Diskriminierung ist die Ungleichbehandlung einer Person aufgrund einer (oder mehrerer) geschützter Diskriminierungsmerkale ohne einen sachlichen Grund. Eine Benachteiligung ist anzunehmen, wenn Gleiches ungleich behandelt wird, aber auch, wenn Personen mit ungleichen Voraussetzungen gleich behandelt werden. Eine Benachteiligung kann sich wiederspiegeln durch das Verhalten einer Person, durch eine Vorschrift oder eine Maßnahme. Für die Diskriminierung ist das Ergebnis der Ungleichbehandlung entscheidend, nicht die Intention oder das Motiv.
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden folgende Merkmale als schützenswert angesehen:
- rassistische Zuschreibungen
- ethnische Herkunft
- Geschlecht (umfasst auch trans und inter*Personen)
- Religion oder Weltanschauung (umfasst auch Nichtzugehörigkeit zu einer Religion oder Weltanschauung)
- Behinderung
- Lebensalter
- sexuelle Identität.
Für eine diskriminierungsfreie Hochschule sind darüber hinaus weitere Merkmale von wichtiger schützenswerter Bedeutung, wie zum Beispiel die soziale Herkunft, chronische Krankheiten oder der Familienstatus .
"Nehmen wir als Beispiel eine Straßenkreuzung, an der der Verkehr aus allen vier Richtungen kommt. Wie dieser Verkehr kann auch Diskriminierung in mehreren Richtungen verlaufen. Wenn es an einer Kreuzung zu einem Unfall kommt, kann dieser von Verkehr aus jeder Richtung verursacht worden sein – manchmal gar von Verkehr aus allen Richtungen gleichzeitig. Ähnliches gilt für eine Schwarze Frau, die an einer „Kreuzung“ verletzt wird; die Ursache könnte sowohl sexistische als auch rassistische Diskriminierung sein." Kimberlé Crenshaw
Der Beriff Intersektionalität kommt von "intersection" und bedeutet übersetzt "Straßenkreuzung". Dieses Bild verwendete die US-amerikanische Juraprofessorin, um das Zusammenwirken mehrerer Diskriminierungsformen in einer Person zu beschreiben. Sie verwies damit auf die daraus resultierenden Erfahrungen, die beispielsweise Schwarze Frauen machen, die sowohl von Rassismus als auch von Sexismus betroffen sind. Entscheidend ist dabei, dass es sich nicht um eine bloße Addition von Diskriminierungserfahrungen in einer Person handelt, sondern durch das Zusammenwirken sozialer Ungleichheiten und ihrer Wechselwirkungen ganz spezifische Benachteilligungen und strukturelle Ausschlüsse entstehen. Crenshaw zeigte dies anhand der US-amerikanischen Antidiskriminierungsrechtsprechung auf, die die Diskriminierung von Schwarzen Arbeiterinnen nicht anerkannte. Für die praktische Antidiskriminierungsarbeit bedeutet dies, Menschen nicht nur als durch ein einziges sozial konstruiertes Diskriminierungsmerkmal gekennzeichnet zu betrachten - beispielsweise als Frau - sondern als potentiell mehrdimensional benachteiligt - beispielsweise als gesundheitlich beeinträchtigte trans* Frau of Color. Dies ermöglicht eine bessere Analyse der Situation, fördert das Verständnis für die jeweiligen Erfahrungen und kann auch zu ergreifende Maßnahmen zum Diskriminierungsabbau beeinflussen.
Formen von Diskriminierung
Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn es direkt unter Bezugnahme auf eine Eigenschaft der Diskriminierungskategorie zu einer Benachteiligung bekommen ist.
Beispiele:
- Eine Studentin wird für ein Auslandssemester abgelehnt, weil sie chronisch krank ist.
- Aufgrund seines Alters kann sich ein Studienbewerber nicht für die Kunsthochschule bewerben. Die Altersgrenze liegt bei 30 Jahren.
- Einer muslimischen Studentin wird an einer Hochschule das Tragen ihres Kopftuches verboten.
- Nachdem seine eingetragene Lebenspartnerschaft bekannt wurde, wird einem Gastdozenten von der Hochschule, die sich in kirchlicher Trägerschaft befindet, gekündigt.
- Mitglieder einer Berufungskommission zweifeln daran, dass eine Bewerberin auf eine ausgeschriebene Professur wegen ihrer zwei Kinder die Tätigkeit ausüben kann. Die Kommission entscheidet sich für einen männlichen Bewerber.
Die mittelbare Diskriminierung ist eine indirekte Diskriminierung. Das bedeutet, dass scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sich auf eine bestimmte Gruppe benachteiligend auswirken.
Beispiele:
- Studierende mit Kindern an einem Universitätsklinikum stehen vor dem Problem, dass es keine Möglichkeit gibt, aufgrund der Krankheit des Kindes entschuldigt zu fehlen.
- Ein Student kann wegen seiner Religion nicht die Samstagsklausuren mitschreiben. Ausweichtermine werden ihm nicht angeboten.
- Eine Studentin bittet um einen späteren Prüftermin, da sie derzeit noch stillt. Dies wird ihr verweigert.
- Einer Studentin im Rollstuhl ist in den Abendstunden und am Wochenende der Zugang zu den Räumlichkeiten der Hochschule versperrt, da aus Kostengründen der Strom für die Fahrstühle zu diesen Zeiten abgestellt wird.
Ebenen von Diskriminierung
Auf der individuellen Ebene bezieht sich Diskriminierung auf das Verhalten zwischen Individuen, das einzelne Personen ausgrenzt oder abwertet.
Beispiel:
- Gruppenarbeit in einem Seminar: Der Student aus Italien, welcher über das Erasmus-Programm an der Universität Potsdam studiert, wird in keiner Gruppe aufgenommen, aus Angst vor sprachlichen Barrieren.
Auf der institutionellen Ebene geschieht eine Diskriminierung durch das Handeln einer Organisation. Mit anderen Worten: Gesetze, Verordnungen, Handlungsanweisungen, aber auch institutionelle Routinen und die Organisationskultur sind für die Benachteiligung verantwortlich.
Beispiel:
- Gremienveranstaltungen beginnen stets erst um 18:00.
- Die Mitglieder*innen im Senat der Universität Potsdam müssen eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
Institutionelle und strukturelle Diskriminierung werden häufig als zusammenhängende bzw. verknüpfte Konzepte verstanden. Bei der strukturellen Diskriminierung geht es um gesellschaftlich verfestigte Benachteiligungen aufgrund der asymmetrischen Verteilung von Anerkennung, Ressourcen und Chancen.
Beispiele:
- Erschwerte Zugang und strukturelle Auschluss bestimmter gesellschaftlicher Gruppen auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt.
- Einer Frau, welche sich auf eine ausgeschriebene Professor*innenstelle bewirbt, wird der Umzug nach Potsdam mit Familie nicht zugetraut.