Damenwahl nach Duft
Pflanze des Monats Januar 2017
Die Überfluss-Gongora und ihre Besucher
Die Orchideengattung Gongora besitzt eines der merkwürdigsten Bestäubungssysteme im Pflanzenreich.
Alle Arten werden von Prachtbienen bestäubt, und zwar ausschließlich von männlichen Tieren.
Diese ziemlich großen, oft metallisch bunt schillernden Tiere (daher der Name) kommen nur im tropischen Amerika vor, wie auch die Gattung Gongora.
Gongoras wachsen wie die meisten tropischen Orchideen ohne Bodenkontakt als Aufsitzer (Epiphyten) am Stamm oder auf Ästen von Tropenbäumen. Ihre lang herabhängenden Blütenstände sind locker mit zahlreichen Blüten besetzt, die besonders in den Morgenstunden intensiv duften, aber keinen Nektar bilden. Die Duftstoffe sind von Art zu Art in charakteristischer Weise verschieden. Der Pollen ist orchideentypisch zu zwei Paketen verklebt, welche dem Blütenbesucher komplett angeheftet werden.
Männliche Prachtbienen sind Duftstoffsammler. An den Hinterbeinen haben sie besondere Behälter dafür.
Jede der über 200 Arten hat ihr eigenes Bouquet an Aromen, das aus ganz unterschiedlichen Quellen sorgsam zusammengestellt werden muss:
Neben den etwa 70 Gongora-Arten werden über 500 weitere Orchideen beerntet, aber auch viele andere Blumen, dazu Baumharze, Pilze und selbst fauliges Holz.
Mit ihrem Parfüm versuchen die Männchen, weibliche Tiere zu betören.
Die Weibchen aber suchen sich diejenigen Männchen zur Paarung aus, die für sie am besten riechen.
Die Gongora-Blüten werden ausschließlich beim Duftsammeln bestäubt. Sie sind so gebaut, dass die Biene nur in einer ganz bestimmten Haltung
an das Parfümöl gelangt, welches am Grund der Lippe produziert wird.
Bei der abgebildeten Überfluss-Gongora (Gongora superflua) ist diese Blütenlippe unterhalb des Blütenstiels horizontal
nach links gerichtet und besitzt zwei herabhängende Zipfel. Das Parfümöl befindet sich in dem weiß gefärbten Abschnitt.
Die Pollenpakete sind hingegen ganz unten am anderen Ende der Blüte lokalisiert,
auf der sogenannten Säule, etwa in Verlängerung der herabhängenden Lippenzipfel.
Zwei einwärts gedrehte, umgebildete Blütenblätter sorgen gerade in diesem Bereich wie ein Geländer für die exakt richtige Haltung der Biene,
sodass die Platzierung der Pollenpakete möglichst genau erfolgt.
Die Narbe befindet sich ebenfalls auf der Säule in enger Nachbarschaft zum Pollen. Sie ist schlitzförmig ausgebildet,
und die Pollenpakete passen erst nach einiger Zeit hindurch, wenn sie auf der Biene durch Trocknung bereits geschrumpft sind.
Das Tier wird dann längst eine andere Pflanze besuchen und dadurch Selbstbestäubung vermeiden.
Wenn die andere Pflanze wieder eine Gongora ist, handelt es sich dank der duftgesteuerten Treue der Bienen höchstwahrscheinlich auch um dieselbe Art.