Promotionspreis für Georg Veh
Georg Veh erhält den diesjährigen Dissertationspreis des nationalen "Arbeitskreises Geomorphologie". Seine Dissertation über Gletscherseeausbrüchen im Himalaya fertigte er im Graduiertenkolleg NatRiskChange (Natural Hazards and Risks in a Changing World) zwischen September 2015 und März 2019 an. Die Betreuer der Arbeit waren PD Dr. Ariane Walz (AG Landschaftsmanagement) und Prof. Oliver Korup (AG Naturgefahren).
Über die Auszeichnung
Der nationale "Arbeitskreis Geomorphologie" kürt alljährlich herausragende Dissertationen zu geomorphologischen Forschungen. Der Dissertationspreis zeichnet innovative, nationale und international relevante Doktorarbeiten zu geomorphologischen Themen aus und würdigt die herausragende Forschungsleistung der PreisträgerInnen auch als Ideenquelle für zukünftige Forschung.
Der Preis ist dotiert mit einem Preisgeld in Höhe von 500 Euro. Die Preisverleihung fand am 28. September 2020 im Rahmen der Mitgliederversammlung der virtuellen AK Geomorphologie Tagung statt. Link: www.ak-geomorphologie.de/foerderung-und-auszeichnungen
Georg Veh beantwortete Fragen zu seiner Doktorarbeit. Das Interview wurde im September 2020 geführt.
Wie bist du zur Geomorphologie gekommen? Was interessiert dich an diesem Feld?
Zur Geomorphologie kam ich durch mein Geographie-Studium an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Ursprünglich war ich mir gar nicht sicher, ob ich eher zur Human- oder physischen Geographie tendiere. Durch Geländekurse, Exkursionen und Hiwi-Tätigkeiten mehrte sich mein Intersse für Massentransport- und Erosionsprozesse. Besonders faszinierten mich die dynamischen Prozesse im Hochgebirge, die nicht zuletzt unter dem Einfluss der klimagesteuerten Gletscherschmelze stehen.
Worum ging es in deiner Doktorarbeit?
In meiner Dissertation beschäftigte ich mich mit Gletscherseeausbrüchen (international spricht man von GLOFs – glacier lake outburst floods) im Himalaya. Diese Region wurde häufig von katastrophalen Fluten heimgesucht, die durch den plätzlichen Kollaps von moränen-gedämmten Gletscherseen entstehen. Viele hundert Menschen sind in den vergangenen Jahrzehnten durch GLOFs gestorben. Hinzukommen unzählige zerstörte Brücken, Verkehrswege und landwirtschaftliche Flächen. Durch verstärkte Gletscherschmelze könnten Seeausbrüche häufiger und eventuell größer werden. Für diese These gab es bisher keine belastbaren Daten, weil GLOFs nicht systematisch erfasst wurden.
Während meiner Dissertation suchte ich in Satellitenbildern nach bisher unbekannten GLOFs. Ich kombinierte neu detektierte Ereignisse mit historischen Aufnahmen und fand heraus, dass die Häufigkeit von GLOFs in den letzten 30 Jahren unverändert blieb. Dies war ein eher unerwartetes Ergebnis. Die vielfach angenommene Zunahme von Naturgefahren durch den Klimwandels konnten wir somit (vorerst) nicht bestätigen. Außerdem stellten wir fest, dass die südlicheren Regionen des Himalaya regelrechte ‚Hotspots‘ für GLOFs sind, während der nördliche Karakorum kaum Fluten von moränen-gedämmten Seen aufwies. Weil im südlichen Teil des Himalaya zudem die Seen größer sind, konnten wir errechnen, dass dort auch die Gefährdung, das heißt die Jährlichkeit großer, schadensreicher Fluten mit hohen Abflussspitzen, am höchsten ist.
Welche gesellschaftliche Relevanz hat deine Arbeit / die gewonnenen Erkenntnisse?
Das Wissen um die Frequenz und Magnitude von Extremabflüssen ist wichtig, um die Gefährdung durch GLOFs zu verbessern. Angesichts einer wachsenden Exposition von Bevölkerung, Infrastruktur und Wasserkraftanlagen könnte diese Arbeit dazu beitragen, eine nachhaltige Entwicklung im Hochgebirge zu gewährleisten. Zudem können wir mit unserer Datengrundlage berechnen, in wie weit die aktuelle Klimaänderung zu einer Veränderung von Naturgefahren im Hochgebirge beiträgt.
Was hat dir an der Arbeit gefallen, war besonders spannend und was war herausfordernd?
Es war eine spannende Erfahrung in einem international orientierten, fachlich breitaufgestellten Graduiertenkolleg zu promovieren. Der Austausch mit den anderen elf Doktoranden hat mein Verständnis zu sich ändernden Naturgefahren verbessert, insbesondere auch, mit welchen Methoden wir diese Änderungen messen und darstellen können.
An meiner Arbeit hat mir die statistische Auswertung von großen Mengen an Satellitenbildern besonders Spaß gemacht. Gleichzeitig war das auch eine der größten Herausforderungen meiner Promotion, da ich darin vorher kaum Übung hatte. In den ersten Monaten hatte ich daher häufig das Gefühl, dass sich der Fortschritt meiner Arbeit in Grenzen hielt. Im Rückblick würde ich meinen, dass diese Zeit mich besonders im Programmieren vorangebracht hat, wofür ich heute sehr dankbar bin.
Download der Dissertation
Die Dissertation ist über den Publikationsverlag der Universität Potsdam frei verfügbar: Link zur Dissertation
Was ist deine jetzige Aufgabe?
Im Anschluss an meine Promotion in NatRiskChange wechselte ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter in die Arbeitsgruppe Naturgefahren von Prof. Korup. Dort bin ich in die Lehre involviert, organisiere das wöchentliche Arbeitsgruppentreffen und forsche natürlich weiterhin an meinem Herzensthema: Den Gletscherseeausbrüchen.
Georg Veh im Video über seine Zeit als PhD im Graduiertenkolleg "NatRiskChange" (Clip aus dem Jahr 2017)...