Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Nachdem ich den Entschluss gefasst hatte, mich für ein Auslandssemester zu bewerben, erkundigte ich mich zunächst auf der Website des International Office darüber, welche Austauschuniversitäten und Länder zur Verfügung standen. Recht schnell wurde klar, dass Italien, Spanien und Portugal aus der Auswahl an potenziellen Austauschstädten herausfallen, da ich nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügte und die Kurse an den jeweiligen Universitäten fast ausschließlich in der Landessprache angeboten wurden. Daraufhin entschloss ich mich, Budapest als Erstpriorität zu wählen, da dort die Kurse zum Großteil in Englisch stattfinden. Es ist wichtig zu beachten, dass der jeweilige Zeitpunkt des Semesterbeginns in Ungarn früher ist als in Deutschland. Daher muss man sich frühzeitig bewerben.
Die Kontaktaufnahme und Bewerbung war sehr unkompliziert und man wurde stets gut durch den zuständigen Austauschkoordinator und das International Office betreut. Auch die regelmäßigen Infoveranstaltungen des International Office halfen enorm, offene Fragen zu klären. Ein paar Wochen später erhielt ich eine Zusage für meinen Aufenthalt und begann, meine Reise zu planen. Die ELTE-Universität meldete sich einige Wochen später und bat mich, ihnen meine Kontaktdaten mitzuteilen. Ein übersetztes Transcript of Records war nicht notwendig. Nach der ersten Anmeldung bei der Gastuniversität hörte ich lange Zeit nichts. Dies war jedoch insbesondere der COVID-Situation geschuldet, da zu Beginn meines Aufenthalts noch unklar war, ob das Semester online oder vor Ort stattfinden werden würde. Einige Wochen vor meinem Aufenthalt war dann klar, dass das Semester zunächst online starten würde und ich erhielt eine Liste mit wählbaren Kursen für mein Learning Agreement. Die Auswahl und Vielfalt an Kursen war wirklich sehr beeindruckend und ich hatte die Möglichkeit, einen Einblick in psychologische Themenfelder zu gewinnen, die ich an einer deutschen Hochschule sehr wahrscheinlich nicht erhalten hätte wie Kunsttherapie, ein praxisorientiertes Seminar zu autogenem Training oder ein Seminar zu Hypnose. Die Unterzeichnung des Learning Agreements war sehr problemlos. Aufgrund der Unsicherheiten bezüglich des Semesterstarts erhielt ich dann die finalen Informationen hinsichtlich der Einführungsveranstaltungen leider sehr kurzfristig, weswegen ich an den virtuellen Zoom-Veranstaltungen z.T. während meiner Hinreise nach Budapest im Zug teilnehmen musste. Dennoch war die Austauschkoordinatorin der ELTE-Universität stets sehr bemüht, uns bei individuellen Anliegen zu helfen.
Studium an der Gastuniversität
Über das Portal „NEPTUN“ werden an der ELTE-Universität Kurse gebucht. Die Uni bietet jedoch innerhalb der Einführungsveranstaltungen Kurse zur Handhabung der Website an, wodurch man sich recht schnell zurechtfindet. Leider stellte ich bei der Kurswahl fest, dass die Kurszuweisung nach dem „First Come, First Served“-Prinzip abläuft und man bei ausgebuchten Kursen anschießend auf einer Warteliste landet und ggf. nachrückt. Da ich unglücklicherweise meine Zugangsdaten zu NEPTUN ernst nach Beginn der Registrierungsphase erhielt, waren viele der im Learning Agreement festgehaltenen Kurse bereits ausgebucht. In diesem Fall empfiehlt es sich, die Professor*innen direkt via E-Mail zu kontaktieren. Zwar war dies sehr mühselig, im Endeffekt erhielt ich so aber doch noch einen Platz für alle meine Wunschkurse. Da das Semester in Ungarn früher startet, musste ich noch eine Online-Klausur der Uni Potsdam während meines Aufenthalts in Ungarn scheiben. Die Dozierenden zeigen aber i.d.R. Kooperationsbereitschaft und es lassen sich oft Lösungen für solche Situationen finden. Aufgrund der Pandemie wurden sämtliche Kurse und Vorlesungen online angeboten. Das hatte den Vorteil, dass man zeitlich direkt aufeinander folgende Kurse wählen konnte. Die Professoren gaben sich zum Großteil sehr viel Mühe, die Seminare und Vorlesungen trotzdem sehr ansprechend zu gestalten. Vorwiegend wird an der ELTE Universität Microsoft Teams genutzt. Die Kommunikation mit Dozierenden war sehr angenehm und viele boten uns das „Du“ an. Leider war es mir durch die Online-Lehre kaum möglich, Kontakt zu anderen Studierenden aufzubauen. Eher zufällig traf ich andere internationale Studierende, mit denen ich gemeinsam Kurse besuchte, in der Stadt und wir verabredeten uns anschließend für private Treffen. Die Universität selbst habe ich leider nur zu Beginn meines Auslandssemesters einmal von innen gesehen, um dort eine Ankunftsbestätigung unterzeichnen zu lassen. Die Gebäude der Universität sind jedoch wunderschön und über die ganze Stadt fußläufig erreichbar. Als Prüfungsleistungen werden, anders als an der Uni Potsdam, für Seminare oft Hausarbeiten angesetzt. Das empfand ich als sehr angenehm, weil ich so zusätzlich mehr Flexibilität bei der zeitlichen Gestaltung meines Semesters hatte. Die Klausuren empfand ich im Vergleich zur Uni Potsdam als weniger anspruchsvoll.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Sämtliche der von mir gewählten Kurse wurden in Englisch angeboten. Durch die Anfertigung der Hausarbeiten, die englischsprachige Lehre und insbesondere durch meine internationale WG habe ich selbst das Gefühl, mein Sprachniveau deutlich verbessert zu haben. Daher kann ich Budapest jedem empfehlen, der sein Englisch ausbauen und verbessern möchte. Es wurden außerdem von der Universität kostenlose Ungarisch-Sprachkurse angeboten, für die man zusätzlich sogar ECTS erwerben konnte. Da die ungarische Sprache bis auf Finnisch aber keine nähere Verwandtschaft zu anderen europäischen Sprachen besitzt und sehr komplex ist, habe ich dieses Angebot nicht wahrgenommen.
Wohn- und Lebenssituation
Die ELTE Uni stellt über ein Bewerbungsformular internationalen Studierenden die Möglichkeit zur Verfügung, sich für sehr preiswerte Wohnheimsplätze zu bewerben. Die Wohnheime sind jedoch zum Teil sehr renovierungsbedürftig und ich würde mich vorab genau über die verschiedenen Wohnheime und deren Standorte informieren. Generell ist es empfehlenswert, nach Unterkünften auf der Pest-Seite zu suchen (östlich der Donau), da hier viele Bars, Restaurants, Geschäfte und auch der psychologische Campus sind. Auf der Buda-Seite leben vor allem Familien und es geht dort etwas ruhiger zu. Empfehlenswert sind in meinen Augen vor allem die Bezirke VI und VII. Ich selbst habe mir über private Facebook-Gruppen eine WG gesucht, da ich im Falle reiner Online-Lehre sicherstellen wollte, dass ich durch meine Mitbewohner*innen Kontakt zu möglichst internationalen Studierenden habe. Konkret habe ich mein Zimmer über die Plattform http://mycolive.com gebucht. Diese ist zwar im Vergleich zu anderen Zimmerpreisen eher teuer, der Besitzer Mani verfügt jedoch über knapp 30 Wohnungen in Budapest und er organisiert regelmäßig Events, damit sich die Mitbewohner*innen untereinander kennenlernen können. Das Erasmus Student Network (ESN) Budapest bietet über eine Facebook- und WhatsApp-Gruppe außerdem die Möglichkeit, direkt Zimmer anzufragen. Zwar sind die Lebenshaltungskosten in Ungarn im Vergleich zu Deutschland generell geringer, der Unterschied verschwinde jedoch immer mehr, wie mir einheimische Ungarn mitteilten. Ich war selbst überrascht, dass die Preise der Lebensmittel im Supermarkt fast identisch zu deutschen Preisen sind. Bezahlen lässt sich fast in jedem Geschäft mit der EC- oder Kreditkarte. Ich selbst habe kurz vor meiner Reise ein neues Konto bei der deutschen Kreditbank (DKB) eröffnet, da hier keine Kosten für die Umrechnung von Forint in Euro anfallen und auch das Abheben von Bargeld kostenlos ist. Sehr positiv ist mir außerdem das öffentliche Verkehrsnetz aufgefallen. Studierende können Monatstickets für einen sehr günstigen Preis erwerben. Allerdings sind die meisten Bezirke auch fußläufig erreichbar. Eine zusätzliche Krankenversicherung hatte ich nicht abgeschlossen, da die deutsche Versichertenkarte auch im EU-Ausland gültig ist. Allerdings sind hier gewisse Leistungen nicht mit abgedeckt, weswegen eine detaillierte Recherche sinnvoll ist. Budapest verfügt außerdem über ein sehr großes Angebot an Bars, Restaurants und Clubs. Hier sind die Preise zum Teil deutlich günstiger als in Deutschland. Ein großes Bier gibt es zum Teil schon für 1,50€. Kulinarisch ist die ungarische Küche zwar sehr gut, aber nicht sonderlich vegetarierfreundlich, die Restaurants sind jedoch sehr international und man hat eine große Auswahl. Geheimtipp: Die Falafel Bar in der Wesselényi utca 30.
Studienfach: Psychologie
Aufenthaltsdauer: 02/2021 - 06/2021
Gastuniversität: Eötvös-Loránd-Universität Budapest
Gastland: Ungarn
Rückblick
Budapest ist architektonisch in meinen Augen eine der schönsten Städte Europas. Überall entdeckt man wunderschöne Gebäude, Brunnen, Straßen und Sehenswürdigkeiten. Abends treffen sich viele Leute am Flussufer, von dem aus man einen einzigartigen Blick auf das Parlament, das Theater etc. hat. Die gesamte Stadt ist sehr sauber und es gibt viele tolle Plätze, auf denen man sich gerne aufhält. Budapest hat außerdem viele Grünflächen und Parks. Außerhalb des Stadtzentrums ist man schnell in der Natur und kann z.B. wandern gehen. Ich habe mich innerhalb meines Auslandssemesters wahnsinnig in die Vielseitigkeit der Stadt verliebt und habe bis jetzt keine andere europäische Stadt bereist, die einen so positiven Eindruck bei mir hinterlassen hat. Ich kann ein Auslandssemester in Budapest jedem ans Herz legen!
Meine 5 „must see“-Empfehlungen & Aktivitäten
Der Ausblick von der Zitadelle aus über die Stadt bei Nacht
Das Parlamentsgebäude
Die Margareteninsel, die man über eine Brücke erreicht
Der Lake Balaton
Ein Tagesausflug nach Wien (mit dem Zug ca. 2h ohne Umsteigen)
App-Empfehlungen
Möchte man in Budapest ein Taxi bestellen, ist die günstigste und verbreitetste Möglichkeit die App „Bolt“
Einen Währungsumrechner (Mir ist es insbesondere zu Beginn schwergefallen, die eher unhandlichen Größenordnungen der Landeswährung Forint in Euro umzurechnen)
Essenslieferungen erfolgen fast ausschließlich über „Wolt“
Internationale Studierende nutzen fast alle die App „Revolut“, um sich gegenseitig schnell Geld zuzusenden
Über die „MÁV“-App bzw. die Website http://mavcsoport.hu/ der offiziellen Verkehrsgesellschaft Ungarns findet man häufig im Vergleich zur deutschen Bahn für den gleichen Zug deutlich günstigere Preise. Von Berlin aus fährt beispielsweise täglich ein Zug ohne Zwischenstopp nach Budapest, für den man bei MÁV bei einer frühen Buchung nur knapp 35€ zahlt.