Nachruf
Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam trauert um Botschafter a. D. Dr. Dr. h.c. Dieter Boden, von 2006 bis 2013 Lehrbeauftragter an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät.
In seine Lehrtätigkeit brachte Dieter Boden einen reichen Erfahrungsschatz aus seiner Tätigkeit als Diplomat im Auswärtigen Dienst ein. Nach Stationen in Moskau, Leningrad (heute St. Petersburg), Madagaskar und Rom arbeitete er für zwei Jahre als außen- und sicherheitspolitischer Berater der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Danach wieder im Auswärtigen Dienst war er stellvertretender Leiter der Delegation für die Verhandlungen über Konventionelle Streitkräfte in Europa, Leiter des Referats für Abrüstung und Rüstungskontrolle, Leiter der OSZE-Mission für Georgien und Generalkonsul in St. Petersburg. Von 1999 bis 2002 vermittelte er als Sonderbeauftragter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Georgien und Leiter der UNOMIG Beobachtermission in dem Konflikt zwischen Georgien und Abchasien. Sein bis heute als „Boden Paper“ bekannter Plan für Abchasien als souveräne Einheit innerhalb des Staates Georgien wurde vom Sicherheitsrat autorisiert; obwohl der Plan nicht zu einer Einigung der Konfliktparteien führte, wird er bis heute auf beiden Seiten als eine große diplomatische Leistung geschätzt. Seine Laufbahn im Auswärtigen Dienst schloss Dieter Boden als deutscher Botschafter bei der OSZE in Wien ab.
Nach seinem Eintritt in den Ruhestand 2005 war es ihm ein Anliegen, seine Kenntnisse und Erfahrungen an Studierende weiterzugeben. Das von Dieter Boden und Otto Keck gemeinsam geleitete Hauptseminar über aktuelle Fragen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik war einer der Pfeiler des gemeinsamen Master-Studiengangs Internationale Beziehungen der Universität Potsdam mit der Freien Universität Berlin und der Humboldt-Universität zu Berlin. Dieter Bodens Reputation ließ viele prominente Referenten aus der politischen Praxis der Einladung folgen, einen Vortrag zu halten und mit den Studierenden zu diskutieren. Das Auswärtige Amt ermöglichte es, das Seminar an seinem Hauptsitz in Berlin durchzuführen.
Auch nach seiner Pensionierung galt sein Interesse den Nachfolgestaaten der Sowjetunion in der Region Kaukasus. Er hielt Kontakt zu Spitzenpolitikern, beriet Stiftungen bei Projekten und war als Wahlbeobachter tätig. Bis in hohe Alter veröffentlichte er Artikel in Fachzeitschriften und nahm in Leserbriefen Stellung. Die Tiblisi School of Political Studies verlieh ihm die Ehrendoktorwürde. Seine gründlichen Kenntnisse Georgiens hielt er in einem Porträt des Landes fest, das als Buch erschien.
Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät wird Dr. Boden mit hohem Respekt für seine Lebensleistung als Diplomat und mit tief empfundener Dankbarkeit für seine Lehrtätigkeit in Erinnerung behalten.
Im Namen des Kollegiums, Prof. Dr. Andrea Liese und Prof. em. Dr. Otto Keck.