Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Die Kontaktaufnahme mit der Universität Bologna ist sehr einfach, da man nach der Nominierung der Universität Potsdam, eine interne Mailadresse erhält und diese – wie ich von anderen Studierenden, die vorher in Bologna waren erfuhr – die Zusage der Universität Bologna ist. Mit der Mailadresse erhältst du auch Zugriff auf das Universitätsportal, worüber man später auch seine Kurse wählt und sich zu Prüfungsleistungen anmeldet. Außerdem gibt es Auslandskoordinatoren des International Office, die einem zugewiesen werden (je nach Studiengang meines Wissens) und die in der Regel per Mail alle Fragen beantworten. Ich muss sagen, dass die Kommunikation aufgrund unklarer Zuständigkeiten teilweise schwierig war, und ich rate, einfach am Ball zu bleiben und auf deinen Anliegen zu insistieren.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem ist in Bologna und generell in Italien verschulter, was bedeutet, dass die Seminare und Vorlesungen oft mehrmals die Woche stattfinden und viel auf dem zu lesenden Stoff basieren. Dabei findet keine wöchentliche Abfrage statt, aber die mündlichen Prüfungen am Ende des Semesters sind auf Literatur ausgelegt und man muss entweder den Lesestoff des Semesters rekapitulieren oder ausgewählte Monografien und Artikel in Vorbereitung lesen. Das System ist vor allem auf mündliche Prüfungen ausgerichtet, die entweder in den Büros der Dozierenden oder aber vor den Mitstudierenden abgehalten werden und die zeitlich sehr unterschiedlich sein können.
In einigen Kursen kontrollieren die Professoren und Dozierenden auch die Anwesenheit, da Prüfungsleistungen umfangreicher sind, wenn man sie als „nicht Besuchender“ absolviert. In meinen Kursen gab es diese Unterteilung theoretisch, aber die Dozierenden waren sehr locker mit der tatsächlichen Anwesenheit. Generell ist das System etwas autoritärer und Vorlesungen und auch Seminare sind sehr auf die Dozierenden zugeschnitten, doch war der Kontakt mit den Dozierenden trotzdem einfach und sie beantworteten immer gerne Fragen. Es gibt sehr viele Kurse auf Englisch, allerdings sollte man bei der Wahl der Kurse auch auf deren Standort achten, die auch auf anderen Campi wie Rimini, Ravenna, Cesena oder Forlì angeboten werden. In Bologna gibt es reichlich Bibliotheken, die aber oft klein sind und früh schließen, weshalb es in der Klausurenphase teilweise schwer ist, Plätze zu finden.
Die Betreuung von Seiten der Universität ist beschränkt, da es keine Orientierungsveranstaltungen gab (ich weiß nicht, ob es zum Anfang des Wintersemesters anders ist). Allerdings ist das Erasmus Student Network sehr aktiv und bietet viele Veranstaltungen und auch Reisen an, an denen man für wenig Geld und mit einer ESN-Card (10€) teilnehmen kann.
Kontakte zu einheimischen und ausländischen Studierenden
Ich habe fast ausschließlich Kontakt zu anderen Austauschstudenten gehegt, da es schwer ist mit Italienern in Kontakt zu kommen, die oft nicht so gut Englisch sprechen können, die oftmals aber auch nicht in meinen englischsprachigen Kursen waren. Bologna ist voller ausländischer Studierender, deshalb braucht man sich keine Sorgen zu machen Anschluss zu finden. Meine Mitbewohner (auch Austauschstudenten) haben zu Beginn oft an ESN-Aktivitäten teilgenommen, um andere kennenzulernen. Ich kann zusätzlich dazu raten, in den Kursen, die man besucht, auf Mitstudierende zuzugehen und offen zu sein. Bei der Kurswahl kann man darauf achten, Kurse zu wählen, die am Anfang des Semesters beginnen (manche beginnen erst nach einigen Wochen), da auch die ausländischen Studenten weniger offen werden je weiter das Semester voranschreitet, da viele dann schon Anschluss gefunden haben.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Ich kann nicht einschätzen, ob sich meine Sprachkompetenzen signifikant verbessert haben, da ich Englisch zuvor schon fließend sprechen konnte. Allerdings, war es neu für mich Prüfungen (sowohl mündlich als auch Hausarbeiten) auf Englisch zu absolvieren. Bologna ist auch nicht die richtige Stadt, um das Italienisch aufzubessern, da die Menschen in Restaurants und Bars in der Regel Englisch sprechen, wenn sie deinen Akzent hören. Mein Italienisch hat sich dennoch im Hörverstehen deutlich gebessert und ich kann jedem nur empfehlen mindestens einen Kurs auf Italienisch zu besuchen, wenn man das B1 Sprachniveau hat. Mein Professor hat mir unter vorheriger Absprache auch erlaubt die Prüfung auf Englisch zu absolvieren. Außerdem kann man auch Sprachkurse der Universität Bologna belegen. Zuvor wird online ein mündliches Gespräch geführt und man wird seinem Niveau entsprechend zugeteilt. Man sollte darauf achten, sich rechtzeitig in einen Kurs einzutragen, da diese recht schnell vergeben sind. Meine Sprachfähigkeiten haben sich durch den Sprachkurs zwar nicht enorm verbessert, aber es ist trotzdem schön, wöchentlich etwas Italienisch zu sprechen und mit anderen Lernenden in Kontakt zu kommen.
Wohn- und Lebenssituation
Die Wohnungssituation ist in Bologna sehr angespannt. In den Städten der anderen Campi ist es einfacher und billiger etwas zu finden, lohnt sich aber kaum, wenn man Kurse in Bologna besucht, da die Fahrzeit mit dem Zug ungefähr eine Stunde umfasst und ein monatliches Ticket (kann nur am Anfang des Monats erworben werden!) von Trenitalia für ausschließlich die Strecke nach und von Bologna kostet um die 70€ und das Hin- und Herfahren kostet viel Zeit. Ich würde raten, nach einem Zimmer in der Innenstadt oder nahe der Innenstadt von Bologna zu suchen, da sich dort alles abspielt und alles fußläufig ist und man die Stadt in vollen Zügen genießen kann. Die Mieten für ein Einzelzimmer liegen momentan zwischen 550€ und 750€, je nach Lage und wann man anfängt zu suchen. Doppelzimmer kann man für etwas weniger Geld bekommen. Ich hatte mich zusätzlich auch bei Camplus (Universitäts-Wohnheime) beworben, die für Bologna aber auch horrende Preise verlangen (950€ pro Monat für ein Doppelzimmer!). Ich rate also, so früh wie möglich mit der Suche nach einem Zimmer zu beginnen. In der Innenstadt ist man nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, aber falls man weiter weg wohnt oder es einmal regnet und auf dem Weg nicht durchgängig Portici sind, gibt es ein gut ausgebautes Busnetz, das man mit einer Monatskarte oder per Kartenzahlung nach Betreten des Busses nutzen kann. Bologna hat einen der größten Bahnhöfe Italiens und fast alle Nord-Südverbindungen durchkreuzen die Stadt, weshalb man einen guten Anschluss an Mailand, Rom, Florenz, Venedig oder Verona hat. Bei Schnellverbindungen von frecciarossa lohnt es sich früher zu buchen, da es günstiger ist. Die Lebenshaltungskosten sind insgesamt ähnlich zu Berlin. Die Supermärkte sind etwas teurer, dafür sind Cafes (in Italienisch Bar) mit dem klassischen Cornetto e Cappuccino günstig und die Restaurants sind auch etwas günstiger.
Die Universität bietet viele verschiedene Sportarten an. Dabei muss man beachten, dass man ein medical certificate vom Arzt braucht das ca. 30€ kostet, um daran teilnehmen zu können. Ansonsten kann man sich auch privat Fußball-, Basketball- und Tennisplätze mieten, was günstiger wird je mehr Menschen spielen.
In seiner Freizeit kann man die vielen Parks und Hügel im Süden der Stadt besuchen, die staatlichen Museen kosten für Studenten unter 25 oft nur 2€, es gibt viele ESN-Aktivitäten, man kann auf einen der ältesten modernen Friedhöfe Europas gehen, Aperitivo in einer der zahlreichen Bars einnehmen oder einfach durch die pittoresken Straßen laufen und auf der Piazza sitzen. Das Sommerkulturprogramm der Stadt ist sehr umfangreich und geht von Mai bis September und es lohnt sich im Sommer das Filmfestival sotto le stelle (unter den Sternen) zu besuchen – ein gratis Freilichtkino auf dem Piazza Maggiore.
Studienfach: Geschichte, Politik und Gesellschaft
Aufenthaltsdauer: 02/2024 - 08/2024
Gastuniversität: Università di Bologna
Gastland: Italien
Rückblick
Bologna ist die perfekte Stadt für ein Auslandssemester. Nicht nur ist die Stadt sehr international, sondern sie ist sehr tolerant und inklusiv und bietet jedem Raum sich auszuleben. Dadurch ist die Atmosphäre sehr locker und leicht. Die vielen Studenten machen Bologna zu einer sehr lebendigen Stadt mit vielen Aktivitäten und Angeboten. Sie eignet sich außerdem, um andere Städte in Italien mit dem Zug zu erkunden. Die Universität bietet wunderschöne Lernkulissen und ist über die gesamte Stadt verteilt. Bologna ist sowohl als Universitätsstadt als auch für die vielseitige Freizeitgestaltung sehr für einen Austausch zu empfehlen.