Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Da ich mich ziemlich spontan und spät für ein Auslandssemester entschied, war die Auswahl der möglichen Universitäten für meinen Studiengang nicht mehr allzu groß. In Spanien verblieben nur Tarragona und Valladolid. Im Endeffekt entschied ich mich für die Universität in Tarragona, da die Universität in Valladolid ausschließlich Kurse auf Spanisch anbot. Ich hatte zuvor bereits zwei Spanischkurse an der Universität Potsdam besucht, allerdings traute ich mir dennoch nicht zu, betriebswirtschaftliche Kurse komplett in der spanischen Sprache zu belegen. Für den Bewerbungsprozess bzw. für das Ausfüllen des Learning Agreements sollte man versuchen, so gut wie möglich das Vorlesungsverzeichnis der Gastuniversität zu verstehen, da es ansonsten zu vielen Änderungen kommen kann. Auch sollte man sich frühzeitig damit beschäftigen, ob es möglich ist, die verschiedenen Kurse der Gastuni für die jeweiligen Kurse der Universität Potsdam anrechnen zu lassen.
Studium an der Gastuniversität
Das Studieren an der URV ist definitiv anders als an der Uni Potsdam. Man muss sich auf viele Hausarbeiten, Gruppenarbeiten, Vorträge und Zwischentests einstellen. Das Gute daran ist, dass diese Arbeiten über das Semester einen Teil der Note ausmachen und man sich stetig mit den Inhalten der Kurse beschäftigt. Die Kurse an sich waren mal mehr mal weniger gut organisiert, dies kam auf den jeweiligen Professor an. Die Lernmaterialen (Vorlesungsfolien, zu lesende Artikel, etc.) wurden alle in Moodle in den jeweiligen Kursen hochgeladen. Ich persönlich habe alle meine Kurse auf Englisch belegt, da uns von dem Koordinator vor Ort gesagt wurde, dass es vorkommen kann, dass auch in den Kursen, die nur auf Spanisch gehalten werden sollen (von welchen es tatsächlich nicht viele gibt, da die meisten Kurse leider in Katalanisch sind), auf Katalanisch gesprochen wird. Dies wurde mir auch von anderen Erasmus-Studenten hier bestätigt. Wenn diese die Professoren darauf ansprachen, dass leider nicht alle Studenten in dem Kurs diese Sprache beherrschen, war denen das angeblich egal (habe ich nicht selbst erlebt, es wurde mir lediglich von anderen Studenten erzählt). Ich persönlich finde dies etwas schade, da ich auch gern wenigstens einen Kurs auf Spanisch belegt hätte, um meine Sprachkompetenz so zu verbessern. Das Studienklima an der Universität bzw. in den Vorlesungssälen, die ich eher Klassenzimmer nennen würde, war sehr angenehm. In manchen Kursen waren wir ca. 40 Studenten, ich hatte allerdings auch einen Kurs mit nur ca. 15. Auch die Vorlesungen an sich sind nicht nur Frontalunterricht, sondern manche Professoren versuchen die Studenten viel mit einzubeziehen. Die Professoren an sich waren alle freundlich und hilfsbereit und meiner Meinung nach gut zu erreichen, entweder über das Fragentool in Moodle oder über eine E-Mail. Auch der Koordinator, welcher für uns zuständig war, war von vorneherein freundlich und antwortete schnell auf all meine E-Mails und Fragen. Sobald ich die Zusage der URV bekam, bekam ich auch eine Mail des Koordinators und da ich viele Fragen hatte, sammelte ich diese und bekam entsprechend hilfreiche Antworten. Die Universität hat 3 Campus in Tarragona/Reus. Der Campus Catalunya ist eher zentral in Tarragona, Campus Sescelades (dort wo auch das International Office ist; gut zu erreichen zu Fuß oder mit dem Bus 54) ist eher weiter außerhalb von Tarragona, und der dritte, Campus Bellissens, ist in Reus. BWL findet an dem Campus in Reus statt. Ich würde allerdings jedem empfehlen, trotzdem eine Wohnung in Tarragona zu suchen, da dort die meisten Studenten wohnen und es einen Universitätsbus direkt zu dem Campus gibt, mit dem man in ca. 15 Minuten dort ist. Außerdem hat man in Reus nicht direkt das Meer vor der Haustür. Jeder Campus verfügt über eine Cafeteria und eine Bibliothek. Ich persönlich habe nur den Campus in Reus besucht. Die Mitarbeiter der Cafeteria sind superfreundlich, man kann gegen kleine Beträge Ausdrucke in einem Sekretariat vornehmen, indem man einfach eine E-Mail an die Damen dort schickt, und die Bibliothek ist gut für Lernstunden, sei es allein in dem ruhigen Bereich oder in einer Lerngruppe in dem „Besprechungsraum“. Außerdem gibt es am ganzen Campus ein gut funktionierendes WLAN-Netzwerk.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Der Kontakt zu anderen Erasmus-Studenten ist sehr einfach. Gerade wenn man die Kurse auf Englisch belegt, sind die meisten Studenten in den Kursen aus anderen Ländern. Auch gibt es eine Gruppe für Erasmus-Studenten, in welcher häufig geschrieben wird wo sich die anderen aufhalten, sodass man einfach dazustoßen kann. Dafür war es eher schwieriger. Kontakt zu einheimischen Studenten aufzubauen. Durch Gruppenarbeiten ist dies zwar möglich, aber die Spanier sind meiner Meinung nach eher etwas verschlossener, als man sich das vorstellt. Dennoch habe ich durch andere Erasmus-Studenten spanische Studenten kennengelernt und schöne Ausflüge mit ihnen gemacht. Wenn man erstmal Kontakt zu den Spaniern aufbaut, sind sie alle supernett, hilfsbereit und unternehmungslustig. Ich habe sehr tiefe Freundschaften geschlossen, sowohl zu Spaniern, als aber auch zu anderen Erasmusstudenten und hier lebenden AuPairs.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Auch wenn ich mich durch meine Kurse auf Englisch als auch durch meine Freunde hier eher auf Englisch unterhalten habe, hat sich auch mein Spanisch durch einen Sprachkurs, den ich hier besucht habe und das ständige Hören und Nutzen der Sprache definitiv verbessert. Den Sprachkurs kann ich allen definitiv empfehlen. Ich habe mich für die Onlineversion entschieden und gewisse grammatikalische Sachen hier besser verstanden als in Deutschland. Die Lehrerin war sehr kompetent, freundlich und hilfsbereit (sprach aber nur Spanisch). Ich denke es ist sinnvoll, nicht komplett ohne Sprachkenntnisse im Spanischen hierher zu kommen, da die meisten hier lebenden Spanier, egal ob jung oder alt, fast kein Englisch sprechen. Allerdings ist es möglich, wie ich durch ein paar meiner Freunde mitbekommen habe. Ich habe hier sowohl mehrere AuPairs als auch andere Erasmus-Studenten kennengelernt, die alle kein Wort Spanisch gesprochen haben, bevor sie hierher gekommen sind.
Wohn- und Lebenssituation
Ich habe mich dazu entschieden, eine Wohnung/WG vor Anreise in Spanien zu suchen. Dazu habe ich die Internetseite Idealista.es und die Facebook Gruppe „Pisos estudiants Tarragona/Reus“ genutzt. Letztendlich habe ich eine WG über Idealista.es gefunden und darüber Kontakt mit den Vermietern aufgenommen. Die Kontaktaufnahme war einfach und freundlich. Ich konnte all meine Fragen stellen und habe schnell Antworten bekommen. Für mich war es wichtig, dass es mir möglich ist, Besuch zu bekommen und einen vernünftigen Vertrag zu haben. Wie sich hinterher hier in Spanien herausstellte, würde ich dies auch jedem empfehlen, da Freunde von mir plötzlich aus ihrer Wohnung geworfen wurden. Ich hatte viel Glück mit meiner Wohnung und meinem Zimmer, es lief alles sehr unkompliziert und das Paar war hilfsbereit. Ich muss aber sagen, dass die Mitbewohner eher zurückgezogen leben. Wir waren eine WG bestehend aus zwei Männern und zwei Frauen. Die andere Frau war auch eine Erasmus-Studentin aus Italien und ist inzwischen zu einer guten Freundin geworden. Die zwei Männer waren Spanier und haben eher weniger mit uns gesprochen. Auch Sauberkeit wurde dort leider nicht immer großgeschrieben. Dennoch habe ich mich dank meinem schönen, großen Zimmer und meiner italienischen Mitbewohnerin sehr wohl gefühlt. Tarragona ist eine schöne Stadt mit einer wunderschönen Altstadt und zu Fuß erkundbar. Es gibt verschiedene Plätze mit Bars und Restaurants, ein Shopping-Center und auch in der Innenstadt viele kleine Läden. Auch den ein oder anderen Club konnte man dort besuchen. Das Leben spielt sich abends am meisten am Plaza de la Font ab. Dort gibt es viele Bars und auch einige, bei denen es sehr günstige Getränke zu kaufen gibt. Ich persönlich habe hier nichts vermisst und mich von Anfang an wohl gefühlt.
Studienfach: Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.)
Aufenthaltsdauer: 02/2022 - 06/2022
Gastuniversität: Universitat Rovira i Virgili
Gastland:Spanien
Rückblick
Alles in allem habe ich hier mit die beste Zeit meines Lebens verbracht. Ich kann jedem, der über ein Auslandssemester nachdenkt, nur raten, dies wirklich in die Tat umzusetzen und diese Zeit einfach zu genießen. Man hat die Möglichkeit tolle Menschen kennenzulernen und während man sein Spanisch verbessert eine unvergessliche Zeit an der Mittelmehrküste zu genießen. Ich habe ein Sommersemester dort verbracht, dabei ist es wichtig zu sagen, dass die Temperaturen von Februar bis April nicht allzu warm sind und man auch ein paar Pullis und eine Regenjacke einpacken sollte. Ab Mai werden die Temperaturen sehr angenehm und ab Juni kann es ziemlich warm werden. Man sollte überall in Spanien unbedingt auf seine Wertgegenstände achten, da mehreren meiner Freunde leider sowohl Portemonnaies als auch Handys abhandengekommen sind. Bezüglich der Größe Tarragonas sollte man beachten, dass die Stadt verglichen mit Berlin eher klein ist. Dies war für mich allerdings eher entspannend als langweilig, da man dort alles finden kann was man braucht. Wenn man allerdings ein wenig Großstadt-Feeling haben möchte, kann man einfach in den Zug steigen und nach Barcelona fahren. Mir hat es in Spanien so gut gefallen, dass ich am Ende noch ein paar Monate länger dortgeblieben bin. Das einzig traurige und nicht so schöne an der Zeit dort sind die Abschiede von den großartigen Menschen, die ich in dem halben Jahr kennenlernen durfte.