Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Die Idee, ein Erasmus-Semester an das Ende meines Bachelorstudiums Politik, Verwaltung und Organisation zu stellen, entstand ursprünglich durch die Einsicht des Vergabeschlüssels des Masterstudiengangs Internationale Beziehungen der UP, FU und HU; da dieser neben dem obligatorischen Auslandspraktikum ein Auslandsstudium vorsieht, bewarb ich mich für das Semester an der Universidad Europea de Valencia. Da ich meine Spanischkenntnisse ausbauen wollte und in Valencia das Programm Internationale Beziehungen im Bachelor angeboten wurde, kam die UEV als einzige Option infrage. Bereits vor der Zusage belegte ich einen B2 Spanischkurs und las mich mit den passenden „Lonely Planet“ zu Valencia ein. Am 5. September 2019 flog ich schließlich in den warmen Süden. Eine Wohnung für die 5 Monate Aufenthalt suchte ich mir ich in den ersten vier Tagen vor Ort. Das ist sehr zu empfehlen! Häufig entsprechen Fotos von Zimmern im Internet nicht der Realität und einschlägige Vermittlungsagenturen erheben unverschämte Gebühren.
Studium an der Gastuniversität
Das Studium an der UEV war akademisch betrachtet eine herausragende Erfahrung. Sämtliche Seminare fanden in Gruppen mit einer maximalen Größe von 15 Studierenden statt, die Lehrenden gaben sich ohne Ausnahme große Mühe und formulierten ausführliche Feedbacks zu den regelmäßig einzureichenden Essays und Papieren. Manch einer mag das spanische System „verschulter“ nennen, diese Charakterisierung ist an deutschen Unis aber oft negativ konnotiert. Tatsächlich habe ich in keinem Semester an der Uni Potsdam so viel und qualitativ hochwertig gelernt. Im Gegensatz zu pseudo objektiven und überbewerteten Hausarbeiten wurde man in Valencia dazu motiviert regelmäßig vom Umfang her kleinere und stichhaltige Essays einzureichen, welche in der Wertung maximal 30% der Endnote ausmachten. Diese Betonung des Inhaltlichen nahm dem Schreiben den Druck und brachte mich zu der Einsicht, dass akademische Arbeit und das Verfassen argumentativer wissenschaftlicher Aufsätze großen Spaß machen kann. Dem entsprechend steil war meine Lernkurve, denn bis auf eine Ausnahme hatte ich im Bachelor an der Uni Potsdam noch keinen Essay geschrieben.
Es mag rückblickend betrachtet auch an der Bündelung meines Interessenfeldes gelegen haben, dass ich aus diesem Semester eine Menge mitgenommen habe, die innovative, multimediale und feedback-orientierte Lehre machte aber einen großen Anteil meines positiven Fazits aus. Dank der Erfahrungen des Semesters in Valencia fühle ich mich in meinen Interessen bestätigt und bewerbe mich aktuell auf verschiedene Masterstudiengänge im Bereich Internationale Beziehungen im In- und Ausland.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Darüber hinaus nutzte ich den Aufenthalt in Valencia, um mich vor Ort sozial zu engagieren. Nach einiger Suche stieß ich auf die NGO InteRed, welche sich der Implementierung der SDGs widmet. Soziales Engagement kann helfen, an einem neuen Ort anzukommen, Kontakte zu knüpfen und die Zeit vor Ort sinnvoll zu nutzen!
Einen großen Anteil des „Erasmus“-Erlebnisses macht der Kontakt zu europäischen Studierenden aus. Ich hatte das Glück nicht in einer „deutschen Bubble“ zu landen und fand so schnell Kontakt zu Kommiliton*innen aus allen Ecken Europas. Neben zahlreicher Kennenlernveranstaltungen der Universität, bei denen man leicht Freundschaften schloss, hatte ich das Glück in eine 11-köpfige WG ziehen zu dürfen, in der man immer jemanden fand, um etwas zu unternehmen. Da die Wohnung über eine große Küche und genügend sanitäre Anlagen verfügte, war das Zusammenleben sehr entspannt und konfliktfrei.
Kontakt zu spanischen Studierenden knüpfte ich vor allen Dingen über die Uni und anstehende Projekte. Ich habe die spanische Bevölkerung im Allgemeinen und die aufnehmende Studierendenschaft insbesondere als ausgesprochen interessiert und kontaktfreudig erlebt, sodass keine Gefühle von Einsamkeit oder Anschlusslosigkeit entstand. Ohne Zweifel hat Valencias Bar und Club Scene zudem viel zu bieten und bei 23 Grad Celsius und strahlendem Sonnenschein im Januar kommt keine Langweile auf. Darüber hinaus verfügt Spanien über ein ausgefeiltes Bahn- und Bussystem, was Reisen in die entlegensten Ecken des Landes sehr komfortabel und verhältnismäßig kostengünstig macht.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Neben der regulären Uni und dem gehörigen Anteil an Freizeit schrieb ich mich an einer Sprachschule ein, um mein Spanisch auf B2 Niveau zu bringen. Leider waren die Plätze des Sprachkurses der UEV schnell vergeben, weshalb ich mich anderweitig umschauen musste. Die Kurse fanden drei Mal die Woche vor der Uni statt und bereiteten auf eine B2-Prüfung vor. Da die Prüfungen aber zentral vom DELE Institut vorgenommen wurden und passende Prüfungen nur Mitte bis Ende Februar stattfanden, verpasste ich die Chance mir mein verbessertes Sprachlevel zertifizieren zu lassen. Auch wenn man unter Erasmus Studierenden meist Englisch sprach, gelang es im täglichen Austausch mit Spanier*innen das Sprachbewusstsein zu erhöhen und auf ein konversationssicheres Niveau zu kommen.
Wohn- und Lebenssituation
Wie eingangs bereits beschrieben, fand ich meine Unterkunft über eine Internetseite (idealista.es) nach meiner Ankunft in Valencia. Da die Wohnung in einem Altbau in einem der teureren Viertel der Stadt gelegen war (Gran Via Marques del Turia, Russafa/ Gran Via), betrug die Miete durchschnittliche 400€ im Monat warm. Fußläufig binnen weniger Minuten zu erreichen waren Super- und Wochenmärkte, zahlreiche Restaurants, Cafés und Bars, der Park Turia einschließlich der Stadt der Künste und Wissenschaften sowie der historische Stadtkern. Darüber hinaus war der tägliche Weg zur Uni sowohl zu Fuß als auch über das Sharingangebot von Fahrrädern und E-Scootern/Rollern bequem zu erreichen. Auch wenn der Erasmus Kredit die Lebensunterhaltungskosten bei Weitem nicht deckt (nicht einmal die Miete), ist er eine große Hilfe! Da ich nicht allzu sehr auf das Geld achtete, hatte ich monatliche Ausgaben von etwa 1.400 €, wobei regelmäßige Reisen und mehrfaches Ausgehen pro Woche eingerechnet sind.
Studienfach: Politik, Verwaltung und Organisation
Aufenthaltsdauer: 09/2019 - 02/2020
Gastuniversität: Universidad Europea de Valencia
Gastland:Spanien
Rückblick
Alles in allem war das Erasmus-Semester eine großartige Erfahrung, die sich noch einmal stark von einem Auslandspraktikum unterschied. Ich kann sie jedem/r nur Empfehlen unabhängig des Studienschwerpunkts. Valencia ist ohne Zweifel ein hervorragender Studienstandort und eine vielseitige Metropole. Da die Zeit schnell wieder vorüber ist, sollte jeder Tag genossen und so viel ausprobiert wie irgend möglich werden. Negative Erfahrungen habe ich keine erwähnenswerten gemacht, in jedem Fall ist ein Ansprechpartner aber nicht weit weg.