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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Ich habe mich dazu entschlossen, mein Auslandssemester an der Nottingham Trent University in den englischen Midlands zu verbringen. Bereits seit dem ersten Semester an der Uni Potsdam wusste ich von der Möglichkeit ein Auslands-Semester zu absolvieren und habe deshalb an zahlreichen Infoveranstaltungen vom International Office teilgenommen. Ich habe mich schließlich für einen Auslandsaufenthalt im fünften Semester beworben, vor allem, weil ich unbedingt im Wintersemester und noch vor dem Verfassen meiner Bachelorarbeit diese Erfahrung machen wollte. Da ich mich in den sprachpraktischen Kursen in meinem Fach Englisch bereits auf britisches Englisch fokussierte, entschied ich mich, ins Vereinigte Königreich zu gehen. Des Weiteren konnte uns aufgrund des Brexits noch keine Zusicherung bezüglich eines neuen Austauschprogramms zwischen der Europäischen Union und Großbritannien gemacht werden, sodass ich diese Chance nicht ungenutzt lassen wollte.


Studienfach: Englisch und Politische Bildung auf Lehramt

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 12/2022

Gastuniversität: Nottingham Trent University

Gastland: Großbritannien

Die Nottingham Trent University war nicht meine erste Wahl gewesen, sondern nur mein Zweitwunsch. Dennoch war ich sehr zufrieden, weil die Region der East Midlands für mich eher unbekannt war, aber vor allem, weil mir das Angebot der Linguistik-Kurse an der NTU gut gefiel. Diesbezüglich ist die Region auch spannend, da in ihr sprachliche Elemente aus den südenglischen und nördlichen Sprachvarietäten kombiniert werden. Nachdem also die Nominierung durch die Universität Potsdam erfolgte, erkundigte ich mich in Nottingham über den weiteren Bewerbungsprozess. Innerhalb weniger Tage wurde mir nun ein Modulhandbuch für Austauschstudierende zugeschickt, welches weitestgehend mit den Informationen von der NTU-Website aus dem letzten Jahr übereinstimmte. Aus dem Katalog konnte ich maximal fünf Module auswählen, zwei davon als "backup-Module“. Bis auf einen Leistungsnachweis und eine Registrierung in einem unieigenen Erasmusportal gab es für mich keine weiteren Unterlagen mehr einzureichen und meine Bewerbung galt somit als angenommen.

Studium an der Gastuniversität

Anfang September bin ich dann zunächst einmal nach London geflogen und von dort aus mit dem Zug weiter nach Nottingham; eine Strecke, die ich nur empfehlen kann. Nachdem ich mich bei meiner Gastuniversität registrierte und meinen Universitätsausweis ausgestellt bekommen habe, erfuhr ich, dass ich für alle meine Kurse zugelassen wurde. Leider überschnitten sich jedoch zwei Kurse in meinem Stundenplan, sodass ich kurzerhand ein Modul durch ein anderes tauschen musste, wobei mich die Austauschkoordinatorin vor Ort gut und schnell unterstützte. Ich nahm direkt am zweiten Tag nach meiner Ankunft an einer „Welcome Week“ teil, bei der sich die universitären Gremien, Societies und Sportvereine vorstellten und ich schon erste Kontakte mit Kommiliton:innen knüpfen konnte. Am Ende dieser Woche gab es für alle Austauschstudierende eine eigene Willkommensveranstaltungen, bei der wir auch über das akademische System in Nottingham belehrt wurden. So besteht jedes Modul aus einer Vorlesung, einem Seminar und einer Übung. Sehr beeindruckt hat mich, wie eng in der Praxis und vor allem Vorlesung und Seminar miteinander verwoben waren. Das kannte ich so aus der Uni Potsdam nicht und lag aber auch daran, dass mich in jedem meiner drei Module die gleichen Dozenten unterrichten.  Ebenfalls gefallen am Studium an der NTU hat mir der enge Kontakt zwischen Dozenten und Studierenden. Nach jeder Übungseinheit und auch zwischendurch, bspw. durch Quizze oder Kurztests, wurde sich vergewissert, ob wir die Thematik verstanden hatten. Zusätzlich wurde uns mehrfach in der Woche ein „drop-in slot“ für die Besprechung von Kursinhalten angeboten, welchen ich dankend annahm. Dieser Kontakt wurde gerade deshalb ermöglicht durch die geringe Teilnehmerzahl in meinen Kursen, denn selbst in den Vorlesungen waren wir nie mehr als zehn Studierende. Ich kann jedoch aus Erfahrungsberichten anderer Studierender sagen, dass dies wohl nicht die Regel ist. Mir hat das aber auf jeden Fall beim Lernen der Inhalte geholfen, da man viel intensiver miteinander diskutieren konnte. In vielen meiner Kurse war ich nur einer von wenigen Austauschstudierenden, so dass ich des Öfteren zusammen mit meinen britischen Kommilitonen zusammengearbeitet habe. Diese empfand ich als sehr hilfsbereit und mit einigen von ihnen habe ich mich auch zum Lernen nach der Uni verabredet. Die Bibliothek war mein Lieblingsort zum Lernen, vor allem die „Boots Library“ auf dem City Campus, da diese besonders viele Lernplätze anbot und unter der Woche 24 Stunden geöffnet hat, aber auch weil sie von meiner ersten Unterkunft nicht weit entfernt war. Aber auch in den Pausen zwischen Veranstaltungen auf dem Clifton Campus, meinem primären Studienort, ließ sich die Zeit gut mit Vor- und Nachbereitungen und den ein oder anderen netten Gesprächen im mit Sesseln bestückten Foyer angenehm verbringen. Des Weiteren lassen sich Termine vereinbaren, um mit Tutoren verschiedener Fakultäten eine Art Schreibberatung für Hausarbeiten und Kurzarbeiten zu haben.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

Ich würde sagen, dass ich bereits vor meinem Austausch Englisch auf einem sehr hohen Niveau benutzt habe. Vor allem an meiner Aussprache konnte ich ja bereits während der sprachpraktischen Übungen feilen. Allerdings gab mir das Auslandssemester die Möglichkeit, komplett in die englische Sprache einzutauchen und täglich von ihr umgeben zu sein. So habe ich zum Beispiel auch den Kontakt zu meiner Familie und Freunden eingeschränkt. Gefühlt hat sich mein Leseverständnis massiv verbessert, so dass mir nun auch komplexere und vor allem ältere Texte viel leichter zu lesen fallen. Mein Akzent hat an einigen Stellen einen leichten Einschlag der East Midlands erhalten, wobei viele meiner Dozenten und Kommiliton:innen vor allem aus Südengland oder Schottland kamen. Ein halbes Jahr mehr hätte mir hier zur Festigung sehr geholfen.

Wohn- und Lebenssituation

Kurz nachdem ich für meine Gastuniversität eine Zusage erhalten hatte, erkundigte ich mich auch nach der Möglichkeit, in einem Studentenwohnheim zu wohnen. Leider war dies für einen so kurzen Zeitraum wie ein Semester nicht möglich, jedoch wurde ich auf die Möglichkeit, in einer Gastfamilie unterzukommen, hingewiesen. Zum damaligen Zeitpunkt, es war bereits Mai, standen nicht mehr so viele Gastfamilien zur Auswahl. Deshalb entschied ich mich für das Leben bei einer Gastmutter, die ein Haus in guter Lage besaß. Das heißt nicht unbedingt, dass ich einen kurzen Weg zur Uni hatte, ganz im Gegenteil: jeden Tag pendelte ich etwa eine Stunde hin und zurück von der Uni. Die Möglichkeit, einen lokalen Ansprechpartner zu haben und mit diesem über Herausforderungen sprechen zu können, dabei auch noch seine sprachliche Kompetenz zu verbessern, war dies jedoch wert. Meine Gastmutter war auch so etwas wie eine kulturelle Wegweiserin, da sie mir mit hilfreichen Tipps zu Orten in Nottingham in der Anfangszeit meinen Einstieg erleichterte. So empfahl sie mir zum Beispiel, eine Monatskarte bei dem örtlichen Busunternehmen zu kaufen, da die Bus-Anbindung in meinem Stadtteil deutlich besser war als die der Straßenbahn. Das Bus-Netzwerk ist bis in die umliegenden Städte wie Leicester oder Sheffield ausgedehnt und durch den von der Gastuni geförderten Studi-Rabatt kommt man zu ihnen zum gleichen Monatspreis. Ganz zu Beginn hatte ich mir auch ein Fahrrad ausgeliehen für nur 40 Pfund pro Semester, aber mit dem Wintereinbruch stellten sich 17 Kilometer als zu weit und kalt heraus. Das cycle scheme kann ich aber gerade im Sommersemester nur empfehlen!Einmal die Woche traf ich mich auch mit der film society, ein studentischer Club, in der sich Filmenthusiasten versammelten. Nach einer Filmvorführung im Hörsaal ging es für uns oftmals in ein Pub oder in die student union (Studentenvereinigung), um über die Geschehnisse auf der Leinwand zu diskutieren.  Abseits des universitären Rahmen bieten Nottingham und Nottinghamshire so einiges an kulturellen Angeboten: Es gibt neben dem berühmten Nottingham Castle auch das Theatre Royal, in dem sogar aufgezeichnete Londoner Musicals gezeigt werden, unfassbar gut bestückte Buchhandlungen, mehrere weiträumige Parks (ich empfehle Wollaton Hall) und einiges mehr. Ab der Mitte meines Aufenthaltes vermehrten sich die Abgaben für meine Module, sodass ich nicht mehr allzu viel Zeit für Entdeckungen hatte. Mit der Zeit kam es dann leider vermehrt zu gravierenden Problemen zwischen meiner Gastmutter und mir, da sie den Lebensstandard zuhause aufgrund finanzieller Probleme nicht aufrechterhalten konnte. Es sollte erwähnt werden, dass Großbritannien zu dieser Zeit von einer sehr hohen Inflation betroffen war. Leider verschlechterte sich dadurch das Wohnverhältnis mit meiner Gastmutter, weshalb ich mich nach zwei Monaten entschied, von ihr auszuziehen. Da die Gastunterkunft durch die Universität vermittelt wurde, wendete ich mich mit meiner Sorge an deren Vermittlungsdienst. Dieser konnte mich leider jedoch erst nach drei Wochen, und auf Nachdruck einem meiner Dozenten, bei der Suche einer neuen Unterkunft unterstützen. Die Kommunikation mit diesem universitären Dienst, aber auch mit anderen wie bspw. meiner Austauschkoordinatorin, die zu dieser Zeit nicht mehr für mich zuständig war, hätte ich mir reibungsloser und deutlich schneller gewünscht. Schließlich konnte ich in einem der Studierendenwohnheime direkt auf meinem Campus unterkommen; Glück im Unglück. Dort wohnte ich für den letzten Monat in einer Wohngemeinschaft bestehend aus mir und sechs Engländern. Die Erfahrung mit Engländern in meinem Alter zusammenzuleben hat mir sehr viel Freude bereitet, zumal ich mit ihnen stets im Austausch über ihre akademischen Erfahrungen, z.B. dem Verfassen von englischen Hausarbeiten, sein konnte. Das Zusammenleben mit Engländern hat auch den interkulturellen Austausch gefördert: So haben wir kurz vor Weihnachten Vanillekipferl gebacken und an anderen Abenden über verschiedenste englische (und walisische) Brauchtümer uns unterhalten. An und für sich kann ich sowohl den homestay als auch das Zusammenleben mit anderen Studierenden im Wohnheim weiterempfehlen. Sollte es zu unangenehmen Erfahrungen kommen, gibt es glücklicherweise immer die Möglichkeit, sich mit der Gastuniversität in Verbindung zu setzen.  Ich möchte noch erwähnen, dass die Lebenshaltungskosten in Großbritannien um einiges höher sind als in Deutschland. Neben der hohen Inflation spielte auch die Umrechnung von Pfund in Euro eine Rolle. Das homestay-Programm hat den großen Vorteil, dass die Verpflegung für Frühstück und Abendessen schon im Preis von 140 Pfund pro Woche mit inbegriffen sind. Da die Miete für die Unterbringung im Studierendenwohnheim allein ohne Verpflegung deutlich teurer ist, gibt man dort natürlich wesentlich mehr Geld aus, kann jedoch den Einkauf eigenständig planen. 

Studienfach: Englisch und Politische Bildung auf Lehramt

Aufenthaltsdauer: 09/2022 - 12/2022

Gastuniversität: Nottingham Trent University

Gastland: Großbritannien


Rückblick

Ich blicke im Ganzen gerne auf meine Austauscherfahrung zurück. Die vielen offenen Menschen, die mich auf diesem Abschnitt begleiteten und die zahlreichen Eindrücke machten sie für mich einzigartig. Gerade an die gut ausgebauten akademischen Beratungsangebote und die gute Betreuung durch die Dozent:innen denke ich in guter Erinnerung. Allerdings blicke ich etwas wehmütig auf die Tatsache zurück, dass ich aufgrund knapper Wohnheimplätze schon einen Monat früher nach Deutschland zurückkehren musste. Mein Semester samt Kurse und Abgaben konnte ich jedoch, auch dank des großartigen Supports meiner Dozent:innen, von zuhause aus erledigen. Ich kann deshalb jedem ein Auslandssemester an der Nottingham Trent University empfehlen, nicht zuletzt, weil Nottingham eine schöne Mischung aus Großstadttrubel und Natur darstellt. Es ist also fast ein bisschen wie ein Potsdam in den East Midlands, und dennoch besitzt es meiner Meinung nach seinen ganz eigenen Charme.

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