Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Die Vorbereitung für das Erasmus+ Programm an der Universität Bergen verliefen durch die ausführlichen Informationen beider Universitäten größtenteils reibungslos. Besonders hilfreich waren die Präsentationen des International Office vor Einreichung aller Bewerbungsunterlagen sowie außerdem, dass auch die Universität Bergen stets schnell und zuverlässig aufkommende Fragen per Mail beantwortet hat. Diese Angebote sollte man meiner Meinung nach auf jeden Fall und frühzeitig nutzen. Die größte „Baustelle“ hat sich meiner Erfahrung nach dadurch ergeben, dass in Norwegen für die Bewerbung und die polizeiliche Registrierung vor Ort (welche letztendlich nicht stattgefunden hat) das Einreichen der Geburtsurkunde notwendig ist, da auf dem deutschen Personalausweis nicht das Geschlecht angegeben ist. Abgesehen davon, dass ich nicht unbedingt verstanden habe, warum diese Angabe von einer solchen Wichtigkeit ist, musste ich persönlich diese zunächst aus meiner Heimatstadt organisieren. Das hat einfach eine gewisse Zeit in Anspruch genommen und ich würde daher allen Bewerbenden raten, diesen Punkt ggf. früh genug zu bedenken. Außerdem würde ich empfehlen das OLA so früh wie möglich zu erstellen und signieren zu lassen. In Norwegen unterscheiden sich die Semesterzeiten und folglich die Erreichbarkeit. In der Vorlesungsfreien Zeit im Sommer wird das OLA ggf. nicht signiert, da niemand an der Universität erreichbar ist. Aus diesem Grund würde ich empfehlen, sich frühzeitig über den Zeitraum der Vorlesungsfreien Zeit an der UiB zu informieren und das OLA einzureichen. Änderungen, bei beispielsweise Überschneidungen der gewählten Kurse, können dann vor Ort entspannt vorgenommen werden. Als weitere Vorbereitung kann ich nur empfehlen mit Studierenden – am besten aus dem eigenen Studienfach – zu sprechen, die bereits das Erasmus+ Programm in Bergen durchlaufen haben. Das Gespräch mit einer Studentin aus der EMW, die ich über den Studiengang kontaktiert habe, hat mir sehr geholfen gewisse Unsicherheiten aufzulösen und auch Tipps zum Leben vor Ort und das Studium durch persönliche Erfahrungen zu erhalten.
Studium an der Gastuniversität & Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden
Ich habe an der UiB das Studienfach Digital Culture besucht - somit ein anderes Studienfach als an der Uni Potsdam. Das war einerseits sehr interessant, um auch andere (und immer noch ähnliche) Disziplinfelder kennen zu lernen und die eigene Perspektive zu erweitern. Beispielsweise habe ich das Fach Electronic Literature belegt. Dieses Medium/ diese Kunstform war mir vorher gar nicht bekannt und es war sehr spannend sich damit auseinander zu setzen. Allerdings war die Seminarauswahl insgesamt meines Erachtens beinahe ausschließlich auf Games fokussiert, was in der Beschreibung des Studiengangs vorab nicht hundertprozentig ersichtlich wurde. Insofern wäre es meine Empfehlung sich diesbezüglich auch vorab bei der UiB zu informieren, vor allem wenn man konkrete Inhalte erwartet oder vielleicht für den eigenen Abschluss benötigt.
Die Organisation und Leistungsbewertung an der UiB innerhalb des Studiengangs und den Seminaren war meiner Erfahrung nach sehr „schulisch“. Es gab eine Anwesenheitspflicht, die auch akribisch dokumentiert wurde und zahlreiche Zwischenabgaben, welche notwendig für die Zulassung für die Finals sind. Dadurch ist das Semester sehr strukturiert, was hilfreich sein kann, aber auch sehr zeitintensiv, gerade wenn man viele Kurse belegt, wo sich ggf. die Zwischenabgaben überschneiden. Hinzu kommt, dass ich teilweise etwas irritiert von den unterschiedlichen Anforderungen in der Seminarvorbereitung und Beteilung im Gegensatz zu den Abgaben war. In meinen Seminaren habe ich die Seminareinheiten teilweise als etwas unbefriedigend empfunden, da wir oftmals einfach in Kleingruppen unsere Lektüreeindrücke besprochen haben. Eine vertiefende Diskussion/ Analyse beispielsweise durch Input der Lehrperson ist dadurch nicht zustande gekommen. In den Abgaben wurde dann allerdings eine sehr tiefgehende Auseinandersetzung erwartet, sprich: die hohe Anzahl von 15 ECTS pro Kurs ergeben sich meiner Meinung nach daraus, dass man für eine gute Leistung enorm viel Eigenarbeit leisten muss, die aber nicht unbedingt auf den Seminareinheiten aufbauen kann, sondern selbst erarbeitet werden muss.
Das Studienklima an der UiB war sehr entspannt. Die Lehrpersonen waren sehr aufgeschlossen und bei jeglichen Nachfragen oder Befindlichkeiten ansprechbar und auffangend. Die norwegischen Studierenden waren in meinen Kursen etwas distanziert. Das ist einerseits verständlich, da Erasmus+ Teilnehmende eben nur temporär in der Stadt bleiben und auch die Einführungswoche(n) zwischen lokalen und internationalen Studis im Programm getrennt sind, andererseits war es manchmal verunsichernd, wenn aus diesem Grund nur bedingt Kommiliton*innen bereit waren in beispielsweise Gruppen-Abgaben mit einem zusammen zu arbeiten. Letztendlich habe ich aber durch eine Gruppenarbeit auch lokale Studierende kennenlernen können, war aber dennoch froh über meine norwegischen Mitbewohner*innen und internationalen Freund*innen.
Ein Ort in der UiB, den ich außerdem empfehlen kann und eventuell unterstützt um Studierende kennen zu lernen ist das Studi Café AddFontes an der humanistischen Universität. Nicht nur gibt es dort kostenlos Kaffee und Tee, sondern sie veranstalten auch regelmäßig Lese- und Quizrunden o.ä.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Ich habe bereits vor meinem Auslandsaufenthalt zwei Einstiegssprachkurse in norwegisch besucht. Das war auf jeden Fall hilfreich, da gewisse Grundlagen bereits vorhanden waren, auf die man in dem sehr umfangreichen Sprachkurs (gerade für die kurze Zeit) aufbauen konnte. In Norwegen habe ich den intensiveren Sprachkurs der Universität durchlaufen, wodurch sich mein norwegisch stark verbessert hat und ich mich auch in alltäglichen Situationen in norwegisch verständigen konnte. Besonders hilfreich war aber meines Erachtens, dass ich mit norwegischen Studierenden zusammengewohnt habe. Dadurch konnte ich Unterschiede in den Dialekten kennenlernen und das Lernen wurde „natürlich“ in den Alltag eingebunden – durch gemeinsames Ansehen von norwegischen TV-Serien, dem Spielen von Banana Grams (einer Art Scrabble) oder der Anwendung von Vokabeln z.B. beim gemeinsamen Kochen. Neben meinen norwegischen Sprachkompetenzen hat sich aber auch mein Englisch verbessert. Durch meine berufliche Erfahrung - in der ich auch größtenteils Englisch spreche – waren meine Englischkenntnisse meines Erachtens bereits sehr gut, allerdings hilft das Studieren komplett auf Englisch an der UiB sehr, um auch das akademische Englisch zu verbessern und den Wortschatz zu erweitern.
Wohn- und Lebenssituation
Die UiB bzw. Organisation sammen sichert Erasmus+ Teilnehmenden eine Unterkunft in den Studierendenwohnheimen. Das ist ein großer Vorteil, da diese günstig und ohne großen Aufwand in Anspruch genommen werden können. Da diese allerdings durchaus etwas außerhalb liegen, man als Exchange Studi meist mit einer Person auch das Schlafzimmer teilt und die WG’s meist ausschließlich aus internationalen Studierenden bestehen, habe ich mich dazu entschlossen eine WG mit norwegischen Mitbewohner*innen zu suchen. Ich habe dazu die Plattform hybel benutzt, welche zwar auf norwegisch ist (sprich man muss alles übersetzen), aber leicht zu handhaben. Ich habe tatsächlich sehr viele Bewerbungen herausschicken müssen, bis ich ein erschwingliches WG-Zimmer mit zwei Norweger*innen gefunden habe. Das Zimmer konnte ich allerdings erst im September, also nach einem Monat beziehen. Vorher habe ich tatsächlich über Airbnb ein Zimmer bei einem Ehepaar gefunden, welche die Zimmer ihrer erwachsenen Kinder für Studierende als Übergangssituation sehr günstig vermieten. Im Endeffekt war diese Kombination für mich ein Glücksgriff. Meine Hosts im August waren super lieb und wir hatten unglaublich tolle und anregende Gespräche, sodass wir auch danach in Kontakt geblieben sind. Durch meine Mitbewohner*innen konnte ich dann die Stadt auch über lokale, norwegische Studierende kennenlernen. Außerdem hatte ich in meiner letztendlich WG einen fantastischen Ausblick, da ich nahe dem Fløyen wohnen konnte. Die Miete war ebenfalls recht erschwinglich, allerdings kann ich empfehlen mit den Vermieter*innen vorab abzusprechen, wie lange man bleibt und wie man die Kaution regelt, da man teilweise für die Kaution eine sogenannte D-Nummer vom Finanzamt benötigt, diese aber nur bekommt, wenn man länger als sechs Monate bleibt. Bei mir war es in Absprache mit den Vermieter*innen aber kein Problem.
Selbst zu meiner Unterkunft auf dem Berg konnte man größtenteils die gut angebundenen öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Zwar ist ein monatliches Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel nicht von der UiB gestellt, aber mit dem Studierendentarif „erschwinglich“. Außerdem kann man auch für die Scooter einen monatlichen Tarif abschließen. Was ich im Nachhinein nicht empfehlen würde, ist mit dem Auto anzureisen. Ich habe das Auto genutzt, um Freund*innen im Landesinneren ab und an zu besuchen, allerdings hat sich das, trotz des Vorteils flexibel Ausflüge machen zu können, größtenteils als lästige Baustelle herausgestellt. In Bergen gibt es eigentlichen keinen einzigen kostenfreien Parkplatz – lediglich nahe des Hafens, im Gebiet Møhlenpris vor einem hölzernen Zaun. Und auch, wenn meine Vermieter*innen mir vorab versichert haben, dass ich mein Auto als Bewohner*in registrieren kann, war dies nicht möglich. Das lag erneut an der D-Nummer, die man dafür benötigt und da ich nicht sechs Monate vor Ort war nicht erhalten konnte. Demnach war die einzige Möglichkeit vor besagtem Zaun Wache zu halten oder zeitweise konnte ich durch meinen Mitbewohner vor der Architekturhochschule in Bergen parken.
Die Lebenshaltungskosten in Norwegen sind hoch. Das Norwegen teuer ist, ist ja bekannt, aber ich war doch erstaunt, wie hoch die Kosten für bestimmte Lebensmittel sind. Das ist teilweise etwas frustrierend und ich würde empfehlen, wenn irgendwie möglich vorab möglichst viel anzusparen.
Freizeitangebote wiederum sind sehr erschwinglich. Ich kann empfehlen die örtlichen Museen zu besuchen, welche für Studierende sehr billig sind sowie die Theatergarasjen, Konzerte in der Kunsthalle, dem Club Hulen oder in der USF Verftet sowie die offenen Salsa-Abende auch in der USF Verftet oder dem Club Biblioteket – diese waren sogar kostenfrei. Ansonsten empfehlen sich natürlich die zahlreichen Wandermöglichkeiten und das Nordnes Bad, welches ein Outdoor Pool mit Sauna und Fjordzugang mit wunderschönen Ausblick ist.
Links:
- Hybel: https://hybel.no/
- Kunsthalle Bergen: https://www.kunsthall.no/en/#
- Kode: https://www.kodebergen.no/en
- Naturkundemuseum/ Universitätsmuseum: https://www.uib.no/en/universitymuseum
- Theatergarasjen: https://bit-teatergarasjen.no/
- USF Verftet: https://usf.no/
- Hulen: https://www.hulen.no/
- Nordnes Bad: https://nordnessjobad.no/en/
Studienfach: EMW M.A.
Aufenthaltsdauer: 08/2024 - 12/2024
Gastuniversität: Universitetet i Bergen
Gastland: Norwegen
Rückblick
Insgesamt war mein Aufenthalt in Norwegen und der UiB sehr bereichernd. Ich habe meine Perspektive erweitern können, andere Kulturen kennengelernt und vor allem gelernt mich oftmals aus meiner Komfortzone zu trauen. Aus diesem Grund kann ich grundlegend ein Auslandssemester in Norwegen nur empfehlen.