Anlage des Jüdischen Friedhofs in Bledzew
Die jüdischen Friedhöfe liegen in aller Regel außerhalb der Ortschaft, so auch in Blesen [GPS: 52.519203, 15.397015]. Das hat mehrere Gründe.
Früher lagen christliche Friedhöfe oft direkt an der Kirche, daher der Name „Kirchhof“. Jüdische Friedhöfe können dagegen nicht in unmittelbarer Nähe einer Synagoge liegen. Der Grund liegt in den uralten Reinheitsvorschriften. Wer mit einem Toten in Berührung kommt oder nur mit ihm im selben Zimmer ist, wird kultisch unrein. So liegen die Friedhöfe bei ihrer Anlage immer außerhalb der Ortschaft. Hinzu kommt, daß einer größeren Entfernung von bewohntem Gebiet auch eine niedrigere Pacht bzw., nach der bürgerlichen Gleichstellung im Laufe des 19. Jahrhunderts, ein geringerer Kaufpreis entspricht. Oft handelt es sich um ein landwirtschaftlich nicht brauchbares Gelände. Hin und wieder mögen auch antisemitische Schikanen eine vom Ort weit entfernte Lage begründet haben. In Blesen liegt der Friedhof etwa 1,2 km vom Ortszentrum entfernt.
Der Friedhof in Blesen war mit einer Mauer umgeben, von der Reste erhalten sind. Auf ihm sind 41 Grabsteine sowie viele Fragmente erhalten, von denen einige zu fünf Grabsteinen gehören. Allerdings sind ganz offensichtlich viele der neueren Grabsteine entfernt worden. Es gibt Fotos von nicht mehr vorhandenen Grabsteinen, wodurch einige inzwischen weiter verwitterte Inschriften rekonstruiert werden konnten. Der Zustand der älteren Steine ist nicht sehr gut, manche Inschriften sind ganz oder teilweise verwittert. Umgestürzte oder umgefallene Grabsteine wurden 2019 von Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste wieder aufgerichtet und zerbrochene nach Möglichkeit wieder geklebt.
Die jüngeren Grabsteine sind durchweg gut lesbar, bei manchen Steinen fehlt allerdings die eingesetzte Texttafel. Der älteste erhaltene Grabstein mit lesbarem Sterbedatum ist vom 02.04.1824 (Grab A 21), der jüngste vom 13.06.1902 (Grab 6a). Getrennte Gräberfelder kann es für Frauen, Männer, Kinder, im Kindbett gestorbene Frauen sowie Rabbiner und bedeutende Gemeindemitglieder geben. In Blesen ist dies allerdings nicht der Fall. Die Gräber sind nach Osten ausgerichtet. Der Tote liegt auf dem Rücken und „schaut“ nach Jerusalem. Der Grabstein steht meist am Kopfende mit der hebräischen Inschrift zum Grab. Grabeinfassungen sind etwa seit Beginn des 20. Jahrhunderts üblich. Sie wurden allerdings von orthodoxer Seite als Übernahme christlicher Grabkultur streng abgelehnt.
Die ältesten Inschriften sind zunächst rein hebräisch. Der früheste Grabstein mit zweisprachiger Inschift ist aus dem Jahr 1828, doch erst ab den 1840er Jahren ist es üblich, auch eine deutsche Inschrift, zunächst auf der Rückseite, anzubringen. Eine rein deutsche Inschrift gibt es nicht.
Gil Hüttenmeister [Auszug aus einem Vortrag; zur vollständigen Version siehe "Über uns / Veröffentlichungen"]