Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Schon seit Beginn meines Studiums hatte ich den Traum, einmal an einem amerikanischen College zu studieren. Als ich die verschiedenen Austauschprogramme der Universität Potsdam durchstöberte, fiel mein Blick auf die University of Mississippi, besser bekannt als Ole Miss. Nach kurzer Recherche war mir schnell klar, dass dies das College ist an dem ich studieren möchte und ich habe diese Entscheidung keine Sekunde danach bereut!
Der Bewerbungsprozess ist etwas aufwendig, allerding erhielt ich sehr viel und freundliche Unterstützung meiner Koordinatorin an der Ole Miss, welche jede Frage schnell via E-Mail beantwortete.
Beim Visum muss man sich auch keine Sorgen machen. Solange man der Anleitung die man erhält folgt, ist das ohne Probleme schnell gelöst. Ein kurzer Termin in der Botschaft ist allerdings trotzdem notwendig.
Für die Auslandskrankenversicherung kann ich die LVM empfehlen, welche mich nur 140€ für das gesamte Semester gekostet hat und alles notwendige abgedeckte.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an der Ole Miss gestaltet sich im Vergleich zu dem in Deutschland schon deutlich anders. Als Masterstudent werden einem 3 Kurse je Semester empfohlen, als Bachelorstudent sind es 4. Die Kurse finden in der Regel zwei Mal die Woche für 1:15 statt. Der größte Unterschied ist, dass man kontinuierlich Abgaben, Präsentationen und Klausuren im Semester hat. So hatte ich in meinen Kursen jeweils 4 Klausuren, wovon jedoch nur die besten 3 zählen. Das Level ist grundsätzlich nach meiner Meinung schon deutlich einfacher. Alle Klausuren waren Multiple Choice und auch der Inhalt ist absolut machbar. Die Abgaben können teilweise schon etwas zeitintensiv sein, wurden allerdings bei mir auch immer freundlich und gut bewertet. Neu für mich war auch die Anwesenheitspflicht sowie eine Benotung der Mitarbeit innerhalb des Kurses.
Zusammenfassend kann ich aber sagen, dass das Studium an der Ole Miss absolut machbar ist und man genügend Zeit für all die schönen Aktivitäten drum herum hat.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Die Südstaaten der USA sind im ganzen Land für Ihre Gastfreundlichkeit bekannt und ich kann dies nach meinem Aufenthalt nur bestätigen. Die Menschen an der Ole Miss sind sehr offen und freundlich und legen sehr viel Wert darauf ihr Land gut gegenüber Besuchern zu repräsentieren.
So ist es nicht schwer mit Amerikanerinnen und Amerikanern in Kontakt zu kommen, wenn man offen und freundlich auf diese zugeht. Es hilft ehrlich gesagt auch sehr, relativ schnell einzuwerfen, dass man aus Deutschland kommt, da dies für die meisten Amerikaner sehr spannend ist. Den Satz „Oh wow, you are from Germany?? That’s crazy!” habe ich bestimmt hunderte Male gehört.
Dass Menschen in den USA zwar sehr freundlich sind, dies aber teils nur oberflächlich ist kann ich auch nicht ganz bestreiten. So werden viele Kontakte geschlossen und viele Einladungen ausgesprochen, davon aber auch sehr viele nicht weiterverfolgt. Wenn man das weiß und damit gelassen umgeht, ist das allerding auch nicht so schlimm. Am Ende bin sehr oft auch wirklich von Freunden eingeladen worden auf diverse Aktivitäten.
Die politische Haltung der meisten Studierenden an der Ole Miss ist sehr konservativ und Trump-freundlich. Darauf muss man vorbereitet sein, da es schon ganz schön absurd werden kann. Wenn man jedoch gelassen und mit dem notwendigen Respekt für andere Meinungen hineingeht, ist das Thema auch schnell wieder geschlossen und man kann über andere Sachen sprechen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Da dies mein zweites Auslandssemester war und ich auch schonmal 6 Monate in den USA gelebt habe, habe ich mir um die Sprachkompetenzen keine größeren Sorgen gemacht. Ich kann aber aus den Erfahrungen von Freunden aus dem Semester berichten, dass es überhaupt nicht schlimm ist, wenn man Fehler macht oder gerade nicht das richtige Wort findet. In den meisten Fällen sind Amerikaner oder Amerikanerinnen eher beeindruckt von den Sprachkenntnissen der Internationals.
Auch in meinen Kursen waren die Professoren stehts entgegenkommend bei Internationals. Somit muss man sich hier wirklich keine Sorgen machen und kann an der Ole Miss sein Englisch weiter verbessern.
Wohn- und Lebenssituation
Da die Ole Miss in meinem Semester Rekordanmeldezahlen hatte, war dieses Semester ganz anders als alle Semester zuvor. Housing war sehr knapp und schwierig zu bekommen. Zum Glück hatte das Internationale Büro der Ole Miss einige Plätze in den Quarters für Internationals reserviert und ich habe einen von diesen Plätzen bekommen. Dort hatte ich mein eigenes Zimmer und Bad und teilte mir ein Wohnzimmer inklusive Küche mit 3 Mitbewohnern. Die Quarters werden von der Uni gemanaged, sodass „offiziell“ andere Regeln gelten (beispielsweise das „Verbot“ von Alkohol) und auch allgemein ist alles nicht mehr im schönsten Zustand, wenn man es mit den anderen Optionen wie dem Lark vergleicht. Allerding wohnten zu meiner Zeit die meisten Internationals alle zusammen im Quarters. Das war zum einen Toll, da wir die ganze Zeit etwas zusammen machen konnten, allerdings hätte ich auch gerne 1 bis 2 Amerikaner in meiner WG gehabt um noch besser im Kontakt zu sein.
Mit 4200$ für das Semester war das Quarters auch nicht die günstigste Option, allerding um Welten besser als ein Bett in einem der Dorms.
In Oxford fahren vor allem unter der Woche im Minutentakt diverse Busse. So kommt man vom Quarters ohne Probleme in 10 Minuten mit dem Bus zum Campus.
Abgesehen davon merkt man aber schnell, dass die USA ein Autoland ist und man als International der einzige Studierende in der Stadt ist, der kein eigenes Auto hat. Dort wird jede noch so kleine Strecke gefahren und Fußgängerwege sucht man vergeblich. Die einzigen beiden Optionen, die man hat, sind Uber oder man lässt sich von amerikanischen Freunden mitnehmen zum Einkaufen oder zu den Bars.
Die Uber-Preise sind meistens vergleichbar mit denen in Deutschland und da man selten alleine ist und sich somit die Kosten teilen kann, ist das am Ende schon alles machbar.
Jetzt zu den schönen Dingen: Die Ole Miss lebt für ihre Sportteams! Am größten ist mit Abstand das Football Team und Gamedays waren sicherlich mit die Highlights meines Auslandssemesters. An diesen Tagen, erst recht bei den großen Spielen, spielt die ganze Stadt verrückt. Bis zu 100.000 Menschen versammeln sich beim Tailgate im Grove, das Stadion ist immer ausverkauft und die Stimmung macht schon eine Menge Spaß, selbst wenn man kein Fan des Sports ist. Nach dem Spiel werden alle Bars am Square gestürmt und es wird entweder der Sieg gefeiert oder die Niederlage vergessen. Mein Highlight war ein Sieg gegen Georgia bei dem nach dem Spiel von allen Studierenden der Platz gestürmt wurde und der Goalpost durch die Stadt bis zum Square getragen wurde. Ein Erlebnis, das ich nie in meinem Leben wieder vergessen werde.
Neben Football gibt es noch Frauen-Fußball, Frauen-Volleyball, und Männer- sowie Frauen-Basketball. Männer-Basketball ist sicherlich das zweitgrößte, allerdings kann ich nur empfehlen alle Events mindestens einmal zu besuchen!
Für die Football Season sollte man sich unbedingt ein Season Ticket kaufen (wenn man eins bekommt!). Dieses kostete 200$ und man hatte einen Platz in der Studentsection. Der Preis für alle Spiele als Einzelticket lag bei ca. 1100$, somit erklärt sich das, denke ich. Falls man kein Season Ticket ergattert, kann man auch für jedes Spiel spontan versuchen sich über Resale Tickets von anderen Studenten zu kaufen, manchmal ist das deutlich günstiger, als im offiziellen Verkauf.
Alle anderen Sportevents sind kostenlos und es gibt häufig 2$ Beer Deals oder T-Shirts oder ähnliches.
Das zweite, was man sich unbedingt am Anfang des Semesters kaufen sollte, ist eine Library Card für 200$. Die Library Sports Bar ist die Bar/ Club in Oxford, wo alle die über 21 sind am Wochenende und nach den Spielen feiern gehen. Die Eintrittspreise sind allerding unfassbar teuer (nach dem Georgia Game waren es beispielsweise 190$), somit ist eine Library Card (mit der man immer Umsonst reinkommt) eigentlich für jeden sinnvoll. Meine Freunde und ich waren jedes Wochenende mindestens einmal in der Library und ich vermisse sie schon jetzt. Neben der Library gibt es noch einige andere Bars in denen man auch mal einen guten Abend haben kann, allerdings steht die Library schon klar im Mittelpunkt.
Wichtig zu wissen ist auch, dass die Bars in Oxford alle gegen 00:30 bis spätestens 01:00 zumachen und danach der Square von Polizisten auf Pferden geräumt wird. Wer danach noch weiter machen möchte muss Freunde haben die eine Afterparty veranstalten oder selbst zu einer einladen.
Preislich ist alles leider nicht besonders günstig, allerdings habe ich abends am Square viele meiner nun amerikanischen Freunde kennengelernt und kann es nur jedem empfehlen dort ab und zu vorbeizuschauen.
Lebenshaltungskosten
Ich mach es kurz: Die USA sind einfach teuer. Man kann im Schnitt von ca. dem doppelten Preis für die bekannten Lebensmittel ausgehen im Supermarkt. Auch essen gehen und Getränke sind einfach teurer, darauf muss man vorbereitet sein.
In Oxford selbst gibt es einen großen Walmart, ich empfehle jedoch für Lebensmittel den Kroger, da dieser preislich gleich, aber in der Qualität und Auswahl deutlich besser ist.
Geheimtipp ist für mich der Grill auf dem Campus (neben der Football Facility). Das ist die Mensa in der alle Athleten und Athletinnen essen gehen. So ist das Essen dort deutlich gesünder als beispielsweise im Rebel Market oder in den anderen Mensen der Uni. Für die Mensa kannst du entweder 15$ je Besuch zahlen oder dir einen der verschiedenen Mealpläne kaufen. Ich hatte beispielsweise einen 3-Swipe plan mit dem ich 3-mal die Woche so viel wie ich wollte im Grill essen konnte. Mit diesem Plan fallen die Kosten auf ca. 11€ je Besuch, viel günstiger wird es leider nicht.
Studienfach: Betriebswirtschaftslehre
Aufenthaltsdauer: 08/2022 - 12/2022
Gastuniversität: University of Mississippi
Gastland: USA
Rückblick
Mein Semester an der Ole Miss war einfach toll. Ich habe so viel erlebt in dieser kurzen Zeit, sodass ich bestimmt noch etwas Zeit brauche, bis ich das alles realisiert habe. Ich kann es wirklich nur jedem wärmstens empfehlen an die Ole Miss zu gehen und Teil dieses Colleges zu werden. Man lebt für 4 Monate in einer absoluten College Bubble, in der alles andere schnell vergessen wird und man einfach den Moment genießen kann. Für die Game Days, Halloween Partys, meine Reisen nach Nashville und Denver, die Library Sportsbar, unzählige Freundschaften die ich geschlossen habe und den Ole Miss Zusammenhalt werde ich immer dankbar sein und diese nie vergessen. Go Rebs!