Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Mir war es für mein Erasmus+ wichtig, Spanisch zu lernen. Da die Wiso-Fakultät der Uni Potsdam in Spanien lediglich zwei Unis in Madrid sowie eine in Valencia als Auslandsaufenthaltsziele anbietet, waren diese Unis meine drei Prioritäten beider Auswahl, die ich an die Erasmus-Koordinatorin gesendet habe. Letztendlich wurde ich für einen Platz an der Universidad Complutense de Madrid nominiert. Die Kontaktaufnahme mit der Gasthochschule lief mehr oder weniger reibungslos, als Bewerbungsunterlagen musste ich lediglich mein Bachelorzeugnis einsenden, um zu bestätigen, dass ich die notwendige Qualifikation für ein Masterstudium aufweise.
Studium an der Gastuniversität
Die Masterkurse an der Universidad Complutense de Madrid waren inhaltlich anspruchsvoll und erschienen mir insbesondere deutlich anspruchsvoller als die Bachelorkurse, von denen ich mir in der ersten Semesterwoche auch einige angesehen habe. Die Bachelorkurse waren deutlich verschulter, Frontalunterricht mit 30 Studenten war angesagt, die meisten waren gerade erst aus der Schule gekommen. Der Anspruch in den Masterkursen hingegen war vergleichbar mit dem Anspruch an Universitäten in Deutschland, die Diskussionskultur war ebenfalls ähnlich. Weniger Frontalunterricht, jedoch meldeten sich die Studenten im Unterschied zu meinen universitären Erfahrungen in Deutschland nicht, sondern riefen ihre Argumente einfach rein. Dies führte teilweise zu etwas chaotischen Zuständen, meistens schafften es die Dozenten allerdings, durch Moderation den roten Faden zu wahren. Mit 15-20 Teilnehmern waren die Masterkurse zudem auch deutlich kleiner als die Bachelorkurse. Dadurch, dass ich mehrere Kurse mit den gleichen Kommilitonen hatte, kannte man sich nach kurzer Zeit und kam ins Gespräch, was zu einem guten Studienklima führte. Im Allgemeinen wurde ich sowohl von den Dozenten als auch von den Kommilitonen nett aufgenommen. Ich wurde Dinge über mein Studium in Deutschland gefragt, wie die allgemeine Meinung zu spezifischen Themen in Deutschland ist und ob ich mal mit zum Fußball schauen kommen will. Auf mich wirkten die spanischen Studierenden durchaus interessiert. Mit dem Anfangder Corona-Krise änderte sich das Studium schlagartig. Alle Kurse wurden auf Online-Unterricht umgestellt. Nach anfänglicher Unorganisiertheit erschien es mir dennoch so, dass die Inhalte auch auf diesem Weg gut vermittelt wurden. Ob man den Dozenten hautnah sieht oder nur via Zoomcall ist letztlich nicht so wichtig. Teilweise war ich sogar froh, mir die Anfahrt zur Uni sparen zu können, da diese aufgrund von Stau häufig sehr lange dauerte.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Zuerst habe ich 9 Tage in einem Hostel gewohnt, da ich mein Zimmer erst zum 1. Februar beziehen konnte. Dort habe ich sowohl Einheimische kennengelernt und zu ihnen Freundschaften geschlossen, die im Hostel gearbeitet haben, als auch andere Erasmus-Studenten, die entweder ebenfalls bis zum 1. Februar warten mussten, dass ihr Zimmer frei wird, oder erst aus dem Hostel ein Zimmer gesucht haben. Dementsprechend hatte ich eigentlich sogar Glück, dass ich mein Zimmer nicht direkt zu Beginn meines Aufenthaltes beziehen konnte, da ich sonst nicht die ganzen Menschen kennengelernt hätte. Außerdem habe ich dann noch viel Kontakt mit meinen Mitbewohnern gehabt in der WG, in die ich dann eingezogen bin, darunter zwei Argentinier, was sicher auch zur Verbesserung meiner Sprachkenntnisse beigetragen hat. Insgesamt hatte ich deutlich mehr Kontakt zu Einheimischen als zu ausländischen Studenten, wodurch ich Sprache und Kultur trotz der coronabedingten Einschränkungen gut kennenlernen konnte.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Vor dem Auslandsaufenthalt hatte ich mich bereits über einen längeren Zeitraum mit einem kolumbianischen Kommilitonen in Potsdam zum Tandem getroffen und konnte mich deshalb bereits bei der Ankunft gut verständigen. Allerdings habe ich mehr als einen Monat gebraucht, um mich an die deutlich schnellere Aussprache der Spanier zu gewöhnen. Insbesondere die Diskussionskultur in den Kursen in der Uni war eine Herausforderung, da mein Gehör es noch nicht gewohnt war, innerhalb von einer Minute zwischen verschiedenen spanischen Dialekten zu wechseln, was in den Kursen allerdings die Regel war. Die Dozenten zu verstehen war deutlich einfacher als das Verständnis der Kommilitonen, insbesondere aus Südspanien. Allerdings wurde das auch deutlich besser mit der Zeit. Am meisten hat sich mein Spanisch allerdings durch den Kontakt mit meinen Freunden, die ich am Anfang im Hostel kennengelernt habe, verbessert. Mit diesen habe ich viel Zeit verbracht, es wurde ausschließlich Spanisch gesprochen. Am Ende meines Aufenthalts konnte ich ganz normal an Gruppenkonversationen partizipieren, was sich am Anfang noch als schwieriger dargestellt hat. Von diesen habe ich auch immer wieder das Feedback bekommen, dass sich mein mündliches Spanisch in nur kurzer Zeit sehr verbessert hat, sie waren überrascht, wie lange ich zu diesem Zeitpunkt erst Spanisch gelernt habe. Auch während der Online-Kurse aufgrund von Corona habe ich täglich spanische Zeitung gelesen und mit meinen spanischsprachigen Freunden telefoniert, um mich weiter zu verbessern.
Wohn- und Lebenssituation
Den Kontakt zum Vermieter der WG, in der ich während meines Aufenthalts gewohnt habe, habe ich über einen Kommilitonen bekommen, der davor den Kontakt von der Person bekommen hat, die im vorherigen Semester von der Uni Potsdam einen Auslandsaufenthalt in Madrid gemacht hat. Dementsprechend habe ich ohne großen Aufwand ein sehr zentral gelegenes Zimmer bekommen. Das Zimmer hatte einen Balkon, was sich insbesondere während des Corona-Lockdowns als essenziell herausstellte. Allerdings war das Zimmer mit 535 Euro/Monat auch relativ teuer. Die Anbindung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln war sehr gut, die Station Sol war nur 5 Minuten zu Fuß entfernt. Zur Uni brauchte ich ca. 30 Minuten, da der Campus der Politik-Fakultät außerhalb der Stadt gelegen ist. Der Rückweg dauerte aufgrund von Stau leider häufig doppelt so lang. Die zentrale Lage meiner WG war ein großer Vorteil während meines Aufenthaltes. Außer zur Uni bin ich jeden Weg gelaufen und konnte dementsprechend die Stadt sehr gut erkunden. Dadurch kannte ich mich innerhalb kurzer Zeit gut aus und hatte auch alle Freizeiteinrichtungen sowie eine schöne Bibliothek zum Arbeiten in fußläufiger Entfernung.
Studienfach: Politikwissenschaft
Aufenthaltsdauer: 01/2020 - 06/2020
Gastuniversität:Universidad Complutense de Madrid
Gastland:Spanien
Rückblick
Mein Tipp für nachfolgende Studenten wäre definitiv, zuerst mindestens eine Woche im Hostel zu wohnen, um dort neue Menschen kennenzulernen. Mir hat das sehr geholfen, ohne diesen Aufenthalt hätte ich nur deutlich schwerer und langsamer Anschluss gefunden. Außerdem schadet es bestimmt nicht, die Person, die von der eigenen Uni als letztes an der zukünftigen Gastuni war, nach Tipps zu fragen. Dadurch konnte ich sehr schnell und ohne großen Aufwand eine Wohnung finden, auch wenn diese sehr teuer war und sich der Vermieter in der Corona-Zeit nicht auf einen Deal einlassen wollte, ich also die volle Miete trotzdem bezahlen musste, obwohl ich ab einem gewissen Zeitpunkt die Kurse online aus Deutschland beendet habe. So oder so war Madrid eine gute Erfahrungund ein guter Ort für ein Erasmus+, leider nur aufgrund von Corona viel zu kurz.