Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Meine Erfahrungen mit der Vorbereitung auf meinen Erasmus-Aufenthalt waren insgesamt positiv. Das Erasmus+ Programm wurde gut organisiert, und das International Office der Universität Potsdam stand sowohl per Mail als auch telefonisch und in Präsenz am Campus Neues Palais für Fragen zur Verfügung. Zudem konnte ich erste Unklarheiten und Bedenken mit meiner zuständigen Austauschkoordinatin klären.
Nach dem Einreichen meiner Bewerbungsunterlagen erhielt ich schnell eine Bestätigung über dessen Eingang und den Hinweis zu noch nachzureichenden Dokumenten. Für die endgültige Rückmeldung über die Auswahl der Partnerhochschule musste ich mich jedoch bis Mitte März gedulden. Leider wurde ich nicht für Valencia, meine Wunschstadt, ausgewählt, jedoch bekam ich für meinen Zweitwunsch in Murcia einen Platz. Nach der erfolgreichen Annahme meines Erasmusangebotes gab es viele Formulare, die im Erasmus-Portal hochgeladen und an die Partneruniversität geschickt werden mussten. Die Informationen dafür ließen sich mit der Auseinandersetzung der Erasmus-Website der Uni Potsdam finden und auch aus zahlreichen Mails entnehmen. Dank einer umfassenden Infoveranstaltung für alle Erasmus-Studierenden wurden die Einzelheiten im Endstadium vor dem Auslandaufenthalt ausführlich besprochen und wichtige Aspekte hervorgehoben, die es zu beachten galt. Die Bewerbungsunterlagen für die Gasthochschule waren umfangreich, erforderten jedoch keine unlösbaren Herausforderungen. An der Universität Potsdam war der Support stets verfügbar, sodass ich mich gut aufgehoben gefühlt habe. Dennoch war der bürokratische Aufwand nicht zu unterschätzen, und das Ausfüllen sowie das Einreichen der Formulare nahm viel Zeit in Anspruch. Das Erasmus-Team verschickte jedoch regelmäßig Erinnerungen zu fehlenden Dokumenten, was hilfreich war.
Die Kontaktaufnahme mit der Gasthochschule nach der Zusage nahm etwas Zeit in Anspruch, da die Rückmeldungen nicht immer sofort kamen. Besonders wichtig war es, die Ferienzeiten der ausländischen Universität zu berücksichtigen und einzuplanen. In meinem Fall war die Uni Murcia während des gesamten Augusts geschlossen, sodass frühzeitige Kontaktaufnahme für letzte Fragen vor dem Semesterstart Anfang September notwendig war. In Murcia gab es zudem ein Buddy-System, bei dem internationalen Studierenden auf Wunsch ein lokaler Ansprechpartner zugewiesen wurde. Ich habe dieses Angebot genutzt und fand es besonders zu Beginn hilfreich. Mein Buddy war zwar nicht sehr aktiv, aber gut über WhatsApp erreichbar, was sich für den Anfang als praktisch erwiesen hat.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem an der Universität Murcia war etwas anders aufgebaut als in Deutschland. Die Bachelorstudiengänge im Sportbereich wurden dort zwei Schwerpunkte unterteilt, Ernährungswissenschaften und Sportwissenschaften. Eine weitere Spezialisierung, wie auf das Lehramt, erst im Master erfolgte. Im Gegensatz zum deutschen Lehramtsstudium, in dem zwei Fächer kombiniert werden, studieren angehende Lehrkräfte in Spanien nur ein Fach. Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen System war außerdem die feste Stundenplanstruktur. Die Studierenden wurden in Jahrgänge und vier Untergruppen eingeteilt. Dadurch konnte man sich die Kurse nicht individuell zusammenstellen, sondern hatte einen vorgegebenen Stundenplan, den alle Studierenden des jeweiligen Jahrgangs gleichermaßen absolvierten.
Die Organisation der Lehrveranstaltungen ähnelte der an der Universität Potsdam. Es gab sowohl Praxis- als auch Theoriekurse, wobei die Praxisanteile stets auch theoretische Inhalte enthielten. Ich habe mich hauptsächlich für Praxiskurse entschieden, da alle Kurse an der Sportfakultät ausschließlich auf Spanisch angeboten wurden und Theoriekurse mich sprachlich überfordert hätten. Während die Anforderungen in den Kursen grundsätzlich vergleichbar waren, hatten Theorieklausuren in den Praxiskursen ein höheres Gewicht als die Praxisleistungen.
Das Notensystem in Spanien unterscheidet sich zu dem Deutschen: Die höchste Note ist eine 10 (entspricht 100%), während eine 5 (50%) zum Bestehen eines Kurses erforderlich ist. Die Leistungspunkte der Kurse heißen ECTs, sind vom Wert aber den LPs gleichzustellen, sodass sie direkt ins deutsche System übernommen werden können. Die Anzahl der Punkte pro Kurs war ähnlich wie an der Universität Potsdam, teilweise etwas höher.
Das Studienklima war sehr angenehm und familiär. Die Studierenden waren offen, gesellig und verbrachten viel Zeit miteinander. Dies lag auch daran, dass sich der Sportcampus in San Javier befand, einem kleinen Ort ohne weitere Fakultäten. Dadurch war die Sportfakultät besonders eng verbunden. Mein zugeteilter Buddy war zwar nur für Fragen im Vorfeld hilfreich, aber vor Ort gab es ein Sekretariat, das als Anlaufstelle diente. Das International Office befand sich hingegen in der Stadt Murcia, sodass ich es nur einmal zu Beginn für die Confirmation of Stay aufgesucht habe.
Die Dozierenden waren besonders hilfsbereit und entgegenkommend, vor allem gegenüber Erasmus-Studierenden. Es gab sogar kleine Nachteilsausgleiche bei den Klausuren, wie beispielsweise das Benutzen eines Lexikons oder etwas mehr Zeit zur Fragenbeantwortung. Die technische Ausstattung war auf einem ähnlichen Niveau wie in Potsdam. Es gab Smartboards, eine eigene Sportstätte für Praxiskurse (vergleichbar mit dem Luftschiffhafen in Potsdam) und Computerpools. Insgesamt waren die Räumlichkeiten etwas kleiner als in Potsdam. Besonders positiv war, dass die Sportfakultät einen eigenen Fitnessraum hatte, der kostenlos für alle Studierenden nutzbar war.
Für mich war es schwierig, mein Studium mit dem System der Gastuniversität zu vereinen, da ich im Sportlehramtsstudium bereits fast alle Kurse abgeschlossen hatte und vor allem für mein Doppelstudium Managementkurse benötigte. Diese waren nur an der Business-Fakultät verfügbar, die jedoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwei Stunden entfernt lag. Gleichzeitig war ich verpflichtet, mindestens 50% meiner Kurse an der Sportfakultät zu belegen, über die das Stipendium lief.
Trotz des hohen Aufwands entschied ich mich, zwei Kurse an der Business-Fakultät zu belegen, um Leistungspunkte zu sammeln. Allerdings war der lange Pendelweg eine große Herausforderung. Ich würde es niemandem empfehlen. Das Unisystem war für meine Studiensituation schwer kompatibel, aber für Studierende mit mehr offenen Sportkursen sicherlich gut geeignet.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Vor meinem Erasmus-Aufenthalt hatte ich Bedenken, wie schnell ich Kontakte knüpfen und mich in den Alltag integrieren würde. Das stellte sich jedoch als sehr einfach heraus. Die Universität bot zahlreiche Veranstaltungen für Erasmus-Studierende, darunter Kennenlern-Events, Feiern und Ausflüge, vor allem in der Stadt.
Da es an der Sportfakultät in San Javier nur wenige Erasmus-Studierende gab (insgesamt 10), bildeten wir schnell eine enge Gruppe, die mir über die Zeit sehr ans Herz gewachsen ist. Auch mit den einheimischen Studierenden war es leicht, ins Gespräch zu kommen, da sie mir gegenüber sehr offen und hilfsbereit waren.
Ein großes Hindernis für mich war jedoch die Sprachbarriere, da kaum jemand Englisch sprach. Mit meinem A1-Level in Spanisch war die Kommunikation anfangs schwierig. Nach und nach fand ich jedoch über Kurse und gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Beachvolleyball Anschluss auch zu Einheimischen. Insgesamt habe ich die Menschen als sehr offen und herzlich erlebt – sobald man auf sie zugeht, wird man in der Regel freundlich aufgenommen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Wie bereits erwähnt hatte ich zu Beginn meines Erasmus-Aufenthalts nur ein A1-Level in Spanisch, was sich als nicht ausreichend erwies, da fast niemand Englisch sprach – weder Studierende noch Dozenten. Glücklicherweise konnten die anderen Erasmus-Studierenden sowohl Englisch, als auch besseres Spanisch als ich, wodurch sie mir im Unialltag weiterhelfen konnten.
Es dauerte etwa zweieinhalb Monate, bis sich bei mir ein Schalter umlegte, ich mehr Spanisch verstand und auch ins Sprechen kam. Besonders hilfreich war, dass die anderen Erasmus-Studierenden in der Regel untereinander auf Spanisch sprachen und einfaches Vokabular nutzten, was ich besser verstand als die rasanten Konversationen der Einheimischen. Eine große Herausforderung war zudem der starke Akzent in Murcia, wodurch viele Wortteile verschluckt wurden.
Leider konnte ich keinen Spanischkurs an der Universität Murcia besuchen, da dieser nur als Intensivkurs in der Stadt angeboten wurde und für mich nicht erreichbar war. Auch Sprachschulen hatten keine Plätze für mein Level, sodass ich mir mit privater Nachhilfe und Duolingo weiterhelfen musste. Gegen Ende des Aufenthalts machte ich deutliche Fortschritte, was es umso bedauerlicher machte, dass ich genau zu dem Zeitpunkt abreisen musste, an dem ich anfing flüssigere Konversationen zu führen und ich auch im Alltag hauptsächlich Spanisch sprach. Ich habe großen Gefallen an der Sprache gefunden und werde sicherlich weitere Sprachkurse über Studium+ wählen.
Wohn- und Lebenssituation
Die Unterkunftssuche in Spanien war herausfordernd, da viele Wohnungen kurzfristig frei werden und die meisten Spanier laut meinen Erfahrungen keine Wohnungen lange im Vorraus anbieten. Die Wohnungssuch-App Idealista war für viele hilfreich, jedoch nicht worüber ich letztendlich meine Wohnung fand. In San Javier hatte ich zuerst vor mir eine WG mit einheimischen Sportstudierenden zu suchen, aber die meisten suchten WG-Mitglieder für Langzeitaufenthalte. Es gab etwas Hin- und Her und ich bekam kurzfristige Absagen bei Wohnungen, die mir schon zugesichert wurden. Anfang September flog ich ohne Wohnung nach Spanien und verbrachte zunächst vier Tage in Valencia bei meinem Bruder. Schließlich fand ich über einen anderen Erasmus-Studenten eine Wohnung, die jedoch einen sehr unstrukturierten und bedenklichen Mietvertrag hatte, wodurch ich Bedenken hatte, ob das Wohnungsangebot überhaupt echt war. Letztlich stellte sich der Vermieter als super nett und die Wohnung als wunderschön heraus. Ich habe daraus mitgenommen, dass mit der deutschen Strukturiertheit in Spanien nicht zu rechnen ist. In der Fakultät hingen auch Wohnungsanfragen aus, worüber ich vielleicht auch fündig geworden wäre. Letztendlich hatte ich einen echten Glücksgriff mit meiner Wohnung; Ich wohnte mit einem Italiener und einem Franzosen in einer günstigen, großen Wohnung mit Terrasse und Orangenbäumen dicht an der Fakultät und am Strand.
Innerhalb der Stadt Murcia bei den anderen Fakultäten gab es diverse öffentliche Verkehrsmittel, jedoch in meinem kleinen Ort kaum. Die Verkehrsanbindung war unregelmäßig, es gab einige Busse, aber zum Beispiel fuhr der einzige Bus nach Murcia nur alle zwei Stunden und es gab keine Möglichkeit nach 21 Uhr zu pendeln. Das machte es unmöglich, abends in der Stadt zu bleiben, das Nachtleben zu genießen und danach zurückzufahren. In San Javier kaufte ich mir ein Second-Hand-Fahrrad, was mir meinen Alltag ungemein erleichterte.
Lebenshaltungskosten waren besonders abseits der großen spanischen Städte, sowie auch bei mir, deutlich günstiger als in Potsdam. Auch zum Einkaufen waren viele Produkte etwas günstiger, allerdings gab ich für Essen insgesamt mehr Geld aus, da ich oft in Tapas-Bars Kleinigkeiten bestellte und mich kulinarisch ausleben wollte.
Die Freizeitmöglichkeiten beschränkten sich auf ein Beachvolleyballfeld, den Strand sowie ein Einkaufszentrum mit günstigem Kino und Bowlingbahn. Die Umgebung bot außerdem auch schöne Ausflugsziele, wie nahe liegende Städte oder auch Naturlandschaften mit Wanderwegen, die zum Teil auch gut mit dem Bus erreichbar waren. In San Javier gab es auch einige Bars. Zum Feiern gehen war das Leben dort jedoch nicht gemacht. Es gab einen kleinen Club, der an Wochenenden öffnete und der unter den Studierenden auch beliebt war. Wer jedoch das Nachtleben in Berlin lebt und liebt, trifft dort nicht auf vergleichbare Angebote.
Studienfach: Sport Lehramt Sek. I & II, Sportmanagement
Aufenthaltsdauer: 09/2024 - 01/2025
Gastuniversität: Universidad de Murcia
Gastland:Spanien
Rückblick
Insgesamt war mein Erasmus-Aufenthalt eine unglaublich bereichernde Erfahrung, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Ich konnte tief in die spanische Lebensweise und die lokale Kultur eingetauchen und habe die Gastfreundschaft der Menschen, das angenehme Klima und die kulinarischen Köstlichkeiten sehr lieben gelernt. Für Erasmus-Studierende gibt es, besonders in den großen Städten, viele Angebote und Aktivitäten, die die Integration sehr einfach machten. Darunter wurden viele Treffen von ESN organisiert und auch Fahrten und Städtereisen organisiert. Die größte Herausforderung war eher, den Kontakt zu den Einheimischen zu suchen und nicht nur mir anderen Erasmus-Studierenden Zeit zu verbringen. Die Offenheit der Spanier habe ich als sehr groß erlebt, und es lohnt sich wirklich, auf sie zuzugehen und auch außerhalb der internationalen Gemeinschaft Freundschaften zu schließen.
Der Aufenthalt hat mich persönlich sehr weitergebracht, sowohl im Umgang mit anderen als auch in meinem Selbstvertrauen, schwierige Situationen und Herausforderungen bewältigen zu können. Ich habe spannende Einblicke in eine andere neue Lebensweise gewonnen, die mir neue Perspektiven eröffnet haben. Am präsentesten für meine Zeit in Spanien werden wohl die Menschen sein, die ich kennenlernen durfte und von denen ich einige fest ins Herz geschlossen habe. Ich freue mich schon darauf, sie in Zukunft zu besuchen.
Ich bin sehr froh, diese Erasmus-Erfahrung gemacht haben zu dürfen! Auch wenn Murcia bzw. San Javier nicht die perfekte Wahl für mein Studium war, bleibt diese Stadt ein besonderer Teil meiner Erinnerungen und ein Ort, an dem ich mich ein Stück zu Hause fühle.