Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Da ich bereits schon einmal mit dem Erasmus+ Programm im Ausland war, wollte ich dieses in meinem Master noch einmal nutzen, um eine neue Umgebung kennenzulernen. Die Vorbereitungen beginnen bereits früh. Man sollte sich bereits im Oktober bevor man im darauffolgenden Winter weggehen will, informieren. Bei der Romanistik gibt es eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten und da ich bereits in Südfrankreich war, entschied ich mich diesmal für den Nordwesten des Landes. Hierfür musste ich nur einen kurzen Zettel ausfüllen und an die Erasmuskoordinatorin schicken. Im Januar kam bereits die Zusage für meinen Erstwunsch. Danach dauerte es etwas bis neue Informationen zugeschickt wurden. Im Mai und Juni folgten dann Informationsveranstaltungen des International Office, wo alle wichtigen Belange erklärt werden. Auch wenn ich schon einmal die ganze Prozedur durchgemacht habe, erschien mir vieles kompliziert. Im Mai kam dann auch die erste Mail der Gastuniversität mit allen nötigen Bewerbungsunterlagen, die bis Ende des Monats abgeschickt werden mussten. Dabei konnte man sich für eines der Studentenwohnheime mit einem Klick eintragen (wenn man rechtzeitig dran ist, ist einem der Platz im Wohnheim eigentlich sicher). Das System war sehr einfach gestaltet. Es lief alles über ein Online Portal und man musste nichts mit der Post verschicken.
Studium an der Gastuniversität
Am Anfang erhielten alle Erasmusstudierende eine Liste mit den Kursen und den entsprechenden Leistungspunkten, die wir wählen durften. Leider war es uns nur möglich, Kurse aus zwei verschiedenen Departements zu wählen. Ich entschied mich für Lettres und Allemand, um meine fehlenden Leistungsnachweise nachzuholen. Insgesamt ist das französische Schulsystem sehr verschult. In den meisten Kursen wurde nur ein Text vorgelesen, den die Studierenden Wort-für-Wort mitgeschrieben haben, was für deutsche Studierende doch sehr ungewohnt war. In meinen vier Übersetzungskursen hingegen wurde interaktiv gearbeitet (was jedoch in Frankreich die Ausnahme darstellt). Die Leistungsbewertung war in allen Kursen unterschiedlich. In Frankreich unterscheidet man zwischen den Prüfungsformen Contrôle Continu (2 Klausuren/Aufgaben im Semester), Examen Terminal (Endprüfungen im Januar) und Dossiers (entspricht den deutschen Hausarbeiten). Vorträge als Prüfungsmodalität kommen eher selten vor. Ich hatte in den meisten meiner Kurse die erst beschriebene Form. Vor allem in den Masterkursen werden eher Hausarbeiten gefordert, was sehr lästig werden kann, wenn man viele Masterkurse parallel hat. (Die Hausarbeiten müssen meist in der letzten Vorlesungswoche bereits abgegeben werden.)
In meinen Kursen herrschte, vor allem in den Übersetzungskursen, ein angenehmes Arbeitsklima. Durch die gemeinsame Zusammenarbeit und durch das Departement Allemand durchgeführte Abendveranstaltungen kam man mit seinen Kommilitonen schnell in Kontakt. Dennoch war es in vielen Kursen schwierig Kontakte zu knüpfen.
Die technische Ausstattung war auch nicht zu vergleichen mit der an der Uni in Potsdam. Die meisten Räume hatten maximal einen Beamer. In der Bibliothek gab es zwar Bereiche mit PCs und mit Druckern, aber die waren regelmäßig überlastet, weil 10 Computer einfach nicht für alle Studierenden ausreichten. Vorhanden war theoretisch auch eine Online Plattform (vergleichbar mit Moodle), aber diese wurde nur von sehr wenigen Dozenten genutzt. Arbeitsblätter musste man nicht selbst ausdrucken. Die Professoren haben dies für einen getan und haben sie in den Kursen verteilt.
An der Universität direkt gibt es auch ein Spracheninstitut (CIREFE) für Französisch als Fremdsprache. Während der Bewerbung an der Gastuniversität im Mai konnte man auswählen, ob man einen semesterbegleitenden Sprachkurs (immer zweimal wöchentlich von 18:15 – 20:15 Uhr) belegen will. Ich entschied mich dafür und musste bereits in der Vorbereitungswoche einen Einstufungstest schreiben. Dennoch muss ich sagen, dass meine Dozenten leider nicht wirklich organisiert waren (vor allem im mündlichen Kurs) und der Kurs mir nicht sehr weitergeholfen hat.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Bereits in meinem ersten Erasmussemester ist mir aufgefallen, dass französische Studierende gegenüber Erasmusstudenten relativ verschlossen sind. Auch mein zweiter Frankreichaufenthalt konnte mich nicht vom Gegenteil überzeugen.
Anfangs wurden uns Buddys zugewiesen, die uns in den ersten Wochen helfen sollten, uns zurechtzufinden. Da jedoch jeder Buddy mindestens drei ausländische Studierende zur betreuen hatte, konnte dieses Programm sich nicht recht durchsetzen und nur wenige konnten tatsächlich Kontakt zu ihren Partnern halten.
Ein zweites Buddy Programm wurde von der Organisation ESN Rennes angeboten, wo ich eine nette Französin zugeteilt bekommen habe, mit der ich auch einiges unternommen habe.
Weiterhin hat ESN viele Abende (Karaoke, Crêpes etc.) und Fahrten (Nantes, Disneyland, Bordeaux) organisiert, wodurch man mit den Erasmus Studierenden schnell in Kontakt kam.
Auch die Gemeinschaftsküche war ein Ort, wo man leicht und schnell zu Internationals Kontakt herstellen konnte.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Vor dem Auslandsaufenthalt konnte ich bereits gut Französisch, aber wie es mit einer Fremdsprache ist, kennt man nie alle Wörter und wird wahrscheinlich nie alle kennen. Daher würde ich sagen, dass ich wieder einen großen Anteil meines bereits vorhandenen Vokabulars enorm erweitern konnte.
Wohn- und Lebenssituation
Wie bereits oben beschrieben lebte ich in dem vom International Office angebotenen Studentenwohnheim. Die Zimmer waren sehr klein mit 9 m². Dennoch war dies die günstigste Variante (244 €/Monat). Die Zimmer waren mit einem Bad ausgestattet, nur die Küche wurde gemeinschaftliche etagenweise genutzt. Vorteilhaft war zudem, dass die Universität direkt auf der anderen Straßenseite lag. Auch einen Carrefour gab es in der Nähe (10 Minuten Fußweg).
In Frankreich kann man sich das Wohngeld (CAF) beantragen, was ich jedoch nicht gemacht habe, da man sich dafür extra ein französisches Bankkonto eröffnen muss. Ich empfehle es dennoch vor allem für die Studierenden, die zwei Semester bleiben, da es eine gute finanzielle Stütze ist.
Das Wohnheim war auch nur wenige Gehminuten von den Bushaltestellen und von der Metrolinie entfernt. Rennes ist eine der kleinsten Städte, die über eine Metroanbindung verfügt. Zurzeit wird auch gerade an einer zweiten Linie gebaut, um sich noch effizienter und schneller fortbewegen zu können. Man kann sich (empfehlenswert) ein Monatsticket direkt am Schalter kaufen (ca. 32 €/Monat für unter 26-jährige Studierende). Das Ticket war wirklich praktisch, da man sonst jedes Mal Einzeltickets in Bar am Automaten hätte kaufen müssen. Und vor allem in den ersten Wochen lohnt sich das Ticket wegen der ganzen Führungen und Ausflüge.
In Rennes findet man auch ein enormes kulturelles Angebot vor. Im Theâtre de Bretagne und in der Oper laufen regelmäßig Stücke, die Studierende günstig besuchen können. Aber auch der örtliche Fußballverein (1. Französische Liga) und Handballverein (ebenfalls 1. Liga) laden zu sportlichen Ereignissen ein (Tickets ab 10 €).
Jeden Samstag ist in der Stadt auch Markt, einer der größten in Frankreich, auf dem man bretonische und andere Spezialitäten kaufen kann, aber auch für den Wocheneinkauf gibt es einiges (Brot, Obst etc.).
Auch Shoppingcentren sind reichlich vorhanden. Die Parks laden zum Entspannen ein und ein Spaziergang am Fluss ist eine perfekte Aktivität fürs Wochenende.
Zur Entdeckung der Umgebung ist es schon sehr nützlich ein Auto zur Verfügung zu haben. Ich selbst habe zweimal ein Auto gemietet, um die Region zu erkunden. Aber auch die lokalen und internationalen Busse (Ouibus, Flixbus) und Bahnen führen einen schnell an die schönsten Orte der Bretagne. Auch nach Paris sind es nur 1 Stunde 30 mit dem TGV.
Studienfach: Französisch und Sport
Aufenthaltsdauer: 09/18-12/18
Gastuniversität: Université de Rennes 2
Gastland: Frankreich
Rückblick
Ich habe mir fest vorgenommen von der politischen Lage in Frankreich zu berichten, da diese mich auch direkt betroffen hat.
In Frankreich sind nicht nur die Gelbwesten aktiv, sondern auch Schüler/innen und Studierende, die gegen Macron demonstrieren. An einem Tag erhielten wir die Mail, dass der Präsident für ausländische Studierende (die nicht aus der EU sind), die Einschreibegebühren erheblich erhöhen will. Bereits mit der Ankunft dieser Mail gab es erste Proteste auf dem Campus, die jedoch durch einen Sicherheitsdienst aufgelöst werden konnten. Dennoch entspannte sich die gesamte Lage nicht, stattdessen wurde, unterstützt durch die Gelbwesten, neuer Mut gefasst. Die Studierenen taten sich wieder zusammen und stimmten für eine Blockade der Universität und dies alles in der Prüfungswoche. Von den meisten Studierenden wussten wir, dass es eine solche Situation bereits im vergangenen Mai (2018) gab und sämtliche Orte des Lernens vier Wochen lang blockiert wurden. Mülltonnen wurden abgebrannt etc. Die Situation war tatsächlich katastrophal. Auch das Stattfinden der Klausuren stand in den Sternen. Die Kurse mussten ausfallen. Eigentlich saß ich die gesamten Tage nur vor dem Computer und wartete auf die E-Mails der Dozenten, was nun passieren wird. Eine Klausur musste ich zu Hause schreiben, eine wurde in der Woche vor Weihnachten nachgeschrieben und ein Dozent erlaubte es uns, in einer der Stadtbibliotheken zu schreiben. Die politische Lage hat sich nicht gelockert und die Spannungen bleiben auch weiter bestehen, da die Reformen für die Studenten weiterhin durchgesetzt werden sollen, was die Macron-Gegner weiter aufhorchen lässt. Weitere Blockaden sind zu befürchten.
Trotz der letzten Ereignisse war es ein sehr angenehmer Aufenthalt in Rennes und ich würde die Stadt als Studienstandort weiterempfehlen.