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Die Buch-Aloe
Foto: M. Burkart

Erdbeerrote Blütenkerzen

Pflanze des Monats Dezember 2013

Die Buch-Aloe

 

Illtyd Buller Pole Evans hatte kaum sein Masterexamen in den Fächern Pilzkunde und Pflanzenkrankheiten im ehrwürdigen britischen Cambridge absolviert, als er im Alter von 26 Jahren nach Südafrika berufen wurde. Im ganz neu gegründeten Landwirtschaftsinstitut in Pretoria war der Sohn eines walisischen Pfarrers ab Juli 1905 für Pflanzenkrankheiten zuständig.

Die südafrikanische Flora mit ihrer immensen Vielfalt – über 22.000 Arten, etwa der sechsfache Wert von Deutschland – scheint ihn mindestens so sehr wie die auf den Pflanzen parasitierenden Rost- und Brandpilze beeindruckt zu haben, sein eigentliches Arbeitsgebiet. Speziell für die Gattung Aloe begeisterte er sich. Schon nach wenigen Jahren konnte er seine inzwischen enorme Sammlung lebender Exemplare in die neue Abteilung für Botanik einbringen, deren Leiter er wurde.

Unter den 16 von Pole-Evans (mit oder ohne Bindestrich, die Schreibweise des doppelten Nachnamens ist uneinheitlich) 1915 bis 1917 neu beschriebenen Aloe-Arten fiel eine durch ihre Blattstellung auf, die Botaniker zweizeilig nennen. Alle Blätter der Buch-Aloe (Aloe suprafoliata), die gattungstypisch bestachelt sowie dick und saftig (sukkulent) sind, weisen immer abwechselnd in nur zwei Richtungen, so dass das dritte Blatt genau über dem ersten und das vierte exakt über dem zweiten zu liegen kommt. Wegen der sehr kurzen Stängelabschnitte liegen diese Blätter tatsächlich direkt übereinander, so dass die Pflanze von der Seite betrachtet wie ein aufgeschlagenes Buch aussieht – daher der deutsche Name, und auch die Artbezeichnung „suprafoliata“ bezieht sich darauf.

Diese Art kommt ganz im Osten Südafrikas und im angrenzenden Swasiland vor, in kühlen Berglagen bis 1.600 m Meereshöhe. Der Jahresniederschlag ist hier hoch (um die 1.000 mm), aber auf die Sommermonate konzentriert. Die im Herbst beginnende Trockenzeit bis zum nächsten Sommer überbrückt die Pflanze mit dem Wasservorrat ihrer Blätter, und im Laufe des Herbstes entwickelt sie auch ihre erdbeerroten, elegant grauspitzigen Blütenkerzen von bis zu einem Meter Höhe. Die Buch-Aloe ist eine bei Liebhabern geschätzte, da pflegeleichte und dankbar blühende Art. Ihre Wildvorkommen gelten als ungefährdet.

Erst nach der Erstbeschreibung durch Pole Evans wurde klar, dass nur die Jungpflanzen zweizeilige Blätter haben. Ältere Exemplare zeigen die gleiche spiralige Blattstellung wie alle anderen Aloen. In der Gattung werden heute über 500 Arten unterschieden, die auf dem afrikanischen Kontinent, der Arabischen Halbinsel, auf Madagaskar sowie einigen Inseln im Indischen Ozean vorkommen. Das Mannigfaltigkeits-Zentrum liegt mit über 150 Arten in Südafrika.

Pole Evans blieb zeitlebens begeistert von der Flora des Subkontinents. Er wurde schließlich Direktor des Programms zur Erforschung dieser Flora, war 19 Jahre Herausgeber einer von ihm mitgegründeten botanischen Fachzeitschrift, unternahm zahlreiche Forschungsreisen auch in andere Länder Afrikas und inspirierte die botanischen Wissenschaften in Südafrika in einem von kaum einem anderen Forscher übertroffenen Maß

Die Buch-Aloe
Foto: M. Burkart