Ringvorlesung "Zeitfragen: Zeitkonzepte – Arbeitszeiten – Zeit und Geschlecht"

Zeit geht oft zu schnell vorbei, ist knapp und kostbar und außerdem ein paradoxes Ungleichheitsmaß: Anders als Bildungschancen oder Vermögen, die oftmals schon von Geburt an sehr ungleich verteilt sind, stehen jedem Menschen —ganz gleich welchen Geschlechts oder Herkunft—pro Tag erstmal die gleiche Anzahl an Stunden zur Verfügung. Ungleichheit kommt erst dadurch ins Spiel, dass wir Zeit zu Geld machen können und Zeit sowohl unterschiedlich verwendet und unterschiedlich bewertet wird. Der Vortrag setzt sich anhand aktueller empirischer Befunde mit der Frage auseinander, wie den vielen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen rund um das Thema „Zeit“—Fachkräftemangel aber auch dem Wunsch nach mehr Arbeitszeitsouveränität und weniger Stress--begegnet werden kann.

Zur Person: Prof. Lena Hipp ist Professorin für Soziale Ungleichheit und Sozialpolitik an der Universität Potsdam. Seit 2023 forscht sie im Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) als Forschungsprofessorin für "Arbeit, Familie und soziale Ungleichheit".

Website: https://wzb.eu/de/personen/lena-hipp

Flexible Arbeits(zeit)modelle bieten für Beschäftigte klare Vorteile, wie eine verbesserte Work-Life-Balance, mehr Erholung und eine gesteigerte Gesundheit. Allerdings zeigen zahlreiche Studien auch die Risiken und Fallstricke, die mit flexiblen Arbeitsmodellen verbunden sind, insbesondere aus gleichstellungspolitischer Perspektive. Der Genderblick auf diese Modelle ist daher essenziell, da sie eine zentrale Rolle in der Arbeitswelt der Zukunft einnehmen – ebenso wie die Verkürzung der Arbeitszeit. Modelle wie die 4-Tage-Woche haben das Potenzial, die Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt zu fördern. Doch auch hier gilt: Ohne gezielte Maßnahmen wird dieser Fortschritt nicht von selbst erreicht.

Dr. Yvonne Lott ist Leiterin des Referats Genderforschung am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung. Ihre Forschungsinteressen umfassen die Folgen flexibler Arbeitsarrangements für Beschäftigte und deren Familien. Sie untersucht, inwiefern flexible Arbeit zu sozialen Ungleichheiten beitragen, insbesondere Geschlechterungleichheiten. Zudem erforscht sie die Digitalisierung der Arbeitswelt, mit einem speziellen Augenmerk auf die Folgen der sich wandelnden Arbeitsanforderungen für die Beschäftigten.   

www.boeckler.de/de/personensuche-42927-dr-yvonne-lott-2959.htm

Zeitnutzungsmuster sind stark geschlechtsspezifisch geprägt. Dieser Vortrag beschäftigt sich mit den ökologischen Implikationen, die sich daraus ergeben. Zudem wird das Konzept des Zeitwohlstands eingeführt, und empirische Ergebnisse zur Veränderung von Zeitnutzung und Zeitwohlstand während der Corona-Pandemie präsentiert.

Zur Person: Stefanie Gerold arbeitet als Post-Doc an der BTU Cottbus-Senftenberg am Lehrstuhl für Technik- und Umweltsoziologie. Sie hat an der WU Wien Volkswirtschaftslehre und Socio-Ecological Economics and Policy studiert. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen nachhaltige Arbeit und sozial-ökologische Transformation, Zeitwohlstand und Zeitnutzung, Plattformarbeit, sowie Arbeitskritik und Post-Work.

Website: https://www.b-tu.de/fg-technik-umwelt-soziologie/team/akademische-mitarbeiterinnen/dr-stefanie-gerold

Was ist überhaupt Zeitpolitik? Vorgestellt werden zunächst ihre Ziele, Ebenen, Dimensionen, Gegenstände, Vorgehensweisen und Akteur*innen. Dann wird anhand aktueller zeitpolitischer Instrumente diskutiert, inwieweit diese zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen können. Abschließend wird der Blick auf feministische Zeitpolitik ausgeweitet.

Zur Person: Karin Jurczyk ist Soziologin und Politologin. Sie forschte und lehrte v.a. an der Universität München und leitete bis 2019 die Abteilung Familie und Familienpolitik am Deutschen Jugendinstitut (DJI). Arbeitsschwerpunkte sind berufliche und private Arbeit, Geschlechterverhältnisse, Care und Zeit(politik), Doing Family und Alltägliche Lebensführung. Aktuell entwickelt sie das „Optionszeitenmodell“ weiter, ist aktiv im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik e.V. (DGfZP) und in der Initiative „Care-Macht-Mehr“.

Website https://karinjurczyk.de/

Over the past half-century, time-use studies have become a leading method for researching unpaid care work, especially in the multidisciplinary field of gender divisions of household work and care and in feminist international studies on counting and accounting for women’s unpaid work. Although conceptual and methodological refinements in time-use methods are increasing, persistent challenges remain with conceptualizing and measuring care work and responsibilities. Andrea Doucet’s lecture on clock time and relational time is rooted in an ecological care ethics approach that centers 3Rs (relationalities, responsiveness, and responsibilities). She aims to facilitate a discussion about the need for pragmatic ‘both/and’ thinking in how we re-imagine, conceptualize, measure, and make knowledges about care-time intra-actions.

Andrea Doucet is a Tier I Canada Research Chair in Gender, Work and Care and Professor of Sociology and Women’s and Gender Studies at Brock University, an Adjunct Research Professor at the University of Victoria and Carleton University, and Honorary Professor at University College London (UCL). Her most recent book is an edited collection entitled Thinking Ecologically, Thinking Responsibly: The Legacies of Lorraine Code (SUNY, 2021). She is the Director and Principal Investigator of the Reimagining Care/Work Policies partnership program and Co-Coordinator of the International Network of Leave Policies and Research. Email: adoucetubrockupca

Twitter/X: @andreadoucet