Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Da ich bereits im Studienjahr 2022/23 einen 2-semestrigen Aufenthalt innerhalb des deutsch-französischen Studienganges der Rechtswissenschaften an der Université Paris-Nanterre gemacht hatte, wusste ich dieses Mal schon was mich erwarten wird und hatte auch bereits den entsprechenden Kontakt zu den Verantwortlichen. Im aktuellen Studienjahr begann ich den Master im gleichen Studienfach mit Beginn in Nanterre. Hierzu musste ich mich regulär für den Master über „MonMaster“ an der Université Paris-Nanterre bewerben. Dazu benötigte ich eine Leistungsübersicht aller bisheriger Studienleistungen, einen Lebenslauf sowie ein Motivationsschreiben. Da es sich aber ebenfalls um einen deutsch-französischen Studiengang in Kooperation mit der Universität Potsdam handelt, blieb ich auch in Potsdam noch weiter immatrikuliert. Im Anschluss an den Master ist es schließlich weiterhin mein Ziel das erste juristische Staatsexamen abzulegen. Nachdem ich die Zusage für den Masterplatz erhalten hatte, bewarb ich mich also über „MoveOn“ von Potsdamer Seite für einen erneuten Erasmus-Aufenthalt.
Studium an der Gastuniversität
Das Studiensystem in Frankreich ist ein ganz anderes im Vergleich zum deutschen. Die Hauptunterschiede sind einerseits die Anwesenheitspflicht in den „Travaux Dirigés“ (kurz TD) und anderseits die kontinuierliche Leistungsabfrage auch während des Semesters. In den TD ist es maximal erlaubt 2x pro Semester zu fehlen. Die ständige Leistungsabfrage in Form von Vorträgen und teilweise wöchentlichen (benoteten) Abgaben hat zwar den Vorteil, dass man gezwungen ist die ganze Zeit im Stoff zu bleiben, allerdings ist es auch sehr arbeitsintensiv. Man benötigt auf jeden Fall ein gutes Zeitmanagement, eine gute Struktur und auch etwas Disziplin, um allem zeitgleich gerecht zu werden. Die Semesterabschlussklausuren sind auch immer direkt im Anschluss an die Vorlesungszeit, weshalb auch diese parallel zu den Abgaben und Vorträgen vorbereitet werden müssen. Innerhalb meines Studiengangs war der Aufenthalt aber sicher auch deshalb etwas arbeitsintensiver, weil wir währenddessen einen Doppelabschluss, also auch einen Abschluss an der Université Paris-Nanterre erwerben. Die Noten in Frankreich sind von 0 bis 20 Punkten, wobei man ab 10 Punkten bestanden hat. Ein Professor meinte dabei einmal, dass man bei 10-12 Punkten im Durchschnitt liegt. Dies kann ich persönlich und auch von Erfahrungen meiner Mitstudierenden in etwa bestätigen. Aber als Jurastudierender ist man es ja glücklicherweise gewohnt, dass, obwohl man gerade so bestanden hat und noch viel Luft nach oben ist, man doch sehr zufrieden mit seiner Leistung sein kann (:D). Das Studienklima ist daher nicht so „frei“ wie in Deutschland, sondern eher verschult. Gerade in den TD fühlt man sich oftmals als wäre man wieder in die Schule zurückversetzt, aber daran gewöhnt man sich schnell. Gerade das ist ja das Ziel eines solchen Auslandaufenthaltes: eine andere (Lern-)Kultur kennenlernen. Man muss sich einfach auf diese Unterschiede einlassen und akzeptieren, dass es dort anders ist. Wenn man offen dafür ist, dann hat man auch schnell keine Probleme mehr.
Durch die kleinen TD (jeweils max. 25 Personen) kam man auch gut in Kontakt mit französischen Studierenden, aber auch mit ausländischen Studierenden, insbesondere anderer binationaler Masterstudiengänge. Nanterre ist ein sehr internationaler Campus. Allein das Jurastudium gibt es dort in Kooperationen mit zahlreichen Ländern, wie z.B. England, Spanien, Italien, Russland und eben Deutschland.
Gewöhnungsbedürftig war vor allem die Verwaltung an der französischen Universität. Hier benötigt man eine hohe Frustrationsgrenze, da man Informationen oftmals hinterherrennt und man lange auf Antworten warten muss. Problem war auch, dass es konkret für unseren Studiengang keine Verwaltungsperson (so wie in Potsdam Frau Dopleb) gab. Daher wirkten organisatorische Dinge manchmal etwas chaotisch. Mit der Zeit lernt man aber auch damit gut umzugehen und genauso entspannt mit der Situation umzugehen.
Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt
Da wir bereits in den ersten beiden Studienjahren Veranstaltungen im französischen Recht in Potsdam hatten und ich bereits im Studienjahr zuvor für den Bachelor in Nanterre war, war mein Sprachniveau bereits vor dem erneuten Aufenthalt auf ca. C1 Niveau in Französisch. Während des 2. Jahres bemerkte man, dass die Mitschriften in Vorlesungen oder Unterhaltungen bereits ganz ohne Anstrengungen möglich sind. Manchmal bin ich davon noch selbst überrascht. Auch wenn ich z.B. gerade eine Klausur schrieb, dachte ich mir manchmal währenddessen „Krass, ich kann das jetzt hier einfach so locker runterschreiben“. Sicher macht man immer noch mal den einen oder anderen Grammatikfehler oder ein Wort fällt dir nicht sofort ein. Dennoch würde ich schätzen, dass mein Sprachniveau am Ende des nun insgesamt 2-jährigen Aufenthaltes eher schon auf C2-Niveau ist. Ich unterhalte mich mittlerweile lieber und entspannter auf Französisch statt auf Englisch, weil mir das durch die intensivere Nutzung einfacher fällt.
Wohn- und Lebenssituation
Meine Unterkunft hatte ich bereits für das vorherige Studienjahr über WG-Gesucht gefunden. Das war damals auch erst 4 Wochen vor meiner Anreise, deswegen rate ich zukünftigen Austauschstudierenden sich auch bei der Wohnungssuche nicht zu stressen. Am Ende sind wir alle irgendwo untergekommen.
Die 20qm große Wohnung wurde vermietet durch eine ältere Französin mit Deutschlandbezug. Daher vermietet sie immer nur an deutsche Studierende, um dadurch ihre Sprachkenntnisse aufrechtzuerhalten. Ich wohnte im 15. Arrondissement von Paris, unweit vom Eiffelturm, dessen Spitze ich sogar aus meinem Fenster sehen konnte. In der kleinen Wohnung hatte ich alles, was ich zum Leben brauchte und sogar eine eigene Badewanne. Die Miete all-inclusive belief sich auf 800€ pro Monat, was für Lage und Größe der Wohnung noch verhältnismäßig günstig war. Ich verstand mich total super mit meiner Vermieterin, die direkt gegenüber wohnte. Einmal im Monat hat sie mich sogar zum Essen eingeladen. Auch sonst fühlte ich mich in der Gegend sehr sicher und wohl und wurde schnell heimisch durch Kontakte in der Nachbarschaft.
Es war dort alles in Kürze erreichbar, es gab mehrere Metrostationen in der Nähe, bis spät geöffnete Lebensmittelgeschäfte, Restaurants, ein großes Einkaufszentrum und vieles mehr. Mit der Metro 6 fuhr ich jeden Tag über die Seine mit dem legendären Blick auf den Eiffelturm, um bei der Station „Charles de Gaulle-Étoile“ in den RER A nach Nanterre Université umzusteigen. Der Weg bis zur Uni dauerte ca. 35 Minuten. Es sei denn es gab Probleme mit der Bahn oder mal wieder einen Streik. Aber meistens funktionierte alles gut. Metros fahren in Paris bis ca. 2/3 Uhr nachts, danach gibt es Nachtbusse. Allgemein kommt man immer überall in maximal ca. 30-40 Minuten hin, egal wo man ist.
Während meines gesamten Aufenthalts habe ich mir weder ein französisches Bankkonto noch eine französische Krankenversicherung gemacht. Als Krankenversicherung habe ich lediglich eine deutsche Auslandskrankenversicherung genutzt. Das Bankkonto hielt ich für mich für nicht notwendig, da ich auch überall problemlos mit meiner deutschen Sparkassenkarte zahlen konnte. Sinnvoll ist dies meines Erachtens nur, wenn man die französische Wohnhilfe „CAF“ beantragen möchte, da hier das Geld nur auf ein französisches Konto überwiesen werden kann. Da ich aber keine CAF erhalten konnte, habe ich vom Eröffnen eines Bankkontos in Frankreich abgesehen.
Die Lebenshaltungskosten sind, gerade in Paris, höher als in Deutschland. Wenn man nicht gerade bei LIDL einkaufen war, den es auch in der Nähe des Campus in Nanterre gab, dann zahlte man für einen kleinen Einkauf schonmal höhere Beträge. Dafür bekommt man als Studierender unter 26 Jahren den Pass Navigo für nur 350€ pro Jahr und hat an den meisten der zahlreichen Kultureinrichtungen kostenlosen bzw. vergünstigten Eintritt. Empfehlenswert ist es auch das Mittagessen in der Mensa zu nutzen, da man hier für einen sehr geringen Betrag von 3,30€ eine relativ üppige Mahlzeit bekommt. Insgesamt sollte man jedoch mehr finanzielle Mittel als in Deutschland einplanen. Die Erasmus Unterstützung war dabei eine enorme Hilfe. Ohne diese hätte ich ein Auslandsstudium in Paris auf keinen Fall umsetzen können. Ich persönlich hatte dabei zum Glück auch noch vom Erstakademiker-Zuschuss profitieren können. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es diese Hilfe gibt und ich mir dadurch den Traum vom Auslandsstudium in Paris erfüllen konnte.
Studienfach: Rechtswissenschaften
Aufenthaltsdauer: 09/2023 - 06/2024
Gastuniversität: Université Paris Nanterre
Gastland: Frankreich
Rückblick
Mein Haupt-Tipp für nachfolgende Studierende ist es auf jeden Fall, egal in welcher Situation, die Ruhe zu bewahren. Sowohl in der Vorbereitung des Aufenthaltes als auch währenddessen: alles wird sich regeln. Am Anfang kann man von dem anderen Studiensystem etwas „erschlagen“ sein, aber wie schon weiter oben erwähnt: Tief durchatmen, es akzeptieren und auf sich zukommen lassen. Wenn man versteht, dass doch gerade diese Unterschiede einen Studienaufenthalt im Ausland so spannend machen, dann lässt es sich gleich viel leichter leben. Gleiches gilt ebenfalls für sämtliche Situationen im Alltag. Ich selbst habe für diese Erkenntnis auch länger gebraucht, aber als es so weit war, hat es mich sehr beruhigt. Gerade in der Uni hatte man auch sehr viele Momente in denen man über seine Grenzen gegangen ist und die auch teilweise frustrierend waren. Aber im Nachhinein hat mich das für mein weiteres Studium enorm gestärkt. Insgesamt gehe ich dadurch nun viel entspannter an Probleme heran und lasse mich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen. Das Auslandsstudium hat mich demnach nicht nur fachlich, kulturell und sprachlich weitergebracht, sondern auch mich als Person stark positiv beeinflusst. Abschließend kann ich daher jedem diese aufregende Achterbahnfahrt des Auslandsstudium empfehlen!