Hineingerutscht? Deutschland und der Kosovo-Krieg
Buchbesprechung von Oberstleutnant Dr. Hans-Peter Kriemann (ZMSBw)
Zeit: Donnerstag, 10. Februar 2022 | 14:00 - 16:00 Uhr
Ort: Audimax der Universität Potsdam
Hörsaal 1.45, Haus 8
Am Neuen Palais 10 in 14469 Potsdam
Anmeldung bis zum 8. Februar an
Johannes R. Fischbach, fischbach@uni-potsdam.de
Am 10. Februar 2022 fand im Audimax eine hochkarätig besetzte Buchvorstellung statt. Gewürdigt wurde das neueste Buch von Hans-Peter Kriemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam, der mit dieser Arbeit an der Universität Potsdam mit Auszeichnung promoviert wurde. Prof. Dr. Neitzel, Erstbetreuer des Autors, freute sich über das ausgezeichnete Ergebnis, während der Vorgesetzte des Autors, Oberst Lange vom ZMSBw, die Qualität der Arbeit lobte.
Die Laudatio hielt Peter Tauber, promovierter Historiker und ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Er hob hervor, wie minutiös „Hineingerutscht? Deutschland und der Kosovo-Krieg“ nachzeichnet, wie die rot-grüne Bundesregierung den Weg 1999 in den ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr seit dem Zweiten Weltkrieg fand. Nicht nur für die Regierungskoalition, mit ihren starken Wurzeln in der Friedensbewegung, sei der Kosovo-Einsatz ein Paradigmenwechsel in der Außenpolitik gewesen, die seither verstärkt militärische Instrumente beinhalte. Insbesondere die Grünen und ihr Außenminister Fischer standen damals vor einer Zerreißprobe, die nur dadurch gelöst werden konnte, dass der Außenminister die Begründung für den Einsatz mit einer Verhinderung einer weiteren ethnischen Säuberung auf dem Westbalkan verband. Das Leitmotiv bundesdeutscher Außenpolitik – „Nie wieder Auschwitz!“ – sollte nun auch durch einen Kampfeinsatz gegen die serbische Regierung durchgesetzt werden können, die sich bereits in Bosnien eines Völkermordes schuldig gemacht hatte.
Tauber folgerte aus der Kernthese des Buches zweierlei: Der Kosovo-Einsatz sollte einerseits sehr viel stärker in der Öffentlichkeit präsent gehalten werden, denn er sei vielleicht das wichtige Beispiel für einen erfolgreichen Auslandseinsatz der Bundeswehr. Andererseits dürfe er in der öffentlichen Wahrnehmung nicht durch den gescheiterten Afghanistan-Einsatz überlagert werden, da etwa der Kräfteansatz zur Erfüllung des politischen Mandats in Afghanistan falsch gewählt worden sei und im Kosovo für die Stabilisierung eine relativ zur Bevölkerung des Einsatzlandes sehr viel höhere Zahl an Truppen im Land stationiert worden seien.
Die sich an die Laudatio anschließende lebhafte Panel-Diskussion, an der neben Tauber auch Neitzel und Kriemann teilnahmen, arbeitete den bahnbrechenden Charakter des Kosovo-Einsatzes heraus: Ohne den Einsatz im Kosovo sei der in Afghanistan nicht denkbar. Er habe in der Bundeswehr entscheidend dazu beigetragen, einen neuen Soldatentypus zu etablieren, der Out-of-Area-Erfahrung mit Kampferfahrung verbindet und nicht zuletzt die Entschlossenheit und Effektivität der Bundeswehr erhöhe. Die Balkaneinsätze hätten durch die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts 1994 in der deutschen Öffentlichkeit eine hohe Legitimation genossen. Es sei vor allem dieser Rückenwind gewesen, so Kriemann, der den deutschen Soldaten die moralische Gewiss Zeit gegeben hätte, auf der richtigen Seite zu stehen.
Aufzeichnung der Veranstaltung