Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Im Jahr 2023 habe ich einen Freund in Finnland besucht, der dort ein Erasmus-Auslandssemester absolviert hat. Schon während der wenigen Tage, die ich bei ihm verbrachte, wurde mir schnell klar, dass ich ebenfalls gerne ein solches Semester im Ausland machen möchte. Bis dahin hatte ich allerdings angenommen, dass dies während eines Lehramtsstudiums nur schwer realisierbar sei.
Zurück in Deutschland informierte ich mich auf der Website der Universität Potsdam und stellte dabei fest, dass es zahlreiche Möglichkeiten für ein Auslandssemester gibt. Ich habe mir die Partneruniversitäten im Detail angesehen und mich intensiv mit Erfahrungsberichten früherer Studierender auseinandergesetzt, was mir bei der Entscheidungsfindung sehr geholfen hat.
Schließlich habe ich mich für die University of Bergen in Norwegen entschieden, da sowohl das Land als auch die Stadt und das studentische Leben meinen Vorstellungen entsprachen. Der anschließende Bewerbungsprozess gestaltete sich sehr übersichtlich und unkompliziert. Sowohl die Universität Potsdam als auch die Universität in Bergen haben mich während des gesamten Prozesses unterstützt und mich jeder Zeit umfassend darüber informiert, welche Unterlagen noch einzureichen waren.
Studium an der Gastuniversität
Die Universität in Bergen hat ein Studiensystem, das dem der Universität Potsdam in vielerlei Hinsicht ähnelt. Alle organisatorischen Aspekte der Studienplanung, wie beispielsweise die Kursbelegung, werden über das Portal „StudieWeb“ geregelt, das in seiner Funktionalität mit „PULS“ vergleichbar ist. Die Verwaltung der Kurse erfolgt anschließend über die Plattform „Mitt.uib“, auf der alle relevanten Informationen und Dokumente bereitgestellt werden. Dies entspricht dem „Moodle“-System an der Universität Potsdam.
Der größte Unterschied für mich lag in der Anzahl der Leistungspunkte, die man für einen Kurs erhält. Um die empfohlene Anzahl von 30 Leistungspunkten zu erreichen, musste ich letztendlich nur drei Kurse belegen. Dazu gehörte ein Norwegisch-Sprachkurs, für den ich 7,5 LP erhielt, ein Kurs zur norwegischen Kultur und Sprache, der mit 15 LP bewertet wurde, und eine Vorlesung zur Entwicklungspsychologie, für die ich 6,5 LP erhielt. Leider konnte ich mir im Nachhinein keinen dieser Kurse für mein Lehramtsstudium anrechnen lassen. Dennoch fand ich es sehr bereichernd, Einblick in ganz andere Themenbereiche zu bekommen. Das kann ich auch jedem empfehlen, der bereit ist, etwas mehr Zeit in sein Studium zu investieren.
Allerdings war es auch etwas schwierig, passende Kurse für mein Lehramtsstudium zu finden, da in Bergen nur wenige Angebote für Bildungswissenschaften vorhanden sind. Wer also ein Auslandssemester in Bergen mit dem Schwerpunkt Bildungswissenschaften plant, sollte sich bewusst sein, dass dies wahrscheinlich zu einer Verlängerung der Regelstudienzeit führen könnte, auch aufgrund der anderen Vergabe von Leistungspunkten.
Die häufigste Prüfungsform in Bergen sind „Take-Home-Exams“. Dabei musste innerhalb eines festgelegten Zeitraums ein Essay mit einer bestimmten Wortanzahl verfasst werden. Ich empfand diese Prüfungsform als gut machbar und besonders geeignet für Studierende, die sich in ihrem Englisch noch nicht ganz sicher fühlen. Auf der Website der Uni kann man sich im vorhinein genau informieren, welche Prüfungen für welchen Kurs vorgesehen sind.
Die Universität selbst ist sehr gut ausgestattet. Es gibt zahlreiche Bibliotheken und Cafeterias mit Lernplätzen, die über die ganze Stadt verteilt sind. Besonders in der Prüfungszeit haben wir uns häufig dort verabredet, um gemeinsam zu lernen und die Mittagspausen zusammen zu verbringen. Diese gemeinsame Atmosphäre hat meine Lernmotivation deutlich gesteigert, und das angenehme Lernklima in den Räumen war ein großer Vorteil für mich.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Zu Beginn des Semesters bietet die Universität Bergen eine Willkommenswoche an, die ich jedem nur empfehlen kann. Während dieser Woche wird man in sogenannte „Fadder-Groups“ eingeteilt, die von einheimischen Studierenden, den „Faddern“ bzw. Mentoren, geleitet werden.
Die Fadder-Groups organisieren eine Vielzahl an Aktivitäten wie beispielsweise darunter Campus- und Stadtreallys. Abends gibt es meist Partys oder Treffen, bei denen man in viele neue Leute kennenlernen kann – sowohl Norweger als auch internationale Studierende. Für mich war die Willkommenswoche der perfekte Einstieg ins Semester. Sie hat mir geholfen, schnell Anschluss zu finden, mich mit der Stadt vertraut zu machen und von Anfang Ansprechpartner und Bezugspersonen zu haben.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Einer meiner Vorsätze für das Auslandssemester war, meine Englischkenntnisse zu verbessern – und das habe ich definitiv geschafft. Da alle Kurse an der Universität auf Englisch stattfinden und die meisten Norweger sehr gutes Englisch sprechen, kommt man gar nicht drumherum, die Sprache regelmäßig zu nutzen.
Allerdings sollte man sich von Anfang an darum bemühen, auch Kontakte außerhalb der deutschsprachigen Studierenden zu knüpfen, denn deutsche Kommilitonen gibt es in Bergen einige. Sich bewusst mit Menschen aus verschiedenen Ländern zu vernetzen, hat mir nicht nur sprachlich geholfen, sondern macht das gesamte Erlebnis viel vielfältiger und spannender.
Zusätzlich habe ich einen Norwegisch-Sprachkurs besucht, in dem ich die Grundlagen der Sprache gelernt habe. Allerdings war es etwas schwierig, diese Kenntnisse im Alltag zu vertiefen, da man Norwegisch in den meisten Situationen nicht wirklich benötigt – fast alle sprechen lieber Englisch.
Wohn- und Lebenssituation
Die Universität in Bergen bietet eine Housing-Garantie für internationale Studierende. Wenn man sich rechtzeitig um eine Unterkunft bewirbt, wird einem auf jeden Fall etwas angeboten, auch wenn es nicht immer die bevorzugte Wohnmöglichkeit ist, die man angegeben hat. Alle Informationen hierzu findet man übersichtlich auf der Website der Studentenorganisation „Sammen“. Die Bewerbung ist unkompliziert, und die angebotenen Wohnungen sind für norwegische Verhältnisse recht günstig. Natürlich kann man sich auch selbstständig eine Unterkunft in der Stadt suchen, jedoch sind diese meist deutlich teurer.
Die meisten Erasmus-Studierenden werden in „Fantoft“ untergebracht. Fantoft liegt etwas außerhalb der Innenstadt, ist aber mit der Tram sehr gut erreichbar. Der Wohnkomplex bietet alles, was man für den Alltag braucht: einen Supermarkt, ein Fitnessstudio, einen Club und mehrere Gemeinschaftsräume. Es gibt verschiedene Wohnmöglichkeiten, aber wenn man nur ein Semester bleibt, wird man in der Regel in ein kleines Doppelzimmer mit eigenem Bad eingeteilt. Je nach Zuteilung hat man entweder eine eigene Küche oder teilt sich eine Gemeinschaftsküche in einer größeren WG. Es hat zwar eine Weile gedauert, bis ich mich an die Wohnsituation gewöhnt hatte, aber mit der Zeit habe ich mich daran geöhnt. Besonders für diejenigen, die kein Problem damit haben, sich ein Zimmer zu teilen, kann ich diese Option empfehlen da man schnell neue Leute kennenlernt und man sich nicht so leicht einsam fühlt.
Für kleinere Einkäufe war ich meistens im Supermarkt „Meny“, der direkt in Fantoft liegt. Dieser ist jedoch etwas teurer und ist mit unserem Edeka vergleichbar. Für größere Einkäufe bin ich zum „Kiwi“ oder „Rema 1000“ gefahren, welche eher mit Lidl oder Aldi vergleichbar sind und entsprechend günstiger sind. Um Geld zu sparen, habe ich oft auch auf die wöchentlichen Angebote geachtet. Generell wird in Norwegen fast ausschließlich mit Karte bezahlt, weshalb ich empfehlen würde, sich vorab Apple Pay oder eine ähnliche Funktion einzurichten, das macht vieles einfacher. Auch das Bahnticket und der Studentenausweis funktionieren über das Smartphone. Trotzdem sollte man damit rechnen, dass man in Norwegen insgesamt deutlich mehr Geld für Lebensmittel und Freizeit ausgibt als in Deutschland. In Bars und Restaurants lohnt es sich, gezielt auf Studentenrabatte zu achten.
In meiner Freizeit habe ich viel Sport gemacht. Bei der Studentenorganisation „Sammen“ kann man eine Semestermitgliedschaft abschließen, die einem Zugang zu allen Fitnessstudios, dem Schwimmbad mit Sauna im Studentencenter und den meisten Sportkursen ermöglicht. Ich konnte dadurch viele neue Sportarten ausprobieren, was nicht nur Spaß gemacht hat, sondern auch eine tolle Möglichkeit war, andere Leute kennenzulernen.
Was ich jedem empfehlen würde, ist, einen Rucksack und Wanderschuhe mitzunehmen. Wandern gehört in Bergen einfach dazu! Man kann sich jedoch auch beim Rental Office in Fantoft sehr kostengünstig verschiedenes Outdoor Equipment leihen oder gratis bei BUA (siehe Link im Anhang). Auf jeder Bucketlist eines Erasmus-Studierenden sollte das Besteigen der sieben Berge rund um Bergen stehen. Diese Wanderungen sind auch für Anfänger gut machbar und besonders in den Sommermonaten eine wunderbare Freizeitbeschäftigung. Für Fortgeschrittene gibt es die Herausforderung, alle sieben Berge innerhalb von 24 Stunden zu besteigen.
An den Wochenenden habe ich oft Mehrtageswandertouren zu den DNT-Hütten unternommen, von denen viele in der Nähe von Bergen liegen. Diese Touren waren definitiv eines der Highlights meines Auslandssemesters. Wenn in Bergen einmal die Sonne scheint, was leider nicht allzu häufig der Fall ist, sollte man die Zeit unbedingt draußen in der Natur verbringen.
Studienfach: Bildungswissenschaften
Aufenthaltsdauer: 08/2024 - 12/2024
Gastuniversität: Universitetet i Bergen
Gastland: Norwegen
Rückblick
Mein Erasmus-Semester in Bergen war eine der schönsten Erfahrungen, die ich bisher in meinem Leben machen durfte. In dieser Zeit habe ich unglaublich viel über mich selbst gelernt und bin sowohl selbstständiger als auch selbstbewusster geworden.
Besonders beeindruckt hat mich, wie einfach es ist, Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen. Da alle in derselben neuen Situation sind, fällt es leicht, schnell Kontakte zu knüpfen. So habe ich viele neue Freundschaften geschlossen, und mit einigen von ihnen habe ich bereits zukünftige Reisen und Treffen geplant.
Ich kann jedem nur empfehlen, nach Bergen zu gehen. Die Kombination aus einer sehr gut organisierten Universität, einer wunderschönen Stadt und den offenen, herzlichen Menschen macht dieses Erlebnis wirklich einzigartig.
Sonstige Hinweise
Sammen Studentenorgansiation: https://sammen.no/no
Norwegischer Bergverein DNT: https://www.dnt.no
BUA Rental: https://www.bua.no/utlansordninger/skattkammeret-bergen