning the group work, setting a meeting time, punctuality) and technology (e. g., lack of hardware and/or access to Internet connection during class and while doing independent and group work). The use of technology is challenging for some of the students, but by using the support videos in the INTERFACE Moodle course (Open.UP) and/or working independently, they learn how to use the technology effectively. The students have been flexible and accommodated one another, either by supporting their peers at their home institution or suggesting alternative times or meeting formats. This includes support for those students who do not come prepared for flipped classroom sessions.
There are challenges that are part of every course, be it online or in person: maintaining the students’ level of motivation (especially in online learning), working with heterogeneous course groups (in terms of nationality or ethnicity, skill level, age group [late teens to early forties], young parents). We pay special attention to these factors when creating the teams for the project work. Students in Israel and in Germany also expect more detailed feedback and want to understand our rationale behind the grades we assign. This can be difficult to communicate effectively in an online setting. Therefore, when we assign a task, we provide a rubric to the students so that they understand what our expectations of the students for both individual and group work are.
Umsetzung des Szenarios
Bearing these challenges in mindwhile taking our own course goals and topics into consideration--we carefully prepared the individual lessons and tasks. Some of the course themes include recognizing and avoiding stereotyping and accepting the “Other” (Adichie 2009), getting to know the German and Israeli cultures and education systems, and the pros and cons of studying in each country. These topics lead to an introduction to Erasmus and studying abroad. This has motivated at least one student to spend a semester in Israel.
The collaboration is limited to 9 shared lessons. Due to the time difference, the shared lesson is limited to 45 minutes of the total 90-minute lesson. Outside of class, the students prepare three group tasks and record their presentations and group discussions.
The first task centers on the danger of the “single story” (Adichie 2009): “Each one of us has a ‘single story’ that is related to where we live. What are ‘single stories’ that people have of Germans? Of Israelis? Each group member should share their experience and what effect it has had on them.” This first task is not only a reflection on the “single story” but also an important social learning exercise for the students.
The second task is a reflection on how language impacts the way we think and, ultimately, how we act: “Compare and contrast our languages (English / Arabic / Hebrew / German) according to 1. language structure, 2. grammar (gender) and 3. vocabulary (e. g., direction, space and time, numbers, events, colors, etc.). How do these differences affect the way we speak?” The final task centers on study abroad: “In a group meeting outside of class, using persuasive speech, students convince each other to spend their semester abroad at the University of Potsdam or Beit Berl College.”
As previously mentioned, the students are given optional ways of carrying out these tasks. They have succeeded in connecting with their group members and completing all the tasks on time.
Erfahrungen
Students-particularly prospective teachers-feel that courses like ours are helping to fulfill their goals in terms of their oral proficiency in English. The results of the questionnaire given to all students showed that almost 80 % believe the course strengthened their oral fluency and accuracy and more than 80 % are motivated to participate more in English discussions. More than 90 % state that the course promotes their intercultural competence. They are keen to learn about the effects of the pandemic on higher education in their partner country:
In their feedback, the students have been very appreciative of the social component of the course, especially due to the pandemic. The students have, however, indicated that they need more time for discussion during the shared lessons. Our rationale behind limiting discussion time was to do more work in class in order to decrease the students’ overall workload outside of class. In the future, we will allow more time for the breakout sessions.
Overall, we feel that INTERFACE provides a model for social online learning and teaching that can be applied more broadly, both subject-specifically and across disciplines. The project provides students with modelling to teach at the highschool level, informs them on selecting and using technical tools in teaching, exposes them to COIL, and presents them with group project ideas. The lesson format and course design could therefore be a template for introducing and discussing other school subjects.
We have both learned a lot from the cultural diversity and wealth of personal stories that we have encountered in this collaboration-and the students share this sentiment. One student said that what the project taught her above all else was to listen carefully, to react empathetically and to counter any rash thoughts-whether expressed by her or others. “In spite of all the diversity, we are not that different after all. And that is what connects us.”
Interkulturelle Kompetenz im Netz: Kommunikatives Handeln in transnationaler virtueller Zusammenarbeit
Dr. Milene Mendes de Oliveira, Alexandra Borschke, Meike Meyering, Lisa Hagen (Philosophische Fakultät, Development and Variation of the English Language, Projekt: ReDICo)
Angaben zum Praxisbeispiel
Im Sommersemester 2021 wurde ein kooperatives, interkulturelles Planspiel mit Studierenden gespielt. Im Rahmen dieses Projekts wurden zuerst die zwei Kurse „English as a Lingua Franca and Intercultural Communication in Virtual Exchanges" (Universität Potsdam, 17 Teilnehmende, deutsche und mehrere Erasmus-Studierende aus Italien und Irland) und “Business English and English as an International Lingua Franca” (UP Transfer, 21 Teilnehmende, deutsche Studierende und Austauschstudierende aus China) unabhängig voneinander durchgeführt und in der zweiten Hälfte zusammengelegt. Demnach waren die Kurse in zwei Phasen eingeteilt: In dem ersten Teil lernten die Studierenden theoretische Konzepte kennen. In dem zweiten Teil, dem Spiel, sind die 38 Studierenden in fünf Sitzungen zusammengekommen und konnten die Konzepte im Spiel selbst erfahren und anwenden.
Das Spiel bestand aus einer Einführungsveranstaltung und vier aufeinander aufbauenden Runden, in denen Teilnehmende verschiedene Aufgaben erledigen mussten. In dem von Jürgen Bolten konzipierten Spiel „Megacities“ (Bolten 2015) besitzt ein:e wohlhabende:r Bürger:in eine große Brachfläche, an die drei größere Städte unterschiedlichster Typik angrenzen. Die Studierenden wurden unter den drei Städten aufgeteilt und repräsentierten diese im Spiel. Um den:die Besitzer:in zu überzeugen, die Brachfläche den drei Städten zu überlassen, müssen die Städte gemeinsam einen Flächennutzungsplan ausarbeiten, der allen drei Städten gleichermaßen zugutekommt und auf dessen Grundlage künftig gemeinsame Projekte entwickelt werden können.
Die Idee, dieses Projekt ins Leben zu rufen, stand in Verbindung mit der entwickelten Forschung zu Online-Kommunikation und interkultureller Kompetenz im Zuge des Verbundprojektes ReDICo: Researching Digital Intercultural Co-operatively (www.redico.eu). An der Durchführung dieses Projekts waren die Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Milene Mendes de Oliveira, sowie die wissenschaftlichen Hilfskräfte Alexandra Borschke, Meike Meyering und Lisa Hagen maßgeblich beteiligt.
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Es war im Rahmen des Projekts ReDICo besonders wichtig, dass die Studierenden sich nicht nur explizites Wissen aneignen, sondern auch neue Fertigkeiten entwickeln und im Miteinander erproben. So wurden einerseits theoretische Konzepte wie Politeness und Englisch als Lingua Franca erlernt und diskutiert. Der praktische Schwerpunkt lag andererseits darauf, (Inter-)kulturalität und interkulturelle Kompetenz für die Studierenden erfahrbar zu machen.
Das Planspiel zielte darauf ab, dass …
(1) … Studierende lernen, ihre kulturell geprägten Vorannahmen von Normalität zu reflektieren.
(2) … sie Englisch als Lingua Franca benutzen und sich als englischsprachige Community betrachten, in der das gegenseitige Verständnis im Vordergrund steht.
(3) … sie aus fremder Interkulturalität eine eigene Kultur generieren.
(4) … sie reflektieren können, welchen Effekt ihre Handlungen auf ihr Gegenüber/die Gruppe hat.
(5) … sie konstruktiv und offen mit fremden/mehrsprachigen Kontexten umgehen können.
Während des gesamten Spiels mussten die Studierenden als Team zusammenarbeiten und gemeinsam bestimmte Ziele verfolgen. Somit entstand eine eigene Gruppendynamik, bei der sich ein starkes Gruppengefühl herausbildete.
Besondere Herausforderungen
Nach Ende des Seminars haben die Studierenden wiederholt gelobt, dass ihnen das Projekt geholfen hat, ihren Mangel an sozialen Begegnungen und Austausch, der durch die Pandemie entstanden war, zu kompensieren. Sie berichteten davon, dass ihnen dieses Kursformt ermöglicht hat, Kontakte und Freund:innenschaften zu anderen Studierenden aufzubauen und sie mit viel Freude an diesem Seminar teilgenommen haben.
Ein weiterer daran anschließender Aspekt ist der interkulturelle Austausch. Es ist üblich, ausländische Studierende in den Kursen zu haben, und einige UP-Student:innen waren selbst für ein Semester im Ausland, aber in diesem Kurs lernten sie, Interkulturalität aus einer viel breiteren Perspektive zu betrachten. Nämlich, dass es nicht nur um länderspezifische kulturelle Unterschiede geht, sondern auch darum, Asymmetrien in den Denk- und Handlungsweisen zu erkennen und Strategien zu finden, wie man miteinander zusammenarbeiten kann.
Während die Studierenden in der ersten theoretischen Phase des Kurses eher zurückhaltend und still waren (wie so oft in Kursen über Zoom üblich), wurde im Laufe des Spiels sichtbar, dass sie zunehmend aufgetaut sind und sich sehr engagiert gezeigt und durch viele Redebeiträge eingebracht haben. Das liegt vermutlich daran, dass seitens der Lehrenden so wenig wie möglich ins Geschehen eingegriffen wurde und die Studierenden nur im Fall von Verständnisfragen auf Hilfe zurückgegriffen haben. Somit mussten sie sich selbst organisieren und moderieren und waren sehr aktiv beteiligt.
Umsetzung des Szenarios
Für die Durchführung des interkulturellen Spiels wurden verschiedene digitale Tools und Medien der virtuellen Welt eingesetzt. Die fünf Spielrunden von Megacities wurden über Zoom umgesetzt, um den interkulturellen Austausch zwischen den Studierenden herzustellen und zu vertiefen. Begleitet wurden die synchronen Einheiten von verschiedenen digitalen Werkzeugen für eine effektive digitale Kommunikation zwischen den Lehrenden und den Studierenden untereinander. Die Spielinhalte, Aufgaben und Anweisungen zum Spiel wurden über Moodle verbreitet sowie Conceptboard zur Zusammenarbeit von den Teilnehmenden genutzt. Diese mehrmediale Durchführung hat dazu beigetragen, die interkulturelle Kompetenz der Studierenden zu fördern. Die Studierenden entschlossen sich außerdem dazu, ihre Kommunikation über WhatsApp zu regeln. Durch die verschiedenen digitalen Medien wurde es ihnen außerdem ermöglicht, mit Menschen unterschiedlicher Herkünfte und Erstsprachen in Kontakt zu treten und ihre sprach- und kulturübergreifenden Kompetenzen aufzubauen und zu verbessern. Damit kam neben der interkulturellen Kompetenz außerdem ein sozialer Aspekt ins Spiel, der durch die Pandemiesituation ohne den Einsatz digitaler Medien nicht möglich gewesen wäre.
Durch die Nutzung dieser digitalen Tools lernten Studierende Gruppenprozesse in virtuellen Räumen eigenständig zu moderieren und zu organisieren, was zur Stärkung ihrer Medienkompetenz beitrug.
Im Vordergrund stand die (Weiter-)Entwicklung der interkulturellen Kompetenz in virtuellen Räumen. Damit einhergehend wurde die soziale Kompetenz der Teilnehmenden gefördert, denn sie mussten sich innerhalb der Teams organisieren, Teambuilding betreiben, den gemeinsamen Austausch moderieren, miteinander diskutieren, kooperieren und verhandeln. Der virtuelle Raum, in dem diese Gruppenprozesse stattfanden, brachte zusätzliche Herausforderungen mit sich.
Im abschließenden Bericht, den die Studierenden einreichen mussten, waren sie dazu angehalten, ihre Handlungen im Planspiel zu reflektieren und in den theoretischen Hintergrund einzuordnen.
Erfahrungen
Am Ende des Spiels wurden die Studierenden gebeten, ihre Teilnahme am Spiel anhand eines Fragebogens zu reflektieren. Die Rückmeldungen waren sehr positiv, sowohl in Bezug auf das Spiel und die genutzte Technik, als auch die persönlichen Lernerfahrungen. Hier sind zwei Zitate ausgewählt:
"Der größte Gewinn für die Gruppe ist meiner Meinung nach die Lernerfahrung und die Beziehung, die wir in den letzten Wochen zueinander aufgebaut haben. [...] wir haben einen Zusammenhalt entwickelt und die Kommunikation genutzt, um gemeinsam voranzukommen, und wir haben ein Ziel als Team erreicht."
"Ich war beeindruckt von dem Engagement, das einige von uns während des Spiels gezeigt haben; als jemand, der es nicht gewohnt ist, im Unterricht zu sprechen, sondern eher passiv Notizen zu machen, war es ziemlich erfrischend und inspirierend zu sehen, dass die Leute wirklich ihr Interesse an dem zeigten, was wir taten, und dass sie dabei so leidenschaftlich waren."
Die Studierenden erwähnten außerdem, dass das Spiel klar strukturiert und die Aufgabenstellungen verständlich formuliert waren sowie der Zusammenhang von dem theoretischen Input der ersten Sitzungen zur praktischen Anwendung im Spiel ersichtlich wurde. Die positiven Rückmeldungen sind ein guter Grund, dieses Lehrkonzept ein zweites Mal durchzuführen. Allerdings werden sich die Gruppen zukünftig aus weniger Studierenden zusammensetzen, da der letzte Kurs gezeigt hat, dass die große Gruppengröße ein Hindernis für manche war, sich aktiv im Spiel einzubringen. Außerdem werden wir statt der Software Conceptboard Miro für die virtuelle Zusammenarbeit der Studierenden nutzen, da es mehr Möglichkeiten bietet.
Virtuelle Vorlesung: Management in the digital age
Prof. Dr. Norbert Gronau, Bonny Brandenburger (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Prozesse und Systeme und Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management, EDUC+ M)
Angaben zum Praxisbeispiel
Die Vorlesung “Management in the digital age” umfasste 185 Studierende aus verschiedenen Disziplinen (Betriebswirtschaft, Wirtschaftsinformatik, Rechtswissenschaften, Erasmus-Studierende etc.).
Zielsetzungen bezogen auf "Soziales Online-Lehren"
Die Studierenden mussten in der Pandemie lernen, virtuell in der Gruppe zusammenzuarbeiten, ihre Aufgaben zu strukturieren und Case Studies zu lösen. Außerdem wurde in den Vorlesungseinheiten versucht durch “Remote Energizer” und “Quizsessions” die Trennung der physischen und virtuellen Welt etwas aufzulösen und ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen. Für die kollaborative Gruppenarbeit haben die Studierenden Moodle, Miro-Boards als auch Sketchnote genutzt.
Besondere Herausforderungen
Es war eine besondere Herausforderung in einem Kurs mit dieser Teilnehmer:innenzahl, eine Gruppenarbeit an Case Studies und dessen Betreuung möglich zu machen und die Einreichungen im Anschluss zu bewerten. Außerdem bringen alle sechs involvierten Universitäten unterschiedliche Erfahrungshintergründe ein, weshalb sich die Abstimmung z.T. auch auf Grund der kulturellen Unterschiede etwas zeitintensiver gestaltete. Am Ende steht aber nun ein fertiges Produkt, welches europaweit zum Einsatz kommen wird und den Austausch zwischen den Universitäten fördert.
Umsetzung des Szenarios
Der Kurs setzte sich aus interaktiven Inputsessions (orientiert am Beispiel des TED-Talks) und Kleingruppenarbeit zusammen. Die Studierenden wurden in eine Vielzahl von Themen wie z.B. Internet of Things, digitale Kompetenzförderung, digital Management und Leadership, data-based business models, digital divide und information security eingeführt und konnten ihr gewonnenes Wissen direkt in unseren Quizsessions über die lehrstuhlinterne App testen. Die Theorie wurde dann in Form von Case Studies und durch das Lösen von Problemstellungen im Rahmen des erfundenen Unternehmens “Mida Brush” angewandt. Hierfür haben wir eine Unternehmenswebseite aufgesetzt. Die Vorlesung wurde aufgezeichnet und den Studierenden als auch den europäischen Partner:innen zu Verfügung gestellt. Es handelt sich bei dem Kurs “Management in the digital age” um einen rein digitalen Kurs, welcher im Rahmen des EDUC+M als Gemeinschaftsprojekt zwischen sechs Universitäten in fünf europäischen Ländern entstanden ist. Als Software und Formate wurde Moodle, die LSWI-App, Miro-Board, Remote Energizer, Quiz-Sessions und Sketchnote genutzt. Die Studierenden haben ihre wöchentlichen Case Study- Einreichungen in einem Peer-Assessment-Verfahren bewertet.
Erfahrungen
Die Studierenden waren dankbar über den Anwendungsbezug, die Gruppenarbeit und die Möglichkeit, sich mit einer Vielzahl an Themen in einem Kurs auseinanderzusetzen. Außerdem wurde uns als Rückmeldung gegeben, dass die Bewertung aus zwei Teilen (Prüfung und Case Studies) für viele ein wenig den Druck vor der Klausur genommen habe.