Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Einen Überblick zu den US-amerikanischen Partneruniversitäten gibt es auf der Seite des International Office. Da die Bewerbungsfrist schon wenige Wochen nach dem Beginn des Wintersemesters liegt, ist es wichtig, sich direkt mit dem Studien- bzw. Semesterbeginnüber die Möglichkeiten für ein Auslandssemester zu informieren – insbesondere, wenn man ins außereuropäische Ausland möchte. Der Wunsch, an die Duke University zu gehen,
bestand für mich schon zu Beginn meines Masterstudiums. Nach erfolgreichem Bewerbungsprozess beim International Office, inklusive Motivationsschreiben und Auswahlgespräch, folgt dann relativ zeitnah die Bewerbung an der Gastuniversität, die mit einem relativ großen Aufwand verbunden ist: Motivationsschreiben, Lebenslauf, mehrere Empfehlungsschreiben, Sprachnachweis, Zeugnisse (auch aus dem B.A.; ich musste dafür das Prüfungsbüro meiner alten Universität kontaktieren, da das Zeugnis direkt von der Uni an die Duke geschickt werden muss, um als offiziell zu gelten), Nachweis über finanzielle Mittel, evtl. Arbeitsprobe. Exchange Students nutzen für die Bewerbung an der Duke das gleiche Portal wie reguläre Studienbewerber*innen. Einige Fragen und Voraussetzungen können dementsprechend etwas unklar sein. Solange man nach bestem Wissen antwortet oder per Mail beim Admissions Office nachfragt, sollte aber alles funktionieren. Außerdem muss man sich auf ein bestimmtes Masterprogramm bewerben. Da es keinen Master in Kulturwissenschaft an der Duke gibt, habe ich mich auf den interdisziplinären M.A. Humanities beworben. Meiner Erfahrung nach ist es für die Duke nebensächlich in welchem Program/Department man eingeschrieben ist, da man sowieso als „non-degree seeking“ dort ist und Kurse, insbesondere in den Humanities, programmübergreifend belegt.
Nach der Zusage der Duke bekommt man zeitnah das DS-2019 Dokument ausgestellt, mit dem man dann den Visumsprozess beginnen kann. Auch der kann aufwendig sein und dementsprechend empfiehlt es sich, früh informiert zu sein und alle benötigten Dokumente zu sammeln. Ich habe vor Ort von einigen Leuten mitbekommen, dass der Prozess notfalls auch relativ schnell gehen kann, ich würde es aber nicht darauf ankommen lassen. Da ich zuvor schonmal ein US-Visum hatte, habe ich den Prozess diesmal als nicht allzu mühsam wahrgenommen. Neben dem Visum gilt es auch noch Impfungen und Krankenversicherung zu organisieren. Von der Duke gibt es eine Liste an Impfungen, die man durch einen ärztlichen Bescheid nachweisen und der Uni zukommen lassen muss. Für den Aufenthalt ist es außerdem verpflichtend, den Student Health Plan der Duke in Anspruch zu nehmen. Leider muss man hier zuerst für das ganze Jahr zahlen und bekommt etwas über die Hälfte des gezahlten Betrags am Ende des Aufenthalts zurück.
Da sich die Kosten für den Aufenthalt schon ansammeln, bevor man überhaupt dort ist – von Bewerbung an der Duke bis zu Visum und Krankenversicherung kostet alles – würde ich die Bewerbung auf Stipendien zur Förderung des Auslandsaufenthalts empfehlen. Neben dem DAAD-Förderprogramm PROMOS ist das Fulbright-Reisestipendium eine sehr gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen (es gibt ein Kennenlernwochenende) und eine weitere Anlaufstelle bei Fragen rund um den USA-Aufenthalt zu haben.
Studium an der Gastuniversität
Ich habe drei Kurse, angesiedelt am Art, Art History & Visual Studies Department, für insgesamt 9 credit points belegt. Da die Kurse doch viel Zeit in Anspruch nehmen, war ich damit gut ausgelastet. Zwei meiner Seminare waren praxisorientiert, was mir sehr gut gefallen hat und für das weitere Studium an der Uni Potsdam in jedem Fall bereichernd ist. Der andere Kurs war leseintensiv, was in den Humanities aber doch recht normal ist. Es ist in den Masterkursen gängig, dass auch Bachelorstudierende aus höheren Semestern an ausgewählten Kursen teilnehmen können, in anderen Kursen ist man dagegen nur mit Master und PhD Studierenden zusammen. In den Humanities ist es außerdem normal, dass Studierende aus verschiedenen Programmen zusammen in einem Kurs sind. Da die Kurse meiner Meinung nach genug Platz für individuelle Arbeit und Gestaltung lassen, habe ich diese Durchmischung überwiegend als bereichernd für die Kursgespräche und das Kursklima wahrgenommen. Das Arbeitspensum ist insgesamt hoch, aber auch über das ganze Semester verteilt. Insbesondere in meinen praktischen Kursen gab es von Anfang an fast wöchentliche Abgaben, die direkt benotet wurden und zusammen mit einem „Final Project“ die finale Note für den Kurs ergeben. Dabei fand ich den Anspruch an die Studierenden ähnlich wie in Deutschland, die Benotung dabei sehr wohlwollend.
Die Ausstattung an der Duke ist kaum vergleichbar mit deutschen Universitäten. Adobe Programme (Premiere, InDesign, …) stehen für alle Studierenden kostenlos zur Verfügung und sehr gut eingerichtete Computerräume sind mit dem digitalen Studierendenausweis 24/7 zugänglich. Meine Kurse fanden weder am West noch am East Campus statt, sondern in kleineren Gebäuden zwischen den beiden großen Campusteilen. Das Rubenstein Arts Center ist Treffpunkte für Studierende aus verschiedenen Programmen und Clubs und mit Theater, Kinosaal, Tanzstudios und Computerräumen ausgestattet. Das Center for Documentary Studies hat ein eigenes Haus, in dem es Kurs- und Computerräume sowie professionelle Fotodrucker und Blackrooms für Filmentwicklung gibt. Die Dozierenden haben ein Budget für ihre Kurse und dementsprechend konnten praxisorientierte Projekte schnell und großzügig umgesetzt werden. Im Center for Documentary Studies habe ich beispielsweise innerhalb eines Seminars eine eigene Fotoausstellung kuratieren können. Dabei gibt es immer wieder Gruppenarbeit und einen Schwerpunkt auf Peer Feedback. Gleichzeitig gibt es jedoch die Möglichkeit, viel individuell arbeiten und ausprobieren zu können.
Da die Duke sehr groß ist und gefühlt für jedes administrative Thema jemand anderes zuständig ist, muss man sich manchmal etwas durchfragen, bis man Antworten erhält (besonders wenn es um die Krankenversicherung geht). Prinzipiell wird aber schnell geantwortet und alle versuchen, weiterzuhelfen. In dem M.A. Humanities Program war ich nochmal in einer etwas besonderen Situation, da es für dieses Programm kein Department gibt. Es gab keine Einführungsveranstaltung und ich habe in dem Semester niemand anderen, der in dem Programm eingeschrieben ist, getroffen und auch den Program Coordinator nicht kennengelernt. Zum Glück war es jedoch einfach, selbst Initiative zu ergreifen und Studierende und Dozierende aus anderen Programmen und Departments kennenzulernen. Der Kontakt mit den Dozierenden ist sehr gut, ich habe alle als zugänglich, hilfsbereit und offen empfunden. Persönliche Sprechzeiten wahrzunehmen, auch wenn es nichts Konkretes zu besprechen gibt, ist beispielsweise sehr willkommen. Insgesamt ist das Studienklima fokussiert und ambitioniert, aber durchaus offen und freundlich. Aufgefallen ist mir jedoch, wie wenig politisch der Campus ist, besonders im Vergleich zu Universitäten in Deutschland. Zwar spielte die Präsidentschaftswahl eine Rolle, aber doch eine sehr nebensächliche. Insbesondere nach der Wahl war es am Campus sowie in meinen Seminaren erstaunlich leise. Die Dozierenden waren anscheinend dazu angehalten, nicht über die Wahl zu sprechen, was mich doch an einigen Stellen irritiert hat.
Wohn- und Lebenssituation
Da ich schon gehört hatte, dass die Suche nach einer Unterkunft anstrengend sein kann, habe ich zeitnah nach der Zusage der Duke damit begonnen. Ich wusste relativ schnell, dass ich ein Zimmer im Graduate Studierendenwohnheim der Uni nicht in Anspruch nehmen möchte, da die Wohnungen unmöbliert sind und die Lage es nicht wirklich zulässt, mit dem Fahrrad zum Campus zu fahren. Mitte April bin ich dann schon fündig geworden. Über die Website The Student Exchange House near Duke habe ich ein Zimmer in einem Haus etwa 10-15 Fahrradminuten vom Campus gefunden. Das Vermieter-Ehepaar besitzt vier Häuser in Durham, die alle zu einem Preis unter dem Durchschnitt für WGZimmer an Austauschstudierende und Gastwissenschaftler*innen vermietet werden. Die Kaution für das Zimmer muss allerdings schon früh gezahlt werden, um das Zimmer zu reservieren. Ankunfts- und Abreisedaten sind sehr flexibel und werden individuell im Mietvertrag festgehalten. Die Häuser und Zimmer sind nicht neu, aber gemütlich und mit allem ausgestattet, was man braucht. Außerdem wird man von den Vermietern vom Bahnhof oder Flughafen abgeholt und bekommt dann direkt eine Führung durch das Haus.
Wenn man kein Auto hat, sollte man hier aber bereit sein, täglich Fahrrad zu fahren (zum Glück regnet es in North Carolina wenig), da die nächste Busstation etwa 20 Gehminuten entfernt liegt und die öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt nicht zu empfehlen sind. Auch die nächste Station des Duke-eigenen Busses ist genauso weit entfernt. Das Fahrrad konnte ich ebenfalls von den Vermietern des Zimmers mieten. Das Student Exchange House ist eine entspannte und günstige Option und hat sehr gut für mich funktioniert. Außerhalb der Servicezone des Duke Busses sind öffentliche Verkehrsmittel der Stadt, obwohl kostenlos, nicht unbedingt zu empfehlen. Die Stationen liegen häufig ungünstig an großen und viel befahrenen Straßen und fahren auch nur etwa zweimal in der Stunde. Außerdem gibt es häufig keinen Bürgersteig. Ich bin immer wieder auf Uber/Lyft ausgewichen, da sich meiner Meinung nach ein Auto für die kurze Zeit nicht lohnt und die Parkplätze auf dem Unicampus sowieso sehr teuer sind. Bei der Zimmersuche würde ich empfehlen, in unmittelbarer Nähe (<15 Gehminuten) von einer der Duke Bus Routen zu suchen (bspw. an der 9th Street in der Nähe des East Campus), oder bereit zu sein, Fahrrad oder E-Roller zu fahren.
In den USA braucht man so gut wie gar kein Bargeld, in jedem Fall aber eine Kreditkarte. Ich habe eine internationale Kreditkarte genutzt, die sehr zuverlässig funktioniert hat. Das Stipendium der Duke erhält man als Check, wenn man kein Direct Deposit Setup im „Bursar“ Account eingetragen hat. Eigentlich braucht man für diesen Direct Deposit ein amerikanisches Bankkonto, man kann aber auch die Kontodaten eines Wise-Konto (wie PayPal für verschiedene Währungen) angeben. Das hat für mich problemlos funktioniert und würde ich in jedem Fall weiterempfehlen.
Kontakte zu anderen Studierenden und Freizeit
Die Masterstudierenden in den Humanities machen nur einen kleinen Teil der Masterstudierenden an der Duke aus. Es gibt zwar einige internationale Studierende, aber kaum Austauschstudierende. In den ersten Wochen habe ich Kontakte zu Studierenden aus den zwei M.F.A. Programmen Dance und Documentary Studies sowie aus dem M.A. Graduate Liberal Studies geknüpft. Diese Programme bestehen aus wenigen Studierenden, so hat sich für mich schnell eine kleine Community von Leuten ergeben, die meisten einheimische bzw. US-amerikanische Studierende, die sich alle untereinander kannten. Meine Kurse hatten große Überschneidungen mit Menschen aus diesen Programmen, so habe ich mich schnell aufgenommen und wohlgefühlt und konnte enge Freundschaften knüpfen. Es war für mich eine tolle Erfahrung, an einer so großen Universität wie der Duke eine kleine Gruppe, in der sich alle kennen, gefunden zu haben. Kontakt zu anderen Austauschstudierenden hatte ich insbesondere durch meine Wohnsituation.
Da es in Durham bis auf einige Bars und Restaurants nicht allzu viel zu tun gibt, fand meine Freizeit zu einem großen Teil auf dem Campus oder in den Apartments von Freund*innen statt. An der Duke gibt es jedoch immer etwas zu tun: Football oder Basketball Spiele sehen, zur 100.-Jahrfeier der Uni gab es ein kostenloses Konzert von Ed Sheeran im Footballstadium, mit Freund*innen beim Campout teilnehmen (ein Wochenende campen auf dem Campus, um die Möglichkeit zu bekommen, ein Season Ticket für Duke Basketball zu kaufen), das Duke-eigene Kunstmuseum The Nasher besuchen, zu Filmvorstellungen im „Ruby“ oder verschiedenen Musical/Dance/Concert Performances der M.F.A. Programme und Duke Clubs gehen.
Trotz des erheblichen Zeitaufwands für die Kurse lässt sich auch Zeit für Ausflüge finden. Zu Beginn des Semesters empfiehlt sich auf jeden Fall ein Trip ans Meer von North oder South Carolina oder in die Berge. Wenige Wochen nach Beginn des Semesters zerstörte ein Hurricane einen Großteil der Gegend um Asheville, N.C., eine Touristenregion in den Appalachen, wenige Autostunden von Durham entfernt. Trotz einer Tornadowarnung blieb Durham glücklicherweise verschont. Die folgenden Wochen waren nicht einfach für viele Kommiliton*innen, die Familie in der Region haben, und haben mich persönlich sehr an die Situation im Ahrtal 2021 erinnert. Solchen extremen Wettereignissen, in einem Ausmaß wie wir es in Deutschland nicht gewohnt sind, sollte man sich bewusst sein, wenn man in der Hurricane Season in den Südstaaten lebt.
Wenn man in der Fall oder Thanksgiving Break etwas weiter weg möchte, stehen einem vom Flughafen Raleigh (25 Autominuten) die ganzen USA offen. Etwas abenteuerlicher (&klimafreundlicher) als das Flugzeug sind Zug und Bus, mit denen man Orte an der ganzen Ostküste, bspw. New York oder Washington D.C., direkt von Durham aus erreichen kann.
Studienfach: M.A. Angewandte Kulturwissenschaft und Kultursemiotik
Aufenthaltsdauer: 08/2024 - 12/2024
Gastuniversität: Duke University
Gastland: USA
Rückblick
Das Leben und Studieren in den USA sind vielschichtig und komplex; und das wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern. Auch in Durham, wenn man sich mal nicht am Campus aufhält, treffen Gegensätze aufeinander. Wer Teil der Duke Community wird, darf viele Privilegien genießen. Ich glaube, es ist wichtig, das nicht aus den Augen zu verlieren. Des hohen finanziellen und zeitlichen Aufwands sollte man sich auch bewusst sein. Unter der Voraussetzung, dass man vorher gut geplant und sich vorbereitet hat, lässt sich das Semester sehr bereichernd gestalten. Da vier Monate wirklich kurz sind, ist es hilfreich, von Beginn an viel mitzumachen und Gelegenheiten zu ergreifen oder selbst zu schaffen. An der Duke ist persönlich sowie akademisch viel möglich.