Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Bevor ich nach Tbilisi gereist bin, habe ich einen Sprachkurs am Sprachenatelier in Berlin für ‚Georgisch‘ belegt. Das Angebot für diese Sprache ist selbst im sonst sehr angebotsüberladenen Berlin sehr spärlich. Für mich persönlich war es sehr hilfreich, mit einigen Grundkenntnissen und dem Können des georgischen Alphabets im Land eingereist zu sein. Vor Ort wird an der Universität ebenfalls ein Sprachkurs angeboten, der auf Anfänger_innen ausgelegt ist, allerdings mit gutem Tempo anzieht, wodurch ich nochmal extra von dem vorherigen Sprachkurs profitiert habe. Im Voraus habe ich all meine Kontakte bzgl. Georgien aktiviert, um vor Ort Ansprechpartner_innen für Notfälle, Orientierung und Tipps zu haben, auch was die Wohnungssuche anbelangt. Als deutsche Staatsbürgerin musste ich mich nicht um ein Visum bemühen, da ich mich 365 Tage visumfrei im Land aufhalten darf. Vor allem bezüglich der Wohnungs- bzw. WG-Suche bin ich mich im Voraus in Gruppen bei Facebook eingetreten. Dadurch habe ich direkt einen Tag nach meinem Eintreffen in Tbilisi WGs besichtigen können und zwei Tage später ein tolles WG-Zimmer gefunden. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten vor Betrüger_innen und/oder absolut überhöhten Preisen für Ausländer_innen. Ich habe glücklicherweise ausschließlich gute Erfahrungen damit gemacht. Mir persönlich hat es auch sehr geholfen, dass ich mich im Voraus noch mehr in die Kultur, Geschichte und das aktuelle Tagesgeschehen des Landes eingelesen habe. Dadurch habe ich ein besseres Verständnis und Gefühl für die Menschen und das Land bekommen.
Studienaufenthalt in Tiflis
Wie bereits erwähnt, habe ich während meines Aufenthalts in Tbilisi in einer tollen WG im
Viertel Saburtalo gewohnt. Meine Miete belief sich monatlich auf 450 Lari (mit allem und
sogar Zentralheizung, keine Selbstverständlichkeit) und ist eine ganz gute Zahl zur
Orientierung - es gibt Leute die ein bisschen weniger oder auch auch ein bisschen mehr
bezahlen, entsprechend der Größe und Lage. Es gibt wohl auch die Möglichkeit, sehr billig im
Studierendenwohnheim unterzukommen, dieses ist allerdings sehr weit außerhalb und eine
Anreise an die Uni mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter einer Stunde kaum zu managen.
Zudem sucht man dort vergebens nach guten Einkaufsmöglichkeiten, ATMs, usw.
Was die Regelung von administrativen Fragen anbelangt, ist das auf eine relativ ‚georgische‘
Art und Weise verlaufen. Man sollte sich schon im Voraus darauf einstellen, dass viele Dinge
etwas mehr Zeit bedürfen, als man es vielleicht sonst gewohnt ist. Im Allgemeinen
wurden alle Anliegen von mir und soweit ich es gehört habe auch von anderen bearbeitet
und beantwortet, dies kann allerdings ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen. Auch was
Informationen bezüglich Kursen und Semesterterminen anbelangt hat, kamen erst kurz vor
der Abreise die genauen (und später auch nochmal überarbeiteten) Unterlagen bei mir an,
wodurch die eigentliche Planung des Semesters erst vor Ort erfolgen konnte. Dennoch
wurde sich gut um uns gekümmert und wir hatten eine feste Ansprechpartnerin, die für
unsere Belange zuständig war, was schon einiges sehr erleichtert. Zudem finden die meisten
Kurse erst abends, ca. ab 17 Uhr, oder am Wochenende statt.
Es gibt fast ausschließlich im Master-Programm ein Angebot an englischsprachigen Kursen,
es war jedoch kein Problem für mich, als Bachelor-Studierende diese zu belegen. Für mein
Hauptfach Soziologie habe ich keine Kurse gefunden, allerdings gibt es ein breites Angebot
für South Caucasian and European Studies. Auch wenn ggfs. nicht alle Kurse an der
Universität Potsdam angerechnet werden, habe ich so einen sehr umfangreichen Einblick in
die historische und politische Lage der Region bekommen. Durch die gemischten Kurse -
Georgier_innen und Auslandsstudierende - kamen sehr unterschiedliche und spannende
Sichtweisen mit ein, welche zu anregenden Diskussionen geführt haben. Dadurch sehe ich
diese Zeit als absolute Bereicherung für mich selbst und für mein Studium.
Die Natur im Land ist atemberaubend und absolut jeder Ausflug hat sich sehr gelohnt. Ich
würde es jeder Person sehr ans Herz legen, die Chance zu nutzen, um sich Georgien ein
bisschen näher anzugucken. Auch die Menschen sind uns bis auf ein paar wenige
Ausnahmen stets sehr herzlich und offen begegnet. Es passiert schnell, dass man sich
plötzlich bei einer wildfremden Familie im Wohnzimmer befindet und einem Wein und
Speisen aufgetragen werden. Aber vor allem sobald man Tbilisi verlässt, lohnt es sich,
wenigstens ein paar Brocken Georgisch (oder Russisch) sprechen zu können, das spart
Ärger.
Die meisten Georgier_innen wohnen noch zu Hause und haben neben der Uni häufig einen
Vollzeitjob. Dadurch wird es etwas schwieriger, mit diesen in engeren Kontakt zu kommen,
aber auch an der Uni waren stets alle sehr freundlich, interessiert und hilfsbereit.
Um den öffentlichen Verkehr nutzen zu können, benötigt es eine „Money Metro Card“,
welche man lediglich in Metro-Stationen am Schalter erhält, allerdings überall aufladen kann.
Diese ist notwendig, um mit Bussen, Minibussen (Mashrutkas) und der Metro fahren zu
können. Um von A nach B zu finden, lohnt es sich, Apps dafür zu verwenden, wobei mir die
Fortbewegung mit Mashrutkas in der Innenstadt bis zum letzten Tag ein Rätsel blieb.
Taxifahren ist hier um ein Vielfaches billiger als in Deutschland (ca. 1-2€ pro Fahrt), wobei ich
mir die Taxis ausschließlich per App (Yandex) bestellt habe. Dadurch hab ich mir das
Verhandeln mit den Fahrern gespart und fühlte mich auch etwas sicherer vor
Bedrängungsversuchen. Allgemein empfehle ich, sich immer hinten ins Auto reinzusetzen
und einigermaßen bei klarem Verstand zu sein.
In der Regel habe ich mich zu jeder Tages- und Nachtzeit sehr sicher gefühlt in der
gesamten Stadt. Dennoch habe ich persönlich und auch von anderen Mitstudierenden
gehört, dass es speziell mit Taxifahrern zu unangenehmen Erfahrungen kam. Dadurch habe
ich mich mit durch den Gebrauch der App etwas entspannter gefühlt, da jeder Fahrer dort
personalisiert ist und angezeigt werden könnte.
Für medizinische Versorgung und Notfälle kann ich das American Medical Center in Vake
empfehlen, dort gab es kompetente englisch- und deutschsprachige Ärzt_innen, von denen
ich gut und schnell behandelt wurde.
Die Supermarkt-Preise sind relativ mit den deutschen zu vergleichen und einige Produkte
gibt es gar nicht bzw. sind sehr teuer. Abgesehen davon sind die Kosten sehr viel geringer
als in Deutschland. Miete, Restaurants, Bars, Cafés, Transport - alles ist um einiges billiger.
Studienfach: Soziologie/Politik und Verwaltung
Aufenthaltsdauer: 09/2018 - 02/2019
Gastuniversität:Ivane Javakhishvili Tbilisi State University
Gastland: Georgien
Rückblick
Meine Entscheidung, nach Georgien zu kommen, habe ich zu keinem Zeitpunkt bereut und würde es immer wieder tun. Es ist ein sehr spannendes und schönes Land, welches sich aktuell in einem Umbruch befindet. Die Konflikte zwischen Kirche, Sowjet-„Befürworter“ und der nach Europa strebenden Jugend sind stets präsent und spürbar. Es ist ein kontrastreiches Land, mit exzellentem Wein, wunderschönen Landschaften und leckerem Essen, welches immer wieder für Überraschungen gut ist. Ich würde es jedem Menschen ans Herz legen.