Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Sich für ein Erasmus-Semester zu bewerben, ist am Anfang eine ziemlich entmutigende Aufgabe. Vor allem, wenn man im Rahmen seines Masterstudiums ein Auslandssemester absolviert, denn man muss fast sofort wissen, wohin man gehen möchte und welche Universität man besuchen möchte. Die Menge an Informationen ist sehr groß, und es kann ein wenig überwältigend sein, sich durch sie hindurchzuwühlen. Aber die regelmäßig stattfindenden Informationsveranstaltungen, in denen man sich über den Bewerbungsprozess informieren und seine Fragen stellen konnte, erleichterten den Umgang mit dieser Aufgabe deutlich. Der Kontakt mit dem International Office war meiner Erfahrung nach sehr gut. E-Mails wurden zügig beantwortet, und ich konnte das Büro fast immer telefonisch erreichen, wenn ich eine schnelle Antwort auf eine Frage brauchte. Auch die Erasmus-Seite des International Office ist sehr informativ und bietet einen guten Überblick über alle notwendigen Dokumente und Fristen. Außerdem konnte ich an einer Infoveranstaltung von Campus France teilnehmen, die sehr aufschlussreich war, was Themen wie Versicherungen, Wohnen, Studierenden-Netzwerke, Lebenshaltungskosten und das Leben in Frankreich im Allgemeinen betraf, und gleichzeitig die kniffligen Details bestimmter bürokratischer Dinge aufzeigte, die in Frankreich üblich sind, in Deutschland aber nicht. Da es zwischen der Universität Potsdam und der Universität in Toulouse Kontakt gab, war es ein ziemlich automatischer Schritt für mich, dann mit der Universität Toulouse in Kontakt zu treten. Auch die Kommunikation auf Seiten der Gastuniversität war recht effizient. Es gab einige Informationsveranstaltungen für die ankommenden Studierenden vor ihrer Ankunft, in denen alles von der Unterbringung bis hin zu den Besonderheiten der Aufnahme in das System von Jean-Jaurès behandelt wurde. Die Webseite der Universität war zwar nicht so übersichtlich wie die der Universität Potsdam, aber es war möglich, mit den Verantwortlichen für die internationalen Studierenden an der Université Toulouse - Jean-Jaurès Kontakt aufzunehmen, und sie waren oft sehr bereit, Fragen zu beantworten.
Studium an der Gastuniversität
Die Ankunft an der Gastuniversität war ein wenig anstrengend, da plötzlich alles auf Französisch war und man sich schnell mit dem Campus und dem Universitätssystem vertraut machen musste. Sobald man angekommen war, wurden internationale Studierende zu einem Studierendenempfangsbüro geleitet, wo uns freundliche französische Studierende halfen, unseren Stundenplan zu erstellen und unsere Probleme bei der Kurseinschreibung zu lösen. Der Prozess der Kurseinschreibung in Frankreich, zumindest an meiner Universität, war sehr unterschiedlich zu dem in Deutschland. Es gab weniger Informationen über die Kurse, was dazu führte, dass ich und einige meiner internationalen Kommilitonen die Kurse eher auf gut Glück wählten. Erst bei der Einschreibung erfuhren wir, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit die Kurse und Vorlesungen stattfanden, was bedeutete, dass es in den meisten Fällen zu Terminkonflikten kam und wir nach Alternativen suchen mussten.
Die Kurse, die ich schließlich belegte, waren sehr anregend und haben mir auch für mein Studium in Deutschland viel gebracht. Sie waren intensiv und oft in 4,5 Stunden langen Blöcken, da jedes Seminar ich belegte mit etwa 8 ECTS bewertet wurde. Die Professoren waren freundlich zu mir und waren sich meines Status als Erasmus-Student bewusst, behandelten mich aber trotzdem wie alle anderen Studierenden in den Kursen. Wenn ich einmal Probleme mit der Arbeit hatte, waren meine Kommilitonen sehr hilfsbereit, indem sie mir ihre Notizen zur Verfügung stellten und mir Dinge erklärten, die ich nicht verstanden hatte. Dank dieser Kombination konnte ich den Unterricht genießen, und da sich meine Französischkenntnisse mit der Zeit verbesserten, konnte ich mehr und mehr verstehen. Was die bürokratische Seite betrifft, so waren die Verwaltungsmitarbeiter der einzelnen Abteilungen freundlich und hilfsbereit, wenn man Fragen hatte.
Meine Kurse waren auf zwei Campus verteilt, was alle paar Tage einen schönen Tapetenwechsel bedeutete. Auf dem Hauptcampus von Jean-Jaurès gab es mehrere Bibliotheken, die jeweils über Bereiche für Gruppenarbeit sowie für ruhiges Arbeiten verfügten. Das einzige Problem mit der Universität und ihren Bibliotheken war, dass es oft Probleme mit dem Internet gab, was dazu führte, dass ich mein Handy als Hotspot für den Internetzugang nutzte. Die Bibliotheken schlossen unter der Woche gegen 19 Uhr und waren am Wochenende leider nicht geöffnet. Es gab jedoch andere schöne Bibliotheken in der Stadt, die man bei Bedarf am Wochenende besuchen konnte.
Die Universität verfügte auch über ein Kulturzentrum auf dem Hauptcampus, in dem Ausstellungen, Tanzvorführungen und verschiedene andere kulturelle Veranstaltungen stattfanden.
Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden
Toulouse ist als große und beliebte Student*innenstadt bekannt, weshalb es nicht schwer ist, sowohl mit französischen als auch mit internationalen Studierenden in Kontakt zu kommen. Durch meine Kurse an der Universität und durch die Teilnahme an diversen Sportangeboten habe ich mehrere nationale und internationale Freundschaften aufgebaut. Die Universität bot auch viele aufregende und sehr subventionierte Sportausflüge an, wie z. B. mehrere Skiausflüge, Surfausflüge und Windsurfausflüge, die alle sehr günstig waren, oft sogar unter 30 € für mehrere Tage inklusive Transport und Unterkunft. Durch die Teilnahme an mehreren dieser Ausflüge hatte ich auch eine sehr gesellige Zeit mit anderen Studierenden.
Das Erasmus Student Network ist in Toulouse sehr aktiv und bietet eine breite Auswahl an Aktivitäten an, darunter Tagesausflüge in nahe gelegene Städte oder Bergdörfer, Museumsbesuche, Stadtrundgänge und andere kulturelle Aktivitäten sowie zahlreiche Abendveranstaltungen wie Weinproben, gemeinsame Abendessen, Restaurantbesuche, Hauspartys und größere, oft themenbezogene Partys. Darüber hinaus gibt es an der Gastuniversität eine internationale Vereinigung namens EIMA, die es internationalen Studierenden ermöglicht, durch ein ähnliches, aber kleineres Angebot an Aktivitäten miteinander in Kontakt zu kommen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Bevor ich nach Frankreich kam, war ich mit meinem Französisch ein wenig aus der Übung. Ich hatte einen B2-Französischkurs an der Universität Potsdam absolviert, der aber bereits im Juli 2023 endete, und ich begann mein Studium - das hier komplett auf Französisch stattfand - mit leichter Nervosität. Ich musste mich sehr schnell eingewöhnen, da ich fast jeden Tag mindestens ein vierstündiges Seminar hatte und in der ersten Woche mit ziemlichen Kopfschmerzen aus dem Unterricht ging, weil ich vier Stunden am Stück einer Fremdsprache zugehört hatte. Ich belegte auch einen Französischkurs, um mich wieder mit den Feinheiten der französischen Sprache vertraut zu machen, und in dem die Studierenden vom B2-Niveau auf das C1 Niveau aufsteigen konnten. Durch die Kombination aus ausschließlich französischen Kursen, der Notwendigkeit, organisatorische Angelegenheiten auf Französisch zu erledigen und sich mit Gleichaltrigen - sowohl französischen als auch internationalen - auf Französisch zu unterhalten, fühlte ich mich viel sicherer in meinen Fähigkeiten, mich auf Französisch mit Menschen und universitärer Arbeit auseinanderzusetzen. Das Leben in einer rein französischen Wohngemeinschaft hat auch meine Kenntnisse der französischen Umgangssprache verbessert.
Wohn- und Lebenssituation
Der einfachste und wahrscheinlich auch kostengünstigste Weg, eine Unterkunft zu finden, ist die Bewerbung um ein Zimmer im Crous-Studierendenwohnheim, wenn man sich für sein Auslandssemester bewirbt. Dazu müssen Sie einfach auf dem Bewerbungsformular ankreuzen, dass Sie in einem Studierendenwohnheim wohnen möchten. Die Zimmer in Crous kosten normalerweise zwischen 250 und 400 €. Die meisten Zimmer verfügen über ein eigenes Bad und eine Dusche, einige sogar über eine eigene Kochnische im Zimmer. Diejenigen, die keine eigene Kochnische haben, verfügen über zwei große Gemeinschaftsküchen auf der Etage. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Sie kein Zimmer zugewiesen bekommen, aber es ist nicht garantiert, dass Sie unbedingt ein Zimmer in Crous bekommen, je nachdem, wie viele Bewerbungen es gibt.
In Frankreich gibt es viele verschiedene Internetseiten für die Wohnungssuche. Meiner Erfahrung nach war La Carte des Colocs am effektivsten, da es das Äquivalent zu WG-Gesucht in Deutschland ist. Es ist sicherlich am besten, so früh wie möglich mit der Suche zu beginnen, aber ich habe festgestellt, dass die meisten Wohnungen und Wohngemeinschaften, die ich mir ansah, erst zwei Monate oder sogar nur einen Monat im Voraus online gestellt wurden, bevor sie verfügbar waren. Im Allgemeinen sind Zimmer in Wohngemeinschaften teurer als Zimmer in Studierendenwohnheimen und liegen zwischen 350 und 600 €. Weitere nützliche Websites für die Zimmersuche waren Appartager und Leboncoin, ersteres ist eine weitere Website für die Suche nach Wohngemeinschaften, während letzteres Ebay Kleinanzeigen ähnelt, wo man eher Einzelappartements und Studios als Zimmer in WGs finden kann. Leboncoin ist auch praktisch, um alle möglichen anderen Dinge aus zweiter Hand zu finden, wie Möbel, Küchenutensilien oder Pflanzen zur Dekoration.
Eine Besonderheit in Frankreich ist, dass man ein Visale braucht, um ein Zimmer oder eine Wohnung zu mieten, auch für Studierendenwohnheime. Diese kostet etwa 20 € für ein Jahr und ist wie ein Mieterschutz. In Frankreich möchten die Vermieter in der Regel einen RIB sehen, bei dem es sich im Prinzip um einen kleinen Zettel mit Ihren Kontodaten handelt. Es kann sinnvoll sein, mit Ihrer Bank eine entsprechende Alternative zu finden, um den Mietvorgang zu vereinfachen, da viele Vermieter alle Unterlagen im Voraus haben möchten. Wenn man ein französisches Bankkonto eröffnet, kann man ein RIB erhalten.
Die öffentlichen Verkehrsmittel in Toulouse waren gut und effizient. Das Metro-, Straßenbahn- und Busnetz ist für Studierende sehr erschwinglich. Für nur 13,10 € pro Monat hat man unbegrenzten Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dafür kann man eine Carte Pastel kaufen, auf die man die Monatskarte aufladen kann, oder man kann sie auf den Studierendenausweis aufladen. Außerdem wurden am ersten Wochenende eines jeden Monats Zugfahrten angeboten, die für Personen unter 26 Jahren nur 1 € kosteten. Mit diesem Angebot war es möglich, verschiedene Ecken der Region Occitane hier in Frankreich zu entdecken.
Zudem gibt es Velo Toulouse, einen Fahrradverleih, für den man ein Abonnement für nur 20 € pro Jahr abschließen kann. Damit kann man sich, wann immer man will, ein Fahrrad ausleihen und eine halbe Stunde lang kostenlos durch die Stadt radeln. Jede Stunde, die man das Rad länger behält, kostet zusätzlich 1,50 €.
Was die Krankenversicherung betrifft, so ist es empfehlenswert, mit der eigenen Krankenkasse Kontakt aufzunehmen, um zu erfahren, ob sie eine Auslandsversicherung anbietet. Alternativ ist es möglich, eine solche über den DAAD oder sogar den ADAC abzuschließen. Auch der Besitz einer Europäischen Krankenversicherungskarte kann nützlich sein, da man mit dieser Karte Zugang zur staatlichen Grundversorgung zu den gleichen Kosten wie in Frankreich Versicherte hat.
Was die Lebenshaltungskosten angeht, so gibt es viele Möglichkeiten, das Leben in Toulouse erschwinglicher zu machen. Die erste ist Caf.fr, eine finanzielle Wohnbeihilfe. Je nach Studierendenstatus hat man Anspruch auf diese Unterstützung (und das Beste daran ist, dass man sie nicht zurückzahlen muss). Es gibt auch Lebensmittelausgabestellen, an denen einmal pro Woche an bestimmten Orten in der Stadt - eine davon war an meinem Campus - kostenloses Essen ausgegeben wird. Campus France gibt einen guten Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, wie das Leben in Frankreich an das Studierendenbudget angepasst werden kann, daher ist es sehr empfehlenswert, vor dem Auslandsaufenthalt an einer der Informationsveranstaltungen teilzunehmen.
Am Wochenende auf den Markt zu gehen, ist eine weitere Möglichkeit, um beim Einkauf von Obst und Gemüse Geld zu sparen. Der Marché St-Aubin in Toulouse war mein Sonntagsmarkt, auf dem ich immer meinen gesamten Wochenvorrat an Obst und Gemüse für etwa 10 € kaufen konnte. Er war nicht nur erschwinglich, sondern es gab auch viele Essensstände mit köstlichen Speisen und ein lebhaftes Treiben mit Straßenkünstler*innen, die Musik spielten, während die Leute den Markt durchstöberten oder in der Sonne saßen und ihr Mittagessen aßen.
Jeden ersten Sonntag im Monat bieten alle Museen der Stadt freien Eintritt für alle an. Dies ist eine wunderbare Gelegenheit, Ausstellungen zu sehen, die sonst einen anständigen Eintrittspreis kosten würden. Außerdem gewähren die meisten Einrichtungen denjenigen, die unter 26 Jahre alt sind, eine Ermäßigung.
Die Stadt ist um den Fluss Garonne herum angelegt, an dem sich die Stadt abends zu Drinks und Picknicks versammelt, um die frische Luft zu genießen, egal ob es kalt oder warm ist. Im Sommer strömten die Menschen in die Parks und an die Ufer der Garonne und genossen eine wachsende Zahl von Festivals und Konzerten im Freien, die über die ganze Stadt verteilt waren.
Studienfach: Angewandte Kulturwissenschaft und Kultursemiotik
Aufenthaltsdauer: 01/2024 - 05/2024
Gastuniversität:Université Toulouse – Jean Jaurès
Gastland: Frankreich
Rückblick
Insgesamt war meine Erasmus-Erfahrung eine durch und durch angenehme und bereichernde Erfahrung. Wie erwartet, gibt es viel Papierkram und manchmal Stress bei der Planung der Mobilität, aber das ist es wert. Toulouse hat mir besonders gut gefallen, die Universität war sehr liebenswert und die Stadt mit ihrer Nähe zu den Pyrenäen hatte eine wunderbare Lebensqualität. Ich kann das Erasmus+ Programm und Toulouse als Reiseziel nur empfehlen.