Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Bereits im ersten Semester wusste ich, dass ich gern einen Auslandsaufenthalt absolvieren möchte. Bis es dann soweit war, vergingen (dank Covid-19) fünf weitere Semester. Im Studium wurde wiederholt auf die Möglichkeit eines Auslandssemesters hingewiesen, weshalb ich mich schlussendlich über die Seite des International Office informierte, was für Möglichkeiten es gab. Für mich persönlich war es wichtig, ein Programm mit finanzieller Unterstützung in ein englischsprachiges Land zu finden. Erasmus+ eignet sich hierfür ideal, da viele Informationen verfügbar sind und alle Schritte bis zum Auslandsaufenthalt transparent geplant und unterstützt werden. Nachdem ich bei meinem Austauschkoordinator angefragt habe, schickte ich ihm im Januar 2022 ein Motivationsschreiben (Warum möchte ich ausgerechnet in diesem Land, an dieser Universität, dieses Fach studieren?), meine PULS-Leistungsübersicht, mein Abiturzeugnis, meinen Lebenslauf sowie das offizielle Erasmus+-Bewerbungsdokument. Anfang März bekam ich auch schon die Zusage. Ab da fing ich an, mich immer wieder über Plymouth und die University of Plymouth (https://www.plymouth.ac.uk/international) zu informieren. Noch vor der Anreise musste ich ein Online-Formular der University of Plymouth ausfüllen. Außerdem wurde ein Online Learning Agreement BEFORE the Mobility aufgesetzt und von allen Beteiligten unterschrieben. Dabei waren die Angehörigen der University of Plymouth sehr hilfsbereit und überprüften meinen Stundenplan auf Überschneidungen von Veranstaltungen, da ich Module aus verschiedenen Studienjahren belegen wollte. Generell wurden sowohl von Seiten der Universität Potsdam als auch von Seiten der University of Plymouth alle aufkommenden Fragen schnell, kompetent und freundlich beantwortet.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem in England unterscheidet sich etwas von unserem. Sucht man nach Modulen oder Lehrveranstaltungen, muss man zunächst nach dem angestrebten Abschluss auf der Seite der Universität suchen (https://www.plymouth.ac.uk/schools/school-of-geography-earth-and-environmental-sciences/geography). Im Modulhandbuch sind dann die Veranstaltungen nach Studienjahren (Year 1, Year 2, Final Year) sowie Kern- und Wahlmodulen unterteilt. Bei der Auswahl der Module muss beachtet werden, in welchem Semester man an der Universität studieren wird. Semester A entspricht dabei dem Wintersemester, Semester B dem Sommersemester. Generell kann ich empfehlen, alle Module aus einem Studienjahr zu nehmen, da diese aufeinander abgestimmt sind. Ich habe Module aus year 2 und dem final year belegt, weshalb ich große Überschneidungen in der Prüfungszeit hatte, was das Erbringen der Prüfungsleistungen erschwerte. Generell bringt jedes Modul 20 credit points, was 10 ETCS entspricht. Die Notengebung erfolgt in Prozenten, wobei zum Bestehen einer Prüfung 40% benötigt werden und kaum ein Studierender jemals mehr als 80% erreicht. Für die Anerkennung gibt es allerdings eine Umrechnungstabelle auf der Seite des International Office. Alle internationalen Studierenden, egal ob für ein reguläres Studium oder im Austauschprogramm, wurden zwei Wochen vor Beginn der Vorlesungszeit eingeladen. In dieser Zeit gab es sehr viele hilfreiche Einführungsveranstaltungen und kostenlose Angebote. Ich kann die Teilnahme an diesen Veranstaltungen sehr empfehlen. Der Kontakt zu Mitarbeitenden der Universität sowie den Dozierenden war unkompliziert und einfach. E-Mails werden in der Regel sehr schnell beantwortet und bei Problemen aller Art wird Unterstützung gewährleistet. Dozierende bieten zudem auch Hilfe während und vor dem Schreiben von Essays an (sehr zu empfehlen). Der Austausch und Kontakt mit anderen Studierenden war sehr einfach. Obwohl ich mich zunächst an andere internationale Studierende hielt, die ich schon kannte, kamen die englischen Studierenden sehr offen auf mich zu und unterstützten mich während des Studiums unglaublich hilfsbereit. Das Studienklima war generell sehr offen, kollegial und freundschaftlich geprägt und die Dozierenden gaben sich insbesondere in kleinen Kursen Mühe, die Studierenden in ihre Vorlesung einzubeziehen. Die Lehrveranstaltungen waren auf verschiedene Gebäude (teilweise auch außerhalb des Campus) verteilt. Allerdings sind alle Räume technisch gut ausgestattet und die meisten Lehrveranstaltungen werden mithilfe von Panopto aufgezeichnet und später auf die DLE-Seite (= Moodle) hochgeladen. Ich hatte zusätzlich das Glück, an mehreren Exkursionen sowohl an die Küste als auch ins Dartmoor teilzunehmen. Diese Veranstaltungen waren immer sehr gut organisiert und interessant gestaltet. Da die Universität einen großen Wert auf Selbststudium legt (der größte Teil der Lernzeit besteht aus Selbststudium), war die Bibliothek einer meiner größten Anlaufpunkte. Sie ist 24/7 geöffnet und sehr gut ausgestattet. Es gibt nicht nur Hilfe bei technischen Problemen, sondern auch ein Schreibcafé mit Tutoren, ein gutes Essens- und Getränkeangebot, bequeme Arbeitsplätze für Einzelpersonen und Gruppen, Laptops zum Ausleihen, Computerpools sowie einen hervorragenden (Online-)Zugang zu akademischer Literatur. Der Campus der Universität ist sehr zentral gelegen. Es gibt verschiedene Campuscafés und –restaurants mit sehr gutem, abwechslungsreichem Essen, einen kleinen Campusshop sowie die Räumlichkeiten der Student Union, die sich unterirdisch unter dem Campus befinden und Platz für Gruppenevents oder zum Billard spielen bieten.
Kontakte zu einheimischen und internationalen Studierenden
Während meines Aufenthaltes in Plymouth waren sehr viele deutsche Studierende vor Ort. Ich habe allerdings versucht, nicht Teil einer deutschen Gruppe zu werden, da hier meiner Erfahrung nach eher Deutsch statt Englisch gesprochen wird. Da ich zu Beginn des Aufenthalts zunächst einmal die internationalen Studierenden kennenlernte, entstand so bereits ein enges soziales Netzwerk für mich. In den ersten Wochen wurde ich bereits Teil einer Freundesgruppe mit verschiedenen europäischen Studierenden und wir unterstützten uns während des gesamten Semesters und trafen uns fast täglich. Zu einheimischen Studierenden bleibende Freundschaften aufzubauen ist insbesondere dann schwieriger, wenn man nicht in die Erstsemesterkurse eingeschrieben ist, da die Leute ansonsten schon ihr festes Umfeld haben. Was ich allerdings auf jeden Fall empfehlen kann, ist, einer Society beizutreten. Die Aufnahmegebühr ist unterschiedlich hoch, allerdings übersteigt sie selten 10 Pfund in den social societies. Ich bin GeogSoc – der Society für Geos – beigetreten und habe bei deren Events viele neue Leute kennengelernt. Die Societies veranstalten regelmäßig Treffen und Events, sodass man immer wieder neue Dinge ausprobieren oder neue Leute kennenlernen kann. Die Sport societies sind wesentlich teurer, allerdings wird man hier Teil eines engen Netzwerkes. Ich bin der Volleyball-Society beigetreten und Teil der Mannschaften geworden und habe dadurch viele neue Erfahrungen (auch an anderen Universitäten) gemacht. Am besten besucht man die Messen zu Beginn des Semesters auf dem Campus und nutzt die kostenlosen Probe- und Schnuppertermine.
Wohn- und Lebenssituation
Während des Bewerbungsprozesses teilte die University of Plymouth mir mit, dass einige Plätze im Wohnheim für internationale Studierende reserviert wären und man sich nach erfolgreicher Bewerbung für ein Zimmer im Wohnheim bewerben könne. Als ich soweit war, gab es nur noch Plätze in Gilwell Hall. Dieses Wohnheim ist Teil des Student Village und liegt direkt neben dem Campus. Hier konnte man sich über ein Portal für ein Zimmer bewerben, sobald man seine student-ID number besaß (https://www.plymouth.ac.uk/student-life/services/accommodation). Die Wohnheime sind vergleichsweise günstig (89 Pfund pro Woche) und umfassen ein Einzelzimmer sowie eine geteilte Toilette, Dusche sowie Küche. In Gilwell bestehen die WGs aus 6 Einzelzimmern, in anderen Wohnheimen gibt es auch größere WGs oder Einzelapartments, die entsprechend teurer sind. Ich verstand mich mit meinen Mitbewohnerinnen sehr gut, sodass wir auch zusammen kochten oder Ausflüge machten. Am Anfang war es natürlich erstmal schwer, einander kennenzulernen, aber ein gutes Verhältnis unter den Mitbewohner*innen ist nicht zu ersetzen. Man muss allerdings beachten, dass nichts außer den Möbeln im Wohnheim vorhanden ist, d.h. Bettzeug, Handtücher, Bettwäsche, Kleiderhaken, Töpfe, Pfannen und Geschirr müssen mitgebracht oder gekauft werden. Dazu gibt es auch viele Informationen auf der Seite der Uni. Es gibt allerdings viele günstige Läden oder Charity-Shops, in denen man diese Sachen auch günstig kaufen kann. Leider hat Gilwell ein kleines Mäuse-Problem, sodass wir in der Küche immer mal Besuch von einer kleinen Maus hatten. Zudem liegen Teile des Wohnheims direkt neben einer sehr lauten Bar mit DJ, sodass es gerade in den ersten Wochen unglaublich laut war. Bringt Ohrenstöpsel! Wer nicht in ein Wohnheim möchte, kann auch eine private Unterkunft mieten. Auch hierzu bietet die Uni viele Informationen an. Es gibt zahlreiche Cafés und Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung des Wohnheims. Da Plymouth eine relativ kleine Stadt ist, ist fast alles fußläufig erreichbar. Der Weg bis zum Hoe oder Barbican beträgt ca. 10-15 min. zu Fuß; Aldi ist ebenfalls nur 10 min entfernt. Es gibt zahlreiche Busverbindungen und man kann entweder online oder direkt im Bus Tickets lösen. Im Allgemeinen wird in der Öffentlichkeit alles per Kreditkarte bezahlt. Bargeld wird fast gar nicht mehr benötigt und teilweise auch nicht akzeptiert. Viele Studierende nutzten auch die App Revolut, um Geld zu überweisen oder bargeldlos zu bezahlen. Die Lebenshaltungskosten waren etwas höher als in Deutschland. Zwar gibt es viele vergünstigte Angebote für Studierende z.B. bei Coop; wer gern kocht, sollte trotzdem auf Aldi oder Lidl für den Einkauf zurückgreifen. Zudem findet das soziale Leben sehr häufig in Pubs, Bars und Restaurants statt, sodass hierfür höhere Ausgaben eingeplant werden sollten. Direkt neben dem Campus und den Wohnheimen gibt es den Caffeine Club, der 24/7 Essen und Getränke anbietet und ein beliebter Treffpunkt ist. Außerdem gibt es einen günstigen „Wings Wednesday“ im Roundabout sowie sehr günstige Drinks im Skiving Scholar. An Wochenenden gibt es zahlreiche Clubs, die mit günstigen Preisen locken. Das Pryzm im Barbican sowie die Studentenpartys in der SU auf dem Campus zählen hierbei zu den beliebtesten Orten. Außerdem gibt es jeden Mittwoch Karaoke-Veranstaltungen und andere Events in der SU. Generell sollte man die Angebote der Halls bzw. der UPSU im Auge behalten. Wer gern Wassersport betreibt, ist in Plymouth genau richtig. Egal ob Surfen, Tauchen, Segeln oder Paddeln, es gibt für jeden das richtige Angebot. Außerdem gibt es viele kulturelle Angebote. Z.B. befindet sich direkt neben der Uni „The Box“; im Barbican gibt es das Mayflower-Museum und das große Aquarium. Außerdem gibt diverse Freizeitangebote wie Schwarzlicht-Minigolf, Paintball, ein Jump-House und mehrere Escape rooms. Vom Hafen aus setzen kleine Fähren (2 Pfund pro Fahrt) regelmäßig zu beiden Buchtseiten über, sodass entspannte Ausflüge möglich sind. Wer größere Ausflüge machen möchte, kann entweder einen Bus ins Dartmoor nehmen oder unkompliziert mit Zügen an die Küste von Cornwall, nach Bristol oder Exeter fahren.
Studienfach: Geographie
Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 01/2023
Gastuniversität: University of Plymouth
Gastland: Großbritannien
Rückblick
Dieser Auslandsaufenthalt war definitiv die richtige Entscheidung. Ich habe nicht nur Freunde in ganz Europa gefunden, sondern auch neue Perspektiven kennengelernt und mich persönlich weiterentwickelt. Plymouth war der ideale Ort für mich, da es hier die perfekte Mischung aus familiärer Atmosphäre und einem breiten Freizeitangebot gab. Mein Tipp für alle, die an der University an Plymouth studieren möchten, ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn man sich unsicher ist, da die Kommunikation mit allen Beteiligten schnell und sehr freundlich ist. Außerdem solltet ihr bei der Auswahl der Module darauf achten, was für Prüfungen ihr belegen müsst. Ich habe damals course work ausgewählt. Im Nachhinein war das nicht die beste Idee, da ich hierdurch sechs Essays schreiben musste, von denen ich zwei im November und vier am 12. Januar abgeben musste, wodurch ich nur sechs Wochen zum Schreiben der Essays Zeit hatte. Also: Augen auf bei der Modulwahl und lieber einmal zu viel als zu wenig nachfragen. Ansonsten bleibt noch zu sagen: Viel Erfolg bei der Bewerbung! Das Ausland wartet auf euch.