Die kleinste Blütenpflanze der Welt
Pflanze des Monats August 2013
Die Kügelchen-Zwergwasserlinse
Statt blinkender Wellen ist die Oberfläche des Wassers von einer grünen Pflanzenschicht bedeckt: Entengrütze. Das lädt nicht zum Bade, aber schwarze Blesshühner ziehen emsig strampelnd ihre Bahnen durch die grüne Pampe, und Frösche tauchen platschend darin unter, wenn sie sich, vom Ufer aufgeschreckt, mit einem großen Satz in Sicherheit bringen.
Bei Entengrütze oder Wasserlinsen handelt es sich nicht etwa um Algen, sondern um echte Blütenpflanzen, wenn die Blüten auch überaus unscheinbar und nur selten zu sehen sind. Früher als eigene Pflanzenfamilie (Lemnaceae, Wasserlinsengewächse) geführt, werden die weltweit knapp 40 Arten heute in die Familie der Aronstabgewächse (Araceae) eingegliedert, zu der beispielsweise auch Flamingoblume (Anthurium), Fensterblatt (Monstera) und Titanenwurz (Amorphophallus, s. Pflanze des Monats März 2013) gehören. Im Gegensatz zu diesen und allen anderen „normalen“ Blütenpflanzen lassen Wasserlinsen jedoch keine Differenzierung in Stängel und Blätter erkennen, sind im Bau also stark vereinfacht.
Die extremsten sind die Zwergwasserlinsen. Sie besitzen nicht einmal mehr Wurzeln und bestehen nur aus einem meist kugeligen, grünen Pflanzenkörper. Er ist im Falle der Kügelchen-Zwergwasserlinse (Wolffia globosa) maximal 0,8 mm lang, 0,7 mm breit und 0,6 mm dick – das ist der Winzigkeits-Weltrekord unter den Blütenpflanzen. Die Art stammt aus tropischen und subtropischen Gebieten Asiens, wo sie auch für den menschlichen Verzehr genutzt wird; die winzigen Bällchen enthalten sehr viel Protein, vergleichbar den Samen der Sojabohne. Es gab schon Versuche, sie bei Raumflügen als Nahrung zu nutzen – eigentlich naheliegend bei der praktischen Kleinheit, der Nahrhaftigkeit sowie dem enorm schnellen Wachstum: die Biomasse verdoppelt sich unter Idealbedingungen in weniger als zwei Tagen. Anscheinend sind die Pflänzchen trotz ihrer Kleinheit aber recht zäh im Biss, so dass spinatartige Zubereitungen mit längeren Garzeiten nebst Pürieren empfohlen werden.
Alle Wasserlinsen vermehren sich vorwiegend ungeschlechtlich durch Bildung neuer Sprossglieder, die sich bald ablösen. Es gibt auch eine in Deutschland heimische Art, die Wurzellose Zwergwasserlinse (Wolffia arrhiza). Sie ist mit 1,5 mm Maximallänge geringfügig größer, aber immer noch viel kleiner als die Kleine Wasserlinse (Lemna minor), aus der die Entengrütze der meisten Teiche überwiegend besteht.
Es wäre sehr freundlich, wenn Sie unsere Zwergwasserlinsen nicht auf eigene Faust verkosten würden, da wir leider bisher noch recht weit hinter der maximalen Wachstumsgeschwindigkeit zurückbleiben.