Ein Zauberstab zu Weihnachten?
Pflanze des Monats Dezember 2014
Die Großblättrige Stechpalme
„… ja, warum eigentlich nicht … Stechpalme und Phönixfeder, elf Zoll, handlich und geschmeidig“ sagt der Zauberstabverkäufer Ollivander in‚ 'Harry Potter und der Stein der Weisen'.
Das so beschriebene magische Gerät entpuppt sich schließlich als richtig für den Titelhelden (Zauberstäbe suchen sich den Zauberer aus, nicht umgekehrt), und Harry kauft es für stolze sieben „Goldgalleonen“, auf dass es ihm fortan beim Zaubern helfe.
Wobei Stechpalme keineswegs gleich Stechpalme ist. Aber so weit geht Joanne K. Rowling, Autorin jener mitreißend geschriebenen Zauberer-Romane, denn doch nicht in die botanischen Einzelheiten. Die Gattung Ilex umfasst weltweit fast 600 Arten, die meisten in den Tropen und Subtropen der Neuen Welt sowie in Ostasien. In West- und Südeuropa ist die Gewöhnliche Stechpalme (Ilex aquifolium) verbreitet, auf den Kanarischen Inseln Ilex canariensis sowie Ilex perado, die auch auf Madeira und den Azoren vorkommt.
Zwei weitere Arten gibt es im Kaukasusgebiet. In unserem Erdteil sind demnach vergleichsweise wenige Arten vertreten. Die genannten Regionen sind bekannt für das Vorkommen von Tertiär-Relikten, also Überlebenden aus wärmeren Klimaperioden, und mit ihren ledrigen, immergrünen Blättern sind diese Stechpalmen als Elemente der damals weit verbreiteten Lorbeerwälder gut zu erkennen.
Die Großblättrige Stechpalme (Ilex x altaclerensis) ist eine Hybride, nämlich das Produkt einer Kreuzung aus Gewöhnlicher Stechpalme und Ilex perado. Die Hybride ist durch besonders große Blätter und Früchte ausgezeichnet. Die umsichtige Gärtnerin könnte also für repräsentativen Weihnachtsschmuck auf diesen Strauch oder kleinen Baum zurückgreifen.
Dabei sollte sie jedoch das Geschlecht der Pflanze beachten. Ilex sind nämlich meist zweihäusig, treten also entweder als Männlein oder Weiblein auf, und nur die Damen tragen die dekorativen roten Früchte. In eine frost- und windgeschützte Ecke des Gartens gepflanzt, kann die „Palme“ dann regelmäßig für die Weihnachtsdekoration beschnitten werden, sobald sie ausreichende Größe erreicht hat.
Mehrere stattliche Exemplare dieser Hybride stehen im Botanischen Garten, die größte davon an die 10 m hoch bei einem Stammumfang von 92 cm in Brusthöhe. Sie ist damit anscheinend das deutschlandweit dickste Exemplar. Zumindest ist kein dickeres auf der Internetseite „Rekordbäume“ der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft bekannt. Der Potsdamer Garten besitzt demnach auch einige weitere nationale und etliche regionale Rekord- und Vizerekordhalter.
Wenn Sie den Garten besuchen – ein Faltblatt führt Sie zu den Rekordbäumen –, schneiden Sie aber bitte keine Zweige von unseren Ilex, weder zur Dekoration noch für magische Zwecke. Wegen der immer mehr überhand nehmenden „Selbstbedienungsmentalität“ an unseren Beständen scheint diese Ermahnung angebracht. Ohnehin werden Sie kaum eine Phönixfeder besitzen, ganz abgesehen von den leicht unterschätzten Gefahren der Zauberei.