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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Nachdem einige Kommiliton*innen bereits ein Erasmus-Semester gemacht und mir von ihren positiven und bereichernden Erfahrungen berichtet hatten, habe ich die Möglichkeit für mich selbst auch immer mehr in Erwägung gezogen. Im Sommer 2022 habe ich an ersten Infoveranstaltungen vom International Office teilgenommen und mir die verschiedenen Angebote angeschaut, sowohl Erasmus+ als auch Hochschulpartnerschaften außerhalb Europas. Recht schnell habe ich mich für ein Auslandsaufenthalt im Rahmen von Erasmus entschieden, vor allem, weil die Organisation mir am wenigsten aufwändig erschien und die inkludierte Förderung auch finanziell eine große Last wegnimmt. Also habe ich mich über die mir zur Verfügung stehenden Gastuniversitäten informiert und anhand der Kriterien, die mir am wichtigsten waren (Sprache, Land, Infos auf den Internetseiten), die drei Universitäten herausgesucht, an denen ich mir das Erasmus-Semester am besten vorstellen konnte. Umeå im nördlichen Schweden war dabei mein Favorit. Nachdem ich meine Bewerbung im Dezember abgeben hatte, bekam ich im März die Rückmeldung, dass ich den Platz in Umeå bekommen hatte. Erst im September und Oktober kamen die nächsten großen Planungsschritte auf mich zu. Viele Dokumente brauchte ich für die Bewerbung an der Uni in Schweden nicht, mit der aktuellen Leistungsübersicht und einer Übersetzung davon, meinem Abiturzeugnis als Sprachnachweis, dem Bachelorzeugnis und der Immatrikulationsbescheinigung hatte ich eigentlich alles zusammen. Gleichzeitig musste ich mich langsam mit der Kurswahl auseinandersetzen und das Learning Agreement erstellen. Von Seiten der Uni in Umeå war die Organisation wirklich hilfreich, auf der Internetseite waren alle Infos übersichtlich zusammengetragen und es war verhältnismäßig einfach, sich zurechtzufinden. Falls etwas nicht funktioniert hat oder Unterlagen fehlten, wurde ich informiert und konnte mich auch an zuständige Personen per Mail wenden, Rückmeldung habe ich immer schnell erhalten. Nachdem ich mich für Kurse entschieden hatte, habe ich das Learning Agreement erstellt und mit meiner Austauschkoordinatorin Möglichkeiten abgesprochen, wie ich mir die Leistungspunkte am besten anrechnen lassen kann und es hat sich eine gute Lösung gefunden. Gleichzeitig habe ich mich auf einen Platz im Wohnheim beworben. Auch das ging unkompliziert, weil die Uni für Austauschstudierende viele Apartments bereitstellt. So war vor der Abreise bereits alles geklärt und das Erasmus-Semester konnte starten.


Studienfach: Psychologie

Aufenthaltsdauer: 01/2024 – 06/2024

Gastuniversität: Umeå University

Gastland:Schweden

Studium an der Gastuniversität

Das Studium selbst war in Schweden ganz anders als in Deutschland, was auch ein Grund für mich war, das Erasmus-Semester dort zu machen. Anstatt fünf oder sechs Kurse gleichzeitig und über das ganze Semester zu haben, konzentriert man sich in Schweden immer auf nur einen, maximal zwei Kurse, die dann 100% bzw. 50% der Studienzeit in Anspruch nehmen. Das fand ich sehr spannend, weil es so möglich war, tatsächlich tief in die behandelten Themen einzusteigen und sich ganz auf den einen Kurs zu konzentrieren. Die Module hatten auch nicht unbedingt einen festen Stundenplan, jede Woche war meist etwas anders, da war es wichtig, die Termine immer gut im Blick zu haben. Es wurde zwischen Vorlesungen, Seminaren, Workshops und Q&As unterschieden, viel musste aber tatsächlich außerhalb der Kurse erarbeitet werden. Entweder durch das Ansehen voraufgenommener Vorlesungen oder das Lesen von Papern. Bei den Terminen in der Uni wurde dann meist über das zuvor gelesene/gesehene diskutiert. In einem Kurs musste ich regelmäßig kleine Berichte über die gelesenen Paper schreiben und vorstellen und parallel eine kleine Forschungsarbeit anfertigen, die dann die Bewertungsgrundlage für den gesamten Kurs darstellte. In einem anderen Kurs gab es zum einen ein "written home exam", bei dem ich zwei Tage Zeit hatte, Prüfungsfragen zu beantworten und später auch ein Paper, was ich schreiben und vorstellen musste. Der Arbeitsaufwand war machbar, aber manchmal durchaus intensiv, vor allem, wenn viele Abgaben gleichzeitig anstanden. Grundsätzlich war die Atmosphäre in der Uni aber immer angenehm. Die Kurse waren relativ klein, an einem Kurs haben tatsächlich nur ich und eine andere Austauschstudierende teilgenommen. Dadurch war es möglich, den Kurs aktiv mitzugestalten, die Diskussionen waren sehr bereichernd und wir konnten viele Themen, die uns selbst interessierten, in die Gespräche mit einbringen. Auch dass die Dozierenden geduzt werden, hat zu einer sehr angenehmen Atmosphäre beigetragen, vor dem Kursstart wurde meist kurz besprochen, wie es allen geht, wie das Wochenende war oder was für die nächsten Tage noch so geplant ist. Das war immer sehr nett. Zugleich konnte ich mich mit inhaltlichen Fragen oder Anmerkungen immer an die Dozierenden wenden, und habe fast immer noch am selben Tag Rückmeldung bekommen, da habe ich mich immer gut wahr- und ernstgenommen gefühlt. Bei Problemen sonstiger Art (Studienorganisation, IT-Probleme oder gesundheitliche Themen) war der Infocenter die Anlaufstelle schlechthin. Hier wurde mir immer sofort geholfen. Dadurch habe ich mich in keinem Moment überfordert gefühlt, weil ich immer wusste, wohin ich mich wenden kann.
Die Uni selbst und der Capus ist sehr modern. Ich habe es sehr geschätzt, dass die Gebäude und Außenbereiche mit Arbeitsplätzen ausgestattet waren, kleine Sitzecken, Tische, Whiteboards. So hat die ganze Uni dazu "eingeladen", dort Zeit zu verbringen und zu studieren. Zusätzlich gab es eigentlich in fast allen Gebäuden kleine Cafés oder Kioske, wo Mahlzeiten, Café, Eis, Obst, Riegel und Getränke angeboten wurden. Da es aber doch meist recht teuer war, haben die Studierenden normalerweise ihr Essen in Brotbüchsen mitgebracht und bei einer der vielen Mikrowellenstationen erwärmt. Die Seminar- und Vorlesungsräume waren modern eingerichtet, mit bequemen Stühlen und Präsentationsbildschirmen, die über ein HDMI-Kabel einfach mit dem eigenen Laptop verbunden werden konnten (wer kein HDMI-Anschluss hat, sollte einen Adapter mitbringen!). Die Bibliothek habe ich persönlich nicht als Arbeitsplatz genutzt. Anders als in Deutschland ist sie kein ruhiger Arbeitsbereich, sondern auch ein Ort, an dem man sich mit anderen austauscht und diskutiert. Deswegen habe ich meist an einem der anderen Arbeitsplätze gegessen oder später, als es warm genug war, draußen. Ansonsten war zu merken, dass "normale" Arbeitszeiten auch für die Universitäten und Studierenden ernst genommen werden. Ab um vier leert sich der Campus merklich und auch die Bibliothek hat nicht bis spät in die Nacht auf.

Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden

An die Arbeitszeiten habe ich mich nur allzu gern angepasst und die Nachmittage dann mit Freunden verbracht. Es war sehr leicht, mit anderen Austauschstudierenden in Kontakt zu kommen, weil bereits vor der Anreise über die App Goin die Möglichkeit bestand, sich mit anderen zu vernetzen, und vor Ort vom Buddy Programm viele Events organisiert wurden, um sich kennenzulernen. Über das ganze Semester gab es immer wieder Aktionen: Partys, Spiele, Abende am See, Sportwettkämpfe oder Ausflüge. Deutlich schwerer war es, in Kontakt zu schwedischen Studierenden zu kommen, da alle Kurse, die ich belegt habe, mit anderen internationalen Studierenden waren.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Auch wenn ein großer Teil der Internationals tatsächlich aus Deutschland kam und deswegen sehr viel Deutsch gesprochen wurde, konnte ich vor allem mein Englisch nochmal deutlich verbessern. In der Uni lief alles auf Englisch und meine anfängliche Sorge vor Präsentationen und Hausarbeiten und überhaupt der Beteiligung am Kurs auf Englisch konnte ich mit jeder Woche weiter ablegen, irgendwann habe ich gar nicht mehr darüber nachdenken müssen und ich kann sagen, dass mir Studieren auf Englisch jetzt fast genauso einfach fällt wie auf Deutsch. Abgesehen davon habe ich das Angebot der Uni genutzt und auch einen Schwedischkurs belegt. Zusammen mit Duolingo hat er geholfen, ein paar Basics in der Sprache zu erlernen und immerhin einfachen Unterhaltungen folgen zu können. Im Alltag habe ich Schwedisch allerdings nur wenig gesprochen. Da in Schweden alle sehr gutes Englisch sprechen, war es doch leichter und bequemer, einfach darauf "auszuweichen". Als letzter Punkt zu Sprache kann ich noch sagen, dass der viele Kontakt zu Menschen aus Ländern innerhalb und außerhalb Europas auch super Möglichkeiten bietet, vielleicht etwas eingerostete Sprachkenntnisse aus der Schule wieder aufzufrischen oder zu vertiefen.

Wohn- und Lebenssituation

Das Leben allgemein in Schweden war ziemlich "einfach" und lief ohne größere Schwierigkeiten ab. Das Apartment im Wohnheim hatte ich bereits vor der Ankunft sicher, am Sonntag vor Semesterbeginn konnte ich die Schlüssel am Infocenter abholen und wurde von dort dann auch mit einem Shuttle in mein Viertel (Ålidhem) gefahren. In meinem Korridor konnten bis zu sieben Leute wohnen, alle Zimmer haben ein eigenes Bad, es gibt eine Gemeinschaftsküche und einen Essens-/Gemeinschaftsraum. Das Zimmer war minimalistisch aber ausreichend eingerichtet: Bett mit Bettwäsche, Regal, Schreibtisch, Stuhl, Couchtisch und ein großer Einbauschrank. Da kommt alles gut unter. Wer sich das Zimmer verschönern möchte oder für die Küche noch Utensilien braucht, dem kann ich "Returbutiken“ empfehlen; ein Secondhandladen, der wirklich alles hat und wo für gutes Geld (für Studis gibt's sogar noch 10% Rabatt) alles Nötige besorgt werden kann. Mit meinem Korridor hatte ich großes Glück, die Küche wurde von allen sehr sauber gehalten und die allgemeinen Aufgaben (Müll rausbringen, immer mal durchfegen, Spülmittel kaufen etc) haben sich auch ohne festen Plan gut unter allen aufgeteilt. Meine Mitbewohner*innen haben über die Zeit immer mal gewechselt, zum Ende habe ich mir den Korridor nur noch mit einer anderen Austauschstudierenden geteilt. Die Atmosphäre war immer freundlich, aber gemeinsame Aktivitäten gab es eher nicht. Aber ich weiß auch von anderen Korridoren, wo das eher der Fall war, das hängt also ganz davon ab, mit wem man zusammenlebt.
Zum Verkehr in Umeå kann ich sagen, dass, solange die Straßen noch tief verschneit sind (ca. bis Anfang/Mitte März) der Bus immer sehr zuverlässig war. In der App Umeå Ultra konnten Einzelfahrkarten, 10er Tickets oder Monatstickets gekauft werden, mit einem Rabatt für Studierende. Das hat sich am Anfang auf jeden Fall gelohnt. Sobald die Wege aber auch mit dem Fahrrad gut befahrbar waren, bin ich darauf umgestiegen und habe ab da kein Busticket mehr gebraucht. Das Wegenetz für Fahrradfahrende ist super gut ausgebaut und später ist tatsächlich der Großteil der Menschen entweder mit Rad oder E-Roller unterwegs.
Zum Bezahlen allgemein in Schweden: Zum Großteil läuft alles über das Bezahlen mit Karte, selbst das kleinste Geschäft hat ein Kartenlesegerät und viele Geschäfte akzeptieren auch gar kein Bargeld mehr. Mit meiner Visakarte hatte ich nie Probleme. Wenn doch mal Bargeld gebraucht wurde, war das Abheben gebührenfrei an Automaten möglich. Viel läuft auch über Swish, eine schwedische Bezahlapp, die aber für Nicht-Schwed*innen eher schwer einzurichten ist. Ich hatte sie während meiner Zeit hier nicht und es haben sich immer Möglichkeiten gefunden, auf andere Art und Weise zu bezahlen.
Die Förderung vom Erasmus+ Programm ist sehr knapp bemessen, die Hälfte der Summe fließt bereits in die Miete und da Lebensmittel auch recht teuer sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass nach Wohnen und Essen nicht mehr viel übrigbleibt. Wer sich den Aufenthalt mit Clubbesuchen, Festivals und schönen Unternehmungen bereichern möchte, sollte zusätzlich zur Förderung auch noch andere Geldquellen zur Verfügung haben oder vor dem Aufenthalt etwas ansparen. Denn Umeå bietet wirklich viele Möglichkeiten, die Freizeit gut zu nutzen. Kostenlos und sehr empfehlenswert ist die "Fritidsbanken“ , ein Verleih, in dem von Skiern über Schlittschuhe, Kletterschuhe, Matratzen, Zelte, Inlineskates bis hin zu Schutzausrüstung wirklich nahezu alles gefunden werden kann und der zu 100% auf Vertrauen beruht. Alles ist kostenlos und es muss auch kein Pfand hinterlegt werden. Die Langlaufskigebiete in der Stadt (Gammlia, Nydala, Grossjön) sind gut gepflegt und kostenfrei. Wer im Winter nach der Uni noch Schlittschuh laufen will, kann das einfach auf dem Uni-Teich machen. Ansonsten ist es fast unmöglich um eine Mitgliedschaft im Iksu, dem größten Sportcenter Schwedens, herumzukommen. Ich hatte am Anfang lange überlegt, ob es sich für mich lohnt, da ich bisher noch nie im Sportstudio war und all "meine Sportarten" draußen möglich sind. Ich habe mich nach einer kostenlosen Probewoche aber doch dafür entschieden und kann es wirklich allen empfehlen! Ich habe mit dem Klettern begonnen, Tanzkurse belegt, war Schwimmen, Saunieren, hab auf dem Laufband überflüssige Energie gelassen, es mit Beachvolleyball probiert und viele Menschen dort kennengelernt. Das Geld ist dort auf jeden Fall gut investiert! Abgesehen davon lohnt es sich, Facebook herunterzuladen und auf der Seite der Stadtimmer wieder die Veranstaltungshinweise anzuschauen, es gibt viele schöne Angebote, Musikfestivals, Läufe, Ausstellungen, Veranstaltungen etc. Auch von der Uni gibt es Freizeitangebote, verschiedene Chöre oder Orchester und Theatergruppen. Ich selbst bin nach etwa der Hälfte des Semesters einem Lindyhop-Tanzverein außerhalb des Unikontextes beigetreten und bin dort (endlich) auch mit Schwed*innen in Kontakt gekommen.

Studienfach: Psychologie

Aufenthaltsdauer: 01/2024 – 06/2024

Gastuniversität: Umeå University

Gastland:Schweden

Rückblick

Ich kann allen, die in Erwägung ziehen, in Umeå ein Erasmus-Semester zu machen, nur empfehlen, sich darauf zu bewerben! Abgesehen von dem anderen Studiensystem, den positiven Auswirkungen auf die Sprachkenntnisse und den Erfahrungen, sich im Ausland für längere Zeit zurechtzufinden und in eine andere Kultur einzutauchen, bietet Umeå auch die Möglichkeiten, wirklich langen und tiefen Winter inklusive Auroras, aber auch Strandwetter, Sonnenaufgang um halb drei nachts und Hitze zu erfahren. Umeå ist eine Stadt, die viel zu bieten hat: einen See zum (Eis)Baden, Wälder, ein wunderschönes Flussufer, das Meer nicht weit weg, Museen, Kultur und vor allem viele freundliche Menschen, die einen immer willkommen heißen! Vor den Temperaturen im Winter sollte man nicht zurückschrecken, in der Uni ist es angenehm warm und für die 15min Fußweg zur Uni reichen ein paar mehr Schichten Klamotten. Tatsächlich fand ich es viel spannender, die Kälte zu erleben, als dass ich mich über sie beschwert hätte! Woran aber alle denken sollten: In den Wintermonaten ist es wichtig, Vitamin D zu nehmen, Präparate gibt es in jedem Supermarkt. Und für den Sommer wiederum braucht es viel Sonnencreme, denn dann wird jeder mögliche Moment draußen verbracht und die Sonne scheint lange und intensiv. Einige sommerliche Klamotten einzupacken ist wirklich empfehlenswert, auch wenn vielleicht schwer vorstellbar.
Ich habe die Zeit hier sehr genossen, viele Menschen aus allen Teilen der Welt kennengelernt, mich in ganz neuen Dingen ausprobiert, viel gelernt und nur positive Erfahrungen gesammelt! Ich empfehle deswegen allen, die überlegen, ein Erasmus-Semester zu machen, es wirklich anzugehen, es lohnt sich bestimmt, in Umeå ganz sicher!


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