Anlage des Jüdischen Friedhofs in Prenzlau
Der sehenswerte Jüdische Friedhof in Prenzlau liegt an der Schwedter Straße neben der Eisenbahnstrecke Berlin-Stralsund [GPS: 53.309689, 13.875454]. Vom Stadtzentrum kommend biegt man hinter der Bahnunterführung links ab. Nach ca. 150 m erreicht man den Friedhof auf der rechten Seite, erkennbar an der roten Friedhofshalle. Das vom Prenzlauer Architekten Paul Zastrow erbaute und 1898 fertiggestellte Bauwerk aus rotem Backstein besteht aus einem rechteckigen Saal mit Stufengiebel, der von zwei niedrigen Flügelbauten begleitet wird. Die Architektur des Baus entspricht der zahlreicher anderer norddeutscher Gründerzeitbauten.
Der Zugang zum Gräberfeld liegt direkt an einem Privatgrundstück. An der Ost- und Nordseite grenzt er an das Gelände der heutigen Uckermarkkaserne, welches zur NS-Zeit als Flugplatz der Luftwaffe und später von NVA und Bundeswehr als Militärgelände genutzt wurde.
Ein Hauptweg teilt den Friedhof in Ost-West-Ausrichtung in ein nördliches und ein südliches Gräberfeld. Ein äußerer Rundweg umfasst die Anlage, außer an der Nordseite. Gleich am Eingang stehen linkerhand (Nr.38-41) vier Grabmäler gefallener Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Dem Eingang gegenüber befindet sich ein Gedenkstein einer zu DDR-Zeiten angebrachten Tafel mit der Aufschrift „Zum Gedenken an die Opfer des Faschismus“. Vermutlich diente der Stein ursprünglich dem Gedenken der Jüdischen Gemeinde Prenzlau an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Daneben befinden sich die jüngsten Gräber des Friedhofs (Nr. 115 u. 116) aus den 1960er bis 1990er Jahren. Weiterhin gibt es auf dem Friedhof eine Gedenktafel (Nr. 66) und einen Gedenkstein (Nr. 3) für vier in Auschwitz ermordete Personen.
Die meisten Grabsteine sind aus Sandstein, es gibt aber auch viele aus schwarzem Granit. Neben einer großen Zahl von Grabsteinen mit dreieckigen, runden oder gewölbten Giebeln, finden sich auch viele obeliskenförmige Stelen. Ein Grabstein hat die Form einer abgebrochenen Säule (Nr. 103), die das zu früh beendete Leben symbolisiert.
Auf einigen Steinen finden sich jüdische Symbole, darunter Davidstern, segnende Priesterhände und Levitenkanne. Letztere Symbole weisen auf die priesterliche bzw. levitische Abstammung der Verstorbenen hin. Weiterhin gibt es einige Grabsteine mit Abbildungen gekreuzter Palmenzweige sowie einen mit der eines abgebrochenen Baumes (Nr. 115), ebenfalls ein Symbol für den vorzeitigen Tod.
Die hebräischen Inschriften der Grabsteine beinhalten viele biblische Zitate, vor allem aus dem Buch der Sprüche und aus den Psalmen, aber auch aus dem Buch Hiob, dem ersten Buch Samuel sowie weiteren Büchern der hebräischen Bibel.
Häufig auftretende Familiennamen sind Abrahamsohn, Arndt, Hirsch, Jacoby, Mayer, Salinger und Simon.
Insgesamt befinden sich 121 Grabsteine auf dem Friedhof, mit Sterbedaten von 1900 bis 1997. Lücken zwischen einigen Grabstellen weisen darauf hin, dass noch weitere Gräber vorhanden sind, deren Steine heute fehlen. Beim Sondieren mit einer Eisenstange stieß eine Schülergruppe des Prenzlauer Gymnasiums an den fraglichen Stellen auf die Fundamente der verschollenen Grabsteine.
Rolf Blase